Abstract
Die Wissenschaft Kybernetik entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts zunächst in den USA in Form eines interdisziplinären Netzwerks, das sich mit „Control and Communication in the Animal and the Machine“ beschäftigte. Schnell griffen weltweit Wissenschaftler und die Massenmedien das Konzept auf und entwickelten es in diverse Richtungen weiter.
Dieser Essay zeichnet die Phasen von Gründung, Institutionalisierung und gesellschaftlicher Wirkmächtigkeit der Kybernetik in unterschiedlichen Ländern nach. Er streicht die soziale Bedingtheit dieser in den 1960er Jahren eminent populären Wissenschaft heraus, beschreibt die scheinbar willkürlichen Manifestationen der Kybernetik als Produkte einerseits von Netzwerkbildungen zwischen Wissenschaftlern, andererseits von öffentlichen und politischen Nutzerwartungen. Wie die Kybernetik eine vergesellschaftete Wissenschaft war, so verwissenschaftlichte sie umgekehrt auch das öffentliche und politische Denken und Handeln in einer fortschritts- und planbarkeitsgläubigen Kultur. Glaubwürdigkeitsverluste und neue Ideologeme einer Reflexiven Moderne transformierten schließlich in den 1970er Jahren die Kybernetik als öffentlichen Diskurs und institutionalisierte Wissenschaft und formten ihre heutige Erscheinung.
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Literatur
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Aumann, P. (2015). Neues Denken in Wissenschaft und Gesellschaft: Die Kybernetik in der Mitte des 20. Jahrhunderts. In: Jeschke, S., Schmitt, R., Dröge, A. (eds) Exploring Cybernetics. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11755-9_2
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