Zusammenfassung
Der Artikel beleuchtet empirisch die vermeintliche Krise der authentischen und originalen/originellen Autorschaft auf Facebook. Es wird gezeigt, dass sich die häufig kritisierte Überbeanspruchung von Copy-and-paste-Veröffentlichungen in Social Networking Sites nur verstehen lässt, wenn man sie als originelle Bearbeitungen von Problemen liest, die sich mit Neuen Medien (nicht immer offensichtlich) erst stellen. In klassischer Manier der funktionalen Analyse durchleuchtet dieser Beitrag beobachtbare Kopierpraktiken in der Zeitdimension (als Antwort auf Beschleunigung), in der Sachdimension (als Antwort auf neue Unübersichtlichkeiten) und in der Sozialdimension (als Antwort auf Probleme der Herstellung von affektiven Anschlussmöglichkeiten sowie auf Synchronisierungsprobleme). Letztendlich wird aus dieser Perspektive deutlich, wie sich die Kopie als ein „digitales Populäres“ behaupten kann, das Formen der Wissensvermittlung sowie dessen Aneignung verändert.
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Notes
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Zuvor war der Autor noch einer von vielen Handwerkern, die zusammen Bücher produzierten (Grassmuck 2004).
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Auf ähnliche Weise beschreibt Walter Benjamin in seinem Kunstwerk-Aufsatz, wie sich mit den Mitteln neuer Medien – allen voran der Film – massenhafte Wahrnehmungen in Form einer „simultanen Kollektivrezeption“ (Benjamin 1991a, S. 497) ereignen. Nicht Kontemplation, sondern „taktile Wahrnehmung“ (ebd., S. 505) zeichne die Rezeption aus. Benjamin vergleicht den Film in diesem Sinne mit der Architektur (Benjamin 1991b).
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Im Unterschied zu diesem Screenshot fällt bei Screenshot Abb. 5 auf, dass der Aufruf zum Lesen des Textes dort nicht als persönliche Haltung formuliert wird. Als brächte es dafür eine Rechtfertigung nutzt er aber die Form eines anderen Mediums – die des Briefes. Die Forderung, den Text in Ruhe zu lesen und sich nicht von digitalen Medien stören zu lassen, betont er mit den Einleitungsworten „Hallo Leute!“ und endet mit „Gruß…“.
Literatur
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Schweyer, C. (2019). Kopierte Kommunikation. In: Stempfhuber, M., Wagner, E. (eds) Praktiken der Überwachten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11719-1_11
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