Zusammenfassung
Sandra Beaufaÿs geht der Frage nach, wie es im Rahmen der Exzellenzinitiative der ersten Förderphase um Geschlechtergleichstellung in den Führungsetagen sogenannter Exzellenzeinrichtungen bestellt ist. Ihre Analyse der Geschlechterarrangements auf der Ebene von Spitzen- und Leitungspositionen in diesen Einrichtungen verdeutlicht, dass es aus gleichstellungspolitischer Perspektive nicht ausreicht, den Blick auf den quantitativen Anstieg von Frauenanteilen zu richten,um Aussagen über die Qualität der Partizipation von Wissenschaftlerinnen zu treffen. So hat sich der Anteil von Professorinnen und Wissenschaftlerinnen in Leitungspositionen während der ersten Förderperiode der Exzellenzinitiative zwar einerseits innerhalb kurzer Zeit signifikant erhöht. Beaufaÿs weist andererseits jedoch nach, dass die als maßgeblich beteiligte Wissenschaftlerinnen (principal investigators) benannten Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen eher marginalisierte und weniger etablierte Positionen einnehmen und Funktionen mit geringerem Einfluss und Renommee ausüben. Hieran anschließend rekonstruiert sie die Leitungsebenen sogenannter exzellenter wissenschaftlicher Einrichtungen als vergeschlechtlichte, symbolisch aufgeladene Arrangements, innerhalb derer Gleichstellung als prekäres Gut verstanden werden muss.
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Die Exzellenzinitiative ist eine Förderinitiative des Bundes und der Länder, bei der die deutschen Hochschulen in einem Wettbewerb zwischen 2005 und 2017 Anträge zu drei Bereichen einreichen konnten: Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Forschungscluster zur Förderung wissenschaftlicher Vernetzung und Kooperation und Zukunftskonzepte zur Entwicklung einer langfristigen Strategie zur Förderung von Spitzenforschung und Nachwuchsförderung auf Universitätsebene. Die Aussagen in diesem Beitrag beziehen sich ausschließlich auf die erste Förderrunde ab 2006.
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Das Projekt „Frauen in der Spitzenforschung“ wurde von 2007 bis 2013 aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union im Programm „Frauen an die Spitze“ gefördert. An der Untersuchung waren zu Beginn 35, später 27 Graduiertenschulen und Exzellenzcluster sowie fünf Hochschulen mit Zukunftskonzepten beteiligt. Das Projekt begleitete die Einrichtungen der Exzellenzinitiative wissenschaftlich im Hinblick auf ihre Gleichstellungskonzepte und -praxis. Die Studie wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Anita Engels an der Universität Hamburg durchgeführt. Eine Gesamtauswertung der Studie findet sich in Engels et al. (2015).
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Teil der Studie war eine Netzwerkbefragung aller principal investigators in acht Exzellenzeinrichtungen (vgl. Kegen 2015), im Rahmen derer anhand eines speziellen Fragebogens die formalen und informalen Beziehungen der maßgeblich beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoben wurden. Im Anschluss an die quantitative Befragung wurden in zwei Einrichtungen Interviews mit ausgewählten principal investigators geführt.
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Dieses Selbstverständnis ist mit dem Aufkommen neuer Steuerungsmodelle freilich brüchig geworden. So zeigt sich eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem eigenen Selbstverständnis von Professor*innen als vorwiegend Forschende und Lehrende und den organisationalen Ansprüchen und Erwartungen der Universitäten an sie, insbesondere in ihrer Rolle als Drittmittelakquisiteure (Macfarlane 2011, S. 63).
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Die genannten Zahlen ergeben sich aus einer eigenen Auszählung auf Basis der Broschüre „Die Exzellenzinitiative auf einen Blick“ von 2008 (DFG 2008). Seit der ersten Förderphase haben sich nur minimale Veränderungen hin zu mehr Professorinnen in sichtbaren Leitungsfunktionen ergeben: Von den ab 2012 geförderten 45 Graduiertenschulen haben sieben eine Sprecherin, in drei von 43 geförderten Exzellenzclustern amtiert eine Sprecherin alleine und ein Cluster wird von zwei Sprechern und einer Sprecherin gemeinsam repräsentiert (DFG 2013).
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Nature ist eine wissenschaftliche Zeitschrift, die insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern höchstes Ansehen genießt.
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Die Interviewte wurde später als PI hinzugewählt, nachdem ein früher beteiligter Kollege ausgeschieden war und somit „fehlte halt in dem Steering Committee eine Person“, wie sie es im Gespräch formulierte.
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Im Folgenden wird auch das Umfeld der Professorin mit einbezogen. Um die Identität der Beteiligten zu schützen, die durch diesen hergestellten Zusammenhang eventuell erkennbar werden, wird der Wissenschaftsbereich nicht genannt.
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Dass es sich um renommierte internationale Gremien handelt, wird an anderer Stelle des Interviews erwähnt.
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Eine ähnliche Beobachtung macht eine Professorin aus einem anderen Fach an einem anderen Standort bei einer ihrer Kolleginnen, die national und international an mehreren Institutionen angebunden ist: „Sie lässt sich jetzt nicht irgendwie so andocken, sondern sie geht einfach dann weg, nach ((Stadt)) oder nach ((Stadt im Ausland)) und ist dann nicht greifbar. In ((Stadt im Ausland)) macht sie dann wahrscheinlich das Gleiche wie hier“ (Professorin, Geistes- und Sozialwissenschaften).
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Der Professor bezieht sich auf den Vornamen seiner Kollegin, hier mit dem Initial A. bezeichnet, das nicht dem Anfangsbuchstaben des Klarnamens entspricht.
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Der Begriff Standpunkt wird hier im Bourdieu’schen Sinne verwendet; er bezeichnet sowohl die Position im Feld als auch den bezogenen Standpunkt im Sinne einer Perspektive, aus der heraus geurteilt wird (vgl. Beaufaÿs 2015b, S. 47).
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Wie Beate Krais betont, ist „[d]ie eigene Person, das Ich, […] untrennbar verbunden mit den Aktivitäten im wissenschaftlichen Feld“ (2000, S. 40). Der soeben beschriebene Effekt wird sicher nicht bei jeder Person wirksam, die sich als ‚Frau‘ im wissenschaftlichen Feld bewegt. Tritt er jedoch ein, müsste er eine weniger enge Verbindung des eigenen ‚Ich‘ mit der feldspezifischen Praxis zur Folge haben.
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Beaufaÿs, S. (2018). Professorinnen in der Exzellenzinitiative – Ungleichheit auf hohem Niveau?. In: Laufenberg, M., Erlemann, M., Norkus, M., Petschick, G. (eds) Prekäre Gleichstellung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11631-6_6
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