Zusammenfassung
Der Begriff „Intelligenz“ entzieht sich einer monopolisierbaren Definition. Deshalb sollte man präzise formulieren: Was IQ-Tests messen, ist „Test-Intelligenz“. Doch auch die Aussage, Test-Intelligenz sei zu 50 bis 80 Prozent erblich, ist irreführend. Bei der „Erblichkeitsschätzung“ geht es nicht um das Merkmal „an sich“, sondern um Merkmalsunterschiede innerhalb einer bestimmten Gruppe zu einer bestimmten Zeit. Deshalb ist entscheidend, welche Stichprobe man gerade betrachtet. Einen allgemeingültigen „Erblichkeitswert“ oder eine allgemeingültige, sinnvoll eingrenzbare Spanne von „Erblichkeitswerten“ für Test-Intelligenz gibt es nicht. Die veröffentlichten Werte schwanken zwischen nahezu null und über 90 Prozent.
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Notes
- 1.
Zur Kritik von Biologen an der psychologischen Intelligenzforschung siehe: Gould 1983, Lewontin et al. 1988, Cavalli-Sforza 1995 und zuletzt Tautz 2012.
- 2.
Der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger kommt am Ende einer kritischen Auseinandersetzung mit der Intelligenzforschung zu dem Schluss: „Wir sind eben nicht intelligent genug, um zu wissen, was Intelligenz ist.“ (2007, S. 55)
- 3.
Das wird auch von Wissenschaftlern immer wieder falsch dargestellt. Der bekannte Hirnforscher Gerhard Roth beispielsweise antwortet in der Zeitschrift GEO kompakt auf die Frage, wie bedeutend die Rolle des Erbguts für unsere Intelligenz ist: „Das kann man heute aufgrund von Studien an eineiigen Zwillingen, die getrennt aufgewachsen sind, ziemlich genau sagen: Die Intelligenz eines Menschen ist zu etwa 50 % angeboren“ (Roth 2011, S. 62). Über das Zustandekommen der Eigenschaft „eines“ Menschen kann die Zwillingsforschung keine Auskunft geben – und auch nicht zur Frage, inwieweit diese Eigenschaft „angeboren“ ist. Zum Begriff „angeboren“ siehe Kap. 4.
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Fischbach, KF., Niggeschmidt, M. (2016). „Erblichkeit“ ist keine Naturkonstante. In: Erblichkeit der Intelligenz. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11239-4_3
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