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Polizeiliches Einsatzverhalten in interkulturellen Situationen: Forschungsansätze und zentrale Befunde in Deutschland seit 1990

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Book cover Der Umgang der Polizei mit migrantischen Opfern
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Zusammenfassung

Die empirische sozialwissenschaftliche Forschung über die Polizei ist Gesemann zufolge bis zum Beginn der 1990er Jahre „vor allem eine Forschung der Polizei für die Polizei mit dem Schwerpunkt der Kriminalitätsbekämpfung“ gewesen. „Eine unabhängige Polizeiforschung, die zumeist mit qualitativen Methoden empirische Forschung über die Polizei betreibt, hat sich erst im Laufe der späten achtziger und verstärkt in den neunziger Jahren herausgebildet“. Dabei wurde allmählich auch das polizeiliche Verhalten und Handeln in interkulturellen Einsatzsituationen zum Gegenstand von wissenschaftlichen Studien. Jedoch mangelt es Gesemann zufolge noch bis 2003 an systematischen empirischen Untersuchungen zum Verhältnis der Polizei zu Ausländern und ethnischen Minderheiten. Dieses Defizit führt er nicht vordergründig auf die Interessen der Polizeiforscher zurück, sondern vielmehr auf die „Abschottung einer Institution“, die an unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen über die Polizei wenig Interesse zeigt.

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Notes

  1. 1.

    Mit interkulturellen Situationen sind polizeiliche Einsätze in Fällen gemeint, bei denen Personen oder Personengruppen mit Migrationshintergrund – also auch solche mit deutscher Staatsbürgerschaft – entweder als Tatverdächtige oder als mutmaßliche Opfer von Kriminalität als sog. „polizeiliches Gegenüber“ in Erscheinung treten.

  2. 2.

    Interessant sind die Einstellungen von Polizeibeamten, die sich auf Erfahrungen in Einsatzsituationen berufen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind jedoch für das Erkenntnisinteresse der eigenen Untersuchung eher am Rande bedeutsam.

  3. 3.

    Hier wird das intensiv debattierte Thema der „Cop Culture“ angesprochen. Siehe dazu und zu anderen Erfahrungsfeldern Kap. 3.2.

  4. 4.

    Nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage (Januar 2015) nimmt die Polizei mit 84 % den Spitzplatz im Institutionenvertrauen der Bevölkerung ein (veröffentlicht im „Stern“ Januar 2015).

  5. 5.

    Liebl (2009, S. 7–8) benutzt den Begriff „Racial Profiling“ zwar nicht, meint aber inhaltlich das, was unter diesem Begriff zu verstehen ist (vgl. dazu Kap. 3.1.6).

  6. 6.

    Der Begriff „Institutioneller Rassismus“ bezeichnet „das kollektive Versagen einer Organisation, für Menschen bezüglich ihrer Hautfarbe, Kultur oder ethnischen Herkunft geeignete und professionelle Leistungen zu erbringen. Er lässt sich in Prozessen, Einstellungen und Verhaltensweisen festmachen, welche auf eine Diskriminierung durch unbewusste Vorurteile, Ignoranz, Gedankenlosigkeit und rassistische Stereotypen, die ethnische Minderheiten benachteiligen, hinauslaufen“ (Macpherson – Bericht).

  7. 7.

    Damit verweist Heuer auf die Effekte der Cop-Culture als bedeutsamer „Ort“ der Erzeugung von fremdenfeindlichem und sogar rassistischem Verhalten von Polizeibeamten.

  8. 8.

    Unter anderem beschreibt er die Erfahrung eines schwarzen Architekturstudenten mit deutscher Staatsangehörigkeit, der von der Polizei verdachtsunabhängig kontrolliert und dann aufgrund seiner emotionalen Reaktion gegenüber den Polizisten (Vergleich mit der NS-Zeit) angezeigt wurde.

  9. 9.

    Herrnkind hat hierfür zahlreiche Studien ausgewertet, z. B. aus der Betroffenenperspektive: Hamburger, Seus und Wolter (1981); Bielefeld et al. (1982); Mansel (1988); Böttger (1998); Gesemann (2003); McIntyre et al. (2004); Zdun et al. (2008); Weidner (2008); Deutscher Bundestag (2012) und zum anderen aus der Polizeiperspektive: Rodel (1976); Donner (1986); Schneekloth (1986); Jaschke (1993); Wickert Institut Tübingen (1989); Fachbereich Polizei der FHfÖV Rheinland-Pfalz (1994); Stendebach (1995); Bornewasser (1996); Backes et al. (1997); Dekan des Fachbereichs 3 der FHVR Berlin (1998); Mletzko und Weins (1999); Dirr (2001); Wiendieck et al. (2002); Arlt (2003); Engelmann (2005); Schweer und Strasser (2008); Sterzenbach (2013).

  10. 10.

    Riedels Behauptung, mit seinem Forschungskonzept „diese Lücke zu schließen“ (ebd.), ist für uns nicht ganz nachvollziehbar, bezieht es sich doch an mehreren Stellen auf Autoren resp. Studien, die sich mit der Thematik der für die Polizei relevanten (bedarfsorientierten) interkulturellen Qualifizierung explizit beschäftigt haben, wie Leenen et al. (2005) und Jacobsen (2011).

  11. 11.

    Vgl. dazu die Forschungsergebnisse von Hunold et al. 2010.

  12. 12.

    In dem Zusammenhang verweist Leenen auf Haselow (2003, S. 239), dass eine „überzogene Regelungsdichte“ in einer Organisation zu „einem tendenziell dysfunktionalen Umgang mit Fehlern“ führt.

  13. 13.

    Beispielsweise Studien, in denen u. a. untersucht worden ist, welche Erfahrungen Opfer mit der Polizei gemacht haben (Voß et al. 2006; Bals 2010; Greuel et al. 2010).

  14. 14.

    Hier ist insbesondere die aufschlussreiche Evaluationsstudie von Voß (2001) zum professionellen Umgang der Polizei mit Opfern und Zeugen zu nennen, worauf in der vorliegenden Studie noch ausführlicher eingegangen wird.

  15. 15.

    In der vorliegenden Studie wird von vorurteilsmotivierter Kriminalität anstelle des oft synonym verwandten Begriffs Hasskriminalität (Hate Crime) gesprochen (Definition und nähere Erläuterungen dazu siehe Kap. 4.1).

  16. 16.

    Nach Böttger et al. gibt es unter den aktuell vorliegenden Studien zu den Folgen rechtsextremistischer Straftaten für Opfer wesentlich mehr quantitative als qualitative Studien, die jedoch theoretisch nicht zufriedenstellend fundiert seien und widersprüchliche Ergebnisse lieferten (vgl. Böttger et al. 2014, S. 47).

  17. 17.

    Andere Ergebnisse finden sich bei Decker et al. 2012 und 2014. Danach ist die Fremdenfeindlichkeit zwischen 2006 und 2012 in den alten Bundesländern von 26,5 auf 22,4 % der Bevölkerung gesunken, in den neuen Bundesländern hingegen deutlich von 30,6 auf 38, 5 % der Bevölkerung gestiegen. Von 2012 bis 2014 sanken die Werte auf 17 % im Westen und auf 22,4 % im Osten.

  18. 18.

    Ob zwischen der Debatte und der wahrgenommenen Ungleichbehandlung von Türkischstämmigen ein kausaler und nicht nur zeitlicher Zusammenhang besteht, müsste erst noch geklärt werden.

  19. 19.

    Voß legt seiner Studie ein handlungstheoretisches Rahmenmodell zugrunde (vgl. Voß 2001, S. 15–23), das auch für das theoretische Konzept der Sachsen-Anhalter Studie von Interesse ist und daher im Kap. 4.1 aufgegriffen wird.

  20. 20.

    Wenn ein Polizist in interkulturellen Begegnungssituationen sich z. B. von dem Vorurteil leiten lässt, dass Bürger mit Migrationshintergrund ein grundsätzlich höheres Kriminalitätspotenzial haben als einheimische Bürger, und ihn dieses Vorurteil dazu verleitet, Menschen mit Migrationshintergrund vorschnell zu verdächtigen, führt dies zu Fehlverhalten (vgl. Busse 2010, S. 24).

  21. 21.

    MODE – Modell = Motivation and Opportunity as Determinants (Model).

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Enke, T., Asmus, HJ. (2016). Polizeiliches Einsatzverhalten in interkulturellen Situationen: Forschungsansätze und zentrale Befunde in Deutschland seit 1990. In: Der Umgang der Polizei mit migrantischen Opfern. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10440-5_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-10440-5_3

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-10439-9

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