Zusammenfassung
Es wäre eine Illusion, wollte man die Sachaussagen des Individualbefundes für etwas anderes als zunächst rein statistische Werte halten. Ob beispielsweise ein Skelett einem 40jährigen Mann oder einer 40jährigen Frau zugerechnet wird, bleibt solange ein beliebiges Datum, bis man sich die sozialgeschichtlich möglichen Rollen dieser Menschen in der konkreten Umwelt einer konkreten historischen Bevölkerung vergegenwärtigt. Während für den Individualbefund vor allem die handwerklichen lebenswissenschaftlich-forensischen Qualitäten des Bearbeiters gefordert sind, erfordert eine Übertragung von der Ebene des Befundes auf die Ebene der Bedeutung mit Hilfe der Befundinterpretation eine umfassende fachlichen Kompetenz auch kulturhistorischer Art. Der Gutachter muss zu seinem Befund alle bekannten Tatsachen zusammentragen, „alle möglichen Folgen aus den rekonstruierten Faktorenkonstellationen erschließen und dann versuchen, ein Szenario zu entwickeln, das die beobachtete Tatsachen dieses besonderen Falles erklären würde. Anders gesagt, er konstruiert eine historische Darstellung (historical narrative)“ (Mayr 1998). Das spezifische Wissen entsteht durch diese Erzählung und ist damit emergent.
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Herrmann, B. (2015). Wissensproduzierende Erzählungen. In: Prähistorische Anthropologie. essentials. Springer Spektrum, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09866-7_3
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