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Lern- und Entscheidungsprozesse im Unternehmen

Holacracy®: Jenseits von Autokratie und der „Tyrannei des Konsens“– ein Paradigmenwechsel für Organisation im 21. Jahrhundert

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Zusammenfassung

Viele Wandlungsprozesse in Organisationen gelingen nicht oder nur stockend, weil zu viel Macht an einer Stelle gebündelt ist, Entscheidungsprozesse zu mühsam verlaufen und weil der Zwang zum Konsens oft auch dort dominiert, wo die Kraft des aktuell nützlichsten Arguments die Dinge maßgeblich beschleunigen würde. Wie es gelingen kann, Prozesse zu diversifizieren und derart zu beschleunigen, erläutert Dennis Wittrock mit dem Holacracy®-Modell. Die Besonderheit dieses Modells – in den USA in vielen Unternehmen bereits erfolgreich praktiziert und ausgezeichnet – besteht in einer grundlegenden Neukonfiguration des Betriebssystems „Organisation“. Wie und wann welche Rädchen ineinandergreifen, welche Subsysteme sich an welchen Schnittstellen überlappen – all dies wird im Holacracy-Modell nachvollziehbar und praktisch dargestellt. Auch hier steht ein, für Führungskräfte nicht selten schmerzlicher, Abschied von tradierten Modellen an. Der Gewinn besteht in größeren Spielräumen des Gestaltens statt des Verwaltens, Holacracy bedeutet einen Bewusstseinsshift von einer personengebundenen zu einer aufgabenbezogenen Hierarchie.

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Notes

  1. 1.

    Holacracy beschreibt zwei Arten von Spannungen: reaktive und generative. Beide Arten entstehen aus einer gefühlten Kluft zwischen dem gegenwärtigen Ist-Zustand und dem gewünschten Soll-Zustand. Eine reaktive Spannung hat eine negative Konnotation: Etwas ist schiefgelaufen und kann verbessert werden. Eine generative Spannung ist positiv konnotiert: Es gibt eine neue Chance oder Möglichkeit am Horizont, die man ergreifen möchte, wie im Fall von Bill. Beide Formen werden bei Holacracy in organisationales Lernen umgemünzt..

  2. 2.

    Zu erwähnen sind hier vor allem die Soziokratie nach Gerard Endenburg, Agile Software-Entwicklung, integrale Theorie und Praxis nach Ken Wilber (s. Kap. 2), Elliot Jaques „Requisite Organization“, Erwachsenen-Entwicklungstheorie nach Dr. Susanne Cook-Greuter (s. Kap. 1), Typenmodelle nach Linda Berens, u. v. m.

  3. 3.

    Wenn man mir die Augen verbinden und mich in unbekanntem Terrain aussetzen würde, würde ich natürlich versuchen, mir die Umgebung vorher so gut wie möglich einzuprägen und mich dann angstvoll umherbewegen. Verändere ich aber den Kontext (Augenbinde abnehmen), dann wird die Angst komplett überflüssig. Sie ist dann einfach nicht mehr sinnvoll.

  4. 4.

    Aus integraler Sicht dürfen wir natürlich nicht nur diese „hard facts“ berücksichtigen, sondern auch die „soft facts“ wie Unternehmenskultur, Motivation und Stimmung.

  5. 5.

    „Verschwendung“ ist hier definiert als die Summe aller Vorgänge, die nicht wertschöpfend für die Organisation im Hinblick auf ihr Ziel sind.

  6. 6.

    Wann immer eine Teil-Komponente aus dem Regal gezogen wurde, signalisierte ein Platzhalter-Kärtchen der folgenden Station die genaue Anzahl der zu produzierenden Teile, diese wiederum der nächsten usw.

  7. 7.

    Bei Wikipedia kann man lesen: Governance (von frz. gouverner, „verwalten, leiten, erziehen“, aus lat. gubernare; gleichbed. griech. kybernan: das Steuerruder führen; vgl. Kybernetik) – oft übersetzt als Regierungs -, Amts - bzw. Unternehmensführungbezeichnet allgemein das Steuerungs- und Regelungssystem im Sinne von Strukturen (Aufbau- und Ablauforganisation) einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie Staat, Verwaltung, Gemeinde, privater oder öffentlicher Organisation. Häufig wird es auch im Sinne von Steuerung oder Regelung einer jeglichen Organisation (etwa einer Gesellschaft oder eines Betriebes) verwendet. Der Begriff Governance wird häufig unscharf verwendet.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Governance abgerufen am 20.04.11

    Für „Governance“ gibt es keine gute deutsche Übersetzung, „Regierung“ ist formal richtig, hat aber eine Menge irreführender Assoziationen im Schlepptau, „Steuerungs-Meeting“ funktioniert für einige, aber die Essenz – nämlich die Verteilung von Autorität – erfasst sie für mich nicht. Ich schlage daher der Einfachheit vor, „Governance“ als terminus technicus im deutschen Gebrauch zu etablieren.

  8. 8.

    Alle diese Aktivitäten sollten im Englischen auf ein „-ing“ enden (accounting, answering the phone, etc.). Im Deutschen haben wir leider keine grammatische Entsprechung für die englische Present Progressive Zeitmodalität. In diese Kategorie fallen wiederkehrende Aktivitäten.

  9. 9.

    Wer eine gewisse Zuständigkeit bekommt, hat in Holacracy gleichzeitig auch die explizite Autorität, diese auch tatsächlich auszuführen. Das ist eigentlich auf der Hand liegend, in modernen Organisationen aber sehr oft nicht der Fall.

  10. 10.

    Hier gilt die Richtlinie: „Kannst Du den ersten Laut, der ihr über die Lippen kommt, nicht stoppen, so versuche, die Person spätestens beim zweiten Ton zu unterbrechen“.

  11. 11.

    Durch diese Rolle ist man automatisch für ein bestimmtes Feld von Information für die Organisation sensibilisiert (z. B. alle marketingrelevanten Aspekte).

  12. 12.

    Der Sensor im Wasserkocher wird auch nicht danach gefragt, ob er die Temperatur persönlich „gut“ findet – mal den unwahrscheinlichen Fall vorausgesetzt, dass er eine Meinung dazu hätte. Sein Job für das System Wasserkocher ist es, zu melden, sobald 100 Grad Celsius erreicht sind, damit die Heizspirale sich automatisch abschalten kann. Ebenso sind bei Holacracy Mitarbeiter Sensoren für Toleranzgrenzen des Systems.

  13. 13.

    Dies sind Fragen, die teilweise als „Facilitation-Mantras“ benutzt werden. Sie wirken wahrhaft entwaffnend – eine Art verbales Aikido, das unkonstruktive Haltungen als Manipulationsversuche von einzelnen Egos ans Licht bringt und für alle Anwesenden offenlegt.

  14. 14.

    Bei Holacracy gibt es unterschiedliche Meeting-Typen, mit verschiedenen, klar definierten Funktionen und klar definierten Arten von Output, siehe „Meetingtypen“, Abschn. 6.7.

  15. 15.

    Eine mögliche Übersetzung ins Deutsche wäre „Holakratie“, ähnlich „Auto-kratie“, „Demo-kratie“.

  16. 16.

    Der beschriebene Prozess gilt lediglich für die drei genannten Rollen (s. o.) Standardmäßig hat der Lead-Link die Zuständigkeit, eine gute Passung für alle anderen Rollen zu finden und so für die Umsetzung der Funktionen des Kreises zu sorgen. Er selber wird nicht gewählt. Der Governance-Prozess bietet aber die Option, auch diese Richtlinie umzuschreiben und alle Rollen durch integrative Wahl zu füllen– sofern das der Wille der Organisation ist.

  17. 17.

    Innerhalb der Rollen werden die meisten Entscheidungen weiterhin autokratisch gefällt – allerdings im Rahmen der Erfordernisse, Rechte und Pflichten, die zuvor im Governance-Meeting mithilfe Integrativer Entscheidungsfindung definiert worden sind.

  18. 18.

    Z. B. visionäre Gründer, Erfinder, Männer und Frauen der ersten Stunde.

  19. 19.

    Gesetzlich gesehen agieren Korporationen sogar heute schon als „legale Personen“. Brian Robertson zufolge sind sie aber „versklavt“, weil sie wie Privateigentum behandelt werden, was sie nicht sind. In der Geschichte wurden Schwarze und Frauen ebenfalls als „Eigentum“ angesehen. Man kann seine Sklaven so „gut“ behandeln, wie man möchte – solange sie Privateigentum sind, sind sie unfrei. Sie sind nicht frei, ihren eigenen Weg in der Welt zu verfolgen und ihr eigenes höchstes Potenzial zu entfalten.

  20. 20.

    Siehe z. B. die Forschungen von A. Maslow, C. Graves, R. Kegan, J. Loevinger und S. Cook-Greuter.

  21. 21.

    In ähnlicher Weise können unterschiedlich entwickelte Menschen andere Technologien nutzen, die sie selber niemals hätten entwickeln können (z. B. Artefakte wie PC, Internet, Mobiltelefone, aber auch Vernichtungswaffen).

  22. 22.

    Auch von Kultur zu Kultur gibt es Unterschiede. Ein Erfahrungsschatz im deutschsprachigen Raum wird gerade erst von den Pionieren der Praxis gesammelt.

  23. 23.

    Siehe die Fallstudie „Emesa: Future-Proof with Holacracy“, durchgeführt von „Realize!“, einem niederländischen Beratungsunternehmen.

  24. 24.

    So z. B. die Regel dynamischer Steuerung, dass jede Entscheidung jederzeit revidiert werden kann, die nur dann Sinn macht, wenn man einen Mechanismus hat, um schnell und zuverlässig neue Entscheidungen zu treffen.

  25. 25.

    Brian Robertson und Tom Thomison berichten von einer Implementierung, bei der zwei der drei „Besitzer“ einer konventionellen Organisation schließlich doch noch zurückruderten – obwohl sie wussten und auch zugaben, dass es für ihre Organisation besser wäre, mit Holacracy weiterzumachen, und obwohl die Mitarbeiter es liebten. Es war für sie persönlich „einfach zu viel“.

  26. 26.

    Die Praxis funktioniert wunderbar für Menschen entlang des konventionellen bis post-konventionellen Entwicklungsspektrums. Schon wer einfache Regeln befolgen kann, ist geeignet. Manchmal ist eine postkonventionelle Kapazität sogar eher hinderlich dabei.

  27. 27.

    Entsprechend kann man Holacracy auf „Kreisliga“- bis hin zu „Champions-League“-Niveau praktizieren.

  28. 28.

    Diese Form von Besessenheit ruft geradezu nach einer Art „Ego-Exorzismus“, um sie zu heilen.

  29. 29.

    Warum sollten Investoren einen Teil ihrer Rechte aufgeben und sich Pflichten aufbürden? Aus demselben Grund, aus dem Atome, Moleküle und Zellen, einzelne Nationalstaaten und andere Entitäten sich einem größeren Gebilde anvertrauen: Sie folgen dem tieferen Trend immer umfassender Vereinigung und Differenzierung, der sich in der gesamten kosmischen Evolution nachzeichnen lässt, vgl. insbesondere die Arbeiten des Philosophen Ken Wilber. Es ergibt einfach mehr Sinn.

  30. 30.

    Ein entsprechender Vorschlag einer Holacracy-basierten Verfassung liegt bereits vor und könnte rechtlich bindend verabschiedet werden, siehe www.holacracy.org.

Literatur

Literatur, Ressourcen

Weiterführende Literatur

  • Endenburg, G. (1998). Sociocracy: The organization of decision-making. Eburon: Niederlande.

    Google Scholar 

  • Jaques, E. (1996). Requisite organization: A total system for effective managerial organization and managerial leadership for the 20th century. London: Ashgrove Publishing Ltd.

    Google Scholar 

  • Maes, J., & Janse, D. (2009). Emesa: Future-proof with holacracy. http://www.realize.nl/sites/default/files/images/Emesa_Future_Proof_with_Holacracy.pdf. Zugegriffen: 15. März 2011.

  • Wittrock, D. (2007). Was heißt ‘integrale Organisation’?Soziokratie, Holakratie und die Evolution menschlicher Organisationsformen. In Zeitschrift integrale perspektiven, Ausgabe Nr. 5 – Februar 2007.

    Google Scholar 

Von Brian Robertson/HolacracyOne:

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  • Alle Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von HolacracyOne, LLC.

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Wittrock, D. (2017). Lern- und Entscheidungsprozesse im Unternehmen. In: Hollmann, J., Daniels, K. (eds) Anders wirtschaften. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09858-2_6

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  • Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden

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