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Ein modernisierter Rassismus als Wegbereiter eines urbanen Antiziganismus

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Zusammenfassung

Wolf-D. Bukow geht es in seinem Beitrag darum, die Kontinuität eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens, das sich jedoch mit dem gesellschaftlichen modernisiert hat, zu analysieren: Es geht um einen modernisierten Rassismus im Gewand eines urbanen Antiziganismus.

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Notes

  1. 1.

    Das gilt selbst für offizielle Publikationen, wie z. B. für Handreichungen der Bezirksregierung Arnsberg für Pädagog_innen für einen erfolgreichen schulischen Umgang mit Sinti und Roma, die 2011 in wohlmeinender Absicht (Bezirksregierung 2011, S. 16 ff.) verbreitet wurden.

  2. 2.

    Tatsächlich hat denn auch die EU vor gut 15 Jahren zu einer Decade of Roma Inclusion aufgerufen. Und das ist genau die Zeit, in der auch der Rassismus europaweit wieder an Bedeutung gewonnen hatte.

  3. 3.

    Herbert Brückner (Internationale Vergleiche und Europäische Integration/Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) betont immer wieder, dass die Quote der arbeitslosen Newcomer_innen aus Bulgarien und Rumänien weit unter der Arbeitslosenquote der Nichtdeutschen insgesamt liege (9,6 zu 16,4 %). Ein entsprechendes Bild ergibt sich im Blick auf Leistungsbezieher (9,3 zu 16,4 %). Dies ist der Stand vom August 2014 nach der Einführung der Freizügigkeit für EU-Angehörige aus den neuen Beitrittsländern am 1.1.2014.

  4. 4.

    Der Begriff „Rassisierung“ wird hier analog zur „Ethnisierung“ verwendet, weil die jeweils verwendeten Zugehörigkeitsmerkmale und deren Implikationen auch analog verwendet werden. Lange wurden diese Begriffe gesondert verwendet: „Rasse“ sollte eine biologische Eigenschaft benennen und „Ethnizität“ ein kulturelles Phänomen. Aber mit der kulturalistischen Wende (s. u.) nähern sich die jeweils gemeinten Prozesse einander an (Bukow 2000, S. 164 ff.).

  5. 5.

    Die europäische Stadt ist eigentlich (siehe Einleitung zum Sammelband) eine „orientalische“ Stadt.

  6. 6.

    Der Begriff der urbanen Eigenlogik wird hier abweichend vom sonstigen Gebrauch der Formulierung, pointiert für die Bezeichnung des Spezifischen der Stadtgesellschaft als einem speziellen gesellschaftlichen Format, verwendet.

  7. 7.

    Die sich immer wieder neu durchsetzenden Segregationsprozesse bis hin zur Ausbildung von Gated Communities sprechen hier eine deutliche Sprache. Aber selbst Stadtquartiere, denen es annähernd gelingt, die Programmatik gegen mögliche Widerstände voranzutreiben, haben weiter mit einer ganzen Fülle von Risiken, Konflikten und Herausforderungen zu tun, weil die Stadtgesellschaft eben in ihrer globalen Vernetzung über ihre individuelle gesellschaftliche Konstruktion von urbaner Wirklichkeit nicht frei verfügen kann. Hinzu kommt, dass es auch in der Sache selbst begründete Probleme gibt, wie die Arbeiten von Rawls über Gerechtigkeit als Fairness belegen (Rawls 1979).

  8. 8.

    Besonders plastisch wird das an den neuen sogenannten Montagsdemonstrationen in Dresden (die später auch auf andere bundesdeutsche Städte ausgeweitet wurden), die von einer rechten Initiative unter dem Label „PEGIDA – Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ organisiert werden. Sie richten sich formal gegen den Islam, tatsächlich aber gegen alles, was nicht dem Nationalstaatsideal entspricht. Es geht gegen jegliche Einwanderung, gegen Flüchtlinge, Minderheiten, nicht-christliche Religionen usw. In Dresden wurden immerhin bis zu 25.000 Menschen mobilisiert.

  9. 9.

    Die Aktivitäten der neuen „Kameradschaften“, der „Pro“-Bewegungen wie Pro-Köln oder Pro-NRW und der NPD und der verschiedenen nationalistisch orientierten Musikbands sind nicht mehr zu übersehen.

  10. 10.

    Die Originalfassung des Heidelberger Manifestes wurde von Schmidt-Kaler und Schröcke verfasst. Mitunterzeichnet haben folgende Professoren: Manfred Bambeck (Frankfurt), R. Fricke (Karlsruhe), Karl Georg Götz (Stuttgart), Werner Georg Haverbeck (Vlotho), Joachim Illies (Schlitz), Peter Manns (Mainz), Theodor Oberländer (Vertriebenenminister der Bundesrepublik Deutschland a. D.), Harold Rasch (Frankfurt), Franz Hieronymus Riedl aus Österreich, Heinrich Schade (Düsseldorf), Kurt Schürmann (Mainz), Ferdinand Siebert (Mainz) sowie Georg Stadtmüller (München).

  11. 11.

    Vgl. die beiden den Text einleitenden Zitate zur Situation in Duisburg.

  12. 12.

    An dieser Stelle ist es wichtig, die Grundgesamtheit der Gruppe, um die es geht, im Blick zu behalten. Jeder Newcomer startet im Grunde aus einer prekären Situation. Wer jedoch eine Nische findet, für die er geeignet erscheint, der wird schnell unsichtbar. Da z. B. in Deutschland ein großer Bedarf an qualifizierten Facharbeitern und generell Akademikern besteht, finden entsprechende Newcomer schnell eine Nische. Andere können, wie einst die schon die sogenannten „Gastarbeiter“ und später die Übersiedler und die „Russlanddeutschen“, auf Bekannte und Mittler aus unterschiedlichen Netzwerken zurückgreifen und finden auf diese Weise Andockpunkte. Einer kleinen Gruppe allerdings werden die entsprechenden Nischen jedoch verwehrt und sie verfügen auch nicht über geeignete Netzwerke. Sie sind deshalb auf entsprechende Hilfestellungen angewiesen, die sie jedoch anders als in den klassischen Einwanderungsländern wie z. B. Kanada hier nicht vorfinden. Eine der Situation adäquate Willkommenskultur ist in Deutschland erst in Ansätzen vorhanden und wird meist von der Zivilgesellschaft, jedoch kaum von staatlicher und kommunaler Seite vorangetrieben.

  13. 13.

    Die folgenden Zitate sind aus dem oben angeführten Projekt entnommen.

  14. 14.

    Das korrespondierte auch nach unserer eigenen Einschätzung mit der Stimmung innerhalb des hier zuständigen Koordinationsgremiums der zwei involvierten Städte.

  15. 15.

    Jemand, der eine Wohnung sucht, wird dann z. B. als jemand beraten, den man bei einem solchen Vorhaben Schritt für Schritt unterstützt. Analog dazu kann man solche Routinen beschreiben, die jemanden bei der Arbeitssuche oder anderen Belangen von kommunaler Bedeutung begleiten sollten. Die Zweckrationalität der Verwaltungshandlung besteht also in einer gezielten Beteiligung an der Realisierung der für eine Stadtgesellschaft basalen Needs ihrer Bevölkerung.

  16. 16.

    Judith Butler orientiert sich hier an Louis Althusser und seinem Begriff der Interpellation: „Durch den Namen, den man erhält, wird man nicht einfach nur festgelegt. Insofern dieser Name verletzend ist, wird man zugleich herabgesetzt und erniedrigt“ (Butler und Menke 2013, S. 10).

  17. 17.

    An anderer Stelle habe ich aufgelistet, welche Unterschiede sich zwischen einer Position ergeben, die letztlich auf Vertreibung abhebt, und einer Position, die von der Logik urbanen Zusammenlebens aus auf Inklusion und Veralltäglichung von Diversität und Mobilität aus ist (Bukow 2013b).

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Bukow, WD. (2016). Ein modernisierter Rassismus als Wegbereiter eines urbanen Antiziganismus. In: Behrens, M., Bukow, WD., Cudak, K., Strünck, C. (eds) Inclusive City. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09539-0_19

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