Zusammenfassung
Fotografien des Krieges wirken über den Schock. Susan Sontag hat das in ihrem Essay Regarding the Pain of Others noch einmal konstatiert. Bewegte Bilder in ihrem Verlauf, die unsere mediale Umwelt prägen, affizieren weniger direkt und haften schlechter. „Das Gedächtnis arbeitet mit Standbildern, und die Grundeinheit bleibt das einzelne Bild.“ Wenn es also um Diskurse der Erinnerung geht, „hinterlassen Fotografien eine tiefere Wirkung“. Sie sind „schnell zu erfassen und gut zu behalten“. Sie bereiten den thematischen Schock der Kriegsgräuel zudem durch ihre mediale Bedingtheit vor. Jede Fotografie sprengt Teile aus einem ungegliederten Zeitfluss. Das Kontinuum zerfällt in den Moment eines Augenblicks, der einen aktiven Betrachter benötigt, denn Zeitlichkeit bringt allein die Anschauung. Erst weil und indem wir das Bild abtasten, es uns erschließen, fällt es in die Zeitachse. Für sich genommen, ohne den Rezipienten, wird der Zeitfaktor in der Fotografie reduziert auf den Moment der Belichtung. Weil Lebendiges aber auf chronologischen Zusammenhang existenziell angewiesen ist, weil es das Seiende selbst ausmacht, erinnert die Zerstörung der zeitlichen Kontinuität an den Tod. Daraus folgt die Erfahrung des Tremendum, wie Roland Barthes in seinen Bemerkungen La chambre claire zeigt. Unbeweglich sind die Fotografien wie die Verstorbenen, die sie im Bilde erinnernd wachhalten: aber nur als Entlebendigte.
Dieser Beitrag ist eine insgesamt stark gekürzte, auf die Themenstellung des vorliegendesn Bandes zugeschnittene und um einen Unterpunkt erweiterte Fassung des Kap. 1.1 – „Betrachten und Vorstellen. Inszenierte Unmittelbarkeit des Bombenkrieges in Fotografie, Roman und Geschichtsschreibung“ – aus meinem Buch Transmediale Texturen. Lektüren zum Film und angrenzenden Künsten. Marburg: Schüren 2013, S. 22–48. Ergänzt wurde zum Abschluss die Passage über den Spielfilm: „Melodram mit dem Gestus des Dokumentarischen: Dresden“.
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Notes
- 1.
Zitat aus dem Nachwort von Erich Lüth: mit Bezug auf die Laudatio von Siegfried Lenz für Nossack.
- 2.
Angaben nach Anonymus 2014: „Mit dem historischen TV-Zweiteiler Dresden mit Felicitas Woll, Benjamin Sadler und Heiner Lauterbach führte Richter 2006 erstmals Regie in einer deutschen Großproduktion. Der Film handelt vom alliierten Bombenangriff auf die sächsische Landeshauptstadt im Februar 1945, entstand in 70 Drehtagen und war mit einem rund 10 Mio.-Euro-Budget die bislang teuerste deutschsprachige Fernsehfilmproduktion. Der Film erhielt 2006 den Deutschen Fernsehpreis und 2007 den Jupiter-Award.“
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Preußer, HP. (2016). Der Bombenkrieg als dokumentarisches (Sub-)Genre, als Schockerlebnis und als transmediale Inszenierung in Fotografie und Spielfilm, in Geschichtsschreibung und Roman. In: Ritzer, I., Schulze, P. (eds) Transmediale Genre-Passagen. Neue Perspektiven der Medienästhetik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09426-3_9
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