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Europäische Integration durch soziale Konflikte

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Part of the book series: Europa – Politik – Gesellschaft ((EPG))

Zusammenfassung

Die derzeitige Verschärfung von innereuropäischen sozialen Konflikten wird überwiegend mit Sorge betrachtet. Der vorliegende Beitrag nimmt diese Sorge zum Anlass, den sozialen Konflikt im Sinne Georg Simmels als Grundlage von Vergesellschaftung und Gesellschaft zu rehabilitieren. Zunächst werden grundlegende Argumente für Bedingungen zusammentragen, unter denen Konflikte sozialintegrative Wirkungen haben können. Dann werden die aktuellen Entwicklungen in Europa zu den konflikttheoretischen Überlegungen in Beziehung gesetzt. Dabei geht es um die Frage, ob die Krise der Europäischen Integration die soziale Integration Europas behindert oder begünstigt.

Stark überarbeitete Fassung meines Aufsatzes „Konflikttheorie und Gesellschaftsbildung: Europäische Integration durch soziale Konflikte“ (Fehmel 2014)

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Notes

  1. 1.

    Eine These, die sich daraus ergibt, hier aber nicht weiter verfolgt werden kann, lautet: Letzten Endes sind alle sozialen Konflikte Verteilungskonflikte, aber einige davon haben sich in schwer zu bearbeitende Wertkonflikte verwandelt. Oder übersetzt in Cosers (1965) Begrifflichkeiten: Aus einem realistischen Konflikt, der auf unterschiedlichen Interessen bezüglich eines konkreten Konfliktgegenstandes beruht, hat sich ein unrealistischer Konflikt entwickelt, der von allgemeiner, nicht zwingend gegenstandsbezogener Feindseligkeit getragen ist und unter bestimmten Bedingungen zum Ausagieren drängt. Die Geschichte europäischer Nationenbeziehungen ist – bis in die Gegenwart hinein – voll von solchen gegenstandslosen Pauschalabgrenzungen. Die Funktion solch unrealistischer Konflikte liegt dann nicht im Aushandeln und Durchsetzen von Interessen, sondern in sozialer Selbstvergewisserung, in der Konstruktion und Stabilisierung einer Gruppenidentität durch Abgrenzung. Zugleich impliziert dieser Befund aber, dass unter bestimmten Bedingungen auch eine Zurückverwandlung von Wert- bzw. unrealistischen Konflikten in Verteilungs- bzw. realistische Konflikte möglich sein kann. Diese Bedingungen sind im Einzelfall zu ermitteln. Grundsätzlich aber lässt sich sagen, dass die Verfügbarkeit von Ressourcen oder von Kompensationsmöglichkeiten hierbei eine wesentliche Rolle spielen dürfte.

  2. 2.

    Inwieweit dieses Trennverfahren zur Zufriedenheit aller Erwartungsträger gelingt, ist freilich eine empirische Frage; im Kontext der gegenwärtigen Krisen wird auf diese Frage der Leistungs- und Kompensationsfähigkeit der nationalen Umverteilungssysteme zurückzukommen sein.

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Fehmel, T. (2015). Europäische Integration durch soziale Konflikte. In: Preunkert, J., Vobruba, G. (eds) Krise und Integration. Europa – Politik – Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09231-3_8

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