Abstract
Beispielloser, unablässiger und mehrheitlich unvorhersehbaren Wandel prägen heutzutage unternehmerisches Handeln. Es verwundert daher nicht, dass Vertreter aus Theorie und Praxis auf der Suche nach neuen und besseren Wegen der Strategie, der Organisation und des Agierens am Markt sind (Shafer et al., 2008, S. 4). Der Ansatz der Forschung impliziert die zeitnahe Adaption vielfältiger Veränderungen. Unternehmen müssen einerseits in der Lage sein, ihr Kerngeschäft langfristig erfolgreich zu gestalten und andererseits die Fähigkeit besitzen, mit innovativen Geschäftsbereichen vorauszudenken – kurzum, Unternehmen sollten agil sein. Problematisch ist, dass Unternehmen nur so agil sein können, wie auch ihre Belegschaft in der Lage ist, strategisch auf zukünftige Unsicherheiten jeglicher Art zu reagieren oder im Vorhinein anhand von Frühwarnindikatoren Veränderungen wahrnehmen zu können. Diese Fähigkeit wird als agile Belegschaft bezeichnet und bildet ein zentrales Kriterium für den Unternehmenserfolg (Glinska, Carr und Halliday, 2012, S. 2). In Bezug auf einen strategisch neuen Ansatz zur Begegnung der heutigen komplexen und instabilen Umweltbedingungen ist demnach das Konzept der agilen Belegschaft anzuführen (Dries, 2012, S. 341). Mit Blick auf einen spezifischen Bereich im Unternehmen, hier dem Einkauf bzw. der Beschaffung, lässt sich gemäß der Ausführungen vermuten, dass durch Agilität den neuen Anforderungen in dieser Funktion begegnet werden kann. Der Stellenwert des Einkaufs nimmt stetig zu: sogenannte Treiber, wie beispielweise die Globalisierung, fordern eine stärkere strategische Ausrichtung. Folglich müssen die Einkaufsmitarbeiter immer komplexere und umfassendere Aufgaben erfüllen. Die Abkehr von gewohnten Prozessen und Abläufen sowie die Entwicklung innovativer Ideen zählen zu den heutigen Herausforderungen der Beschaffung (BME, 2012, S. 7). Die Einkaufsmitarbeiter müssten sich infolge dessen zu einer agilen Belegschaft weiterentwickeln.
Da diese Thematik im Bereich des Einkaufs in noch keiner empirischen oder theoretischen Arbeit Berücksichtigung findet, wird die Umsetzbarkeit einer agilen Belegschaft anhand des Beispiels der AXA Konzern AG dargestellt. Der Einkauf einer der führenden Versicherungen wurde umstrukturiert, die strategische Bedeutung in den Fokus gestellt und die Funktion sieht sich damit vor neue Herausforderungen zur optimalen Leistungserbringung gestellt. Ziel der Umstrukturierung war und ist es, neben einer Produktivitätssteigerung auch eine Qualitätsverbesserung der Ergebnisse zur Steigerung des Wertbeitrags der Funktion sowohl für die internen Kunden der AXA Konzern AG als auch für den Einkauf selbst herbeizuführen und sicherzustellen. Zur Erzielung dessen soll ein gewisses Maß an Agilität einerseits in Prozessen und Management und andererseits bei den Einkaufmitarbeitern selbst implementiert werden, damit eine Auflösung der „veralteten“, spezialisierten Warengruppenorientierung zu Gunsten einer dynamischen, warengruppenübergreifenden Organisation mit agil ausgerichteten Mitarbeitern stattfinden kann (Dr. H. Schäffer, 2014, S. 1). Eine solche Auflösung ist als Entwicklungsprozess zu verstehen, dem dadurch Rechnung getragen wird, dass die in den folgenden Kapiteln dargestellten aktuellen Unzulänglichkeiten sukzessive be- und ausgearbeitet werden. Insofern ist die nachfolgende Darstellung als eine Art Nullmessung zu verstehen, die in Kombination von theoretischer Aufarbeitung des Themas und kontinuierlicher Entwicklung der Einkaufsfunktion als ein wichtiger Impuls für die strategische Stoßrichtung anzusehen ist.
Zusammenfassend kann die Zielsetzung und Vorgehensweise dieses Beitrags wie folgt dargestellt werden. An einem konkreten Beispiel wird die schwierige Situation, in der sich viele Einkaufsabteilungen befinden, exemplarisch charakterisiert. Die durchgeführten Interviews sollen dies belegen, indem gezielte Fragen über die gelebte und gewünschte Zusammenarbeit, notwendige Fähigkeiten der Mitarbeiter im Einkauf oder dem erzielbaren Wertbeitrag gestellt wurden. Aus dem konzeptionellen Modell der Agilität werden zunächst theoretische Erkenntnisse zu möglichen Fähigkeiten und Methoden eines agilen Einkäufers abgeleitet. Diese Überlegungen münden in einem Entwicklungsmodell der agilen Belegschaft. Die theoretisch gewonnen Einsichten werden darüber hinaus noch mit den Ergebnissen der Interviews unternehmens- und branchenfremder Experten untermauert. Durch das konsequente Zusammenführen theoretischer Inhalte und gewonnener empirischer Ergebnisse kann eine gewisse Gültigkeit des Modells auch für andere Unternehmen und Branchen unterstellt werden.
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Dieckmann, AK., Fröhlich, E. (2016). Agile Belegschaft im Einkauf – Eine Methode zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Beschaffung. In: Bogaschewsky, R., Eßig, M., Lasch, R., Stölzle, W. (eds) Supply Management Research. Advanced Studies in Supply Management. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08809-5_10
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