Zusammenfassung
In der heutigen dynamischen Informationsgesellschaft hängt der Erfolg einer Organisation nicht mehr von einmal gesetzten Impulsen ab, sondern es zählt die Fähigkeit, Strategien ständig den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Vorliegende Konzepte des organisationalen Wandels trivialisieren komplexe Sachverhalte auf eine Weise, dass sie nur über eine sehr begrenzte Geltung verfügen. Theorien der Selbstorganisation, wie z. B. die neuere Systemtheorie, die eine angemessenere Betrachtung erlauben, sind dagegen bisher kaum auf die anwendungsorientierte Organisationsforschung übertragen worden. Vor diesem Hintergrund wird zunächst ein Organisationsverständnis auf Grundlage der Neueren Systemtheorie beschrieben, welches deutlich macht, dass es für Organisationen nicht sinnvoll sein kann, sich unter Bedingungen hoher Umweltunsicherheit allein auf Programme des Managements mit ihrer Rationalisierung von Zweck/Mittel-Relationen zu beschränken. An deren Stelle tritt das Problem eines laufenden Perspektivwechsels, der es zulässt, die bisherigen Strategien aus übergreifenden Blickwinkeln zu betrachten. Die resultierenden, und im Folgenden beschriebenen, prinzipiellen Anforderungen an eine Organisation sorgen vor allem für Unsicherheit und Mehrdeutigkeiten. Damit eine Organisation unter diesen Bedingungen nicht in Selbstzweifel versinkt, werden anschließend Rahmenbedingungen abgeleitet, die Unsicherheit eingebettet in einem sicheren Rahmen ermöglicht. Abschließend verdeutlicht ein Prozessmodell zur Realisierung vorausschauender strategischer Anpassungsfähigkeit die prinzipiellen Möglichkeiten der Entstehung einer Organisation, die strategische Anpassungsfähigkeit aus sich selbst heraus meistern kann.
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Notes
- 1.
Der Begriff Emergenz sagt allgemein aus, dass eine sich bildende Systemordnung nicht hinreichend mit der voraussetzenden Systemebene erklärt werden kann (z. B. Soziale Systeme nicht mit Bewusstseinssystemen) (vgl. Krohn und Küppers 1992).
- 2.
Institutionalisierte Wirklichkeitsmodelle drücken sich beispielsweise durch sogenannte dominante Logiken(vgl. Daft und Weick 1984) aus, die als Entscheidungsprämissen auch konkrete Zweckprogramme darstellen können: Zweckrationalität, d. h. unterstellte objektive Zweck/Mittel-Beziehungen.
- 3.
Nichtelektronische Dokumente und Medienformate (JPG, GIF,…) können heutzutage problemlos in editierbare Text-Dokumente umgewandelt (Optical Character Recognition (OCR)-Verfahren) werden und so auch in den Dokumentenpool fließen.
- 4.
Individuelle Interessen scheinen für angemessene Aufmerksamkeit notwendig. Näheres zur Wirkungsweise von Interesse ist bei Baecker (1993, S. 94 ff.) zu finden.
- 5.
Bei der Beobachtung des OWW ist zu beachten, dass es hier nicht um strukturierte Daten, wie z. B. Zahlenreihen, sondern um qualitative Daten bestehend aus sprachlichen Texten geht, die im OWW wie auch extern im Internet zu finden sind (vgl. Meier und Fülleborn 1999).
- 6.
Der Begriff Zufallsmaschine steht hier für Informationstechnologie, die automatisch immer wieder neue, quasi zufällig relevante interne und externe Informationen generieren kann und so Organisationsmitglieder über ihr Interface (Computer) zu den elektronischen Netzwerken irritiert.
- 7.
Vgl. zu einer ähnlichen Idee, die sich auf ein spezifisches e-Mail-Verwaltungsprogramm bezieht Todessco (2003).
- 8.
Hier geht es in erster Linie nicht darum, was der Einzelne weiß oder nicht weiß, sondern um Verknüpfungspotenziale des verteilten und heterogenen Wissens innerhalb einer Organisation.
- 9.
Womit z. B. auch temporär die formale Weisungskompetenz eines Vorgesetzten wegfällt.
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Bruns, A. (2015). Anpassungsfähige Organisationen im Internetzeitalter – Ein Prozessmodell vorausschauender organisationaler strategischer Anpassungsfähigkeit. In: Hecker, W., Lau, C., Müller, A. (eds) Zukunftsorientierte Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07816-4_10
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