Spätestens seit der zweiten Intifada im israelisch-palästinensischen Konflikt ist die „Waffe“ der Selbstmord- bzw. Suizidanschläge in der öffentlichen Wahrnehmung weltweit präsent. Diese spezielle Form der Gewaltanwendung ist jedoch in der Geschichte der Menschheit nicht neu. Über das vielleicht erste Attentat lässt sich schon in der Bibel nachlesen: Samson, der blinde Hüne, bittet Gott um die Kraft, die Arena, an deren Säulen er als Gefangener der Philister angekettet ist, zum Einsturz bringen zu dürfen, damit ihr Schutt die versammelten Feinde unter sich begraben konnte; „und es waren der Toten, die er bei seinem Sterben umbrachte, mehr als derer, die er in seinem Leben getötet hatte.“ (Buch der Richter Kap. 16, Vers 30). Der Gedanke des Selbstmordanschlags und der Martyriumssehnsucht findet sich bei den antiken jüdischen Sekten der Sikarier oder der christlichen Circumcellionen ebenso wie im Einflussbereich moderner fernöstlicher Geisteshaltungen oder säkularer politischer Ideologien im Westen. Die wohl spektakulärsten Selbstmordattentate führten die so genannten Kamikazepiloten der japanischen Armee im Zweiten Weltkrieg durch (Schneiders 2006, S. 133 ff.).

Selbstmordanschläge sind also keine Erfindung von Muslimen, aber die meisten Angriffe dieser Art werden heute von Muslimen verübt – vor allem im Irak, in Afghanistan oder in Pakistan. Das ist zunächst ein Faktum, das es nüchtern zur Kenntnis zu nehmen gilt. Die Drahtzieher dieser Anschläge berufen sich ausdrücklich auf die Quellen des Islam und geben sich als „wahre“ Gläubige aus. Nun ließe sich betonen, dass es sich dabei um Extremisten handele, die mit dem eigentlichen Islam nichts zu tun hätten. Das mag durchaus sein, dennoch steht man vor der Frage: Wie viel Islam steckt in islamistischen Selbstmordanschlägen? (zum Begriff des Islamismus siehe Rohe 2010)