Zusammenfassung
Beim Thema „konsensuales Handeln im Planungsrecht” stellt sich zunächst die Grundsatzfrage, ob öffentlich-rechtlich legitimierte Planung und gleichzeitiger Konsens des Planungsträgers mit dem Investor nicht ein Widerspruch in sich ist. Schaut man in die Geschichte des Verwaltungsrechts, wurde tatsächlich über viele Jahrzehnte die Möglichkeit öffentlich-rechtlicher Verträge bestritten. Das klassische Selbstverständnis der Verwaltung des 19. Jahrhunderts war durch die Möglichkeit einseitigen, hoheitlichen Entscheidens geprägt, ja definiert. Die Formen des Verwaltungsrechts, namentlich der Verwaltungsakt sowie die Verordnung bzw. Satzung hatten den Bürger lediglich als Adressaten, nicht aber als Verhandlungspartner im Blick. Nach heutigem Verständnis aber besteht dieser Widerspruch nicht. Insbesondere erkannte das Bundesverwaltungsgericht 1966 öffentlich-rechtliche Verträge als grundsätzlich zulässig an. Das Instrumentarium formaler Kooperation im Bauplanungsrecht kennt vor allem zwei Typen: den städtebaulichen Vertrag einerseits und den vorhabenbezogenen Bebauungsplan andererseits. Das Einheimischenmodell ist ein Typus des städtebaulichen Vertrags. Insoweit ist also zwischen letzterem und dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu unterscheiden, welcher ein „auf eine spezielle Planungssituation zugeschnittenes Instrumentarium” darstellt. Der städtebauliche Vertrag hingegen ist „ein allgemeines Instrument zur Gewährleistung von Kooperationen im Bereich der Stadtentwicklung”. Diese beiden Instrumente werden näher beleuchtet.
Literatur
Mayer, O., Zur Lehr vom öffentlich-rechtlichen Vertrag, AöR 3 (1888), 3 (42).
BVerwGE 23, 213.
Krautzberger, M., Städtebauliche Verträge zur Umsetzung klimaschützender und energieeinsparender Zielsetzungen, DVBl. 2008, 737.
BVerwG, NVwZ 2006, 336.
Zu dem häufig anzutreffenden Missverständnis, eine Gemeinde könne sich im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags zu einer bestimmten Bebauung verpflichten, s. hierzu auch unter Beitrag 13 Abschnitt 1.
Birk, H.-J., Städtebauliche Verträge in der anwaltlichen Praxis, in: Battis, U./Söfker, W./Stüer, B. (Hrsg.), Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung, Festschrift für Michael Krautzberger, 2008, S. 182.
Zu dem Begriff der Privatautonomie s. auch unter Beitrag 6 Abschnitt 1.2.
Krautzberger, M., Städtebauliche Verträge zur Umsetzung klimaschützender und energieeinsparender Zielsetzungen, DVBl. 2008, 737 ff.; Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1037.
Zu dem „Einheimischenmodell“ im Einzelnen s. nachstehend unter Abschnitt 3.1.4.
Wickel, M., Bauplanung, in: Ehlers, D./Fehling, M./Pünder, H. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., 2013, § 40, Rn. 186; zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan ders., in: Ehlers, D./Fehling, M./Pünder, H. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., 2013, § 40, Rn. 58 ff.
Wickel, M., Bauplanung, in: Ehlers, D./Fehling, M./Pünder, H. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., 2013, § 40, Rn. 186; zum städtebaulichen Vertrag ders., in: Ehlers, D./Fehling, M./Pünder, H. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., 2013, § 40, Rn. 186 ff., sowie Birk, H.-J., Städtebauliche Verträge – Inhalte und Leistungsstörungen, 5. Aufl., 2013.
Dazu und zu den vielen Dimensionen des Innovationsrechts i. e. und i. w. S. vgl. Eifert, M./Hoffmann-Riem, W. (Hrsg.), Innovation und Recht, 4 Bände, 2008–2011.
Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BVerwGE 74, 368 ff.
Maßgeblich ist hier die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge.
Urteil des EuGH vom 25.03.2010 in der Rechtssache C-451/08.
Birk, H.-J., Städtebauliche Verträge in der anwaltlichen Praxis, in: Battis, U./Söfker, W./Stüer, B. (Hrsg.), Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung, Festschrift für Michael Krautzberger, 2008, S. 173.
Dazu Grziwotz, H., Einheimischenmodelle zwischen Gemeindepolitik, Leipzig, Karlsruhe und Brüssel, in: Battis, U./Söfker, W./Stüer, B. (Hrsg.), Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung, Festschrift für Michael Krautzberger, 2008, S. 191 f.
Dazu Grziwotz, H., Einheimischenmodelle zwischen Gemeindepolitik, Leipzig, Karlsruhe und Brüssel, in: Battis, U./Söfker, W./Stüer, B. (Hrsg.), Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung, Festschrift für Michael Krautzberger, 2008, S. 191 f.
OVG Greifswald, NuR 2005, 795 f.
OVG Münster, BRS 64 Nr. 227.
VGH Mannheim, ZfBR 2003, 268; Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1046.
Str. ist, ob es sich dabei um einen Verwaltungsakt handelt und der Anspruch also mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen ist; dafür: Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1040; Antweiler, C., BauR 2002, 398 (399 ff.); Dolderer, M., UPR 2001, 41 (43); dagegen: VGH Mannheim, BauR 2000, 1704: Nur Entscheidung ohne Regelungscharakter darüber, ob Verfahren überhaupt eingeleitet wird.
Kritisch Battis, U., in: Battis, U./Krautzberger, M./Löhr, R.-P. (Begr.), BauGB, 12. Aufl., 2014, § 1, Rn. 31.
Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 971 u. 1046; Birk, H.-J., NVwZ 1995, 625 (629); Pietzcker, J., DVBl. 1992, 658 (660).
Heitsch, C., Risikobegrenzung bei „Public Private Partnerships“ durch Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht, UPR 2005, 127.
Kahl, W., Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, DÖV 2000, 797.
Vgl. BGHZ 76, 16 (22 f.); dagegen Ebsen, I., JZ 1985, 57 ff.; zu culpa in contrahendo s. auch unter Beitrag 5 Abschnitt 1.
Mitschang, S., in: Battis, U./Krautzberger, M./Löhr, R.-P. (Begr.), BauGB, 12. Aufl., 2014, § 12, Rn. 22; Krautzberger, M., in: Ernst, W./Zinkahn, W./Bielenberg, W./Krautzberger, M., BauGB, § 12 (2012), Rn. 114 ff.; kritisch: Lorz, R. A., Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, DÖV 2002, 183.
Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 971 u. 1041.
Krautzberger, M., in: Ernst, W./Zinkahn, W./Bielenberg, W./Krautzberger, M., BauGB, § 12 (2012), Rn. 82; Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1041.
BayVerfGH, BayVBl. 2005, 558 f.; kritisch: Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 971; vgl. allerdings auch Koch, H.-J., Die Verwaltung 2004, 537.
Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1044.
Großzügig VGH Mannheim, ZfBR 2003, 268 (271); dagegen Köster, B., ZfBR 2005, 147 ff.; Erbguth, W., in: Tettinger, P./Erbguth, W./Mann, T., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 2012, Rn. 1045.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2016 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Michael, L. (2016). Das konsensuale Handeln im Planungsrecht. In: Rottke, N.B., Goepfert, A., Hamberger, K. (eds) Immobilienwirtschaftslehre - Recht. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06987-2_13
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-06987-2_13
Published:
Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-06986-5
Online ISBN: 978-3-658-06987-2
eBook Packages: Business and Economics (German Language)