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Die Seduktionstheorie des Films: John Ford im Spiegel kontinentaler Philosophie

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Book cover Classical Hollywood und kontinentale Philosophie

Part of the book series: Neue Perspektiven der Medienästhetik ((NPM))

Zusammenfassung

Mit John Ford widmet sich der Beitrag einem wichtigen Western-Regisseur, der das Classical Hollywood seit der Stummfilmzeit mit seinen Arbeiten geprägt hat. Er skizziert zunächst Fords Rezeption im Kontext der kontinentalen Philosophie, speziell bei den beiden deutschen Postadorniten Josef Früchtl und Martin Seel. Anschließend stellt er, aufbauend auf Überlegungen des Soziologen und Philosophen Jean Baudrillard, anhand von Fords klassischem Western Stagecoach (1939) das Modell einer seduktionstheoretischen Filmperspektive vor.

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Notes

  1. 1.

    Ich schlage hierfür den Begriff des „Splitters im Gewebe“ (2000) vor, der wie ein kreativer Störfaktor im Genrekontext fungiert. Der Begriff des „Splitters“ erscheint mitunter geeigneter als der des „Schmugglers“ (so bezeichnet Martin Scorsese dieses Phänomen in seiner Dokumentation über das amerikanische Kino A Century Of Cinema – A Personal Journey With Martin Scorsese Through American Movies, 1995), da er zugleich das Unverständnis erklärt, auf das einige dieser Filmemacher bei ihren Zeitgenossen stießen.

  2. 2.

    Fords Konservatismus äußerte sich allerdings ambivalent: „John Ford war ein autoritärer Konservativer und altmodischer Patriot, ein Mann von der Statur des Senators Sam Ervin. Er war ein ebenso naiver wie visionärer Apologet des amerikanischen Traums, bereit, ihn gegen echte und vermeintliche Systemgegner zu verteidigen, aber auch willens, ihn vor blinden Fanatikern und flinken Verdrehern in den eigenen Reihen zu schützen“ (Blumenberg 1973).

  3. 3.

    Zum Begriff der performativen Kadenz im Kontext des postklassischen Kriegsfilms, die den Moment kennzeichnet, in dem die filmische Inszenierung „innehält“ und ganz die Intensität des Moments zelebriert, siehe Stiglegger 2013.

  4. 4.

    Im Sinne der Seduktionstheorie (Stiglegger 2006, S. 9) lässt sich die filmische Verführung auf drei Stufen nachweisen: In einem ersten Schritt verführt der Film zu sich selbst, um letztlich das Interesse des potentiellen Zuschauers zu wecken. Auf der zweiten Ebene der Seduktion kann der Film eine spezifische Aussage propagieren. Das gilt sowohl für den expliziten Propagandafilm wie auch für Filme mit leicht durchschaubaren polaren Erzählmustern, die sich in eindeutigen Zuweisungsstrukturen erschöpfen. Die dritte Ebene der Seduktion verdeutlicht, wie der Film zu einem verdeckten Ziel verführt, das in der Metaebene verborgen liegt. Hier werden subtile Aspekte wie spezifische Begehrensstrukturen deutlich, die Schlüsse auf ideologische Subtexte zulassen.

  5. 5.

    In dieser flüchtigen, schwer bestimmbaren Qualität ähnelt dieses Andere Walter Benjamins Begriff der Aura, den er in seinem Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1977) erläutert. Benjamin vermutet in diesem Text, dass mit der filmischen Reproduktion des Schauspiels die Aura des lebenden Schauspielers eliminiert wird. Im Rahmen des Starkultes hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Aura offenbar in anderer Form auf die Leinwand gerettet werden konnte. Die Präsenz der Aura in der filmischen Inszenierung nachzuweisen, erweist sich jedoch als ähnlich schwierig, wie den Moment der Seduktion dort zu lokalisieren.

  6. 6.

    Gemeint ist die Projektion, die dem Medium bereits im Dispositiv innewohnt.

  7. 7.

    Hier bezeichnet „Verführung“ unsere Seduktion: „Das Kino ist nur durch seinen Mythos mächtig. Seine Geschichten, sein Realismus oder sein Imaginäres, seine Psychologie, seine Sinneffekte, all das ist nebensächlich. Nur der Mythos ist mächtig, und im Herzen des kinematografischen Mythos liegt die Verführung“ (Baudrillard 1992, S. 133).

  8. 8.

    Ich betrachte den Actionfilm hier nicht als klar definierbares Genre, sondern eher als eine spezifische filmische Ausdrucksform, die sich in unterschiedlichen Genres (Western, Abenteuer, Kriminalfilm, Historienfilm) adaptieren lässt.

  9. 9.

    Sowohl Seel 2013, S. 17 als auch Früchtl 2004, S. 54 beschreiben diesbezüglich den Beginn von Fords The Searchers, in dem sich die Tür des schützenden Innenraums in das unsichere Außen hinein öffnet.

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Stiglegger, M. (2015). Die Seduktionstheorie des Films: John Ford im Spiegel kontinentaler Philosophie. In: Ritzer, I. (eds) Classical Hollywood und kontinentale Philosophie. Neue Perspektiven der Medienästhetik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06620-8_9

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-06619-2

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