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„Ja sam ti ono pola-pola, wie das Gericht beim Kroaten“: Sprachidentität und -struktur der zweiten Generation ex-jugoslawischer Migrantennachkommen in Deutschland

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Migration – Religion – Identität. Aspekte transkultureller Prozesse

Zusammenfassung

The paper presents some historical and statistical data about a large population of heritage speakers, the emigrants from former Yugoslavia and their descendants living in Germany. On the basis of these data, the author underlines the relevance of the study of the heritage languages of these speakers and presents the empirical results of a pilot study which is based on the analysis of spoken language. The study includes questionnaire and naturalistic interview data provided by second generation speakers of Bosnian, Croatian, and Serbian. The aim of this paper is to offer a brief insight into the characteristics of this language that is spoken by the second generation immigrants in Germany.

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Notes

  1. 1.

    Im Rahmen dieses Beitrages wird – einem breiteren interdisziplinären Publikum zuliebe – auf genuin linguistisch-theoretische Begriffsauseinandersetzungen bewusst verzichtet. Alle hier verwendeten Begriffe besitzen eine breite inhaltliche Schnittmenge und unterscheiden sich, wenn überhaupt, in peripheren Bereichen.

  2. 2.

    Von etwa 1000 befragten jugoslawischen Gastarbeitern des Jahres 1982 gaben 55,6 % an, nur einige Jahre in der BRD bleiben zu wollen; 36,8 % hatten keine genaue Vorstellung über die Aufenthaltsdauer und nur 2,7 % wollten für immer ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik sehen (Baučić und Groß 1987, S. 58–70).

  3. 3.

    „Na standardološkoj razini, hrvatski, srpski, bosanski, pa i crnogorski jezik različiti su varijeteti, ali istoga jezika. Dakle, na čisto lingvističkoj razini, odnosno na genetskoj razini, na tipološkoj razini, radi se o jednom jeziku i to treba jasno reći.“ I. Pranjković, Hrvatski i srpskisujedanjezik, in: kultura@slobodnadalmacija.hr., 7.2.2006 („Auf der Standardebene sind das Kroatische, Serbische, Bosnische, ja auch das Montenegrinische verschiedene Varietäten derselben Sprache. D. h., auf rein sprachlicher Ebene bzw. auf genetischer, typologischer Ebene handelt es sich um eine Sprache und dies muss deutlich gesagt werden.“) [Eigene Übersetzung].

  4. 4.

    „BKS“ (Bosnisch-Kroatisch-Serbisch) ist die in Deutschland und Österreich verwendete Bezeichnung für das ehemalige Serbo-Kroatisch, das von 1954 bis 1992 eine der Amtssprachen im ehemaligen Jugoslawien war. Seit dem Zerfall Jugoslawiens wird in den Nachfolgestaaten versucht, die betreffenden Sprachstandards aus politisch motivierten Gründen auseinander zu entwickeln, was durch die konsequente Anwendung der Bezeichnungen Bosnisch, Kroatisch, Serbisch (und immer öfter auch Montenegrinisch) unterstrichen wird. Der Status der Standardvarietäten des Serbokroatischen als voneinander unabhängige Sprachen ist sprachwissenschaftlich allerdings unhaltbar. Das politisch bedingte Paradoxon wurde auf unübertreffliche Art und Weise schon 1993 von der künstlerisch-humoristischen Vereinigung Nadrealsiti karikiert (Top Lista Nadrealista, Jezici). In eigenen Worten: Politiker müssen sich bemühen, politisch korrekt zu sein; Linguisten müssen bemüht sein, linguistisch korrekt zu bleiben!

  5. 5.

    Die Distinktheit der zweiten Generation ergibt sich aus folgenden Eigenschaften: 1. In Deutschland geboren oder vor dem dritten Lebensjahr nach Deutschland immigriert. 2. Beide Elternteile monolinguale „BKS“-Sprecher zur Zeit der Immigration. 3. Kein Aufenthalt in Bosnien, Kroatien oder Serbien länger als drei Monate in den letzten fünf Jahren. 4. Simultaner Erwerb von B/K/S und D (L1… L2). 5. Formaler Unterricht in Deutsch (Kindergarten, Schule…). 6. Standard-Štokavisch Sprecher.

  6. 6.

    http://www.crowc.org/njemaka/330-odlian-nastup-mladih-nogometauea-hsk-a-na-turniru-u-vukovaru

  7. 7.

    Diese beruhen auf der Annahme, dass Migrantenkinder in der neuen Umgebung einen Teil der Erstsprache verlieren, gleichzeitig aber nur Teilkompetenzen in der neuen Sprache erwerben, womit sie im Ergebnis keine der zwei Sprachen ausreichend beherrschen.

  8. 8.

    Der klassische, in der Linguistik verwendete Begriff für das Phänomen ist Code-Switching (Haugen 1956; Poplack 1980; Appel und Muysken 1987; Riehl 2004).

  9. 9.

    Also ich weiß, weißt du ich bin auch nicht, eigentlich ne… hör mal, ich bin nicht einer, der jetzt, fuck, den Teppich jeden Tag heben wird, verstehst du … so ist es nicht, verstehst, fuck nee! Es ist mir auch nicht so, zu meiner Frau, sie ist … wie soll ich es sagen ehmm… es ist nicht so, dass sie unordentlich ist, sondern sie hat keine Ordnung, weißt du, sie hat kein System, fuck.

  10. 10.

    Dieser Proband ist sogar bilingual im Sinne der starken, heute eigentlich als veraltet geltenden bloomfieldischen Definition von Bilingualismus: „native-like control of two languages“ (Bloomfield 1933, S. 55).

  11. 11.

    Was eine Standardsprache ist, ob die Elterngeneration dem „Standard“ entsprachen, kann an dieser Stelle nur hinterfragt werden. Um eine Antwort wird sich an einer anderen Stelle bemüht.

  12. 12.

    Auch die Sprachstruktur der ersten Generation unterliegt nach jahrzehntelangem Sprachkontakt ähnlichen strukturellen Veränderungen. Die systematische Untersuchung der Sprache (L1) der ersten Generation ist allerdings ein ausstehendes Untersuchungsgebiet.

  13. 13.

    Ein aktuelles und prominentes Beispiel aus der englisch beeinflussten deutschen Sprache: „Das macht keinen Sinn.“ ( That makes no sense.) statt „Das ergibt keinen Sinn.“

  14. 14.

    Die gleiche Art von Transfer funktioniert natürlich auch in die andere Richtung. Noch lange, nachdem die deutsche Phonetik des Autors kaum von der seines deutschen Freundeskreises zu unterscheiden war, waren noch Präpositionsfehler ein Markenzeichen seiner Sprache: Fahren wir auf Tankstelle? – „BKS“: Hajdemo na benzinsku?

  15. 15.

    So auch der Titel des in der Zeitschrift Lahor 2006 erschienenen Artikels: Hrvatski u Njemačkoj: njemački s hrvatskim riječima?

  16. 16.

    Die deutsche Bedeutung von „unten/dort/da/hier nichts verloren zu haben“ (Du hast hier nichts verloren.) ist nicht übertragbar auf das Bosnische, Kroatische, Serbische. Zwar würde ein monolingualer „BKS“-Sprecher aus dem Kontext die Bedeutung wohl verstehen, aber einem „Standard“ oder der Umgangssprache entspricht sie nicht. Der Einfluss des „Deutschland-Jugoslawisch“ auf die Sprache des Ursprungslandes ist ein weiteres, unbestelltes Forschungsfeld.

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Romić, D. (2016). „Ja sam ti ono pola-pola, wie das Gericht beim Kroaten“: Sprachidentität und -struktur der zweiten Generation ex-jugoslawischer Migrantennachkommen in Deutschland. In: Kazzazi, K., Treiber, A., Wätzold, T. (eds) Migration – Religion – Identität. Aspekte transkultureller Prozesse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06510-2_10

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