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Intuitive Sichtbarkeiten. Der wissenspolitische Stellenwert der Fotografie in der Kulturzeitschrift Du um 1950

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Bilder in historischen Diskursen

Part of the book series: Interdisziplinäre Diskursforschung ((IDF))

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Zusammenfassung

Die bildtheoretische Diskussion hat in den letzten Jahren das Interesse vermehrt auf die Verfertigung von und Umgangsweisen mit Bildern gerichtet, besonders im Zusammenhang der Wissenschaftsgeschichte. So bemerkte Peter Geimer in der Einleitung zum Sammelband Ordnungen der Sichtbarkeit, dass die „‚Sichtbarkeit‘ der Dinge“ keine fraglos gegebene Qualität sei, sondern in Ateliers und Laboratorien gestaltet und experimentell ermittelt werden müsse. Geimer bezieht sich hierbei auf Bruno Latour, der in Zuspitzung einer praxeologischen Ausrichtung postulierte, dass Bilder nur als „Stichproben aus Strömen von Spuren“ existierten. Man müsse ganz einfach begreifen, dass ein bloßes Bild keinen Referenten habe. So plausibel diese Position ist, in historischer Perspektive tut sie der Relevanz von Referenzialität als der fortgesetzten Zuschreibung eines zuverlässigen Abbildungs-, Verzeichnungs- oder Aufzeichnungsvermögens im Falle von fotographischen Bildern keinen Abbruch. Referenzialität realisiert sich zum einen im Reden bzw. Schreiben über, zum anderen im Agieren mit Fotografien. Ein doppelter Zugriff, der Fotografie sowohl als diskursiven Gegenstand als auch als Objekt einer publizistischen Praxis auffasst, verfolgt eine Historisierung der Referenzialität, welche mit semiotischen ‚Fassungen‘ – z. B. in einem Peirce’schen Zeichenmodell – nicht unvereinbar ist, sich in dieser aber nicht erschöpft.

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Notes

  1. 1.

    Interview mit dem ehemaligen Redaktor Hugo Loetscher anlässlich der 800. Ausgabe, Du 68/10 (2009), S. 14.

  2. 2.

    Der Titel des Films wird nicht genannt, vermutlich handelt es sich um den von der Berliner Terra-Filmkunst produzierten Wilhelm Tell. Das Freiheitsdrama eines Volkes (1934).

  3. 3.

    Weitere Beispiele kontroverser Verhandlung nationaler Identitätspolitik: Frei, Otto: Mein Acker. In: Du 2.1942.6, S. 64; Wahlen, T. A.: An einen Kritiker. In: Du 3.1942.8, S. 36–37; Knopfli, Walter: Mehranbau und Vogelwelt. In: Du 3.1943.8, S. 38–39.

  4. 4.

    Kübler, Arnold: Falsch oder Ächt. In: Du 13.1953.4, S. 6–13, 18–19, 22; Frei-Sulzer, Max: Gefälschte Unterschriften, Pässe, Banknoten, Weine. In: Du 13.1953.4, S. 30–34.

  5. 5.

    Bevor er 1941 Chefredaktor des Du wurde, war Arnold Kübler über zehn Jahre lang Leiter der Zürcher Illustrierten.

  6. 6.

    Dabei stehen mitunter Instruktionspotentiale auf dem Spiel. Erstens stellt sich die Frage, wie Bilder zu kontrollieren sind; zweitens, welches (bildgestützte) Wissen einem Publikum angemessen ist. Das Du steht hier gewissermaßen zwischen dem pädagogischen Diskursmodus der Buchkultur und dem Kontrollmythos des „Zeitalters der audiovisuellen Massenmedien“; vgl. Pethes (2004, bes. 14 ff.); siehe auch Gamper (2007).

  7. 7.

    Vgl. etwa Glasenapp (2008, S. 32), worin auf Roland Barthes‘ Die Fotografie als Botschaft (1961), Rhetorik des Bildes (1963) und Die helle Kammer (1980) verwiesen wird. Allerdings gilt dieser kleinste gemeinsame Nenner eines ‚Realismus‘ ab den 1970er Jahren im Rahmen von sozialkonstruktivistischen und diskursanalytischen Ansätzen als überholt; vgl. Geimer (2009, S. 70 ff.).

  8. 8.

    Zur Populärwissenschaft als Zone des Austauschs zwischen Fachwissenschaft und größeren Publika vgl. Hagner und Sarasin (2008).

  9. 9.

    Vgl. den Beitrag von Malte Zierenberg in diesem Band.

  10. 10.

    Roedelsberger, Franz A.: Das Wissen vom Wasser. Eine Umfrage an der Zürcher Hochschule. In: Du 2.1942.7, S. 20–23; Naef, Robert A.: Der Aufbau des Weltalls. In: Du 3.1943.12, S. 24–29.

  11. 11.

    Z. B. Corti, Walter Robert: Röntgenbilder aus dem Tierreich. In: Du 5.1945.7, S. 18–21; Frei-Sulzer, Max: Duftstoffe unter dem Mikroskop. In: Du 12.1952.1, S. 14–17.

  12. 12.

    Wyckoff, Ralph W. G.: Elektronenmikroskopie. In: Du 9.1949.4, S. 48–54.

  13. 13.

    Der Film ist nicht namentlich genannt. Womöglich handelt es sich um Ulrich K.T. Schulz’ Friedliche Jagd mit der Farbenkamera (1941); vgl. Zimmermann et al. (2005, S. 773).

  14. 14.

    Zur erheblichen Bedeutung der Morphologie für die Biologie an Schweizer Universitäten in der Nachkriegszeit vgl. Stettler (2001).

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Brühwiler, W. (2014). Intuitive Sichtbarkeiten. Der wissenspolitische Stellenwert der Fotografie in der Kulturzeitschrift Du um 1950. In: Eder, F., Kühschelm, O., Linsboth, C. (eds) Bilder in historischen Diskursen. Interdisziplinäre Diskursforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05398-7_12

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