Zusammenfassung
Die gegenwärtigen Debatten um Zuwanderung und die Integration von Migranten mit muslimischer Religiosität haben einen Diskurs um sogenannte „Parallelgesellschaften“ mit ihren unterschiedlichen Wertestandards und Erziehungspraktiken entfacht. Dieser im Alltag und in den Medien auf unterschiedlichen Reflexionshöhen ablaufender Diskurs hat sowohl das Bedürfnis verdeutlicht, einen gesellschaftlichen Konsens in diesen bedeutsamen Fragen zu bekommen; aber er hat auch in einigen Kreisen die Gräben zwischen der Mehrheitsgesellschaft und Muslimen vertieft. So ist bspw. durch eine Engführung des Diskurses um den Islam mit den Themen Terror, Fundamentalismus, Gewalt und Bedrohung – und in Folge zu massenmedial suggerierten Szenarien einer islamistischen Unterwanderung der bundesrepublikanischen Gesellschaft – die Möglichkeit des rationalen Diskurses geschwächt worden. Damit ist ein Nährboden geschaffen worden, der der Bildung und Verbreitung von Stereotypen und Vorurteilen Vorschub leistet. Das hat fatale Folgen für das Zusammenleben, weil solche Vorurteile und Stereotypen nicht unmittelbar durch Gegenbeispiele und Korrekturen zu revidieren sind. Denn Stereotype sind selten als „Allaussagen“ formuliert; die Behauptung ist nicht: „Alle Muslime sind…“, sondern vielmehr: „Die meisten Muslime sind…“. Dadurch wird auch das Nichtzutreffen der Behauptung nicht als eine Widerlegung des Vorurteils begriffen.
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Notes
- 1.
Hier ist jedoch im Auge zu behalten, dass islamische Erziehungsvorgaben und -muster nicht für alle Migranten aus islamischen Familien Gültigkeit haben, weil innerhalb des Islam gravierende Unterschiede in den verschiedenen Ausrichtungen vorherrschen (vgl. Stöbe 1998) und die Anwendung islamischer Erziehungspraktiken oft von Merkmalen wie etwa ländliche oder städtische Herkunft, soziale Schicht und Bildungsgrad, Religiosität der eigenen Eltern abhängt.
- 2.
Von der Tendenz her ähnliche Werte ließen sich auch in den Daten des GMF-Surveys (Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit) finden: rund 30–40 % der Befragten hatten explizit ablehnende Haltungen zu Muslimen in Deutschland, wünschten, dass ihre Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden sollte bzw. fühlte sich durch die Präsenz von Muslimen in Deutschland „fremd“ (vgl. Leibold und Kühnel 2008).
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Uslucan, HH. (2014). Vorurteile als zentrale Hemmnisse der Integration muslimischer Zuwanderer. In: Stereotype, Viktimisierung und Selbstviktimisierung von Muslimen. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05390-1_2
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