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Mögliche Welten: Technik und Institution

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Zusammenfassung

Die Analyse von Plessner verweist auf nie versiegende Ströme menschlicher Kreativität, die Voraussetzung dafür sind, dass so manche in den „Möglichen Welten“ noch schlummernden Optionen geweckt werden. Sie benennt auch eine zweite wichtige Voraussetzung dafür: das Geschaffene in der Mitwelt zu positionieren. Akteurstheoretisch formuliert sind entscheidungsbereite Akteure vonnöten, die mit gleicher Entschlossenheit, mit der sie ihrer Kreativität gefolgt sind, den bestehenden institutionellen Regelsystemen, die als Gegenhalte greifbare Erwartungssicherheiten versprechen, zu trotzen wagen. Denn jeder Schritt hinter der Pforte des Vertrauten beschert jedem wackeren Entdecker hohes Unsicherheitserleben. Die Frage danach, welcher Spezies die entscheidungsbereiten Akteure entstammen, wäre schnell beantwortet, wenn es nicht hartnäckige Techniksoziologen gäbe, die die These vertreten, dass der Technik Akteursstatus eingeräumt werden sollte. Zu dieser These wird in dieser Arbeit Stellung genommen; ihr jedoch nicht gefolgt. Technik besitzt demgegenüber zwei andere Qualitäten: Das Zepter zu führen, d. h. Entscheidungsträger zu sein, oder als funktionales Äquivalent für soziale Institutionen zu fungieren. Die Begründung dieser beiden Thesen ist das Ziel dieses zweiten Kapitels. Sie beginnt mit einer Diskussion der Interaktionsradien und Entscheidungsträgerschaften des Trios Akteur, Technik und Organisation und mündet in eine vergleichende Analyse dieser Phänomenbereiche zwecks Zusammenfassung der erzielten Erkenntnisgewinne.

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Notes

  1. 1.

    Eine weitere Handlungstheorie, die gleichsam den Weg zur Handlungsträgerschaft über die Zuschreibungskategorie sucht, wird durch Luc Boltanski und Laurent Thévenot (2007) vertreten. Entscheidend ist hier, dass die Zuschreibung durch die handelnden Akteure selbst erfolgt. In den Blick geraten dabei nicht zufällig vor allem jene Zuschreibungen, die von politisch-praktischer Provenienz sind.

  2. 2.

    z. B. Dinge wie Technik oder Institutionen. Erinnert sei an dieser Stelle noch einmal an das Gesetz der natürlichen Künstlichkeit (Plessner 1928/1975, S. 309 ff.). Es formuliert die Unumgehbarkeit des Menschen, sich künstliche Dinge zu schaffen, um sein Leben führen zu können.

  3. 3.

    Die Darstellung stützt sich auf das Lehrbuch der Objektmodellierung. Analyse und Entwurf mit der UML 2 von Heide Balzert (2005).

  4. 4.

    Gemeint ist damit der technische Funktionskontext.

  5. 5.

    Aufgrund eines so entstandenen Willkürerlebens beschädigt so mancher Operateur sein mobiles Datenerfassungsgerät, weil er die technisch induzierte Form der Aufgabenvergabe emotional nicht akzeptiert.

  6. 6.

    Für diesen wertvollen Hinweis danke ich Roger Häußling.

  7. 7.

    Mit diesem Thema haben sich Werner Rammert und Ingo Schulz-Schäffer (2002, S. 11–64) ausführlich beschäftigt.

  8. 8.

    „Außer dem Geist erkenne ich nämlich noch nichts an mir. […] Ich weiß jetzt, dass die Körper nicht eigentlich von den Sinnen oder von der Einbildungskraft, sondern von dem Verstand allein wahrgenommen werden, und zwar nicht, weil wir sie berühren und sehen, sondern lediglich, weil wir sie denken; und so erkenne ich, dass ich nichts leichter oder evidenter wahrnehmen kann als meinen Geist.“

  9. 9.

    „Ihm [dem Menschen] ist der Umschlag von Sein innerhalb des eigenen Leibes zum Sein außerhalb des Leibes ein unaufhebbarer Doppelaspekt der Existenz, ein wirklicher Bruch seiner Natur. Er lebt diesseits und jenseits des Bruches, als Seele und als Körper und als die psychologisch neutrale Einheit dieser Sphären.“ (Plessner 1928/1975, S. 292).

  10. 10.

    Angesichts der nachfolgenden Befassungen mit der Technik sei an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass Berger und Luckmann dem Argument, dass von der Technik ein Sachzwang ausgeht, den Schelsky (1965, S. 457) prononciert vertritt und Freyer (1955) durchaus teilt, nicht folgen. Mit ihren Darlegungen zur Konstruktion der Wirklichkeit nahmen sie dieser Interpretation weitestgehend den Wind aus den Segeln.

  11. 11.

    Substanzreich sind die Institutionen deshalb, weil sie als künstliche Gegenhalte die – immer relational zu denkende – Mitwelt mitgestalten.

  12. 12.

    Ein Beispiel dafür ist die Organisation der Produktion in Großunternehmen.

  13. 13.

    Diese Aussage trifft Freyer hinsichtlich der Dominanz des Wartens bzw. des Machens. In jeder Gesellschaft sind beide Handlungstypen zu identifizieren. Die Kupferhöfe in Stolberg (Rheinland) stehen exemplarisch für das Machen in der vorindustriellen Zeit. Das Heranwachsen von Getreide steht exemplarisch für das Warten.

  14. 14.

    Zu dem Erschaffenen gehört auch immer das eigene Selbst, welches sich in der Mitwelt nur über die Maske zu erkennen gibt.

  15. 15.

    Die sekundären Systeme können aufgrund ihrer Logik genau diese Leistungen nicht erbringen (Freyer 1955, S. 189).

  16. 16.

    „Ich wollte ja nichts mehr als das Leben versuchen, was von selber aus mir herauswollte“. Warum war das so sehr schwer? Herman Hesse 1919/1979, S. 7.

  17. 17.

    Bereits 1960 weist Freyer auf diese kommende Entwicklung hin: „Die anorganische Natur ist in viel höherem Maße erkennbar. […] Sie bietet daher auch viel günstigere Bedingungen für den technischen Zugriff. Sie ist machbarer. […] Solange wir es mit Lebendigem zu tun haben, liegt, ohne Sentimentalität, ein Gegenseitigkeitsverhältnis vor.“ (S. 126–127). Das bedeutet auch: Um neue Ziele zu erreichen, muss leblose Materie nur technische Grenzen überwinden. Die Logistik nimmt diese „Machbarkeit“ auf. Zuweilen werden IT-Systeme mit „künstlichen“ Ameisen ausgestattet, um Distributionskosten bei der Tourenplanung zu reduzieren (mylogistics.net 2006).

  18. 18.

    Wie Plessner erschafft auch Cassirer einen künstlichen Raum, in dem der Mensch sein Leben führt.

  19. 19.

    Im Sinne von Plessner begegnen sich beide als Gegenhalte und künstliche Objekte in der Mitwelt.

  20. 20.

    Auf der Basis der vom IT-System „vorgegebenen“ Struktur ist die automatische Dokumentation von Programmteilen möglich.

  21. 21.

    Fortschritt ist in der Sicht Freyers weder ein universaler noch ein teleologischer Prozess. (Kruse 1994, S. 185).

  22. 22.

    Auf der zweiten Beobachtungsebene docken wiederum neue Differenzen an das Funktionieren/Nichtfunktionieren an: akzeptabel respektive inakzeptabel, risikoreich respektive gefährlich. Das bedeutet, dass beobachtungsbezogen verschiedene Beschreibungen erschlossen werden (Japp und Krohn 1996).

  23. 23.

    Diesen wertvollen Hinweis verdanke ich Helmut Wiesenthal.

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© 2015 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Blutner, D. (2015). Mögliche Welten: Technik und Institution. In: Herrschaft und Technik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05374-1_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-05374-1_3

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-05373-4

  • Online ISBN: 978-3-658-05374-1

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