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Die finanzielle Integration von Schwellen- und Transformationsländern

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Politische Wirtschaftsethik globaler Finanzmärkte
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Zusammenfassung

Vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise wurden die Finanzsysteme der Schwellen- und Transformationsländer und jene Devisenmärkte, auf denen die Währungen dieser Staaten gehandelt wurden, als die Achillesferse der internationalen Finanzwirtschaft wahrgenommen. Schließlich waren zwischen 1994 und 2002 schnell hintereinander Finanz- und Währungskrisen in einer ganzen Reihe von peripheren Ländern ausgebrochen. Auch wenn sich seitdem der Fokus der regulierungspolitischen Aufmerksamkeit verschoben hat, sind die mit der finanziellen Integration von Schwellen- und Transformationsländern verbundenen Probleme, die zu diesen Krisen geführt haben, nicht verschwunden. So arbeite ich in diesem Kapitel zuerst die Gefahren heraus, die mit der Integration peripherer Länder in die globalen Finanzströme verbunden sind (Abschn. 7.1). Das Bild, das dabei entsteht, erhält dadurch zusätzliche Tiefenschärfe, dass ich die Problemlagen anschließend aus vier ethischen Blickwinkeln beleuchte (Abschn. 7.2). Schließlich ziehe ich aus der vorangehenden Analyse und ethischen Reflexion einige Konsequenzen für die internationale Finanzarchitektur (Abschn. 7.3).

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Notes

  1. 1.

    Das Problem der starken Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands trifft vor allem die weniger exportstarken anderen Mitgliedsländer der EU. Es gehört deshalb auch zu den – in Deutschland zumeist verdrängten – Ursachen der europäischen Schuldenkrise.

  2. 2.

    Neben China und Russland weisen seit 2005 Argentinien, Indonesien und Malaysia sowie einige erdölexportierende Staaten (vor allem Angola, Iran, Kuwait, Libyen, Nigeria, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Venezuela) in den meisten Jahren recht hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf.

  3. 3.

    Da bei peripheren Ländern der Wechselkurs zumeist ausgedrückt wird als Summe der heimischen Währungseinheiten, die man auf dem Devisenmarkt für einen Dollar (oder für einen Euro) hergeben muss („Preisnotierung“), bedeutet die (nominale) Aufwertung bei dieser Ländergruppe einen sinkenden Wechselkurs.

  4. 4.

    Die Preisnachteile der heimischen Produzenten gegenüber den auswärtigen Konkurrenten, die bei diesen Wirkungsketten entstehen, werden als reale Aufwertung bezeichnet.

  5. 5.

    In Richtung eines größeren Leistungsbilanzdefizits wirkte auch, dass das externe Finanzkapital den konjunkturellen Aufschwung verstärkte, was u. a. zu einer höheren Nachfrage nach Importgütern führte.

  6. 6.

    Vgl. das Wachstum der privaten Finanzströme nach Osteuropa in den Jahren 2003–2008 und die gleichzeitigen Leistungsbilanzdefizite dieser Ländergruppe, insbesondere Ungarns, Bulgariens, Lettlands und Litauens (Daten: IMF 2012).

  7. 7.

    Durch solche Devisenmarktinterventionen kommt im Empfängerland zusätzliches inländisches Geld in Umlauf, so dass die intervenierende Zentralbank ggf. Maßnahmen (wie z. B. den Verkauf von Wertpapieren oder Gold an Inländer) ergreifen muss, um die überschüssige Liquidität zu absorbieren („Sterilisierung“ oder „Sterilisation“).

  8. 8.

    Die Strategie wird bereits in einem einfachen keynesianischen Modell deutlich, indem die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vor allem von den autonomen Ausgaben (A) abhängt [gleichgewichtig: Y* = A + cY*, also Y* = A/(1 − c)] und diese autonomen Ausgaben neben den Investitionen der Unternehmen u. a. auch den Exportüberschuss des Landes beinhalten [A = I + Ex − Im + …].

  9. 9.

    Vgl. die entsprechenden Datenreihen „current account“ und „international investment position“ der „Principal Global Indicators“ (Interagency-Group on Economic & Financial Statistics 2011; Dies. 2013). Im Falle Indonesiens und Südafrikas zeigt sich der Nettokapitalexport nicht in einer (wachsenden) positiven „international investment position“, sondern in einer sinkenden negativen. Detailliertere Analysen bei Bibow 2010, 11–25.

  10. 10.

    Der Netto-Finanzstrom in ein peripheres Land ist identisch mit dem privaten Nettokapitalimport dieses Landes. Veränderungen bei den Währungsreserven der Zentralbank bleiben hier unberücksichtigt.

  11. 11.

    Zu den „Emerging market and developing economies“ zählt der IWF (in den Daten des World Economic Outlook vom Oktober 2013) die folgenden Ländergruppen: „Central and eastern Europe“, „Commonwealth of Independent States“, „Developing Asia“, „Latin America and the Caribbean“, „Middle East, North Africa, Afghanistan, and Pakistan“ und „Sub-Saharan Africa“. Dabei schlägt er Georgien dem „Commonwealth of Independent States“ zu. Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan gehören dagegen nicht zu „Developing Asia“, sondern zu den „Other advanced economies“ (IMF 2013b).

  12. 12.

    Für die Graphen in den Abb. 7.1 und 7.2 habe ich jeweils addiert: „Private portfolio flows, net“ (WEO Subject Code BFPP) und „Other private financial flows, net“ (WEO Subject Code BFOP). Daten: IMF 2013b (mit den in den WEO-Daten aktuell üblichen Abgrenzungen der Ländergruppen).

  13. 13.

    Die Grafiken geben die Netto-Daten wieder. Die Bank für Internationalen Zahlungsaustausch gibt für die „23 wichtigsten aufstrebenden Volkswirtschaften“ im Jahr 2007 Bruttozuflüsse (inkl. Direktinvestitionen) in Höhe von ca. US$ 1,5 Bio. an (BIZ 2011, 4: Grafik I.2). Vgl. a. McKinsey Global Institute 2013, 35, Exhibit 20: US$ 1,6 Bio. 2007 und US$ 1,5 Bio. 2012.

  14. 14.

    Zudem hat wohl auch das Platzen der Dotcom-Blase (2000) zur Verunsicherung der Anleger beigetragen. Zu den relevanten Faktoren dürften außerdem die hohen Leistungsbilanzüberschüsse einiger Schwellenländer gehören, sofern die Deviseneinnahmen zum Kauf von Finanztiteln in den Industrieländern genutzt wurden.

  15. 15.

    In einem Strang der neueren Literatur zur finanziellen Integration von Schwellen- und Transformationsländern gibt es einen Trend, bei den starken Zuflüssen von Finanzkapital in diese Länder und dem plötzlichen Abzug aus ihnen die globalen Faktoren immer stärker zu betonen (vgl. z. B. Rey 2013 und die dort zitierte Literatur).

  16. 16.

    Interventionsfähige Zentralbanken sind entweder Zentralbanken (peripherer Länder), die über hohe Devisenreserven verfügen, oder Zentralbanken, deren eigene Währung eine der im Krisenfall begehrten internationalen Anlagewährungen ist.

  17. 17.

    Das ist eine zentrale These in der Entwicklungstheorie des von Hajo Riese begründeten Monetärkeynesianismus (vgl. z. B. Riese 1997 sowie die Überblicke bei Hersel 1999, 23–27 und Heine/Herr 1999, 613–640).

  18. 18.

    Im Falle Brasiliens wäre es wohl präziser auszusagen, dass die hohen Nettokapitalimporte nicht direkt zu einer höheren Staatsverschuldung führten. Zur brasilianischen Entwicklung in diesen Jahren, für die u. a. die heimische Hochzinspolitik bedeutsam war; vgl. Palma 2010, 19, 24 f.

  19. 19.

    Zum Folgenden vgl. Palma 2010, der die Entwicklungen der 1990er Jahre in den asiatischen und lateinamerikanischen Schwellenländer untersucht, die damals viel Kapital importierten, und Agosin/Huaita 2011, die auch den zweiten Boom privater Finanzströme in periphere Länder (2002–2007) berücksichtigen. Zu diesem zweiten Boom vgl. a. Mogliani 2008 sowie zur Empirie des „boom and bust“ in Osteuropa: Berglöf u. a. 2009; Haas/Knobloch 2010; EBRD 2010, 30–35.

  20. 20.

    Im Unterschied zu den Industrieländern [vgl. Abschn. 2.2.2.1] spielen die Aktienmärkte in den Schwellenländern bei der externen Finanzierung von Unternehmen eine wichtige Rolle (Speidel-Walz 2001; Seifert/Gonenc 2010).

  21. 21.

    Jedem zweiten Kreditboom in einem peripheren Land ging unmittelbar eine Phase voraus, in der sehr viel privates Finanzkapital in das Land strömte (Mendoza/Terrones 2008, 14).

  22. 22.

    Das war im Boom der 1990er Jahre u. a. in Mexiko, Argentinien, Malaysia und Thailand der Fall (Palma 2010, 19–21).

  23. 23.

    Zum Zusammenhang von Banken- und Währungskrisen vgl. Kaminsky/Reinhart 1999.

  24. 24.

    Die Entscheidungsträger in Geschäftsbanken, die eine Insolvenz befürchten, sind dagegen nicht selten bereit, ihre Geschäfte auch in einem riskanten Umfeld stark auszudehnen. Sie hoffen, dass sie, wenn diese gut gehen, den Konkurs noch abwenden können.

  25. 25.

    Der Rückgang der privaten Auslandsüberweisungen von Migranten an ihre Familien hat bei der Transmission der Krise von den Industrie- in periphere Länder dann doch keine so große Rolle gespielt (Green u. a. 2010, 4), wie in den ersten Monaten der Krise erwartet worden war. Der Verfall der Rohstoffpreise geht u. a. auch auf den Rückgang der Nachfrage aus den Industrieländern zurück; bei den Agrarprodukten, die zugleich Grundnahrungsmittel der Armen sind, hat sich dies jedoch auf die absolute Armut und den Hunger in vielen Ländern positiv ausgewirkt (Lin/Martin 2010, 7–10).

  26. 26.

    Vgl. die jährlichen realen Wachstumsraten in den World Economic Outlook-Daten (IMF 2012).

  27. 27.

    Vgl. Green u. a. 2010 für einen hervorragenden Zwischenbericht zu den sozialen Folgen der globalen Finanzkrise in den Entwicklungsländern (Stand Mai 2010). Darin werden auch die besonderen Leistungen der Armen, vorübergehend Ressourcen zum Überstehen der Krise zu mobilisieren, herausgearbeitet. Zur Rezession und Arbeitslosigkeit in Osteuropa vgl. a. EBRD 2010, 30, 33; zur Krise insgesamt in dieser Region vgl. u. a. Berglöf u. a. 2009; Haas/Knobloch 2010.

  28. 28.

    Eine wichtige Ausnahme ist die Ukraine (EBRD 2009, 14, 240; EBRD 2010, 152).

  29. 29.

    Es gibt aber auch osteuropäische Volkswirtschaften, die von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hart getroffen wurden, unter ihnen auch EU-Mitgliedsstaaten. Von diesen traf es die baltischen Staaten besonders hart, im zweiten Halbjahr 2009 aber auch Ungarn und Slowenien (EBRD 2010, 30).

  30. 30.

    Vogel/Winkler (2012, 525) finden auf dem Höhepunkt der Krise 2008/09 einen ähnlichen – allerdings weniger ausgeprägten – Effekt nur in Subsahara-Afrika. Dort könnte das Fortwirken kolonialer Verbindungen eine Rolle spielen (Vogel/Winkler 2012, 526).

  31. 31.

    Zumindest im dritten und vierten Quartal 2011 sowie im ersten Quartal 2012 gab es Anzeichen dafür, dass sich aufgrund der anhaltenden Schuldenkrise im Euroraum nun doch die westeuropäischen Banken in großem Stil aus Osteuropa zurückziehen könnten (Sommer 2012; für das zweite Halbjahr 2011: BIZ 2012, 21 f.).

  32. 32.

    Metzger/Taube 2010, 15–21, 34. Für eine positive Einschätzung der Finanzregulierung auch in anderen Schwellen- und Transformationsländern vgl. BIZ 2011, 55.

  33. 33.

    Warum spreche ich hier nur von „beinahe“ alle peripheren Ländern? In einigen Ländern Osteuropas gab es nach der „Wende“ keine funktionsfähigen Geschäftsbanken mehr. Im privaten Bankensektor dieser Länder übernahm sehr bald die eine oder andere westeuropäische Großbank eine zentrale Rolle – was insgesamt in nicht wenigen dieser Ländern den Auf- und Ausbau eines funktionsfähigen nationalen Finanzsystems förderte. Allerdings dürfte die positive Entwicklung auch durch die in Abschn. 7.1.3 bereits erwähnten europäischen Konvergenzperspektiven begünstigt worden sein. Schließlich legen diese den vor Ort engagierten westeuropäischen Banken langfristige Geschäftsstrategien nahe, mit denen sie dann auch eher ihrer Verantwortung für die Gastländer entsprechen. Auch aufgrund dieser Konvergenzerwartungen ist dieser Weg einiger osteuropäischen Staaten aber eher als ein Sonderweg einzuschätzen, für dessen Verallgemeinerung wenig Chancen bestehen.

  34. 34.

    Zu den Entwicklungstendenzen von „Islamic Finance“ vgl. u. a. Nienhaus/Thießen/Thurner 2010. Aus christlich-sozialethischer Sicht wird bald Matthias Böhm eine Dissertation zu diesem Themengebiet vorlegen.

  35. 35.

    Vgl. die Datenreihe „current account“ der „Principal Global Indicators“ (Interagency-Group on Economic & Financial Statistics 2011).

  36. 36.

    Das Aufkaufen der Devisen durch die Zentralbank hat zudem den Vorteil, dass es sowohl eine vorübergehende Aufwertung der Landeswährung als auch zusätzliche Käufe von Importgütern durch die Bürgerinnen und Bürgern des Landes verhindert. Durch beides würde eine bereits defizitäre Leistungsbilanz weiter verschlechtert.

  37. 37.

    Die in Folge der globalen Finanzkrise hohe Verschuldung einiger führender Regierungen (und Konzerne) der Industrieländer führt dazu, dass die peripheren Länder nun durch den Kapitalverkehr neuen, bisher unbekannten Risiken ausgesetzt sind – dieses Mal durch ihren Kapitalexport (Prasad 2011, 10). Als ein globaler Groß-Gläubiger hat z. B. China ein großes Interesse daran, dass die Schuldenprobleme in den USA und einigen europäischen Ländern gelöst werden, und mischt sich deshalb auch immer wieder in die einschlägigen Diskussionen ein.

  38. 38.

    Mit den einzelnen Aussagen zu der Frage, wie erfolgreich die Strategie vieler peripherer Länder, sich durch Aufbau von Währungsreserven selbst abzusichern, in der globalen Finanzkrise war, folge ich bis hierhin Jörg Bibow (2010; zusammenfassend: 26 f.). Allerdings betont Bibow insgesamt sehr viel stärker die Kosten dieser Strategie.

  39. 39.

    In einer intertemporalen Betrachtung ergibt sich ein differenzierteres Bild: Leistungsbilanzüberschüsse werden möglicherweise zum Abbau früher in den Industrieländern aufgenommener Schulden verwendet, wobei diese Schulden neben den Zinsen auch auf vergangene (Netto -) Leistungen der Menschen in den Industrieländern zurückgehen. Oder die peripheren Länder mit verfestigten Leistungsbilanzüberschüssen bauen eine positive internationale Vermögensposition auf und sammeln so Ansprüche auf künftige (Netto -) Leistungen der Menschen in den Industrieländern.

  40. 40.

    Hinzu kommen einige erdölexportierende Staaten, die aufgrund ihrer Sonderstellung in die Argumentation nicht systematisch einbezogen werden. In den meisten Jahren des ersten Jahrzehnts nach dem Millennium wiesen auch Argentinien, Indonesien und Malaysia beachtliche Leistungsbilanzüberschüsse aus.

  41. 41.

    Diskutiert wird lediglich, ob die Sterilisierung dieser Devisenmarkttransaktionen ab einem gewissen Umfang an Grenzen stößt. Vgl. jedoch die Kritik von Bofinger (2011, 10–12) an der Behauptung solcher Grenzen.

  42. 42.

    Hilpert/Loewen (2010, 3) halten die in der Chiang-Mei-Initiative vereinbarten maximalen Beistandsbeiträge offenbar noch für zu gering. Sie wurden allerdings 2012 noch einmal verdoppelt und betragen nun 240 Mrd. $ (Siregar/Chabchitrchaidol 2013, 4). Zudem bedarf es – aufgrund einer Intervention der USA (!) und des IWF – für größere Summen nach wie vor einer Zustimmung und eines entsprechenden Konditionalitätenprogramms des IWF (Hilpert/Loewen 2010, 3).

  43. 43.

    Allerdings wird die Gesamtbilanz des Europäischen Währungssystems durch die Krise 1992/1993 etwas geschmälert. Der Umstand jedoch, dass es zwischen 1979 und 1998 mehr als 15 Mal zu einer Anpassung der Währungsrelationen kam, widerspricht der im laufenden Text aufgestellten Stabilisierungsbehauptung nicht. Die Möglichkeit solcher „Realignments“ ist ja gerade ein Teilaspekt des hier zur Debatte stehenden institutionellen Arrangements des regionalen Währungssystems.

  44. 44.

    Ein naheliegendes Beispiel ist die stark expansive Geldpolitik der Federal Reserve, die zum Kollaps des Bretton Woods-Regimes Anfang der 1970er Jahre wesentlich beigetragen hat (dazu u. a. Herr 1992, 320–323). Aber auch eine zu restriktive Geldpolitik der Leitwährungs -Zentralbank kann ein Währungssystem in die Krise stürzen. So führen Herr und Hübner (2005, 201–225) die EWS-Krise 1992/1993 darauf zurück, dass die Deutsche Bundesbank ohne Rücksicht auf die mit ihr kooperierenden Zentralbanken gegen den Vereinigungsboom einen rigorosen restriktiven geldpolitischen Kurs verfolgte.

  45. 45.

    Die UNCTAD (2011, 171) charakterisiert das Wechselkursarrangement als „rules-based managed floating“. Wenn in einem Währungssystem bestimmte Regeln für eine gleitende Veränderung der Wechselkurse gelten, schließt dies nicht aus, dass es zusätzlich auch einmal zu diskretionären Änderungen kommt (Bofinger 2011, 17), wie sie bei den fixen nominalen Wechselkursen im Europäischen Währungssystem immer wieder einmal vorgenommen wurden.

  46. 46.

    Hier handelt es sich um eine ungedeckte Zinsparität („uncovered interest parity“; Bofinger 2011, 1). Gedeckt ist eine Zinsparität nur dann, wenn das Risiko , dass der Zinssatz für die Anlage im Ausland am Ende der Laufzeit von dem des entsprechenden inländischen Geschäfts abweicht, durch eine Finanztransaktion beseitigt wird. Das ist möglich durch ein Termingeschäft am Ende der Laufzeit oder durch ein entsprechendes Swapgeschäft. In dem hier skizzierten Währungssystem dagegen bemühen sich die Zentralbanken darum, bereits das Risiko einer solchen Abweichung zu minimieren.

  47. 47.

    Für Bofinger (2011, 14) gibt es nur kurz-, aber nicht mittel- und langfristig einen Unterschied zwischen dem Wechselkurspfad in dem von ihm konzipierten, auf Zinsparität basierenden Währungssystem und dem von der UNCTAD 2009 vorgeschlagenen Währungssystem der konstanten realen Wechselkurse. Dafür setzt er aber (Bofinger 2011, 14) voraus, dass beide betrachteten Zentralbanken in der Zinspolitik die identische Taylor-Regel anwenden. Zur Konvergenz der beiden möglichen Regeln äußert sich die UNCTAD (2011, 174 f.) vorsichtiger.

  48. 48.

    Warum spreche ich von einem mittleren wirtschaftlichen Entwicklungsstand? Schwellen- und Transformationsländer, die in ihrer Volkswirtschaft weitgehend zu den Industrieländern aufgeschlossen haben, sollten – wie alle Industrieländer – zugunsten weniger wirtschaftlich entwickelter Länder auf diese Wachstums- und Beschäftigungsstütze verzichten. Arme Entwicklungsländer, die – abgesehen von Rohstoffen und Agrarprodukten – kaum etwas auf den internationalen Gütermärkten anzubieten haben, dürften zu dauerhaften Leistungsbilanzüberschüssen kaum in der Lage sein.

  49. 49.

    Die Idee hat aber noch „einige Haken und Ösen“, z. B.: Werden einigen peripheren Ländern (durch Anwendung bestimmter Regeln für die zu garantierenden Wechselkurspfade) kontinuierlich Leistungsbilanzüberschüsse ermöglicht, anderen dagegen nicht, sind für die Festlegung der Regeln, mit denen die Wechselkurspfade der verschiedenen Länder bestimmt werden, heftige Konflikte vorprogrammiert.

    Hier wurden die von der UNCTAD und von Peter Bofinger vorgeschlagenen Währungssysteme, in denen für die nominalen Wechselkurse Pfade festgelegt werden, so präsentiert, dass jeweils nur ein Teil der peripheren Länder mit wenigen Industrieländern kooperiert, wobei die heimische Währung zumindest eines kooperierenden Industrielandes eine internationale Anlagewährung sein sollte. In diesem Fall blieben die Wechselkurse zwischen den großen Anlagewährungen weitgehend flexibel. Denkbar ist aber auch ein ähnlich konzipiertes Währungssystem , in das die meisten Industrieländer und sehr viele periphere Länder integriert wären. Das könnte man dann als eine dynamische Version des Bretton Woods-Systems fester Wechselkurse (Bofinger 2011, 17) betrachten.

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Emunds, B. (2014). Die finanzielle Integration von Schwellen- und Transformationsländern. In: Politische Wirtschaftsethik globaler Finanzmärkte. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04712-2_7

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