Zusammenfassung
Für die Verkehrsplanung hat der Faktor Zeit schon immer eine besondere Bedeutung, etwa wenn es um die Erstellung von Fahrplänen, die Sicherstellung von Verbindungen und die Steuerung von Geschwindigkeiten geht. In der Stadt- und Regionalplanung fallen zwar implizit auch zahlreiche Entscheidungen von erheblicher zeitlicher Relevanz. Sie werden allerdings selten offensichtlich. Erst im Zuge insbesondere der technischen Entwicklung und des gesellschaftlichen Wandels ist die Zeit als eigener Forschungsgegenstand wieder stärker in den Fokus wissenschaftlichen Interesses geraten. Die nicht auf den Raum bezogene Zeitforschung ist mittlerweile etabliert. Ebenfalls seit langem etabliert sind Raumforschung und -planung. Aber die engen Verknüpfungen zwischen den zeitlichen Mustern einer Gesellschaft und den räumlichen Folgen wie auch zwischen den räumlichen Strukturen und ihren Folgen für die Zeit spielten lange Zeit – abgesehen von einer ersten Phase der Zeitgeographie in den 1970er-Jahren – einer eher untergeordnete Rolle. Dies beginnt sich zu ändern. Dazu haben insbesondere auch die Ansätze der zeitlichen Steuerung auf kommunaler Ebene in den Kommunen Italiens beigetragen. Aber obwohl die Sensibilität für die Raumzeitfragen gewachsen ist, die Forschung deutlich zugenommen hat und eine Reihe von expliziten planerischen Verknüpfungen von räumlicher und zeitlicher Steuerung unternommen worden sind, steht eine wirkliche Integration von räumlicher und zeitlicher Planung noch am Anfang. Der Beitrag stellt den Stand der Diskussion dar und zeigt die Bedeutung einer expliziten Auseinandersetzung mit den raumzeitlichen Implikationen gesellschaftlicher Veränderungen, wenn auf Dauer nachhaltige Strukturen entwickelt werden sollen.
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Notes
- 1.
Als ein bemerkenswertes Bespiel kann der Ausbau des ÖPNV in Paris mit einer Ringerschließung angesehen werden, die darauf zielt, die Erreichbarkeit im Stadtgebiet insgesamt deutlich zu erhöhen, also zu beschleunigen.
- 2.
Ein zusätzlicher Konflikt, der häufig mit zeitlicher Ausdehnung verbunden ist, ist die Zunahme nächtlicher Beleuchtung. Einerseits ist künstliche Beleuchtung Voraussetzung der Ausdehnung, andererseits sind mit der immer weiter zunehmenden Beleuchtungsintensität auch Störungswirkungen unterschiedlicher Art verbunden, die unter dem Stichwort „Lichtverschmutzung“ diskutiert werden (vgl. Henckel et al. 2013).
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Henckel, D. (2016). Raumzeitpolitik: Zeitliche Dimensionen der Verkehrspolitik. In: Schwedes, O., Canzler, W., Knie, A. (eds) Handbuch Verkehrspolitik. Springer NachschlageWissen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04693-4_24
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