Zusammenfassung
Das Bilanzmodernisierungsgesetzes (BilMoG) aus 2009 sieht für den Bilanzierenden einen Wandel in der Behandlung der latenten Steuern vor. Die latenten Steuern, die in den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS oder US GAAP bereits seit langem gebildet und diskutiert werden, erfahren nunmehr auch in der HGB Welt an Bedeutung (siehe Küting 2009, S. 922 ff; Kröner und Beckenhaub 2008, S. 6; Loitz 2009, S. 913 ff). Die bisher in den HGB Abschlüssen vernachlässigte Fragen nach Ansatzvoraussetzungen und Bewertungen latenter Steuern in Jahresabschlüssen werden ab 2009/2010 beantwortet werden müssen.
Die in der handelsrechtlichen Welt geltende Steuerlatenzrechnung geht bisher nur wenig über die in der Steuerbilanz geltenden Regeln hinaus, sprich die Bilanzunterschiede waren/sind eher gering (siehe Abb. 2.1).
In dem verabschiedeten BilMoG wird durch die Änderung des § 274 HGB n. F. faktisch der Regelkreis des IAS 12 eingeführt und das HGB insofern den internationalen Rechnungslegungsstandards angeglichen, was für die Latenzrechnung wichtig und zunächst komplexer erscheint (Abb. 2.2).
Nach einer Studie von Burger et al. (2004, S. 364) weisen nur 60 % der Firmen, die nach HGB vor BilMoG bilanzieren, latente Steuern aus; nach IFRS bilanzierende Unternehmen weisen 96 % latente Steuern aus.
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Notes
- 1.
Der Deutsche Bundestag hat auf seiner Sitzung am 26.03.2009 das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) verabschiedet – die größte Bilanzreform der letzten 25 Jahre. 28.05.2009 Gesetzesverkündung, erstmalige Anwendung der meisten Vorschriften für Geschäftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2009, freiwillige Anwendung aller Vorschriften des BilMoG für 2009 ist möglich. Wesentliche Änderungen gegenüber den bisherigen Entwürfen: Die bisher geplante Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands mit dem beizulegenden Zeitwert wird nur für Banken realisiert, aktive latente Steuern bleiben ein Wahlrecht und selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände müssen nicht verpflichtend aktiviert werden. Außerdem: Einzelkaufleuten wird die handelsrechtliche Buchführungspflicht erlassen, wenn der Umsatz weniger als 500.000 € und der Gewinn weniger als 50.000 € beträgt, die Schwellenwerte für die Größenklassen nach § 267 HGB steigen um 20 %, Rückstellungen sind künftig abzuzinsen und dabei im Finanzergebnis zu buchen; Preis- und Kostensteigerungen sind einzuberechnen, die umgekehrte Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG entfällt, viele handelsrechtliche Wahlrechte fallen weg, z. B. die Abschreibung für künftige Wertschwankungen oder der Bruttoausweis ausstehender Einlagen.
- 2.
Im Handelsrechtlichen Einzelabschluss war die Steuerquote nicht aussagefähig. Mit zunehmender Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz wurde die Steuerquote nur als an das Steuerbilanzergebnis anknüpfende Aufwandsposition verstanden, die vielfach nicht planbar war (siehe Herzig und Dempfle 2002, S. 1 ff).
- 3.
Die Konzernsteuerquote soll als Kontroll- und Steuerungsgröße der betrieblichen Steuerpolitik und Steuerplanung dienen (Zielke 2006, S. 2585–2595).
- 4.
- 5.
Petersen et al. (2009, S. 299) unterscheiden zwischen zwei Ausnahmen. (1) latente Steuern, die aus einen Geschäftsvorfall stammen, dessen bilanzielle Erfassung sich im Eigenkapital niederschlagen sowie (2) erfolgsneutrale Latenzen, die bei Unternehmenszusammenschlüssen entstehen.
- 6.
Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004, BGBL. I 2004, S. 3166 ff.
- 7.
Die Kennzahlensteckbriefe definieren nicht nur die jeweilige Kennzahl an sich, sondern geben den jeweiligen Adressat, die Reportingfrequenz als auch die Reportingeinheiten an.
- 8.
Zu den verschiedenen Planungsansätzen: Herzig (2003, S. 1 ff.).
- 9.
- 10.
John Neighbour „Transfer Pricing: Keeping it at arm’s length, April 2002.
- 11.
- 12.
Siehe zu den verschiedenen Verrechnungspreismethoden: Kromer in Kessler et al. (2006, § 7 Rdnrn. 39 ff.).
- 13.
Die Bilanzpostenmethode ist nicht die einzige Methode zur Ermittlung latenter Steuereffekte. In einigen Ländern werden latente Steuern durch die Ermittlung von Gewinn- und Verlustrechnungspositionen, durch die sog. timing differences method ermittelt.
- 14.
Pellens et al. (2008) beschäftigen sich mit den steuerlichen Einflussfaktoren auf den Cashflow.
- 15.
Siehe §§ 10d EStG bzw. 8 Abs. 1 KStG sowie für die Gewerbesteuer §§ 7 i.V. mit 10a GewStG.
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Risse, R. (2015). Tax Accouting. In: Steuercontrolling und Reporting. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04494-7_2
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