Zusammenfassung
Jede Wissenschaft verfügt über Begriffe, mit denen sie die Wirklichkeit zu beschreiben versucht. Nach der traditionellen Auffassung nähert sich die Wissenschaft in einem stetigen Prozess der Wirklichkeit an und wird daher in die Lage versetzt, zukünftige Ereignisse mit großer Genauigkeit vorherzusagen. Moderne Wissenschaftler sind in dieser Hinsicht vorsichtiger und schränken den Wahrheitsanspruch ihres Fachwissens auf doppelte Weise ein. Erstens beschreibt jede wissenschaftliche Disziplin nur einen Teilbereich der Realität. Genauer sollten wir sagen, dass nur ein Aspekt der Wirklichkeit durch das Begriffsinstrumentarium einer Disziplin erfasst werden kann. Der amerikanische Soziologe Talcott Parsons (1902-1979) hat dies an einer kleinen Geschichte verdeutlicht (1968a: 734-5). Man stelle sich vor, drei Wissenschaftler - ein Physiker, ein Psychologe und ein Soziologe - beobachten einen Selbstmörder, der von der Brücke springt. Würde man sie auffordern, diesen Vorgang aus der Perspektive ihrer wissenschaftlichen Disziplin zu beschreiben, hätten sie wahrscheinlich sehr unterschiedliche Dinge "gesehen".
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Miebach, B. (2014). Dimensionen sozialen Handelns. In: Soziologische Handlungstheorie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04487-9_1
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