Abstract
This article first sets out to demonstrate the importance of trust for social order, which can be illustrated with the term “reputation”. Reputation makes reliable what we use as an orientation yardstick when we act. Reputation of institutions, organizations and persons of social significance evolves and collapses in public, mass mediated communication. The sudden collapse of reputation happens through intensive scandalizations. Mass mediated public communication has changed massively with the new structural transformation of the public sphere. This has led to a rapid increase of scandalizations. Second, this article shows the effects of scandalizations, one of them being the increased volatility of reputation, the central resource in gaining trust. But also, having changed itself recently, the scandalized elite has split between the social systems economy and politics, thus triggering novel and distinctly negative reputation dynamics. In this process, the deregulation of politics and economy is replaced by a moral re-regulation. Looking more closely at this process, third, one can realize why, in the rich history of scandalizations, it is now most of all the economic elite that has become the main target.
Dieser Beitrag ist die Weiterentwicklung einer Reputationstheorie, die bereits unter dem unter Vertrauen, Reputation und Skandal. In: Zeitschrift Religion, Staat, Gesellschaft (RSG), Themenheft: Soziale Normen und Skandalisierung, Dresden, S. 55–78, erschienen ist.
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In der öffentlichen Kommunikation tritt der Begriff „Affäre“ oft neben „Skandal“. In der privaten Klatsch-Kommunikation hebt „Affäre“ eine besondere Form des Skandals hervor: den Verstoß gegen die Sexualmoral im Sinne einer irregulären Beziehung neben der regulären. In allen Fällen kann der Skandal erst Skandal sein, wenn das Ärgernis erfolgreich als enthüllt dargestellt werden kann. Das skandalöse Verhalten schlummerte zuvor als Geheimnis im Dunkeln und kommt schlagartig an das Tageslicht also in den Bannstrahl der Öffentlichkeit.
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Dieser Zusammenhang lässt sich am Beispiel des Versuchs vergegenwärtigen, uns einen teuren und entsprechend reputierten Markenartikel (etwa eine „Rolex“) zu einem unglaubwürdig tiefen Preis zu verkaufen. Das Preisargument wird dabei kaum überzeugen, vielmehr werden wir mit dieser Uhr Dampfwalzen assoziieren, die auf medienwirksame Weise billige Imitatsuhren zermalmen. Das heißt nichts anderes, als dass der Regulation des Marktes über relative Preise die Regulation über Reputation vorausgeht.
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Als jüngste Beispiele müssen hier das Platzen der Euphorie der New Economy und des Finanzmarkthypes genügen (vgl. Imhof 2005, S. 15–35).
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Diese sind in der „Buchreihe Mediensymposium“ repräsentiert. Das alle zwei Jahre stattfindende „Mediensymposium“ hat sich dieser Frage seit Beginn gewidmet. So interessierte sich bereits der erste Band der Reihe für die Medialisierungseffekte der Kriegskommunikation. Vgl. die Bände 1–10 von 1995, 1996, 1998 (Zürich: Seismo), 1999, 2000, 2002, 2004, 2006, 2008, 2011. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag/VS-Verlag. Zur Konzentration vgl. Bonfadelli et al. 2006; Siegert 2003, S. 20–30; Picard 2001, S. 65–69.
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Zu einem Überblick der Resultate dieser Arbeiten im Rahmen einer theoriegeleiteten Begriffsbestimmung von Mediengesellschaft und Medialisierung vgl. Imhof 2006, S. 191–215.
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Der Begriff des Neoliberalismus kann aufgrund seiner ursprünglichen Verankerung im Ordoliberalismus, der wiederum Entscheidendes zur ordoliberalen Begründung der sozialen Marktwirtschaft beigetragen hat, historisch mit der Ära der sozialen Marktwirtschaft verbunden werden. Bereits in den 1970er Jahren setzt sich der Begriff Neoliberalismus jedoch als Bezeichnung der Chicagoer Schule der Ökonomik durch, mit ihrer Fokussierung auf Freihandel, Deregulation, Steuer- und Standortwettbewerb, Geldmengensteuerung und dem Konzept effizienter Märkte (Ptak 2005, S. 59–73; Brender 2010).
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Historisch konnte der neoklassische Antietatismus im Anschluss an den dezidierten Antietatismus der neuen sozialen Bewegungen Ende der 1960er und in den frühen 1970er Jahren in den Debatten über die Ursachen der Wirtschaftskrise 1974/75 an Resonanz gewinnen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die keynesianisch inspirierte Überzeugung, im Stadium des ‚fine tuning’ wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung angekommen zu sein, in allen Volksparteien fest verankert. Außerdem rechtfertigte sich der starke Staat durch den Kalten Krieg.
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So hat etwa die Sociéte Générale de Surveillance (SGS), das weltweit größte Inspektionsunternehmen mit der „Social Accountability 8000“ einen Normkatalog für sozialethisches Verhalten von Unternehmen erstellt. Vergleichbar den ISO 9000 und ISO 14000 Zertifikaten, welche die Einhaltung von Qualitäts- bzw. von Umweltnormen belegen, sollen mit der „SA 8000“ soziale und ethische Grundsätze standardisiert werden (Unternehmenspolitik, Kommunikation, Versammlungsrecht, Diskriminierungs- und Repressionsverbot etc.).
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Imhof, K. (2014). Reputationskrisen. In: Thießen, A. (eds) Handbuch Krisenmanagement. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04293-6_5
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