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Gerechtigkeits- und (Un)gleichheitsverständnis in der Geschichte der Politischen Theorie

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Selbstbestimmung oder Geschlechtergerechtigkeit
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Zusammenfassung

Ausgehend von diesem Zitat von Charles Taylor in seinem Buch „Quellen des Selbst“ (1996), ist es verständlich, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern mit der Evolution, in den letzten 3000 Jahren mit der Sozialisation und nicht zuletzt mit der Entwicklung der Zivilisation zusammenhängt. Die Menschen leben nicht ausschließlich im hier und jetzt; das was sie sind ist ein Ergebnis der Entwicklung über Jahrtausende. Auch wenn heute die Lebensgestaltung bereits ab der Geburt oder auch im Erwachsenenalter viele Freiheiten zu haben scheint, ist dieser Freiraum nur aufgrund der vorausgegangenen Entwicklung möglich. Noch immer bestimmt der Ort, in den man hineingeboren wird, große wenn nicht gar die größten Anteile der Chancen, die man im Verlauf des Lebens wahrnehmen kann. So sind bei einem Kind, welches beispielsweise in einem indigenen Volk in Afrika geboren wird und keine Chancen zum Erwerb einer Schulbildung hat, die Chancen das Leben vielfältig zu gestalten, geringer, die Optionen also kleiner, als bei einem beispielsweise in Mitteleuropa geborenen Kind.

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Notes

  1. 1.

    In Kleinasien war dies nicht der Fall. Dort genossen die Männer eine umso höhere Stellung je mehr Frauen und Kinder sie hatten (unter anderem Herodot 1958, S. 75).

  2. 2.

    Siehe das Foto der Skulptur bei Selz 2005, S. 112. Auf S. 113/114 findet sich ein Lied zur Liebe.

  3. 3.

    Pallas Athene, auch Athene Parthenos. Parthénos kommt aus dem altgriechischen und bedeutet die „Jungfrau“. Athene gab sich jedoch selbst den Namen Pallas als Andenken an ihre Stiefschwester, die sie im kindlichen Wurfspiel unbeabsichtigt getötet hatte.

  4. 4.

    Nach anderen Überlieferungen müssen die Frauen sogar drei Männer getötet haben, bevor sie heiraten durften (Corpus Hippocraticum: Luft Wasser und Ortslage. 5. bis 2. Jh. v. Chr.).

  5. 5.

    Siehe hierzu auch später in diesem Kapitel.

  6. 6.

    Platon nennt die Gerechtigkeit zwar gelegentlich „göttlich“, doch „meint er damit keine religiöse Verbindlichkeit. An die Stelle des göttlichen Ursprungs tritt ein metaphysisches Element; den letzten Legitimationsgrund bildet die Idee des Guten“ (Höffe 201, S. 20).

  7. 7.

    Siehe unter anderem Rauschenbach 1998, S. 16–24.

  8. 8.

    Die meisten ihrer Bücher wurden sogar verbrannt.

  9. 9.

    „Manche setzen den Beginn der Neuzeit auf das Jahr 1436 an, als Gutenberg die beweglichen Lettern erfand; manche auf 1520, auf Luthers Aufstand gegen die Autorität der Kirche; andere auf 1648, auf das Ende des Dreißigjährigen Krieges; […]“ andere auf die Entdeckung Amerikas von Christoph Kolumbus (1492, auch wenn vor ihm schon einige dort waren) oder einige bezeichnen sogar „[…] die französische Revolution von 1776 oder 1789 als Beginn der Neuzeit“ (Toulmin 1994, S. 21). Hier wird unter Neuzeit die Zeit ab dem 16. Jahrhundert verstanden, da mit dem Beginn der Aufklärung ein neues Denken begann. Neben den hier untersuchten Autoren waren auch Martin Luther (1483–1546) oder der später geborene Hugo Grotius (1583–1645) bedeutende Vertreter beziehungsweise Philosophen dieser Zeit. Als „Frühe Neuzeit“ wird in dieser Arbeit die Zeit bis zur Französischen Revolution 1789 verstanden. Als „Moderne“ oder eben „Neuzeit“ die Zeit danach. Auch die heutige Zeit gehört zur Neuzeit.

  10. 10.

    Die Frage ist, ob dies nicht an sich schon die Gleichberechtigung untergraben würde und ob es ohne eine grundlegende Auffassung von Menschenrechten und Demokratie Geschlechtergerechtigkeit überhaupt möglich sein kann. Dies bezweifelt auch Mouffe in Ihrem Demokratieansatz (dies.1998, S. 841–848).

  11. 11.

    Die Hauptaussage seiner beiden Hauptwerke „Der Fürst“ (ders. 2004) und „Discorsi“ (ders.) lautet verkürzt „Der (politische) Zweck heiligt die Mittel“. Mit Zweck meinte er einen vaterlandsliebenden und schützenden Zweck. Nach seiner Meinung solle der Herrscher das tun, was auch in seiner Macht stehe, das heißt wenn es notwendig ist müsse er auch Gewalt anwenden, um das Gemeinwesen zu erhalten. Den „Discorsi“ zufolge ist Machiavelli Anhänger der republikanischen Idee. Sein Fernziel ist ein republikanisches vereinigtes Italien.

  12. 12.

    Siehe oben.

  13. 13.

    Grundsätzlich verleiht Hobbes den positiven Gesetzen ähnlich wie seine naturrechtlich argumentierenden Zeitgenossen Hugo Grotius (1583–1645) und Samuel Pufendorf (1632–1694) eine Rechtfertigung durch das Naturgesetz und knüpft diese Begründung an die Idee des Gesellschaftsvertrags. Hugo Grotius sah in einem aus der menschlichen Natur abgeleiteten Naturrecht eine Grundquelle des Völkerrechts. Der vertraglich festgelegte Wille der Staaten beziehungsweise deren souveräne Entscheidung waren dabei dem Naturrecht gleichgestellt (Vgl.: Grotius 1950, Kap. II, 1/2; Kap. III, 439; Kap. VIII, 444; Kap. XI/XII, 445.); sie unterlagen keinem übergeordneten Recht. Verträge werden nur dann abgeschlossen, wenn die Vorteile die Nachteile prinzipiell übertreffen. Neu war, dass die Bürger durch den Vertrag einen inneren Frieden bekommen. Doch die Idee eines sozialen Kontrakts gibt den Bürgern erstmals ein Faustpfand gegenüber dem Staat: Sie erlangen Rechte. Damit ist eine Grundlage sowohl für die naturrechtliche Ableitung bürgerschaftlicher Rechte als auch ein Fundament bis hin zur Gehorsamsverweigerung gelegt. Auf dieser Basis können sich die Rechtsansprüche in den folgenden Jahrhunderten schrittweise steigern.

  14. 14.

    Eine explizite, weitergehende Begründung des Status des Mannes als Familienoberhaupt konnte Hobbes nicht leisten. Grund dafür war unter anderem, weil ihm die begrifflichen Mittel für eine solche Erklärung fehlten.

  15. 15.

    Der Begriff der Moderne bezeichnet hier einen Umbruch in allen Bereichen des individuellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens gegenüber der Tradition. Heute wird dieser Terminus überwiegend mit den Entwicklungen des 18. und 19. Jahrhunderts in Verbindung gebracht. So wird es geistesgeschichtlich mit der Aufklärung verortet, politisch mit der Französischen Revolution.

  16. 16.

    Dies war nicht die Deklaration der allgemeinen Menschenrechte, die im 20. Jahrhundert von den Vereinten Nationen verkündet worden ist, sondern es war die Idee dieser Menschenrechte, die von Locke konkretisiert wurde und in die Virginia Bill of Rights (12. Juni 1776), der ersten Verfassung eines Staates (state) auf dem Territorium der nachfolgenden Vereinigten Staaten eingeflossen ist. Letztere wurden 1787 gegründet. Marquis de Lafayette, der sich in dieser Zeit in den Vereinigten Staaten für den Freiheitsgedanken einsetzte, erreichte am 26. August 1789 zurück in Frankreich (als Mitglied der Freimaurerloge „Contrat Social“), dass nach dem amerikanischen Vorbild eine „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ von der Nationalversammlung verkündet wurde.

  17. 17.

    Wobei es zwischen den beiden einen fundamentalen Unterschied gibt: für Hobbes entsteht Eigentum erst nach dem Vertrag, Lockes Überlegung basiert ganz entscheidend darauf, dass es präinstitutionelle Eigentumsrechte gibt (Locke 2003, S. 21 ff).

  18. 18.

    Der Mann hat demnach auch „[…] keine größere Gewalt über ihr Leben, als sie auch über das seine hat“ (Locke 2003, S. 62).

  19. 19.

    Vgl. die Analyse von Pateman 1988.

  20. 20.

    Susan Moller Okin zufolge kann bei Rousseau nicht von einem singulären Naturstatus gesprochen werden, sondern besser wäre es von einigen kulturell verschiedenen Stadien auszugehen (Moller Okin 1979, S. 108).

  21. 21.

    Dieses „noch“ weist darauf hin, dass Locke zeitlich zwischen Hobbes und Rousseau steht.

  22. 22.

    Die Dialektik von Herr und Knecht wird später in der Arbeit noch näher betrachtet.

  23. 23.

    Darauf bezieht sich Axel Honneth unter anderem in seinem Buch „Theorie der Anerkennung“ (1994a). Dies wird hier im Laufe der Arbeit im Zusammenhang mit Charles Taylors „Multikulturalismus und die Theorie der Anerkennung“ betrachtet.

  24. 24.

    Harriet Taylor-Mill kämpfte für Frauenrechte. Moller Okin ist der Auffassung, Mill wollte nicht zuletzt den Ruf seiner eigenen Frau schützen (dies.: 1979, S. 203).

  25. 25.

    Siehe unter anderem: FAZ.NET 2011. Diese und andere Statistiken zeigen, dass der Anteil der Frauen zwar kontinuierlich steigt, aber noch immer durchschnittlich erst bei 15 % liegt. Beim Betrachten der Gehälter liegen die Frauen meist in den unteren Besoldungsklassen. Siehe unter anderem Kühn 2010. S. 23–27.

  26. 26.

    Vgl. dazu Arbeiten von Susan Moller Okin und Jean Hampton.

  27. 27.

    Vgl. dazu Arbeiten von Virginia Held, Annette Baier, Alison Jaggar.

  28. 28.

    Vgl. zum Begriff der Freiheit auch Nida Rümelin 2006, 3. Freiheit und Autonomie hängen dabei eng beieinander.

  29. 29.

    Diese Ansicht wird unter anderem auch in Teil II dieser Arbeit vertreten.

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© 2015 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Schnebel, K. (2015). Gerechtigkeits- und (Un)gleichheitsverständnis in der Geschichte der Politischen Theorie. In: Selbstbestimmung oder Geschlechtergerechtigkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04209-7_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-04209-7_2

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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