Zusammenfassung
Seit zehn Jahren gibt es in Deutschland Bildungs- und Erziehungspläne für Kindertageseinrichtungen. In ihnen haben alle Bundesländer die Grundsätze für die pädagogische Arbeit in ihren elementarpädagogischen Einrichtungen dargestellt. Die Pläne tragen sehr unterschiedliche Namen und sind in unterschiedlichen Formaten erschienen; sie wurden teils von Hochschulinstituten, teils von frühpädagogischen Forschungs- und Entwicklungsinstituten oder von freien Arbeitsgruppen, z. T. unter Beteiligung der Fachkräfte in den Einrichtungen erarbeitet. Mit den Bildungs- und Erziehungsplänen für Kindertageseinrichtungen ist im Elementarbereich eine neue Situation in Bezug auf konzeptionelle Bestimmungen und Reflexionen entstanden. Bis dahin kannte man (in Westdeutschland) Bildungspläne nur aus dem Bereich der Schule. Zum Selbstverständnis der Kindergartenpädagogik gehörte, dass ErzieherInnen in ihrer Arbeit mit den ja noch relativ kleinen Kindern große Gestaltungsfreiheiten hatten; Orientierung fanden sie in den verschiedenen frühpädagogischen Konzeptionen, in spezifischen Traditionen und der Fachliteratur sowie in den Empfehlungen und Vorgaben der Träger.
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Notes
- 1.
Seit der Diversifizierung der frühpädagogischen Ausbildungen, vor allem durch akademische Studiengänge, taugt die Bezeichnung Erzieherin nicht mehr als zusammenfassende Berufsbezeichnung. An ihre Stelle tritt das blasse Wort „pädagogische Fachkraft“, das ja auch auf viele andere Berufsgruppen anwendbar ist. Ich werde, um die pädagogischen MitarbeiterInnen in den Kindertageseinrichtungen zusammenfassend zu bezeichnen, im Folgenden sowohl von ‚Fachkräften‘ als auch von ‚Erzieherinnen‘ (wie im Orientierungsplan verwendet) sprechen.
- 2.
In der DDR gab es sehr detaillierte Erziehungspläne.
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Konkreter Anlass war der Fachtag des Landkreises Tübingen „Orientierungsplan in Baden-Württemberg – der weite Weg von der Einführung zur gelebten Praxis“ am 19.04.2013.
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Einige Bildungspläne weisen erhebliche Ähnlichkeiten auf, weil sie von den gleichen Autorengruppen erarbeitet wurden, so etwa die Bildungspläne von Bayern und Hessen bzw. das Berliner und das saarländische Bildungsprogramm.
- 5.
Hier werden erfreulicherweise die Grundsätze der Inklusion ausführlich dargestellt.
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Es fragt sich, ob Bildung demnach als Selbsttätigkeit der Kinder auf alle Bereiche bezogen wird, auch auf die sozial-emotionalen (also: moralische oder emotionale Bildung). Und es bleibt offen, wie sich die Selbsttätigkeit der Kinder zu formalen Bildungsprozessen verhält. Weiter ist zu fragen, ob sich Erziehung dann auf alle Einwirkungen der Erwachsenen bezöge, auch auf die Anregung und Unterstützung im kognitiven Bereich (also: Spracherziehung, naturwissenschaftliche Erziehung), und ob Erziehung für die Gestaltung von Lernprozessen aller Grade von Formalisierung verwendet werden solle.
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Beim Begriff Förderung z. B. liegt es nahe, an den sonderpädagogischen Gebrauch des Begriffs zu denken, bei dem spezifische Maßnahmen zur Beseitigung von Defiziten assoziiert werden.
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Die vier Motivationen sind: Anerkennung und Wohlbefinden erfahren; Die Welt entdecken und verstehen; Sich ausdrücken und verständigen; Mit anderen leben.
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Die Verbindlichkeit war Gegenstand verschiedener Verhandlungen; auf die diesbezüglichen Fragen kann ich hier nicht eingehen.
- 10.
Ich verwende hier nicht das Wort „Umsetzung“, weil es zu sehr nach Anwendung von Vorgaben klingt, was sicher nicht im Sinne des Orientierungsplanes wäre.
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Thiersch, R. (2014). Bildungs- und Erziehungspläne für Kindertageseinrichtungen – Anmerkungen aus Anlass der Neuerscheinung des baden-württembergischen Orientierungsplanes. In: Faas, S., Zipperle, M. (eds) Sozialer Wandel. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04166-3_15
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