Zusammenfassung
Das deutsche Bildungssystem steht seit einigen Jahren wieder verstärkt im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. In Folge sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Wandlungsprozesse und in Hinsicht auf die Bewältigung damit einhergehender gesellschaftlicher Herausforderungen gewinnt die Frage nach der Leistungsfähigkeit schulischer und außerschulischer Bildungsangebote immer mehr an Bedeutung. Besondere Impulse gehen dabei von internationalen Schulvergleichsuntersuchungen aus, die den Blick auf Kompetenzen bzw. den Kompetenzerwerb von Schülerinnen und Schülern richten. In die an diese Studien anknüpfenden Auseinandersetzungen um die Weiterentwicklung des Bildungswesens ist der Elementarbereich in spezifischer Weise mit einbezogen, d. h., die Bildungsfunktion des Kindergartens wird verstärkt wahrgenommen und in den Vordergrund gerückt. Insgesamt besteht, wenn auch oftmals sehr unterschiedlich begründet, ein breiter gesellschaftlicher Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit einer Akzentuierung früher Bildung und frühkindlichen Lernens. Die Frage nach der konkreten Ausgestaltung, also danach, was Kinder wie und unter Einbezug welcher Themen, Inhalte und Gegenstände in vorschulischen Einrichtungen lernen sollen, wird dagegen sehr viel kontroverser diskutiert.
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Notes
- 1.
Der Begriff Umwelt ist hier nicht nur durch die in einer konkreten Situation gegebenen Räume, Objekte und Personen definiert. Er umfasst vielmehr die Beziehungen zwischen den in einem Lebensbereich Anwesenden sowie den Einfluss, den diese wechselseitig – auch indirekt, d. h. vermittelt über direkte Kontaktpersonen – aufeinander ausüben (Mikrosystem). Dieses Prinzip einer reziproken Einflussnahme wird nicht nur als innerhalb bestimmter Lebensbereiche (z. B. Familie, Kindergarten, Schule) wirksam angesehen, sondern ebenso in Hinsicht auf die bestehenden Verbindungen zwischen diesen. Angesprochen sind sowohl Beziehungen zwischen den Bereichen, in die eine betreffende Person tatsächlich einbezogen ist (Mesosystem), als auch zwischen Bereichen, in die sie nicht eingebunden ist, in denen aber Dinge geschehen, die sich auf Begebenheiten im eigenen Lebensbereich auswirken (Exosystem). Der Sachverhalt, dass innerhalb einer Gesellschaft oder einer sozialen Gruppe die Interaktionen in bzw. zwischen individuellen Mikro-, Meso- und Exosystemen sich oftmals ähneln, wird auf eine spezifische Kultur gemeinsamer intentionaler und organisatorischer Muster zurückgeführt, die institutionell bzw. sozialstrukturell verankert sind (Makrosysteme) (vgl. Bronfenbrenner 1989, S. 23 f.).
- 2.
Vgl. hierzu auch die Begriffe der Assimilation und Akkomodation bei Piaget (1974).
- 3.
Und: Dieses Angebot wird genutzt. Laut der jüngsten JIM-Studie hören mehr als drei Viertel der befragten 12–19 Jährigen ( N = 1201) täglich bzw. mehrmals in der Woche Radio. Weiter geben 9 von 10 Kinder und Jugendliche an, dass Musik im Alltag für sie wichtig bzw. sehr wichtig ist – und zwar unabhängig von Schulbildung, Alter und Geschlecht (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2012, S. 21 f.).
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Faas, S. (2014). Elementare kulturelle Bildung – Oder: Welche Bedeutung hat Musik?. In: Faas, S., Zipperle, M. (eds) Sozialer Wandel. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04166-3_11
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