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Impressionen zur suspekten Welt der Justiz

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Zusammenfassung

„Er war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstande“ (Thoma 1901). Welch kompakt faszinierendes Statement! Dieser vom bayerischen Schriftsteller und dem an der LMU München studierten Juristen Ludwig Thoma (1867–1921) außerordentlich süffisant formulierte Sarkasmus stimuliert beim leger populären Dialog zwischen vermeintlich rechtlich versierten Laien mit hoher Wahrscheinlichkeit zum erhabenen Schmunzeln über dieses nicht gerade mit intellektueller Freundlichkeit bedachte Genre. Ähnlich pejorativ konnotierte Reaktanzen aktivieren gesellschaftskritische Schmähungen vom französischen Karikaturisten Honoré Daumier (1808–1879), der in seinem graphischen Zyklus „Le gent de la justice“ die skurril wirkende Welt und die als degoutant adaptierte Physiognomie der machtschmarotzenden Justiz mit verächtlichem Image karikierte. Der französische Autor (Madame Bovary) und Jura-Student Gustave Flaubert (1821–1880) hielt generell von der zur „Verblödung“ führenden Rechtswissenschaft wenig und fand kurz vor Abbruch seines Jura-Studiums im Juni 1842 in einem Brief an seinen Schulfreund Ernest Chevalier die deutlichen Worte über den Code Napoléon (Cinq Codes): „N‘importe, merde pour le droit.“ Sarkastisch unterlegt ist ebenso das weniger populäre Bonmot: „Juristen können alles – bis auf Chirurgie“, womit aber nicht messerscharfe Urteile gemeint sind. Gleichwohl treten Juristen ob ihrer herrschaftlichen Macht meist sehr bestimmt auf und können gar skalpellscharfe Urteile fällen. Solche sprichwörtlich messerscharfen Urteile werden nicht vom Scharfrichter gefällt, der gehört zur Exekutive. Er exekutiert Urteile mit einem Fallbeil, besser: mit der vom französischen Arzt und Politiker Joseph-Ignace Guillotin (1738–1814) konstruierten „Kopfmaschine“, der Guillotine. Sie kam erstmalig während der Französischen Revolution (1789–1799) als effizientes Ordnungsinstrument gegen Abtrünnige zu ihrem letalen Einsatz.

Bete nicht um leichtere Lasten, sondern um einen starken Rücken.

Teresa von Avila

Die spanische Kirchenlehrerin Teresa von Avila (1515–1582) scheint mit Gottes Segen ihr selbstkasteiendes Paradigma nebst seinen positiven Effekten die historischen Väter des Freihandelssystems, Adam Smith (1723–1790) und David Ricardo (1772–1823), beeindruckt zu haben. Auch die Marktwirtschaft nebst wettbewerblicher Herausforderung erfordert statt Klagen einen starken Rücken, um von weltlichen Sorgen erlöst zu werden. Ihr Paradigma erfasst die EU unmittelbar in der täglichen Praxis und legt mit göttlichem Segen den Akteuren Innovation und höhere Lasten durch allokative Prozesse zur stetigen Sicherung komparativer Vorteile auf.

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Notes

  1. 1.

    Dieser Bewertung folgt Naturwissenschaftler Jacob Bronowski (1908–1974): „Göttingen is like Cambridge in England or Yale in America: very provincial, not on the way to anywhere – on one comes to these backwaters exept for the company of professors. And the professors are sure that is the centre of the world” (Bronowski 1973).

  2. 2.

    Im Deutschen Reich war das hoch entwickelte Römische Recht die Grundlage des im Jahr 1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

  3. 3.

    Ein kindlicher Nutzen liegt im herb humorigen Abzählreim, wenn sie mit lyrischer Begabung rezitieren: „Drei Juristen pissten in die Kisten, einer nebenbei und du bist frei.“

  4. 4.

    Die im Münchner Beck Verlag wöchentlich erscheinende Zeitschrift NJW hat eine Auflage von etwa 43.000 Exemplaren.

  5. 5.

    Klaus Hänsch, einst SPD-Mitglied im EP, meint im Rahmen der von PIGS ausgelösten Euro-Krise, dass „die Akzeptanz der Europäischen Union wie ein Alpengletscher im Klimawandel (schmilzt).“ Dennoch warnt er beim anfangs verwehrten Rettungsfonds wegen erheblicher Lasten einiger Mitgliedstaaten unter Zuhilfenahme apokalyptischer Polemik vor einer „Jahrhundertkatastrophe mit unabsehbaren Folgen.“ Er fordert unbeirrt „mehr Europa“ und keinen „Schutz nationaler Puppenstuben“, obwohl die Zentralisierung für das finanzpolitische Desaster der PIGS-Staaten eine große Mitschuld an diesen brisanten Verwerfungen trägt. Vor allem gebe es für den reichen, stets generös zahlungspflichtigen und zur Solidarität verdammten Bürger in Deutschland „kein Mehr an Akzeptanz – eher ein Mehr an Enttäuschung“ (Hänsch 2012). Interessen der Bürger werden von Hänsch ignoriert, wenn demokratische Rechte nun der mächtigen Allianz elitärer Zirkel und der paradigmatisch diktatorischen Allokationseffizienz weichen müssen. Kritiker des einst über den gescheiterten Sozialismus triumphierenden Vertreter des erneut durch die Finanzkrise diskreditierten Marktliberalismus (Plickert 2012) scheinen eine weniger bissige Alternative zu präferieren: Lieber in nationalen Puppenstuben kuscheln als im zentralen Augiasstall darben. Das Akronym PIGS formulierte 2008 der David Smith von The Sunday Times.

  6. 6.

    Venue shopping bedeutet, dass sich politische Akteure auf verschiedenen Ebenen bei Nutzen bedienen. Voraussetzung ist, dass nationale Maßnahmen aus unterschiedlichen Gründen nicht durchgesetzt werden können. Alternativ besteht eine Möglichkeit, dieses auf der europäischen Ebene mehr friktionsfrei durchzusetzen.

  7. 7.

    Aufgrund hoher Zinssätze der EZB zu Beginn der EWWU reagierten Akteure mit Einkommensreduzierungen, die mehr Einkommensungleichheit und mehr Armutsrisiko generierten (Goebel und Grabka 2011).

  8. 8.

    Britische Medien recherchierten, dass der in Luxemburg residierende EuGH über einen feudalen Weinkeller im Werte von etwa 70.000 € verfügt. Jährlich kauft das Gericht trotz allgemeiner Sparforderungen in den Mitgliedstaaten zur eigenen Selbstbeköstigung auserwählte Weine für 15.000 € pro Flasche. Darunter der spanische Rioja „Marques de Romeral“ von 1988, Rioja „Prado Enea“ von 1991 oder Pomerol (Weinbaugebiet bei Bordeaux) „Chateau Bellegrave“ von 1998. So werden Richtern in edlen Speisesälen des EuGH erlesene Weine zum Essen – Pardon: zum déjeuner extraordinaire – serviert (Bild-online vom 6. Mai 2012). Der EuGH fordert zudem eine Erhöhung seines Etats um 29 Millionen €.

    Im Haushaltsjahr 2012 betragen die Ausgaben des EuGH 348.335.000 €, die Einnahmen wie Besteuerung der Gehälter, Vermietung von Gebäuden betragen 43.986.000 € (ABl. EU vom 29.2.2012, I/23).

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© 2014 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zapka, K. (2014). Impressionen zur suspekten Welt der Justiz. In: Der Europäische Gerichtshof. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03947-9_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-03947-9_2

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-03946-2

  • Online ISBN: 978-3-658-03947-9

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