Abstract
Die Digitalisierung unserer Lebenswelt schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran. Neue Technologien bewirken unabhängig von ihren Inhalten eine Veränderung der Wahrnehmung und des Denkens. Sie stellen neue Realitäten her. Die Vision vom Cyberspace als kybernetischer Datenraum, den der US-amerikanische Science Fiction Autor William Gibson in seinem Buch Neuromancer erstmals beschreibt, scheint heute greifbar zu sein. Die Grenzen der uns bekannten Physik werden gesprengt und wir stoßen auf das Versprechen Dinge zu tun, die sonst nur in unseren Träumen existieren. Doch trotz der rasanten Weiterentwicklung der Informationstechnologie, der verbesserten Rechnerleistungen und immer realistischeren grafischen Darstellungen: Wir kommen dem Cyberspace nicht wirklich näher. Vielmehr leben wir in einer hybriden Welt aus physischen und digitalen Wirklichkeiten, deren Grenzen zunehmend verschwimmen. Die Überlagerung realer und virtueller Räume führt dabei nicht nur zu einer veränderten Erscheinungsform der Räume und Dinge, sondern auch zu einer Erweiterung unserer Realitätswahrnehmung.
Digitale Inhalte beeinflussen die Räume in denen wir leben, die Objekte die uns umgeben, die Bilder, die wir sehen und die Geräusche die wir hören. Sie formen darüber eine erweiterte Erkenntnis und Empfindung unserer Realität.Diese Entwicklung hat nicht nur einen radikalen Wandel unserer Umwelt zur Folge, sondern erzeugt vor allem einen Gestaltungs- und Handlungsraum.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Einordnung der erweiterten Realität und dem sich daraus ergebenden Gestaltungspotenzial für die Entwicklung unserer räumlichen Umgebung. Der Einsatz digitaler Werkzeuge hat nicht nur die Arbeitsweise von Architekten und Designern maßgeblich verändert, sondern auch die formale Gestaltung und die daraus resultierende Erscheinung und Wahrnehmung von Räumen und Objekten. An der Schnittstelle von gebauter und virtueller Architektur untersucht, analysiert und bewertet der Forschungsschwerpunkt PerceptionLab an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe daher die menschliche Wahrnehmung im räumlich-medialen Kontext. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in Verbindung mit konkreten Erfahrungen zu einem Instrumentarium für Gestaltung und Planung entwickelt.
Neben dem Aufbau einer solchen Methodenkompetenz geht es auch um die Frage welche Anforderungen zukünftig an Gestalter gestellt werden. Wie beeinflussen und verändern digitale Medien das Verhältnis von Mensch und Raum? Wie können wir sie bewusst als Gestaltungsmittel für die Entwicklung neuer Raumszenarien einsetzen und welche Chancen und Risiken verbergen sich hinter der Digitalisierung unserer Gesellschaft?
Dieser Aufsatz basiert auf dem Vortrag Informierte Räume, den der Verfasser am 05. November 2012 auf der Konferenz Exploring Virtuality an der RWTH Aachen gehalten hat. Er entspricht in weiten Teilen der Veröffentlichung Die Erweiterung der Realität in: Hemmerling, M. (Hrsg.), Augmented Reality – Mensch Raum und Virtualität, S. 13-24, Wilhelm Fink Verlag, München 2011.
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Hemmerling, M. (2014). Die Erweiterung der Architektur. In: Jeschke, S., Kobbelt, L., Dröge, A. (eds) Exploring Virtuality. Springer Spektrum, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03885-4_6
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Publisher Name: Springer Spektrum, Wiesbaden
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