Zusammenfassung
Eric Jeisy (Magglingen) sieht in einer Reihe vorliegender Analysen sportunterrichtlicher Aufgaben das Defizit, dass sie sich primär dem sichtstrukturellen Umgang mit Aufgaben im Sportunterricht zuwenden, die dahinter liegenden Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler allerdings vernachlässigen. Drei empirisch geprüfte Basismodelle, mit denen dieses Desiderat überwunden werden soll, werden für den Fachbereich „Bewegung und Sport“ vorgeschlagen, Lernetappen beschrieben und idealtypische Lernverläufe modelliert.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
Unter Aufgabenkultur wird die Art und Weise verstanden, wie Lehrende und Lernende im Unterricht mit Aufgaben umgehen (Bohl und Kleinknecht 2009, S. 331).
- 2.
In der sportdidaktischen Literatur werden entsprechende Aufgaben oft als Übungen bezeichnet (Messmer 2012).
- 3.
- 4.
Bei der Entwicklung der Basismodelle für den Fachbereich Bewegung und Sport zeigte sich, dass die Basismodelle von den Lehrkräften primär als Anregung zur variablen Lernverlaufsgestaltung genutzt werden und dazu beitragen, implizite Unterrichtshandlungen auf einer theoretischen Basis neu zu begründen (Jeisy 2013).
- 5.
Von Dörner (1994) übernommen wird die Trennung der beiden Begriffe und die Definition eines Problems, nicht aber der Aufgabenbegriff, der sich bei Dörner auf „reproduktives Denken“ beschränkt (Thonhauser 2008, S. 14). Lernaufgabe ist hier breiter gedacht und kann damit auch einen problembasierten oder erfahrungsorientierten Lernweg initiieren.
- 6.
Die Unterscheidung in gut strukturierte (einfache) und schlecht strukturierte (komplexe) Probleme bezieht sich auf die Lösung und nicht auf den Schwierigkeitsgrad eines Problems. Bei gut strukturierten Problemen kann eindeutig beurteilt werden, ob eine Lösung richtig oder falsch ist (Funke und Zumbach 2006, S. 208).
- 7.
Die Lernetappen sind hier wie bei Dewey (1910, zitiert nach Reusser, 2005, S. 164) rekursiv gedachte Phasen. Sie haben zwar einen linear sequenziellen Aufbau, aber falls einzelne Etappenziele nicht oder nur vermeintlich erreicht wurden, ist es angezeigt, einige Schritte zurückzugehen, um die mit dem Lernweg verbundenen Ziele zu erreichen.
- 8.
Die Lernetappenfolge ist, wie bereits erwähnt, aus Sicht der Lernenden formuliert und fällt somit in Bezug auf die Formulierung einer Lernaufgabe eher allgemein aus. Für methodische Hinweise zur Gestaltung entsprechender Unterrichtssituationen und Lernaufgaben, die am Vorwissen und den Vorerfahrungen der Schülerinnen und Schüler anknüpfen sei auf Giese (2009) sowie die weiterführenden Informationen zur Umsetzung und Lernbegleitung dieses Basismodells verwiesen (Jeisy 2011, 2013).
- 9.
Alternativ können neben handelnden Personen (Lehrperson, Mitschülerinnen und Mitschüler) auch technisch vermittelte Demonstrationen oder Verhaltensweisen (Videos, Reihenbilder etc.) als Modelle zum Einsatz kommen. Über technische Hilfsmittel (Videos) ist es zudem möglich, das eigene Verhalten als Modell (self-as-a-model) zu betrachten (Clark und Ste-Marie 2007).
- 10.
Auch die Rolle der Lehrperson als Vorbild (Rollenmodell) für die Schülerinnen und Schüler wird im Zusammenhang mit dem Modelllernen immer wieder erwähnt. Im Rahmen der Basismodelltheorie betrachten wir den Fall des Lernens an Vorbildern als Spezialfall, bei dem der soziale Status des Modells die Wahrnehmung und auch den Aufbau einer positiven Erwartungshaltung bezüglich des Modellverhaltens beeinflussen kann (Zaunbauer und Möller 2009).
- 11.
- 12.
Zu den didaktisch-methodischen Potenzialen der einzelnen Basismodelle zum Aufbau und Erwerb deklarativer und präskriptiver Kompetenzen vgl. ausführlicher Jeisy (2013).
- 13.
Aus meiner Sicht existiert auch heute noch kein überzeugendes, umfassendes Kompetenzmodell, das über die Modellierung wichtiger Teilaspekte des Fachbereichs (Gogoll 2012) hinausgeht. Aktuelle Unterrichtsbeispiele (Andres und Neumann 2013; Aschebrock et al. 2010) für Aufgaben in einem kompetenzorientierten Unterricht zeigen, dass es noch ein weiter Weg ist, um auf der Grundlage fachspezifischer Kompetenzmodelle valide Test- geschweige denn Lernaufgaben abzuleiten, welche den kognitionstheoretischen Erklärungsansprüchen entsprechender Modelle gerecht werden.
Literatur
Aebli, H. (1981). Denken: Das Ordnen des Tuns. Bd. 2: Denkprozesse. Stuttgart: Klett-Cotta.
Andres, S., & Neumann, P. (2013). Aufgaben in der Grundschule. Sportpädagogik, 37(5), 7–11.
Arnold, K.-H. (2006). Lehren und Lernen. In K.-H. Arnold, U. Sandfuchs, & J. Wiechmann (Hrsg.), Handbuch Unterricht (S. 37–46). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
Aschebrock, H., Edler-Köller, M., & Maaß, P. (2010). Lernaufgaben im Fach Sport – Wege einer kompetenzorientierten Unterrichtsentwicklung. Lehrhilfen für den Sportunterricht, 59(3), 13–16.
Bandura, A. (1986). Social foundations of thought and action. Egelwood Cliffs: PrenticeHall.
Biesta, G. (2009). Problemlösen. In S. Andresen, R. Casale, T. Gabriel, R. Horlacher, S. Larcher Klee, & J. Oelkers (Hrsg.), Handwörterbuch Erziehungswissenschaft (S. 666–681). Weinheim: Beltz.
Bohl, T., & Kleinknecht, M. (2009). Aufgabenkultur. In S. Blömeke, T. Bohl, L. Haag, G. Lang-Wojtasik, & W. Sacher (Hrsg.), Handbuch Schule. Theorie – Organisation – Entwicklung (S. 331–333). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
Bohl, T., Kleinknecht, M., Batzel, A., & Richey, P. (2012). Aufgabenkultur in der Schule. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Byra, M., & Jenkins, J. (2000). Matching instructional tasks to learner ability: The inclusion style of teaching. JOPERD: The Journal of Physical Education, Recreation & Dance, 71(3), 26–30.
Chen, A., & Darst, P. W. (2001). Situational interest in physical education: A function of learning task design. Research Quarterly for Exercise & Sport, 72(2), 150–164.
Chiviacowsky, S., & Wulf, G. (2007). Feedback after good trials enhances learning. Research Quarterly for Exercise & Sport, 78(2), 40–47.
Clark, S. E., & Ste-Marie, D. M. (2007). The impact of self-as-a-model interventions on children’s self-regulation of learning and swimming performance. Journal of Sports Sciences, 25(5), 577–586.
Davis, R., Roscoe, J., Roscoe, D., & Bull, R. (2005). Physical education and the study of sport. Edinburgh: Elsevier Mosby.
Dewey, J. (1910/2002). Wie wir denken. Mit einem Nachwort neu hrsg. von Rebekka Horlacher. Zürich: Pestalozzianum.
Döhring, V., & Gissel, N. (2009). Sportunterricht planen und auswerten. Ein Praxisbuch für Lehrende und Studierende. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hogengehren.
Dörner, D. (1994). Problemlösen als Informationsverarbeitung. Stuttgart: Kohlhammer.
Ehrlenspiel, F., & Maurer, H. (2007). Aufmerksamkeitslenkung beim sportmotorischen Lernen. Ein Überblicksartikel zwischen Empirie, Theorie und Perspektiven. Zeitschrift für Sportpsychologie, 14(3), 114–122.
Fleischer, J., Wirth, J., Rumann, S., & Leutner, D. (2010). Strukturen fächerübergreifender und fachlicher Problemlösekompetenz. Zeitschrift für Pädagogik, 56(56), 239–248.
Funke, J., & Zumbach, J. (2006). Problemlösen. In H. Mandl & H. F. Friedrich (Hrsg.), Handbuch Lernstrategien (S. 206–220). Göttingen: Hogrefe.
Gerber, B. (2007). Strukturierung von Lehr-Lern-Sequenzen im Physikunterricht (Unveröffentlichte Dissertation). Bern: Universität Bern.
Giese, M. (2008). Erfahrung als Bildungskategorie. Eine sportsemiotische Untersuchung in unterrichtspraktischer Absicht. Aachen: Meyer & Meyer.
Giese, M. (Hrsg.). (2009). Erfahrungsorientierter und bildender Sportunterricht. Ein theoriegeleitetes Praxishandbuch. Aachen: Meyer & Meyer.
Gogoll, A. (2012). Sport- und bewegungskulturelle Kompetenz – ein Modellentwurf für das Fach Sport. In A.-C. Roth, E. Balz, J. Frohn, & P. Neumann (Hrsg.), Kompetenzorientiert Sport unterrichten. Grundlagen, Befunde, Beispiele (S. 39–52). Aachen: Shaker.
Griffey, D. C., & Housner, L. D. (2007). Designing effective instructional tasks for physical education and sports. Champaign: Human Kinetics.
Jeisy, E. (2011). Basismodelle des Lernens und Lehren. Anregungen zur Unterrichtsgestaltung im Sport. Magglingen: Eidgenössische Hochschule für Sport.
Jeisy, E. (2013). Choreografien des Lernens und Lehrens im Fachbereich Bewegung und Sport. Eine design-based-research-Studie zur Entwicklung von Lern-Lehrmodellen für die Lernverlaufsgestaltung im Sportunterricht. Dissertation, Universität Salzburg.
Jeisy, E. (2014). Choreografien des Lernens und Lehrens im Fachbereich Bewegung und Sport. Aachen: Meyer & Meyer.
Keller, S., & Bender, U. (Hrsg.). (2012). Aufgabenkulturen: Fachliche Lernprozesse herausfordern, begleiten, reflektieren. Seelze: Klett und Kallmeyer.
Kiper, H., & Mischke, W. (2009). Unterrichtsplanung. Weinheim: Beltz.
Laging, R. (2006). Methodisches Handeln im Sportunterricht. Grundzüge einer bewegungspädagogischen Unterrichtslehre. Seelze-Velber: Kallmeyer.
Leisen, J. (2010). Lernaufgaben als Lernumgebung zur Steuerung von Lernprozessen. In H. Kiper, W. Meints, S. Peters, S. Schlump, & S. Schmit (Hrsg.), Lernaufgaben und Lernmaterialien im kompetenzorientierten Unterricht (S. 60–67). Stuttgart: Kohlhammer.
Martin, A. J., & Gaskin, C. J. (2004). An integrated physical education model. Journal of Physical Education New Zealand, 37, 61–69.
Meaney, K., Kent Griffin, L., & Hart, M. (2005). The effect of model similarity on girls’ motor performance. Journal of Teaching in Physical Education, 24(2), 165–178.
Mehr, A., & Ulrich, W. (2010). Selbst- und Sozialkompetenz im Sport- und Bewegungsunterricht. Eine Broschüre für Lehrpersonen. Magglingen: Bundesamt für Sport.
Messmer, R. (2012). Bewegte Aufgaben: Aufgabenkulturen im Fach Sport. In S. Keller & U. Bender (Hrsg.), Aufgabenkulturen. Fachliche Lernprozesse herausfordern, begleiten, auswerten (S. 202–213). Seelze: Friedrich.
Meyer, H. (2004). Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen Scriptor.
Munzert, J., & Hossner, E.-J. (2008). Lehren und Lernen sportmotorischer Fertigkeiten. In J. Beckmann & M. Kellmann (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Serie Sportpsychologie, Bd. 2: Anwendungen der Sportpsychologie (S. 177–256). Göttingen: Hogrefe.
Neuber, N. (2009). Kreative Bewegungserziehung – Bewegungstheater. Aachen: Meyer & Meyer.
Neumann, P. (2009). Sportunterricht problemorientiert gestalten. Sportpädagogik, 33(1), 4–7.
Neumann, P. (2013). Eine explorative Aufgabenanalyse im Sportunterricht der Grundschule. In A. Gogoll & R. Messmer (Hrsg.), Sportpädagogik zwischen Stillstand und Beliebigkeit (S. 208–209). Magglingen: Bundesamt für Sport/Czwalina.
Oser, F., & Baeriswyl, F. (2001). Choreographies of teaching: Bridging instruction to learning. In V. Richardson (Hrsg.), Handbook of research on teaching (pp. 1031–1065). Washington: American Educational Research Association.
Oser, F., & Patry, J.-L. (1990). Choreographien unterrichtlichen Lernens. Basismodelle des Unterrichts (Berichte zur Erziehungswissenschaft Nr. 89). Freiburg: Universität Freiburg, Pädagogisches Institut.
Pfitzner, M. (2012). Aufgabenkultur im Sportunterricht – Von etablierten Methoden des Sportunterrichts und Lernaufgaben. In A.-C. Roth, E. Balz, J. Froh, & P. Neumann (Hrsg.), Kompetenzorientiert Sport unterrichten. Grundlagen – Befunde – Beispiele (S. 53–66). Aachen: Shaker.
Pfitzner, M. (2013). Fachdidaktische Analyse von Aufgaben im Sport. In M. Kleinknecht, T. Bohl, U. Maier, & K. Metz (Hrsg.), Aufgaben kritisch beleuchten – Kriterien zur Auswahl und Analyse von Lern- und Leistungsaufgaben (S. 179–195). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Pfitzner, M. & Aschebrock, H. (2013). Aufgabenkultur. Sportpädagogik, 37, 2–6.
Reusser, K. (2005). Problemorientiertes Lernen – Tiefenstruktur, Gestaltformen, Wirkungen. Beiträge zur Lehrerbildung, 23(2), 159–182.
Reyer, T. (2004). Oberflächenmerkmale und Tiefenstruktur im Unterricht. Exemplarische Analysen im Physikunterricht der gymnasialen Sekundarstufe. Berlin: Logos.
Richter, S. (2009). Gestaltung von Lernaufgaben unter entscheidungstheoretischer Perspektive. Entwicklung des Designmodells SEGLER. Doktorarbeit, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät.
Städeli, C., Grassi, A., Rhiner, K., & Obrist, W. (2010). Kompetenzorientiert unterrichten. Das AVIVA-Modell. Bern: h.e.p.
Straka, G. A., & Macke, G. (2002). Lern-lehr-theoretische Didaktik. Münster: Waxmann.
Thonhauser, J. (Hrsg.). (2008). Aufgaben als Katalysatoren von Lernprozessen. Eine zentrale Komponente organisierten Lernens aus Sicht der Lernforschung, Allgemeiner Didaktik und Fachdidaktik. Münster: Waxmann.
Wackermann, R. (2008). Überprüfung der Wirksamkeit eines Basismodell-Trainings für Physiklehrer. Berlin: Logos.
Zaunbauer, A. C. M., & Möller, J. (2009). Lehren und Lernen. In W. Schlicht & B. Strauss (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Serie Sportpsychologie, Bd. 1: Grundlagen der Sportpsychologie (S. 229–296). Göttingen: Hogrefe.
Ziener, G. (2006). Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze-Velber: Kallmeyer & Klett.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2014 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Jeisy, E. (2014). Aufgaben als Türöffner für theoriegeleitete Lernwege im Fachbereich Bewegung und Sport. In: Pfitzner, M. (eds) Aufgabenkultur im Sportunterricht. Bildung und Sport, vol 5. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03837-3_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-03837-3_11
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-03836-6
Online ISBN: 978-3-658-03837-3
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)