Zusammenfassung
Im Folgenden werden vier Konzepte aufsuchender Arbeitsansätze dargestellt, die Street Gang Work, mobile Jugendarbeit, aufsuchende Jugendarbeit und Detached Youth Work. Dabei geht es um die Diskussion zentraler Grundlagen konzeptioneller, methodischer und theoretischer Art, die die Basis für die weitere Analyse legt. Die Auswahl der genannten Ansätze orientiert sich an ihrer Relevanz für die (gegenwärtige) deutschsprachige Debatte und an ihrem Anspruch, einen eigenständigen Arbeitsansatz für die Arbeit mit Jugendlichen darzustellen. Aus diesem Grund wird beispielsweise die schweizerische Gassenarbeit (vgl. 3.3) an dieser Stelle nicht als eigenständiger Arbeitsansatz mit eigenständiger Konzeptentwicklung dargestellt, da sich die Gassenarbeit im Kern verschiedener methodischer, konzeptioneller und theoretischer Elemente der nachfolgend diskutierten Arbeitsansätze bedient. Ausserdem gehören (junge) Erwachsene zur zentralen Zielgruppe der Gassenarbeit, nicht Jugendliche. Neben der Gassenarbeit finden sich eine Reihe weiterer Begriffe, die ihrerseits ebenfalls nicht auf eine dahinterstehende eigenständige, konzeptionelle, methodische oder theoretische ‚Entwicklungsarbeit‘ verweisen. So sprechen beispielsweise Crimmens et al. (2004) von „street-based youth work“, bezeichnen damit aber kein eigenständiges Konzept sondern nutzen den Begriff als eine Kategorie, unter der sie verschiedenste Praxisformen von aufsuchenden Ansätzen der Arbeit mit Jugendlichen subsummieren. Die Form der Darstellung der Ansätze orientiert sich am Ziel, stetig wiederkehrende Themen, Motive, Dilemmata etc. zu identifizieren, die sich, wie zu zeigen sein wird, in gleicher oder ähnlicher Art und Weise auch in der aktuellen Debatte über aufsuchende Arbeitsansätze finden. Darüber begründet sich eine gewisse Selektivität der folgenden Ausführungen. Es geht nicht um eine allumfassende Darstellung der verschiedenen Ansätze, gleichwohl, vermittelt über das formulierte Ziel, eine recht umfängliche Würdigung notwendig ist.
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Notes
- 1.
Historische Vorläufer dieses Ansatzes erkennt Spergel (vgl. 1966, S. xiv) u. a. in den sogenannten „Boys’ Meetings“, einer häufig missionarisch orientierten Street Work mit nicht sesshaften, sozial auffälligen jungen Männern sowie in den Settlements.
- 2.
Solche Vorstellungen sind im Kontext neuerer US-amerikanischer Polizeistrategien in der Bekämpfung von Gangs oftmals obsolet geworden. Tita und Papachristos (vgl. 2010, S. 29 f.) weisen darauf hin, dass inzwischen fast jede größere Polizeieinheit in den USA eine spezielle Gang-Einheit hat, die es vor allem auf die Sprengung von Gruppen anlegt.
- 3.
Damit greift Specht die zentalen Kritikpunkte der Methodendiskussion der 1970er-Jahre auf (vgl. dazu Galuske 2008b).
- 4.
Thole (2000, S. 130) macht darauf aufmerksam, dass sich historisch „[…] schon im 19. Jahrhundert in der Aktivität der ‚Pilgernden Brüder‘ und der ehrenamtlichen Gassenarbeit von Pastoren und Fürsorgern sowie in der karitativ motivierten Milieuarbeit und der offenen Jugendfürsorge der Weimarer Republik“ auch andere als die Chicagoer Vorläufer der mobilen Jugendarbeit finden.
- 5.
Damit sind die begrenzten Möglichkeiten einer gemeinwesenvermittelten Adressierung von Jugenddelinquenz angesprochen. Eine intensivere Diskussion der Grenzen blieb lange Zeit aus, im Vordergrund stand stets die Betonung des innovativen Potentials der neuen Ansätze. Heute werden stadtteilfokussierte Programme kritischer diskutiert. „Such approaches are still prevalent today and do not develop the broad citywide, state, and, especially, national perspective necessary to address the various interconnected and complicated levels of the problem“ (Spergel 2010, S. 228). Entsprechend wird eine faktische Ausweitung der Ansätze als Element einer breiteren Agenda gefordert. „Community action thus needs to be seen as part of a larger agenda for change that potentially incorporates multilevel alliances and focuses on both local action and broader policy issues, such as national policy targeting education, employment, and income distribution“ (Chaskin 2010, S. 15).
- 6.
Daran hat sich bis heute im sogenannten „Spergel-Modell“ (Comprehensive Community-Wide Gang Program) nichts verändert. In diesem Modell bleiben alle wesentlichen Charakteristika der Street Gang Work erhalten, ergänzt um intensivierte „[…] suppression and supervision strategies in close collaboration with police and the criminal justice system […]“ (Chaskin 2010, S. 12).
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Huber, S. (2014). Konzeptionelle, methodische und theoretische Grundlagen ausgewählter aufsuchender Ansätze der Arbeit mit Jugendlichen. In: Zwischen den Stühlen. Sozialraumforschung und Sozialraumarbeit, vol 11. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03318-7_2
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