Zusammenfassung
Die Erörterung von Wahrnehmungen und Nichtwahrnehmungen von rapide verlaufenden Wandlungsprozessen, wie sie sich beispielsweise im Bereich des Verkehrswesens und der Mobilität weithin vollzogen haben, steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. Anknüpfend an die Varianz der entsprechenden Wahrnehmungen, die sich bei unterschiedlichen Alterskohorten in verschiedenen Ländern erkennen lässt, eröffnen sich weitere Aufschlüsse zu Faktoren und Mechanismen der Wahrnehmung von Wandel. Neben dem zeitlichen wie auch inhaltlichen Umfang von Veränderungswahrnehmungen sowie situativen Faktoren, die diese in starkem Maße prägen bzw. überhaupt erst ermöglichen, geht es diesem Kapitel schließlich um unterschiedliche individuelle Dispositionen der Veränderungswahrnehmung, die sich im Lebensverlauf und vor allem abhängig von unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten herausbilden. Diese Fokussierung der sozialen und historischen Formbarkeit von Vermögen der Veränderungswahrnehmung eröffnet einen spezifischen Zugang zu Problemen der Wahrnehmung von sich fortlaufend beschleunigenden Veränderungsprozessen. In diesem Kontext erfolgt eine Auseinandersetzung mit überlegungen von H. Rosa, die in dieser Beziehung eher eine Statik der menschlichen Vermögen zur Wahrnehmung von Wandel nahelegen.
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Eher nicht wahrgenommen wird beispielsweise die rapide Zunahme des Zustellens öffentlicher Räume mit Verkehrsmitteln. Auch hier zeigt sich wieder das pragmatische Moment, das vielen Wahrnehmungen von Veränderung zugrunde liegt: Wahrgenommen werden Veränderung vor allem dann, wenn sie in Form eines Problems in die Aufmerksamkeit treten, wenn z. B. wieder kein Parkplatz zu finden ist oder Kraftfahrzeuge Rad- und Gehwege blockieren.
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Dieses Unterkapitel greift in starkem Maße auf Auswertungen, Interpretationen und ausführliche Memos zurück, die Markus Wollina für unser Projekt erarbeitete.
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Siehe zum Begriff der Situation und der Deutung von Situationen nicht zuletzt Goffman (1980, Abs. 17).
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Umzüge bieten daher wohl günstige Situationen, um – im Rahmen der jeweiligen infrastrukturellen Gegebenheiten – Veränderungen der eigenen Mobilitätspraxis umzusetzen.
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Vgl. hierzu als klassisches Beispiel einer Art Aktionsforschung den Fragebogen für eine Befragung von Arbeitern, der von Karl Marx (1962b, Abs. 230–241) entworfen wurde und dessen Fragen zum Teil darauf abzuzielen scheinen, die Ausrichtung der Aufmerksamkeit der Befragten zu modifizieren.
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Den von Mannheim (1928) weiter genannten Aspekt der Selbstwahrnehmung einer spezifisch gelagerten Alterskohorte als eine Generation, durch die ein Generationenzusammenhang zu einer Generationeneinheit für sich selbst werden kann, blenden wir hier einmal aus. – In einer erweiterten komparativen Perspektive wäre sicherlich auch ein Vergleich der von uns herangezogenen Äußerungen zu Wandel seitens dieser mittleren chinesischen Kohorte mit entsprechenden Äußerungen seitens der westdeutschen Wirtschaftswunder-Kohorte der 1950/1960er Jahre interessant.
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Rosa knüpft mit diesem generationalen Horizont von drei bis vier Generationen, die ca. 80 Jahre umfassen, an die entsprechenden Überlegungen von Reinhart Koselleck (z. B. 2000, Abs. 165, 227 ff.) zu Vergleichen zwischen zusammenlebender Generationen und deren Erfahrungsraum sowie von Jan Assmann (1992) zum kommunikativen Gedächtnis an.
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Als einen Grund dieses Problems nennt Rosa (2005, Abs. 178) das fehlende Einverständnis über Indikatoren sozialen Wandels, wobei er selbst hier vor allem die Familie und das Beschäftigungssystem nennt. Auf diese Punkte können wir hier nicht genauer eingehen. Dies gilt auch für eine kritische Diskussion der Argumentation von Rosa insgesamt, die einerseits einen äußerst facettenreichen Zugang zu unterschiedlichsten Phänomenen der Veränderung der Zeitstrukturen sowie der Tempi der Moderne liefert und hierzu eine sehr große Zahl einschlägiger Ansätze aufgreift, die andererseits jedoch in ihrer Betonung einer fundamentalen Bedeutung allerorten festgestellter Beschleunigungsphänome gesellschaftsanalytisch etwas enggeführt erscheint.
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Rost, D. (2014). Rapider Wandel – z. B. Mobilität und Verkehr. In: Wandel (v)erkennen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03247-0_6
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