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Formen, Aspekte und Elemente der Wahrnehmung von Wandel aus sozialwissenschaftlicher Perspektive

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Wandel (v)erkennen
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Zusammenfassung

Um ein tieferes Verständnis von Formen, Chancen und Grenzen der Wahrnehmung von Wandel zu gewinnen, stützt sich dieses Buch auf die wissenssoziologische Perspektive, die hier zunächst – insbesondere unter Bezug auf das Werk von Alfred Schütz – in Grundzügen erläutert wird. Unmittelbar an sie anschließend werden relevante Aspekte aus der Gedächtnis-, Erinnerungs- und Vergessensforschung aufgegriffen. Wie bereits im Konzept des "Shifting-Baseline-Syndroms" formuliert, geht es dann um den Stellenwert der Abfolge von „Generationen“ und Alterskohorten für das gesellschaftliche Erinnern (und Vergessen) von Vergleichs- bzw. Referenzpunkten, die eine Voraussetzung jeglicher Wahrnehmung von Wandel darstellen. Da es um Unterschiede in der Zeit geht, ist die Frage nach der Wahrnehmung von Wandel zudem eng mit Aspekten der inneren, der sozialen und der natürlichen Zeit sowie deren Stellenwert für die Wahrnehmung von Zeit verbunden. Damit geht es hier zugleich um die Zeithorizonte und die vergangenheits- bzw. zukunftsbezogenen Zeitperspektiven der Wahrnehmung von Wandel. Eine auf diese Frage fokussierte Lektüre von Hans Jonas' „Das Prinzip Verantwortung“ liefert hierzu einige Anhaltspunkte und Illustrationen sowie eine enge Rückbindung an die aktuelle Umweltproblematik.

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Notes

  1. 1.

    Abgesehen von einigen Hinweisen auf Bildung geht Sale (2011) allerdings auf solche kulturellen und sozialen Faktoren des Wandels von Veränderungswahrnehmungen nicht näher ein.

  2. 2.

    Zur Notwendigkeit interdisziplinärer Umwelt- bzw. Klimaforschung vgl. z. B. die Überlegungen zu „Environmental Humanities“ (Sörlin 2012). Lorenz (2012, S. 45 f.) und Renn et al. (2011, S. 464 f.) betonen, dass von Seiten der Sozialwissenschaften und auch speziell der Soziologie durchaus eine bereits größere Zahl relevanter Beiträge zur Problematik des Klimawandels vorliege, die allerdings jenseits wie auch innerhalb der Sozialwissenschaften eine zu geringe Aufmerksamkeit fänden.

  3. 3.

    Das Werk von Alfred Schütz (2003 ff. bzw. 1971a, b, 1972; Schütz und Luckmann 2003; als Überblick siehe z. B. Schnettler 2007) bildet also den zentralen Bezugspunkt unserer wissenssoziologischen Überlegungen. Einen guten Einblick in die Vielfalt und unterschiedlichen theoretischen, methodologischen und methodischen Anschlussmöglichkeiten wissenssoziologischer Perspektiven bieten die Beiträge in Tänzler et al. (2006).

  4. 4.

    Gleichwohl betont die Kritik an Schütz’ Werk eine zu starke Fokussierung der Individualebene, eine „egologische“ Perspektive (vgl. Habermas 1988, S. II, 198; Welz 1996).

  5. 5.

    Recht anschaulich dargestellt wird diese erweiterte Perspektive auf Objektivierung und Rückwirkung von Sinnwelten in Peter L. Bergers und Thomas Luckmanns (1977) Werk über „Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“.

  6. 6.

    „Dies ist so, weil das Wissen jedes einzelnen nur zum geringen Teil seiner persönlichen Erfahrung entspringt. Zum weitaus überwiegenden Teil ist es sozial abgeleitet und dem einzelnen in dem langen Prozess der Erziehung durch Eltern, Lehrer, Lehrer der Lehrer, durch umweltliche, mitweltliche, vorweltliche Beziehungen aller Art übermittelt und zwar in der Form von Einsichten, mehr oder weniger wohlfundierten oder blinden Glaubens, Maximen, Rezepten, Gebrauchsanweisungen zur Lösung von typischen Problemen, das heißt zur Erzielung typischer Resultate durch typische Anwendung typischer Mittel.“ (Schütz 2003 ff., S. V.1/330) – Vgl. hierzu auch die zum Teil in ähnlicher Weise über rein auf subjektive Erfahrungen zugeschnittene phänomenologische Perspektiven hinausschreitende Perspektive von Bourdieu (1979, S. 164 ff.).

  7. 7.

    Zu auferlegten Relevanzen vgl. Schütz (2003 ff., S. VI.1/91 f.).

  8. 8.

    Vgl. Schnettler (2007, S. 108) oder auch Welzer: „Ein Erlebnis wird erst zur Erfahrung, wenn es reflektiert wird, und reflektieren bedeutet, der Erfahrung eine Form zu geben. Diese Form kann nur sozial vermittelt sein“ (Welzer 2005, S. 30).

  9. 9.

    Diesen Aspekt der Objektivierung des Wissens und der damit verbundenen Rückwirkung auf einzelne Menschen, denen die gesellschaftlich objektivierte Sinnwelt Relevanzen auferlegt, betonen Berger und Luckmann (1977).

  10. 10.

    So ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass Menschen, die als Religionswissenschaftler in wissenschaftlicher Einstellung Funktionen von Riten im Katholizismus analysieren, sich in Situationen des privaten Kirchgangs und der Einstellung des Alltagslebens ganz dem Zauber solcher Riten hingeben. Über solche mannigfaltigen Wirklichkeiten hinweg eine Kontinuität von Vorstellungen des Selbst zu bewahren, ist ein Problem der Konstruktion personaler Identität.

  11. 11.

    Mit Bezug auf die Zukunft hat auch Jonas (2003, S. 216, 217) von solchem Nichtwissen gesprochen. Neuerdings hat das Thema des Nichtwissens fraglos an Aufmerksamkeit gewonnen, sowohl wissenschaftlich (z. B. Wehling 2006) wie auch publizistisch – wenn wir hier einmal an ein berühmtes Zitat des ehemaligen US-Verteidigungsministers Rumsfeld zurückdenken („Berichte über etwas, das nicht passiert ist, sind für mich interessant, denn wie wir wissen, gibt es Dinge, die wir wissen. Wir wissen auch, dass es Unbekanntes gibt, von dem wir wissen, dass es unbekannt ist. Wir wissen, dass es Dinge gibt, die wir nicht wissen. Aber es gibt auch Dinge, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen.“ [Donald Rumsfeld im Jahr 2002, hier nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.12.2010, S. 6]).

  12. 12.

    Zum Vergessen siehe Dimbath und Wehling (2011b) und Sebald (2011, S. 89).

  13. 13.

    S. Welzer (2010, S. 9).

  14. 14.

    Die Nicht-Intentionalität eines großen Teils des im Gedächtnis Festgehaltenen hebt nicht zuletzt Welzer (2001, S. 16) hervor. In drastischer Form zeigt sie sich beispielsweise in Erinnerungen von erlittener Gewalt, die sich in Form von Intrusionen unkontrolliert in das Erleben drängen. Allgemein geht es im Rahmen des nicht-intentionalen Gedächtnisses und Erinnerns freilich um einen sehr weiten Bereich, zu dem unter anderem auch implizite Formen des Lernens gerechnet werden können.

  15. 15.

    In ihren Überlegungen zur Frage, wie Institutionen erinnern und vergessen geht auch Mary Douglas (1987, S. 69 ff.) auf Schwellen zwischen dem Erinnern und Vergessen von Ahnengenerationen ein. Ihr Blick auf die entsprechenden Arbeiten zu den Nuer von Edward Evans-Pritchard (einem Klassiker der britischen Sozialanthropologie) zeigt, wie die Tiefe des historischen Erinnerns durch gesellschaftliche Institutionen bestimmt wird. Besonders interessant an ihrem Ansatz ist die klare Fokussierung der institutionellen, d. h. der sozialen Faktoren von Gedächtnis, Erinnern und Vergessen.

  16. 16.

    „Das kommunikative Gedächtnis umfaßt Erinnerungen, die sich auf die rezente Vergangenheit beziehen. Es sind dies Erinnerungen, die der Mensch mit seinen Zeitgenossen teilt. Der typische Fall ist das Generationen-Gedächtnis. Dieses Gedächtnis wächst der Gruppe historisch zu; es entsteht in der Zeit und vergeht mit ihr, genauer: mit seinen Trägern. Wenn die Träger, die es verkörperten, gestorben sind, weicht es einem neuen Gedächtnis. Dieser allein durch persönlich verbürgte und kommunizierte Erfahrung gebildete Erinnerungsraum entspricht biblisch den 3–4 Generationen, die etwa für eine Schuld einstehen müssen. Die Römer prägten dafür den Begriff des ‚saeculum‘ und verstanden darunter die Grenze, bis zu der auch der letzte überlebende Angehörige einer Generation (und Träger ihrer spezifischen Erinnerung) verstorben ist.“ (Assmann 1992, S. 50)

  17. 17.

    Probleme dieser Unterscheidung liegen nicht nur in der eigentlich widersinnigen Benennung (auch Kommunikatives kann als kulturell betrachtet werden, Kulturelles als kommunikativ) oder der selbst bei idealtypischer Fassung kaum passenden Anwendbarkeit beider Begriffe auf komplexe Gesellschaftsformen (Sebald und Weyand 2011, S. 176), sondern auch in der postulierten Überschneidung von zeitlichen und strukturellen Dimensionen, die Erinnerungen einer bestimmter historischer Tiefe in eher starrer Weise jeweils einen bestimmten Modus ihrer Vermittlung zuordnet. Erst wenn der zeitliche Gesichtspunkt hinter den systematischen tritt, wird deutlich, dass beispielsweise auch das Festhalten gegenwartsnaher Sachverhalte in hohem Maße durch zentralisierte Gedenkkulturen geprägt sein kann oder zeitlich weit zurückreichende Sachverhalte in hohem Maße durch diffuse Kommunikationsprozesse, wie z. B. Anekdoten, im Gedächtnis erhalten bleiben können. Solche notwendige Kritik schmälert freilich nicht das Verdienst der Assmanns und ihrer beständigen Arbeit an solchen Unterscheidungen von Formen und Systematisierungen gesellschaftlicher Gedächtnisprozesse (vgl. z. B. Assmann 2002, 2006).

  18. 18.

    Solche sozialen, medialen und technischen Momente von Gedächtnis und Erinnern betonen u. a. Luhmann (1997, S. 253 f.), Sebald und Weyand (2011) oder Welzer (2001, 2002, 2005) bzw. Welzer et al. (2002).

  19. 19.

    Vgl. Burckhardts (1997, S. 251 ff.) Ausführungen zu Photographie als Gerinnungsform von Zeit, als Zeit-Zeichen, das in einer „Sprache der Zeit“ an den Zeitsinn der Betrachtenden rührt. „Es ist dies etwas, was sich bei der Betrachtung von älteren Photographien sogleich einstellt, als ein Grundgefühl von Ungleichzeitigkeit, als Gewahren historischer Differenz“ (ebd., S. 252).

  20. 20.

    ‚Ich kann da keine Erinnerung abrufen‘ – diese so zumindest sinngemäß im Visa-Untersuchungsausschuss (25.4.2005) gemachte Aussage des damaligen deutschen Außenministers Joschka Fischer bringt solche Probleme des Abrufs von Festgehaltenem auf den Punkt.

  21. 21.

    Vgl. hierzu eine in unserem Projektrahmen verfasste Diplomarbeit von Matthias Wanner (2012), die systematisch auf die psychologischen Aspekte des SBS eingeht.

  22. 22.

    Eine gute und weite Übersicht zu Aspekten begrenzter Rationalität im Umgang mit Naturgefahren vermitteln Slovic et al. (1974, S. 190 ff.). Konzeptionell knüpfen diese Übersicht und viele der in ihr angesprochenen Arbeiten an die klassischen Ansätze zum Umgang mit (unvollständigen) Informationen von Herbert A. Simon sowie Daniel Kahneman und Amos Tversky an.

  23. 23.

    Zur Vergessensforschung vgl. z. B. Connerton (2008); Dimbath und Wehling (2011a); Luhmann (1997, S. 579); Douglas (1987).

  24. 24.

    Für eine Unterscheidung biologischer, sozialer und politischer (altersübergreifender) Generationen vgl. z. B. Koselleck (2000, S. 35). Zu den Begriffsfragen siehe neben dem klassischen Text von Mannheim (1928) vor allem die Erläuterungen von Kohli (2009) sowie Szydlik und Künemund (2009) und Zinnecker (2003).

  25. 25.

    Keineswegs in allen historischen Situationen bilden sich Generationen in solch einem synchronen Sinne. Zudem gibt es Entwürfe und Etikettierungen von „Generationen“, die keine größere soziale Reichweite erlangen, weitgehend bedeutungslos bleiben und rasch vergessen werden – das zeigt z. B. das vergebliche Bemühen, von einer „Generation Golf“ zu sprechen.

  26. 26.

    „Kohorten sind – im Unterschied zu Altersgruppen – Einheiten mit fester Mitgliedschaft. Man kann seine Generationslage in diesem formalen Sinne nicht verlassen, sogar wenn man sich von einem generationsspezifischen Denk- und Handlungsstil distanziert. Die Frage ist, ob die Erfahrungsgemeinsamkeit den Gleichaltrigen verborgen bleibt oder ob sie zu einer Generation im anspruchsvolleren Sinne eines Generationszusammenhangs führt, also zu einem Generationsbewusstsein und sogar zu einem Zusammenschluss als kollektiver generationeller Akteur.“ (Kohli 2009, S. 230)

  27. 27.

    „Auf der Ebene der Familie bedeutet Generation eine bestimmte Position in der Abfolge von Eltern und Kindern. Auf der Ebene der Gesellschaft bedeutet Generation eine Einheit, die auf einer Geburtskohorte aufruht, nämlich einer Menge von Personen, die im gleichen Zeitraum geboren sind. Sie bewegen sich im Gleichschritt durch den Lebenslauf und erfahren die einzelnen historischen Ereignisse im gleichen Alter.“ (Kohli 2009, S. 230)

  28. 28.

    Nassehi (2008); Elias (1988); Dux (1989); Stanko und Ritsert (1994).

  29. 29.

    Vgl. z. B. auch Giddensʼ Unterscheidung von Lebensspannen des Individuums (Zeit des vergehenden lebenden Organismus als eine Grenze der Gegenwart) und einer Longue Durée der Institutionen (Giddens 1995, S. 89).

  30. 30.

    Vgl. den Abriss der Entwicklung des Begriffes „innere Zeit“ bei Bergson, Husserl und Schütz von Nassehi (2008, S. 58–111).

  31. 31.

    Der Begriff der inneren Dauer als übergreifende Einheit des Bewusstseinsstroms ist keineswegs einfach nachzuvollziehen. Zudem steht die innere Dauer bei Schütz in engem Zusammenhang mit dem subjektiven Wissen um das eigene Selbst und z. B. dessen Älterwerden. Damit hängt es eng mit Selbstbewusstsein zusammen (vgl. Schütz 2003 ff., S. V.1/104, 191). Wir können dies hier nicht ausführlich in allen Facetten nachzeichnen oder diskutieren und verweisen auf ausführlichere Darstellungen von Schütz und Luckmann (2003, S. 89–97).

  32. 32.

    Für Georg Simmel liegt das Wesen der Mode darin, dass ein Teil der Gruppe sie übt, die anderen sich auf dem Weg dahin bewegen. Sobald die Mode die Gruppe ganz durchdrungen hat, redet man nicht mehr von Mode. Das Wachstum der Mode treibt sie ihrem Ende zu, „weil sie dadurch die Unterschiedlichkeit aufhebt“ (Simmel 1995, S. 16). „Ihre Frage ist nicht Sein oder Nichtsein, sondern sie ist zugleich Sein und Nichtsein, sie steht immer auf der Wasserscheide von Vergangenheit und Zukunft und gibt uns so, solange sie auf ihrer Höhe ist, ein so starkes Gegenwartsgefühl, wie wenige andere Erscheinungen.“ (Simmel 1995, S. 17)

  33. 33.

    Vgl. hierzu auch die in dieser Hinsicht verwandte Rekonstruktion von Zeitlichkeit von Oevermann (1995, S. 31–60).

  34. 34.

    Eliasʼ Arbeit über die Zeit ist, wie gesagt, ein Aufsatz. Daher muss er als skizzenhafter Abriss zu diesem großen Thema verstanden werden. Dennoch überrascht, dass Elias, der in seiner Zivilisationstheorie (Elias 1978) in aller Sorgfalt die Parallelität von Psycho- und Soziogenese, d. h. von Veränderungen psychischer und sozialer (v. a. staatlicher) Strukturen herausarbeitet, in seiner Skizze über die Zeit vor allem die soziale Dimension thematisiert und deren Zusammenhang mit Prozessen auf der Subjektseite zwar immer wieder in die Argumentation einfließen lässt, ohne dies jedoch systematisch zu entfalten.

  35. 35.

    Vgl. hierzu die Überblicke von Bergmann (1983); Nassehi (2008); Stanko und Ritsert (1994); Rosa (2005).

  36. 36.

    „(…) erst die Einsicht, daß wir selbst noch mitten im Wellengang, mitten in den Krisen einer solchen Zivilisationsbewegung stehen, nicht an deren Ende, sie erst rückt das Problem der ‚Zivilisation‘ ins rechte Licht.“ (Elias 1978, S. Bd. II, 341)

  37. 37.

    Elias skizziert in diesem Zusammenhang, das sei nur am Rande bemerkt, zugleich eine Verantwortungsethik. Menschen trügen „kraft der Eigenart ihrer Natur, auch um ihrer selbst willen, die Verantwortung für diese Beziehung“ (Elias 1988, S. XVI), d. h. die Beziehung von Menschen in der Natur zu dieser Natur. – Das klingt ganz ähnlich wie manche Ausführungen von Hans Jonas (2003), auf die wir unten näher eingehen werden.

  38. 38.

    „(…) die Wahrnehmung von Ereignissen, die nacheinander als eine ‚Abfolge in der Zeit‘ geschehen, setzt die Entstehung von Lebewesen in der Welt voraus, die – wie die Menschen – imstande sind, früher Geschehenes eindeutig zu erinnern und es vor ihrem geistigen Auge zusammen mit später Geschehenem und jetzt Geschehendem als ein einziges Bild zu sehen.“ (Elias 1988, S. 1) Vgl. auch das oben bereits wiedergegebene Zitat von Elias (ebd., S. 44, 45) zur spezifischen Fähigkeit von Menschen, mittels des Gedächtnisses in einem Vorstellungsakt Dinge zusammen zu sehen, die nicht zusammen geschehen.

  39. 39.

    Mit Blick auf andere Lebewesen als Menschen liege es „nahe anzunehmen, daß das Gefühl für subjektive Zeit biologisch nicht notwendig ist. Menschen besitzen es als eine Art Zugabe der Evolution, weil es für mentale Zeitreisen unentbehrlich ist. Kein Gefühl für subjektive Zeit, keine mentale Zeitreise.“ (Tulving 2006, S. 51)

  40. 40.

    Eine ähnliche Sicht auf Systemzeiten ergibt sich aus systemtheoretischer Herangehensweise, siehe dazu Nassehi (2008) und Luhmann (1987, S. 253 ff.).

  41. 41.

    Zu Genese, Karriere und impliziten Machtrelationen des Nachhaltigkeitskonzepts s. Radkau (2011, S. 465, 549 ff.).

  42. 42.

    Das mag ein Grund für Radkaus (2011, S. 552 f.) Ansicht sein, dass das Richtziel „nachhaltige Entwicklung“ gerade aus historischer Sicht sinnvoll sein könnte – würde es nicht, u. a. aufgrund des geringen Geschichtsbewusstseins der „Öko-Szene“, noch immer ohne genauere Präzisierung und Operationalisierung verwendet.

  43. 43.

    Wie bereits ausgeführt, begreift Schütz das zukunftsbezogene Handeln als Entwurf einer abgeschlossenen Handlung. Auch Eliasʼ Rede von einem „Vermögen von Menschen, in ihrer Vorstellung etwas gegenwärtig zu haben, was realiter hier und jetzt nicht gegenwärtig ist, und es mit dem zu verknüpfen, was realiter hier und jetzt geschieht“ (Elias 1988, S. 44, 45) können wir im Sinne einer gewissen Gleichartigkeit von Vorstellungen des Vergangenen und Zukünftigen verstehen.

  44. 44.

    In diesem Sinne äußert sich der Klimawissenschaftler Schellnhuber (2010, S. 6) in einem Zeitungsinterview sehr kritisch: „Und es gibt das, was ich kausale Distanz nenne. Vieles, was in unseren Computermodellen aufscheint, geschieht in ferner Zukunft und auf der anderen Seite des Planeten. Ob Tuvalu oder die Küsten von Indien im Jahr 2080 versinken, wen interessiert das hier und heute?“

  45. 45.

    Vgl. Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (1987).

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Rost, D. (2014). Formen, Aspekte und Elemente der Wahrnehmung von Wandel aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. In: Wandel (v)erkennen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03247-0_3

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