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Einleitung

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Zusammenfassung

Bourdieu wandte sich von der Philosophie ab, um mit leidenschaftlicher Hingabe sozialwissenschaftlich zu arbeiten. Foucault hingegen gab das philosophische Feld nie auf. Während Bourdieu die gesellschaftliche Gegenwart untersuchte, wählte Foucault weitgehend historische Gegenstände. Darüberhinaus hat Bourdieu selbst immer wieder auf verschiedene Differenzen zu Foucault hingewiesen.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Staf Callewaert: Bourdieu, Critic of Foucault: The Case of Empirical Social Science against Double-Game-Philosophy. In: Theory, Culture, Society, 2006, Nr. 23, S. 73-98.

  2. 2.

    Die Betrachtung des Verhältnisses von sozialer Praxis und Subjektproduktion ist vom Machtthema allerdings nicht zu trennen, da soziale Praxis immer auch Machtausübung bedeutet. Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist aber ein anderer. Ich entfalte meine Untersuchung von Bourdieus und Foucaults Praxisbezug her und nicht vom Machtthema. Schließlich will ich Praxis nicht nur im Bezugsrahmen von Macht thematisieren, sondern in letzter Instanz Möglichkeiten einer oppositionellen, (soweit wie möglich) autonomen, Praxis untersuchen.

  3. 3.

    Bourdieu bevorzugte allerdings den Begriff ‚agent‘. Er hat sich gegen ‚acteur‘ ausgesprochen, da dieses Wort im Französischen hauptsächlich ‚Schauspieler‘ bedeutet. ‚Agent‘ bezeichnet hingegen den Handelnden, aber auch den ‚Agenten‘ im Dienste einer Organisation – jemanden, der einer bestimmten Macht verpflichtet ist. Diese Konnotation schwingt bei Bourdieu mit: Niemand handelt nur für sich. In individuellen Handlungen macht sich die Gesellschaft bemerkbar. Das deutsche Wort ‚Agent‘ funktioniert aber nicht als Übersetzung, da hierzu in erster Linie ‚Geheimagent‘ assoziiert wird. Vgl. Beate Krais, Gunter Gebauer: Habitus. Bielefeld 2002, S. 84.

  4. 4.

    Wie es hingegen im als ‚postmodern‘ bezeichneten Denken vorkommt. Dort wird das Subjekt in objektiven Strukturen, Systemen und Ereignisfolgen oder auch in einer unendlichen Pluralität von Ereignisfolgen aufgelöst – etwa bei Baudrillard, Deleuze, Barthes, Derrida. Lacan und die Vertreter von systemtheoretischen Ansätzen begreifen Subjektivität als durch unterschiedliche – vor allem semiotische – Systeme konditioniert und annullieren so ihre Wirkungsmächtigkeit. Vgl. Rupert Guth: Moraltheologie und die (post)moderne Signatur der Gegenwart. Berlin 1999, S. 12.

    Allerdings gibt es auch hier immer wieder Debatten, wie der Bezug einzelner postmoderner Denker zur Subjektkategorie genau zu bewerten ist. Torsten Hoffmann diskutiert Lyotards Position in: Konfigurationen des Erhabenen. Zur Produktivität einer ästhetischen Kategorie in der Literatur des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts. Berlin 2006, S. 35f.

  5. 5.

    Pierre Bourdieu, Loi’c J. D. Wacquant: Reflexive Anthropologie. Frankfurt/M. 1996, S. 159.

  6. 6.

    Vgl. Christoph Menke: Zweierlei Übung. Zum Verhältnis von sozialer Disziplinierung und ästhetischer Existenz. In: Michel Foucault. Zwischenbilanz einer Rezeption, hrsg. von Axel Honneth und Martin Saar. Frankfurt/M. 2003, S. 287.

  7. 7.

    Foucault selbst gliedert sein Schaffen in drei Hauptphasen: die Analyse der diskursiven Praktiken (sechziger Jahre), die Analyse der Machtbeziehungen (siebziger Jahre, vor allem bis 1977) und die Analyse der Formen und Modalitäten in denen das Subjekt sich auf sich selbst bezieht (achtziger Jahre). Vgl. Michel Foucault: Schriften Bd. 4, Nr. 338: Gebrauch der Lüste und Techniken des Selbst. Frankfurt/M. 2005, S. 660-662. Ich bediene mich hier dieser Unterteilung, weil sie für meinen Untersuchungsschwerpunkt bei Foucault – die Konstitution des Subjekts unter Fremdeinfluss und der Übergang zu autokreativen Möglichkeiten – ein funktionsfähiges und jedem Foucault-Rezipienten sofort verständliches Raster bietet. Ebenso gibt es aber Argumente dafür, diese Einteilung abzulehnen und den Blick stattdessen „im Krebsgang“ auf Gegenstandfelder Foucaults zu richten, die das chronologische Phasenmodell schneiden. Petra Gehring: Foucault – Die Philosophie im Archiv. Frankfurt/M. 2004, S. 11.

  8. 8.

    Vgl. Menke (2003), S. 286.

  9. 9.

    Etwa Begrüßungspraktiken, Tischsitten, das Einnehmen von Körperhaltungen usw.

  10. 10.

    Vgl. Krais, Gebauer (2002), S. 75.

  11. 11.

    Etwa Sartre: „Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf, existiert nur in dem Maße, in welchem er sich verwirklicht, er ist also nichts anderes als die Gesamtheit seiner Handlungen.“ Jean-Paul Sartre: Ist der Existentialismus ein Humanismus? In: ders., Drei Essays. Frankfurt/M. 1989, S.

    22.

  12. 12.

    Michel de Certeau bestimmt im Hinblick auf das Moment der Praxis eine Differenz zwischen Foucault und Bourdieu, die meines Erachtens in dieser schematischen Form nicht existiert: „What interests Bourdieu is the genesis, ‚the mode of the generation of practices‘; not as in Foucault, what they produce, but what produces them." Michel de Certeau: The Practice of Everyday Life. Berkeley 1984, S. 58.

    Das stimmt so nicht: Foucaults Untersuchungen richten sich durchaus auch darauf, wie bestimmte Praktiken entstehen konnten. Etwa in Wahnsinn und Gesellschaft: Welche strukturellen Entwicklungen gingen der Einsperrung der Wahnsinnigen voraus? Und Bourdieu interessiert sich wiederum für die Effekte symbolischer Praktiken – die in der Reproduktion von Herrschaftsverhältnissen bestehen können.

  13. 13.

    Vgl. Beate Krais: Zur Funktionsweise von Herrschaft in der Moderne: Soziale Ordnungen, symbolische Gewalt, gesellschaftliche Kontrolle. In: Symbolische Gewalt. Herrschaftsanalyse nach Pierre Bourdieu, hrsg. von Robert Schmidt und Volker Woltersdorff. Konstanz 2008, S. 51.

  14. 14.

    Es gibt bisher wenig Arbeiten, die sich hauptsächlich mit dem Verhältnis der Ansätze Foucaults und Bourdieus zueinander befassen. Drei Beispiele: de Certeau (1984), Callewaert (2006) und Graham Ward: Kulturkritik im Dienste der Theologie. Ein Vergleich zwischen Michel Foucault und Pierre Bourdieu.

    postmoderne-theologie.de/de/texte_graham_ward.html 01.04.2012

  15. 15.

    Auf diese Weise verfährt bisher nur Laura Kajetzke. Sie zeigt komplementäre Momente der Ansätze Foucaults und Bourdieus auf, aber mit einem anderen (nämlich diskursanalytischen) Schwerpunkt, als ich ihn für meine Arbeit setze. Vgl. Laura Kajetzke: Wissen im Diskurs. Ein Theorienvergleich von Bourdieu und Foucault. Wiesbaden 2008.

  16. 16.

    Vgl. Markus Schwingel: Pierre Bourdieu zur Einführung. Hamburg 2005, S. 39.

  17. 17.

    Vgl. Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt/M. 1987, S. 49, 52.

  18. 18.

    Vgl. Bourdieu, Wacquant (1996), S. 26.

  19. 19.

    Vgl. Pierre Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt/M. 1976, S. 146ff.

  20. 20.

    Vgl. Bourdieu (1987), S. 52.

  21. 21.

    Vgl. ebd., S 49.

  22. 22.

    Vgl. Pierre Bourdieu: Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Frankfurt/M. 2001, S. 70-74.

    Der Originaltitel lautet Méditations pascaliennes. Dem deutschen Titel fehlt die für Bourdieu sehr wichtige Facette des Pascal-Bezuges (wichtig zum Beispiel für die Rolle des Körpers und das Konzept der symbolischen Macht).

  23. 23.

    Vgl. Schwingel (2005), S. 58-60; Bourdieu, Wacquant (1996), S. 154.

    Bourdieu wollte seine Überlegungen nie als geschlossene Theorie verstanden wissen und seine einzelnen Konzeptionen nie als statische Begriffe. Allerdings hängen all seine Konzeptionen derart stark zusammen, dass es schwierig (und meines Erachtens auch nicht unbedingt notwendig) ist, die Formulierung ‚Theorie‘ zu vermeiden. Zudem: Paradoxerweise hängt Bourdieus Bekanntheit vor allem an Überlegungen, die Begriffscharakter tragen (Habitus, symbolische Macht usw.).

  24. 24.

    Vgl. Schwingel (2005), S. 76f.

  25. 25.

    Pierre Bourdieu: Der Habitus als Vermittlung zwischen Struktur und Praxis. In: Soziologie der symbolischen Formen. Frankfurt/M. 1970, S. 125-158.

  26. 26.

    Bourdieu (1976), S. 164.

  27. 27.

    Ebd., S. 148.

  28. 28.

    Vgl. Schwingel (2005), S. 60.

  29. 29.

    Bourdieu, Wacquant (1996), S. 154.

  30. 30.

    Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Frankfurt/M. 1976, S. 207f.

  31. 31.

    Foucault (1976), S. 209.

  32. 32.

    Ebd., S. 176.

  33. 33.

    Bourdieu (2001), S. 181.

  34. 34.

    Kajetzke (2008), S. 76.

  35. 35.

    Vgl. ebd., S. 76f.

  36. 36.

    Bourdieu, Wacquant (1996), S. 203.

  37. 37.

    Wenn Bourdieu den Ausdruck ‚unbewusst‘ (oder das Unbewusste/Unbewusstsein) verwendet, so meint er das im Normalfall nicht im psychoanalytischen Verständnis. Der Habitus besteht und agiert unbewusst im Sinne von ‚unbemerkt‘, ‚immer schon vergessen‘. Er ist nicht mit Triebenergie besetzt. Vgl. Jean Laplanche, Jean-Bertrand Pontalis: Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt/M. 2009, S. 562 ff.

  38. 38.

    Bourdieu (2001), S. 181.

  39. 39.

    Bourdieus Formulierung suggeriert, es ginge bei Foucault schlicht um Unterdrückung. Das zweite Kapitel des zweiten Teils der vorliegenden Arbeit zeigt, dass es bei Foucaults Disziplinartechnologie ebenso wenig um reine Repression geht, wie bei Bourdieus symbolischer Gewalt. Außerdem spricht Foucault zur Zeit seiner Analyse der Disziplinarmacht noch gar nicht von Herrschaft (vgl. in der vorliegenden Arbeit S. 303f.), geschweige denn, dass er je eine Herrschaftstheorie entwickelt hätte. Er analysiert hier lediglich das Funktionieren der modernen Macht. Von Foucaults späteren Differenzierungen scheint Bourdieu nie Notiz genommen zu haben. Die oben zitierte Einschätzung stammt aus dem Jahr 1992 – ein Zeitpunkt, zu dem genug Material vorlag, das zu einer treffenderen Sichtweise hätte verhelfen können.

  40. 40.

    Vgl. Schwingel (2005), S. 69f.

    Schwingel formuliert zunächst in diese Richtung, zeigt aber dann, dass Bourdieu die Habitus durchaus mit generativer Kraft ausstattet. Effi Böhlke stellt tendenziell die Strukturierung der Habitus von außen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, auch wenn sie die Bedeutung des Konzeptes der symbolischen Macht (das mit dem Habitusbegriff verbunden ist) für linkes, an gesellschaftlichen Veränderungen interessiertes, Denken herausstellt. Vgl. Effi Böhlke: Das Konzept der symbolischen Macht oder: (Wie) ist nach Bourdieu Autonomie möglich? In: Bourdieu und die Linke. Politik – Ökonomie – Kultur, hrsg. von Effi Böhlke und Rainer Rilling. Berlin 2007, S. 63-77, insbesondere S. 75-77.

  41. 41.

    Bourdieu, Wacquant (1996), S. 154.

  42. 42.

    Vgl. zum Beispiel Max Miller: Systematisch verzerrte Legitimationsdiskurse. Einige kritische Überlegungen zu Bourdieus Habitustheorie. In: Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis. Beiträge zur Auseinandersetzung mit Bourdieus Klassentheorie, hrsg. von Klaus Eder. Frankfurt/M. 1989, S. 191-220, insbesondere S. 202.

  43. 43.

    Michel Foucault: Dispositive der Macht. Berlin 1978, S. 196.

  44. 44.

    Vgl, Menke (2003), S. 288f.

  45. 45.

    Vgl. Menke (2003), S. 283-285.

  46. 46.

    Foucault (2005), Nr. 326: Zur Genealogie der Ethik: Ein Überblick über die laufende Arbeit. Frankfurt/M. 2005, S. 489.

  47. 47.

    Vgl. Michel Foucault: Hermeneutik des Subjekts. Frankfurt/M. 2004, S. 404-406.

  48. 48.

    Vgl. Bourdieu (1976), S. 182; Bourdieu (1987), S. 117.

  49. 49.

    Philippe Fritsch: Einführung. In: Pierre Bourdieu: Das politische Feld. Zur Kritik der politischen Vernunft. Konstanz 2001a, S. 17. Weiterhin zitiert als ‚Fritsch (2001a)‘.

  50. 50.

    Pierre Bourdieu: Soziologische Fragen. Frankfurt/M. 1993, S. 63.

  51. 51.

    Pierre Bourdieu: Sozialer Raum und ‚Klassen‘. Leçon sur la leçon. Zwei Vorlesungen. Frankfurt/M. 1985, S. 30.

  52. 52.

    Bourdieu (2001), S. 220.

  53. 53.

    Ebd.

  54. 54.

    Ebd., S. 231.

  55. 55.

    Vgl. Foucault (2005), Nr. 306: Subjekt und Macht, S. 275.

  56. 56.

    Vgl. Martin Saar: Nachwort: Die Form des Lebens. Künste und Techniken des Selbst beim späten Foucault. In: Michel Foucault: Ästhetik der Existenz. Schriften zur Lebenskunst, hrsg. von Daniel Defert und Franjois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Lagrange. Frankfurt/M. 2007, S. 331.

  57. 57.

    Foucault (2005), Nr. 293: Freundschaft als Lebensform, S. 203f.

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Trebbin, A. (2013). Einleitung. In: Zur Komplementarität des Denkens. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03209-8_1

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