Die Verletzung von Rechten des Geistigen Eigentums begründet – genau wie Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht – Ansprüche der Betroffenen. Die Gewährung derartiger Ansprüche soll insbesondere sicherstellen, dass Verletzungen zukünftig nicht mehr erfolgen und eventuell entstandene Schäden ausgeglichen werden.

16.1 Aktivlegitimation

AktivlegitimationFootnote 1 ist die Befugnis einer Person, ein bestimmtes Recht geltend zu machen. Dabei geht es um die Frage, wer gegen die Verletzung von Rechten des Geistigen Eigentums bzw. gegen Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht vorgehen darf.

Beispiel

Wenn eine neue Hochschule die Bezeichnung „VOM“ im geschäftlichen Verkehr verwendet, so begründet dies eine Markenverletzung, da Verwechslungsgefahr mit der Marke „FOM“ besteht. Betroffen sind davon neben der FOM selbst auch die angesprochenen Studenten, da sie gegebenenfalls die beiden Hochschulen verwechseln, aber auch sonstige Wettbewerber, da die neue Hochschule „VOM“ durch die Markenverletzung eventuell schneller bekannt wird und mehr Studenten anzieht, als sie das ohne die Markenverletzung geschafft hätte. Man könnte auch argumentieren, dass die Allgemeinheit betroffen ist, da hier ein Verstoß gegen geltendes Recht, also gegen die allgemeine Rechtsordnung erfolgt. Hier muss der Gesetzgeber über die Aktivlegitimation regeln, wer gegen die Markenverletzung vorgehen darf.

16.1.1 Aktivlegitimation im Bereich des Geistigen Eigentums

Im Bereich des Geistigen Eigentums ist der jeweilige Inhaber des verletzten Rechts aktivlegitimiert. Der Inhaber hat das größte Interesse, die Verletzung zu beenden, da sein Recht betroffen ist und bei ihm unmittelbar ein eventueller Schaden eintritt. Wettbewerber des Rechteinhabers, Verbraucher, denen durch eine Markenverletzung die Zuordnung von Waren und Dienstleistungen zu dem jeweils dazugehörigen Unternehmen erschwert wurde, und die Allgemeinheit sind hingegen nur in geringerem Maße und indirekter betroffen. Ihnen gewährt das Gesetz keine Aktivlegitimation. Sie haben nicht das Recht, gegen eine Rechtsverletzung vorzugehen. Dadurch soll verhindert werden, dass zu viele Prozesse um die gleiche Sache geführt werden oder auch Fälle ohne große Bedeutung verfolgt werden. Im Zweifel kann der Rechteinhaber selbst am besten entscheiden, ob es sich um eine relevante und verfolgungswürdige Verletzung handelt oder nicht. Die Beschränkung der Aktivlegitimation auf den Rechteinhaber ist deshalb pragmatisch und dient der Prozessökonomie . Die Klage einer Person, die nicht aktiv legitimiert ist, wird als unbegründet abgewiesen.Footnote 2

Beispiel

Allein die FOM Hochschule hat deshalb das Recht, Ansprüche gegen die Bezeichnung „VOM“ geltend zu machen. Sie ist unmittelbar betroffen und deshalb aktivlegitimiert. Die Studenten, sonstige Hochschulen und die Allgemeinheit sind nicht aktivlegitimiert. Sie können gegen die Markenverletzung nicht vorgehen.

Neben dem Rechteinhaber ist auch der Inhaber einer ausschließlichen Patentlizenz aktivlegitimiert, soweit dies nicht im Lizenzvertrag ausgeschlossen ist.Footnote 3 Das Gleiche gilt für den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an einem Urheberrecht.Footnote 4 Der Inhaber einer Markenlizenz ist hingegen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Markeninhabers befugt, gegen Markenverletzungen vorzugehen.Footnote 5

16.1.2 Aktivlegitimation im Bereich des Lauterkeitsrechts

Im Bereich des Lauterkeitsrechts ist der Kreis der Anspruchsberechtigten weiter gefasst. Neben den Mitbewerbern des unlauter HandelndenFootnote 6 sind auch rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, Footnote 7 qualifizierte Einrichtungen im Sinne des UnterlassungsklagengesetzesFootnote 8 sowie Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern Footnote 9 aktivlegitimiert.

16.1.2.1 Mitbewerber

Der Begriff des Mitbewerbers ist im Gesetz definiert. Mitbewerber ist jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.Footnote 10 Auch der Begriff des Unternehmers ist im Gesetz definiert. Unternehmer ist jede natürliche oder juristische Personen, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt.Footnote 11

Nicht gesetzlich definiert ist das konkrete Wettbewerbsverhältnis. Die Rechtsprechung definiert das konkrete Wettbewerbsverhältnis in der Weise, dass entweder die beteiligten Unternehmen die gleichen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchenFootnote 12 oder diese auf demselben sachlichen, räumlichen und zeitlich relevanten Markt tätig sind.Footnote 13 Letztlich hat das immer zur Konsequenz, dass zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen versucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselbeziehung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert wird und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann.Footnote 14

Beispiel

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis liegt zum Beispiel zwischen dem Anbieter eines iPads und dem Anbieter eines herkömmlichen Computers vor. Zwar handelt es sich um sehr unterschiedliche Geräte. Kunden, die sich ein iPad kaufen, verzichten aber gegebenenfalls auf den Erwerb eines herkömmlichen Computers, da man mit dem Gerät nicht nur unterwegs, sondern auch am Schreibtisch arbeiten kann. Umgekehrt gilt das Gleiche. Der Erwerber eines herkömmlichen Computers mag auf die Anschaffung eines iPads verzichten, da er vielleicht nur selten unterwegs einen Computer benötigt.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis liegt hingegen zwischen dem Anbieter eines iPad und dem Anbieter eines Fahrrades nicht vor. Zwar können beide Produkte auch der Unterhaltung und der Freizeitgestaltung dienen. Letztlich handelt es sich aber um unterschiedliche Märkte. Der Kunde, der ein iPad gekauft hat, würde deshalb nicht auf den Kauf eines Fahrrades verzichten. Selbst wenn ihm die finanziellen Mittel fehlen sollten, um beide Produkte zu erwerben, begründet dies kein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Ein Wettbewerb um die Kaufkraft des Kunden reicht hierfür nicht aus.Footnote 15

16.1.2.2 Rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen

Auch rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen sind aktivlegitimiert.Footnote 16 Dies ist wichtig, weil eventuell im Einzelfall ein Wettbewerber aus verschiedenen Gründen kein Interesse daran hat, gegen den Wettbewerbsverstoß eines anderen Wettbewerbers vorzugehen. Da die Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen aber auch im Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb liegt, ist es sinnvoll, dass Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen in solchen Fällen tätig werden können.Footnote 17

Beispiel

Als im Januar 1993 das Vielfliegerprogramm „Miles and More“ von der Lufthansa gestartet wurde, stellte es einen Verstoß gegen das damalige Lauterkeitsrecht dar. Damals war die Preisgestaltung noch durch Gesetze wie das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung streng reglementiert. Es wurde jedoch von keinem Wettbewerber angegriffen, da alle ein Interesse daran hatten, ähnliche Kundenbindungsprogramme aufzusetzen. Allerdings wurde es auch von keinem Verband angegriffen. Eventuell war damals bereits allen Beteiligten klar, dass die Reglementierung der Preisgestaltung durch das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung lange überholt waren und kurzfristig abgeschafft werden würden.

In der Vergangenheit wurde die Aktivlegitimation von Verbänden aber auch ausgenutzt und missbraucht. Es bildeten sich so genannte „Abmahnvereine“, denen es nicht um den Schutz des Wettbewerbs, sondern um die Ausnutzung von Wettbewerbsverstößen zur Generierung von Abmahngebühren ging. Aus diesem Grunde müssen die Verbände jetzt beispielsweise nachweisen, dass ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

Beispiel

Ein seriöser Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen ist zum Beispiel die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. aus Bad Homburg.Footnote 18

16.1.2.3 Qualifizierte Einrichtungen

Um bei grenzüberschreitenden Verstößen innerhalb der EU eine Unterlassungsklage auch in dem Mitgliedstaat erheben zu können, in dessen Hoheitsgebiet der Verstoß seinen Ursprung hat, sind auch Verbände aktivlegitimiert, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ihren Sitz haben und dort in einer offiziellen Liste qualifizierter Einrichtungen geführt werden.Footnote 19

16.1.2.4 Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern

Der Vollständigkeit halber nennt das Gesetz auch noch die Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern, die ebenfalls in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen aktivlegitimiert sind.Footnote 20

16.1.2.5 Verbraucher

Nicht im Gesetz genannt sind die Verbraucher. Sie sind nicht aktivlegitimiert. Sie können nicht gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen und Verstöße gegen das UWG rügen. Das Gesetz geht davon aus, dass dies nicht erforderlich ist, da die Einhaltung der Vorschriften des Lauterkeitsrechts von den Mitbewerbern und Verbänden sehr effektiv überwacht werden kann. Aus diesem Grunde gibt es auch keine allgemeine Behörde zur Überwachung des Lauterkeitsrechts.

Verbraucher haben allerdings Mängelgewährleistungsrechte , wenn für Produkte irreführend geworben wurde. Ein Sachmangel liegt nämlich auch dann vor, wenn für eine Sache in der Werbung Beschaffenheitsangaben gemacht wurden, die tatsächlich nicht gegeben sind.Footnote 21

Beispiel

Sollte der Springer Gabler-Verlag damit werben, dass dieses Lehrbuch unter anderem auch die Bezüge zum brasilianischen Recht des Geistigen Eigentums erläutert, kann der Käufer sich darauf berufen, dass das Buch einen Sachmangel hat, da dies tatsächlich nicht der Fall ist. Der Kunde könnte Wandlung oder Minderung verlangen. Er könnte aber nicht den Verlag auf Unterlassung der irreführenden Werbung in Anspruch nehmen. Das könnte nur ein Mitbewerber, wie zum Beispiel der C. H. Beck-Verlag oder ein entsprechend qualifizierter Verband, wie die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V.

Abbildung 16.1 zeigt eine Übersicht über die Aktivlegitimation

Abb. 16.1
figure 1

Übersicht über die Aktivlegitimation

16.2 Passivlegitimation

Die Passivlegitimation beschreibt die Stellung einer Person als Schuldner eines Anspruches. Dabei geht es um die Frage, gegen wen Ansprüche wegen Verletzung von Rechten des Geistigen Eigentums bzw. Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht geltend gemacht werden dürfen.

16.2.1 Täter

Beispiel

Wenn eine Zeitung die irreführende Anzeige eines Werbenden abgedruckt, stellt sich die Frage, ob neben dem Werbenden auch die Zeitung verantwortlich ist. Hier muss der Gesetzgeber über die Passivlegitimation regeln, wer in Anspruch genommen werden kann.

Als Täter verantwortlich ist in jedem Falle derjenige, der den objektiven Tatbestand der Zuwiderhandlung bzw. Rechtsverletzung verwirklicht.Footnote 22 Das ist in diesem Fall der Werbende.

16.2.2 Teilnehmer

Mitgewirkt an der Verletzung haben aber auch Dritte, ohne die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht entstanden wäre, wie zum Beispiel die Zeitung. Bei einer streng kausalen Betrachtung würde dann aber auch der Hersteller der Stifte verantwortlich sein, ohne den das Logo nicht hätte entworfen werden können. Deshalb wird die Verantwortlichkeit mittels Prüfungspflichten eingeschränkt. Dabei wird im Einzelfall auf die Funktion des Handelnden insbesondere im Verhältnis zu der Eigenverantwortung des unmittelbar handelnden Verletzers geschaut.Footnote 23 Der Zeitung, die von ihrem Kunden den Auftrag zur Veröffentlichung einer Werbeanzeige erhält, wird man keine Pflicht zur Prüfung der wettbewerbsrechtlichen Unbedenklichkeit der Anzeige auferlegen können. Sie wird sich im Zweifel darauf verlassen können, dass dies von dem Werbenden bzw. deren Rechtsanwälten geprüft wird. Es ist auch nicht die Aufgabe der Zeitung, Wettbewerbsverstöße zu verhindern. Anders wäre dies allenfalls, wenn der Verstoß offensichtlich ist.

Beispiel

Wenn in der Zeitung berichtet wird, dass das Landgericht Hamburg einem Unternehmen eine bestimmte Werbung untersagt hat und die Zeitung in der gleichen Ausgabe, in der dieser Bericht erscheint, eben diese Werbung erneut abdruckt – und zwar nicht als Illustration zu dem Artikel über das Gerichtsverfahren, sondern unabhängig davon als selbständige Werbeanzeige – dann kommt auch ein Vorgehen gegen die Zeitung in Betracht.

16.2.3 Unternehmensinhaber

Unternehmen können nicht selbst handeln. Sie werden durch ihre gesetzlichen Vertreter, in der Regel ihre Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder, gesetzlich vertreten. Diese gesetzlichen Vertreter sind aber nicht die einzigen Personen, die tatsächlich für ein Unternehmen handeln. Das sind häufig auch Mitarbeiter und Beauftragte . In der Praxis könnte die Unternehmensleitung deshalb auf die Idee kommen, sich von rechtsverletzendem bzw. wettbewerbswidrigem Verhalten ihrer Mitarbeiter zu distanzieren, um die Haftung des Unternehmens zu vermeiden.

Beispiel

Ein Mineralölhersteller wirbt irreführend mit der unzutreffenden Aussage, der Liter Super-Benzin koste bei ihm zehn Cent weniger als bei einem bestimmten Wettbewerber. Vor Gericht behauptet der Geschäftsführer, es täte ihm sehr leid, aber er habe diese Werbekampagne nicht autorisiert. Tatsächlich habe er von ihr gar nichts gewusst. Offenbar muss der Leiter seiner Werbeabteilung eigenmächtig und seine Kompetenzen überschreitend diese Werbekampagne in Auftrag gegeben und geschaltet haben. Tatsächlich kann er dies auch beweisen. Der Wettbewerber möge sich deshalb an seinen Mitarbeiter halten.

Wäre der geschädigte Mitbewerber tatsächlich darauf beschränkt, gegen den handelnden Mitarbeiter vorzugehen, würde dies seinen Rechtsschutz deutlich einschränken. Zum einen wäre ein möglicher Unterlassungsanspruch relativ leicht dadurch zu umgehen, dass zukünftig ein anderer Mitarbeiter derartige Werbekampagnen betreut und die Entscheidungen trifft. Zum anderen können eventuelle Schadensersatzansprüche häufig gegen einzelne Mitarbeiter nicht mit vergleichbarem Erfolg vollstreckt werden, da diese nicht über das erforderliche Vermögen verfügen. Das Gesetz sieht deshalb eine Erfolgshaftung des Unternehmensinhabers für den Unterlassungsanspruch und den Beseitigungsanspruch vor.Footnote 24 Lediglich im Patentgesetz fehlt eine derartige Zurechnungsnorm. Der Unternehmensinhaber haftet für Patentverstöße seiner Mitarbeiter deshalb nur, wenn er diese selbst veranlasst hat oder ihn ein Organisationsverschulden trifft, beispielsweise weil er seine Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß angeleitet und überwacht hat.Footnote 25

Den Mitarbeitern sind Beauftragte des Unternehmers gleichgestellt. Beauftragter ist jeder, der, ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines Rechtsverhältnisses tätig ist. Er muss in die betriebliche Organisation so eingegliedert sein, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zugutekommt, andererseits der Unternehmensinhaber einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit hat, er diese also verhindern könnte.

Beispiel

Selbständige Handelsvertreter und Vertragshändler Footnote 26 sind derart in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert, dass sie als Beauftragte gelten. Selbständige Händler im Verhältnis zu Großhändlern oder Lieferanten sind hingegen diesen gegenüber so unabhängig, dass sie nicht als Beauftragte gelten.Footnote 27 Sie haften lediglich allein für eventuelle Verstöße.

Abbildung 16.2 zeigt eine Übersicht über die Passivlegitimation.

Abb. 16.2
figure 2

Übersicht über die Passivlegitimation

16.3 Vorlage und Besichtigung

Häufig ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Schutzrechtsverletzung vorliegt. Der Verletzte kann jedoch den letzten Beweis nicht erbringen und würde deshalb in einem eventuellen Gerichtsverfahren unterliegen.

Beispiel

Der Hersteller einer Faxkarte stellt fest, dass, nachdem einer seiner Mitarbeiter zu einem Wettbewerber gewechselt ist, dieser Wettbewerber ein Wettbewerbsprodukt anbietet, das in mehrfacher Hinsicht identisch erscheint. Beispielsweise sind die verwendeten Softwaredateien gleich lang bzw. gleich groß. Der Quellcode liegt jedoch nicht vor, so dass letzte Sicherheit bezüglich der Verletzung eigener Urheberrechte an dem Programm nicht besteht. Diese kann nur durch Vorlage des Quellcodes erreicht werden.Footnote 28

In einer solchen Situation wäre es unverhältnismäßig, das Geheimhaltungsinteresse des mutmaßlichen Verletzers höher zu bewerten als das Aufklärungsinteresse des mutmaßlich Verletzten. Deshalb besteht ein Anspruch auf Vorlage und Besichtigung, wenn eine Verletzung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegt und es erforderlich ist, zur Begründung von Ansprüchen die Besichtigung einer Sache oder Vorlage von Urkunden zu verlangen. Der Anspruch kann sich auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen erstrecken. Es ist jedoch in jedem Einzelfall die Verhältnismäßigkeit dieses weit gehenden Eingriffs in die Sphäre des – bislang nur mutmaßlichen – Verletzers zu prüfen.Footnote 29

Im Bereich des Lauterkeitsrechts ist der Anspruch auf Vorlage und Besichtigung nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich jedoch aus den allgemeinen Vorschriften des BGB.Footnote 30 Das Interesse an Vorlage und Besichtigung kann sich hier insbesondere ergeben, wenn Produkte möglicherweise unter Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen hergestellt worden sein könnten.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den Quellcode der Faxkarte TCM 2001 vorzulegen.

16.4 Unterlassung

Normalerweise versucht man, mit einem Anspruch die Gegenseite zu einer Handlung zu bewegen, beispielsweise der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages oder der Herausgabe einer Sache. Bei Verletzungen der Rechte des Geistigen Eigentums und bei Wettbewerbsverstößen ist der wichtigste und dringlichste Anspruch aber in der Regel der Anspruch auf zukünftige Unterlassung der Verletzung. Der Inhaber der verletzten Rechte bzw. der Mitbewerber möchte den Verletzungszustand so schnell wie möglich beendet sehen. Diesem Zweck dient der gesetzliche Unterlassungsanspruch.Footnote 31

16.4.1 Ordnungsmittel

Sofern die Gegenseite diesem Anspruch nicht freiwillig nachkommt, ist ein Gerichtsverfahren erforderlich. Kommt die Gegenseite der gerichtlichen Entscheidung immer noch nicht nach, kann diese vollstreckt werden. Die Vollstreckung einer Zahlungsklage ist relativ einfach durch die Pfändung von Kontoguthaben oder Barbeständen durch einen Gerichtsvollzieher umzusetzen. Die geforderte Unterlassung einer Verletzung kann jedoch nicht unmittelbar durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden. Es hilft dem Verletzten nicht, wenn der Gerichtsvollzieher die Verletzung unterlässt. Auch kann man den Verletzer nicht mit Gewalt daran hindern, weiterhin in einer bestimmten Art und Weise zu werben. Deshalb sieht das Gesetz Ordnungsmittel vor. Dem Verletzer wird für den Fall, dass er die Verletzungshandlung nicht unterlässt, angedroht, dass er ein Ordnungsgeld zahlen muss, das laut Gesetz bis zu 250.000,00 € betragen darf. Falls die Zahlung nicht erfolgt oder weiterhin verstoßen wird, kann eine Ordnungshaft von maximal sechs Monaten verhängt werden. Dadurch soll der Verletzer angehalten werden, sich zukünftig rechtstreu zu verhalten.Footnote 32

Bei einem erstmaligen Verstoß gegen ein Unterlassungsurteil werden in der Regel vom Gericht Ordnungsgelder von bis zu ca. 10.000 € verhängt. Unterlässt der Verletzer die untersagte Handlung trotzdem nicht, wird das Ordnungsgeld sehr schnell erhöht. Sofern auch das nicht zur Einstellung der Verletzung führt, wird vom Gericht Ordnungshaft angeordnet. Handelt es sich bei dem Verletzer um eine Gesellschaft, ist die Ordnungshaft am Geschäftsführer zu vollstrecken. Das im Klageantrag bzw. im Tenor des Urteils genannte Ordnungsgeld von „bis zu 250.000,00 €“ stellt lediglich den maximalen Betrag dar, der auch nur fällig wird, wenn tatsächlich gegen das Unterlassungsgebot verstoßen wird. Dies wird in der Presse häufig falsch dargestellt. Dort heißt es dann „Der Beklagte wurde verurteilt, die Marke zukünftig nicht mehr zu verwenden, 250.000,00 € Ordnungsgeld zu zahlen und eine Haftstrafe von sechs Monaten abzuleisten.“ Das ist nicht zutreffend. Im Urteil wird lediglich angedroht, dass für den Fall der erneuten Verletzung ein Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft verhängt werden kann.

16.4.2 Wiederholungsgefahr

Der Verletzte muss bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches allerdings nachweisen, dass der Gegner tatsächlich ein Recht des Geistigen Eigentums verletzt hat bzw. einen Wettbewerbsverstoß begangen hat. Sofern dieser Nachweis geführt werden kann, wird davon ausgegangen, dass auch zukünftig weitere gleichartige Verstöße zu befürchten sind. Es liegt folglich eine Wiederholungsgefahr vor.

16.4.3 Verschulden

Ein Verschulden des Verletzers ist nicht erforderlich. Selbst wenn er keine Kenntnis von der Existenz der verletzten Marke hatte und ihm auch diesbezüglich keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, ist er dennoch zur zukünftigen Unterlassung verpflichtet.

16.4.4 Begehungsgefahr

In der Praxis kommt es aber auch vor, dass der Mitbewerber bzw. Inhaber der Schutzrechte bereits vor der tatsächlichen Verletzung Kenntnis davon erhält, dass sein Mitbewerber eine entsprechende Verletzungshandlung vorbereitet und plant.

Beispiel

In einem Zeitungsinterview kündigt der Gründer der VOM Hochschule an, dass er diese im nächsten Jahr eröffnen wird, die Hochschule unter der Bezeichnung „VOM“ geführt werden soll und dass er sich diese Bezeichnung bereits als Marke hat registrieren lassen.

Es wäre unverhältnismäßig, dem Markeninhaber (hier der FOM) in einer solchen Situation keinen vorbeugenden Rechtsschutz zu gewähren und ihn darauf zu verweisen, zunächst die erste tatsächliche Verletzung abzuwarten. Der Unterlassungsanspruch kann deshalb auch schon dann geltend gemacht werden, wenn eine Erstbegehungsgefahr besteht.Footnote 33

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die BezeichnungVOMim geschäftlichen Verkehr zu verwenden.

16.5 Beseitigung

Häufig reicht die zukünftige Unterlassung der Verletzung nicht aus, um den Verletzungszustand vollständig auszuräumen, weil die ursprüngliche Verletzung fortwirkt. In diesen Fällen muss zusätzlich die ursprüngliche Störung beseitigt werden.

Beispiel

Hat ein Energieunternehmen seinen Kunden zu Unrecht mitgeteilt, in der Nichtkündigung liege die Zustimmung zu den neuen (höheren) Preisen, liegt hierin eine Irreführung, die durch ein Berichtigungsschreiben zu beseitigen ist.Footnote 34

Auch dieser Anspruch wird für die Verletzung sämtlicher Schutzrechte oder Wettbewerbsverstöße gewährt.Footnote 35 Das Verschulden des Verletzers ist auch bei diesem Anspruch nicht erforderlich.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, alle ihre Kunden erneut anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass die im letzten Schreiben erwähnte Zustimmung zu den neuen Preisen nicht automatisch eintritt, sondern gemäß § 12 des zugrunde liegenden Vertrages einer ausdrücklichen Zustimmung bedarf.

16.6 Urteilsbekanntmachung

Diesem Zweck dient auch das Recht auf Veröffentlichung eines in einem Klageverfahren ergangenen Urteils.Footnote 36 Das wird in der Regel zu Gunsten des Schutzrechtsinhabers erfolgen, kann aber auch zu Gunsten des Beklagten erfolgen, wenn die Klage abgewiesen wird. Die Bekanntmachung muss innerhalb von drei Monaten erfolgen, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist. Sie erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Klageverfahren unterliegt. Voraussetzung ist ein berechtigtes Interesse desjenigen, der die Veröffentlichung fordert. Dabei geht es nicht um eine Bloßstellung der Gegenseite, sondern um eine Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes durch Information der Öffentlichkeit. Das wird bei Patentprozessen häufig nicht einschlägig sein, da derartige Prozesse die allgemeine Öffentlichkeit nur selten interessieren.Footnote 37

Beispiel

Die FOM Hochschule hat gegebenenfalls ein berechtigtes Interesse, nach Abschluss des Klageverfahrens gegen die VOM Hochschule öffentlich bekannt zu geben, dass gerichtlich festgestellt wurde, dass es sich hierbei um eine Markenverletzung handelt, um der Öffentlichkeit und den potentiellen Kunden mitzuteilen, dass es sich bei der VOM eben nicht um die FOM handelt.

Das Gleiche gilt für eine eventuelle irreführende Werbung. Hat die VOM unzutreffenderweise damit geworben, dass bei ihr jeder Student garantiert seinen Abschluss mit der Note 1,0 machen wird, so besteht ein berechtigtes Interesse daran, die Öffentlichkeit auch darüber zu informieren, dass dies nicht zutreffend ist.

Das Verschulden des Verletzers ist auch bei diesem Anspruch nicht erforderlich.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, das Urteil auf ihre Kosten in allen bundesweit erscheinenden Tageszeitungen unter der RubrikBildung und Wissenschaftin normaler Schriftgröße zu veröffentlichen.

16.7 Vernichtung

Um sicherzugehen, dass weitere Verletzungshandlungen nicht erfolgen, kann der Verletzte im Bereich des Geistigen Eigentums auch Vernichtungsansprüche geltend machen. Er kann verlangen, dass die bereits produzierten und noch im Besitz des Verletzers befindlichen Verletzungsgegenstände vernichtet werden.Footnote 38 Außerdem kann er die Vernichtung der Maschinen verlangen, die vorwiegend zur Herstellung der verletzenden Erzeugnisse gedient haben.Footnote 39 Der Vernichtungsanspruch besteht nicht, wenn dies im Einzelfall unverhältnismäßig wäre.Footnote 40

Beispiel

Der Hersteller eines markenverletzenden Produktes kann sich darauf berufen, dass die Vernichtung hochwertiger Maschinen unverhältnismäßig wäre, wenn die Markenverletzung auch durch Entfernung der betroffenen Marke von den Maschinen ausgeschlossen werden kann. Allein die Tatsache, dass die Vernichtung mit erheblichen materiellen Einbußen für den Verletzer verbunden ist, führt hingegen nicht zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit. Das ist das Risiko des Markenverletzers.

Im Lauterkeitsrechts besteht kein entsprechender Vernichtungsanspruch, auch nicht für bereits hergestellte wettbewerbswidrig nachgeahmte Produkte. Die Herstellung selbst ist noch nicht unlauter.Footnote 41 Das ändert aber natürlich nichts daran, dass diese Produkte nicht mehr vertrieben werden dürfen. Dies verhindert bereits der Unterlassungsanspruch.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz befindlichen, mit der unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassende Bezeichnung) genannten Bezeichnung versehenen Produkte an einen von der Klägerin zu bestimmenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.

16.8 Rückruf

Sofern zu befürchten ist, dass sich noch schutzrechtsverletzende Produkte bei Händlern und Vertriebspartnern des Verletzers befinden, kann der Verletzte einen Anspruch auf Rückruf geltend machen.Footnote 42 Auch der Anspruch auf Rückruf besteht nur im Recht des Geistigen Eigentums, nicht im Lauterkeitsrecht.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Produkte, die mit der unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassende Bezeichnung) genannten Bezeichnung versehen sind, von ihren Vertriebspartnern zurückzurufen und an einen von der Klägerin zu bestimmenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.

16.9 Schadensersatz

Häufig entsteht durch die Verletzung eines Schutzrechts ein Schaden für den Schutzrechtsinhaber.

Beispiel

Durch die markenverletzende Verwendung der Bezeichnung „VOM Hochschule“ sind der FOM Hochschule eventuell Einnahmen entgangen, da potentielle Studenten irregeführt wurden und sich bei der VOM Hochschule im Glauben daran eingeschrieben haben, es handele sich um die bekannte FOM Hochschule.

16.9.1 Verschulden

Dieser Anspruch ist allerdings verschuldensabhängig.Footnote 43 Der Verletzer ist nur zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.Footnote 44

Beispiel

Die „VOM Hochschule“ hat ihre Bezeichnung gewählt, ohne eine vorherige Recherche nach eventuell bereits bestehenden identischen oder ähnlichen Marken durchzuführen. Sie hätte bei einer einfachen Internetrecherche auf den Seiten des Deutschen Patent- und Markenamtes bzw. des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt entsprechende Marken der FOM Hochschule gefunden. Die Unterlassung einer solchen Recherche ist fahrlässig.Footnote 45 Die Markenverletzung war also schuldhaft. Die Hochschule ist zum Schadensersatz verpflichtet.

Vor der Markteinführung eines neuen Produktes ist deshalb zur Vermeidung von Schutzrechtsverletzungen und insbesondere daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen sowie Kosten der Produktumstellung sehr sorgfältig zu recherchieren, ob eventuell Marken, Patente oder sonstige Schutzrechte des Geistigen Eigentums existieren, die dem neuen Produkt bzw. seiner Bezeichnung und Gestaltung entgegenstehen könnten.

Eine Markenrecherche erfordert beispielsweise nicht nur die Recherche nach identischen Marken in Markenregister, sondern muss sich auch auf ähnliche Marken sowie nicht eingetragene Benutzungsmarken beziehen.Footnote 46 Darüber hinaus ist eine Marktbeobachtung zum Beispiel durch Beachtung von Fachausstellungen, Katalogen, Fachzeitschriften etc. vorzunehmen.Footnote 47 Das Gleiche gilt für Patentrecherchen, und auch dann, wenn etwaige Patentverletzungen nur mit einem beträchtlichen Aufwand festgestellt werden können.Footnote 48 Bei Schwierigkeiten der rechtlichen Beurteilung ist ein Rechtsanwalt einzuschalten.Footnote 49 Die Vorlage eines die Unbedenklichkeit bestätigenden Gutachtens eines Rechtsanwalts allein reicht jedoch nicht aus. Bei zweifelhafter Rechtslage trägt der Verletzer das Risiko. Er muss eine abweichende Einschätzung durch das Gericht in Betracht ziehen.Footnote 50 Ein Rechtsirrtum kann nur dann entschuldigt sein, wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen ist.Footnote 51

16.9.2 Schadensberechnung

Der Verletzte kann den ihm unmittelbar entstandenen Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns ersetzt verlangen.Footnote 52 Der Schaden berechnet sich aus der Differenz der Vermögenslage nach Eintritt der Verletzung und dem fiktiven Zustand, in dem sich der Verletzte befände, wäre die Verletzung nicht erfolgt. Das klingt nach einer einfachen Rechenaufgabe. In der Praxis ist die Berechnung des Schadensersatzanspruches jedoch häufig schwierig.

16.9.2.1 Entgangener Gewinn

Am naheliegendsten ist zunächst die Geltendmachung des durch die Verletzung eingetretenen eigenen Verlustes, in der Regel der entgangene Gewinn.

Beispiel

Auf die Behauptung, durch die markenverletzende Verwendung der Bezeichnung „VOM Hochschule“ seien der FOM Hochschule eventuell Einnahmen entgangen, da potentielle Studenten irregeführt wurden und sich bei der VOM Hochschule im Glauben daran eingeschrieben haben, es handele sich um die bekannte FOM Hochschule, würde die VOM Hochschule im Zweifel erwidern, dass dies konkret bewiesen werden müsse. Auf die Vorlage von rückläufigen Studentenzahlen würde die VOM Hochschule gegebenenfalls erwidern, dass dies viele Gründe haben könne. So sei eventuell der Gesamtmarkt rückläufig, oder aber das aktuelle Angebot der FOM Hochschule weniger attraktiv als das der Wettbewerber. Letztlich gelänge der FOM Hochschule nur dann der Nachweis eines konkreten Schadens, wenn einzelne Studenten aussagen, sie wollten eigentlich zur FOM, seien aber durch die Bezeichnung „VOM“ irregeführt worden und deshalb jetzt leider versehentlich dort mitten im Studium, das sie auch nicht mehr abbrechen möchten. Derartige Aussagen wird man in der Praxis kaum bekommen. Außerdem ist es oft unangemessen, die eigenen Kunden in derartige Rechtsstreitigkeiten hineinzuziehen.

Aus diesem Grunde stehen dem Verletzten drei verschiedene Methoden der Schadensberechnung bei der Verletzung von Rechten des Geistigen Eigentums zur Verfügung. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann der Schaden auf der Grundlage einer fiktiven Lizenzgebühr berechnet werden. Das wäre der fiktive Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte zahlen müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des Schutzrechtes eingeholt hätte.Footnote 53

16.9.2.2 Verletzergewinn

Auch die Berechnung des Verletzergewinns ist in der Praxis nicht einfach. Zu berechnen ist der Gewinn, den der Verletzer durch die Schutzrechtsverletzung erzielt hat. Das erfordert in einem ersten Schritt die Feststellung, welcher Teil des mit einem Produkt erzielten Gewinns tatsächlich auf der Schutzrechtsverletzung beruht.Footnote 54 Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verletzergewinn in vollem Umfang auf der Schutzrechtsverletzung beruht.Footnote 55 Es muss daher geschätzt werden, welcher Teil des erzielten Gewinns auf der Benutzung des Schutzrechts beruht.

Beispiel

Ein Hersteller vertreibt einen seit längerer Zeit bekannten Getränketräger. Bei der neuesten Ausführung ist eine Detailverbesserung enthalten, die das Patent eines Wettbewerbers verletzt. Im Rahmen der Schätzung des Verletzergewinns ist festzustellen, wie sehr die Kaufentscheidung durch die Verbesserung verursacht oder mit verursacht wurde.Footnote 56

In einem zweiten Schritt sind von den Erlösen des Verletzers dessen für die Herstellung des rechtsverletzenden Produktes aufgewendeten Kosten abzuziehen. Der Verletzer darf jedoch nicht seine Gemeinkosten, die in jedem Fall entstanden wären, abziehen, sondern nur die variablen Kosten, die allein für die Herstellung des schutzrechtsverletzenden Produktes aufgewendet wurden. Anderenfalls hätte die Schutzrechtsverletzung für ihn immer noch den Vorteil gehabt, dass sie einen Beitrag zur Deckung der Gemeinkosten geleistet hätte.Footnote 57

Beispiel

Der Verletzer kann bei der Berechnung seines Gewinns nicht die GeschäftsführergehälterFootnote 58 oder die anteilige Miete für sowieso genutzte Räumlichkeiten abziehen.

Berücksichtigt werden können jedoch Einkaufs-, Material- und Vertriebskosten, die dem betroffenen Produkt unmittelbar zugerechnet werden können,Footnote 59 sowie Löhne und Gehälter für diejenigen Personen, die ausschließlich dazu eingestellt wurden, die verletzenden Produkte zu entwickeln oder zu fertigen.Footnote 60

16.9.2.3 Lizenzanalogie

Diese Berechnungsmethode beruht auf der Überlegung, dass der Verletzer nicht besser als derjenige stehen soll, der beim Schutzrechtsinhaber ordnungsgemäß um eine Lizenz nachgefragt hat.Footnote 61 Da es sich um eine fiktive Lizenzgebühr handelt, kommt es nicht darauf an, ob der Schutzrechtsinhaber tatsächlich eine Lizenz erteilt hätte.Footnote 62 Die Berechnung basiert auf der hypothetischen Annahme, was vernünftige Vertragsparteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages vereinbart hätten, wenn sie die künftige Entwicklung sowie den Umfang der Rechtsverletzung vorhergesehen hätten.Footnote 63

Beispiel

Zu berücksichtigende Anhaltspunkte bei der Ermittlung eines angemessenen Lizenzsatzes sind

  • ob die Parteien schon zuvor Lizenzgebühren vereinbart hatten,Footnote 64

  • die Lizenzgebühren, die Dritte für das Produkt zahlen,Footnote 65

  • die Lizenzgebühren, die für vergleichbare Produkte zwischen anderen Parteien vereinbart wurden,Footnote 66

  • allgemein branchenübliche Lizenzsätze,Footnote 67

  • aufgelaufene ZinsenFootnote 68 und

  • ein Verletzerzuschlag, um zu vermeiden, dass der Verletzer gegenüber einem vertraglichen Lizenznehmer ungerechtfertigt bessergestellt wird.Footnote 69

In der Regel liegen die so ermittelten Lizenzsätze zwischen 0,33 % (für markenverletzende Bekleidungsstücke)Footnote 70 und 12,5 % für die Verwendung einer Prestigemarke auf Billiguhren).Footnote 71

16.9.2.4 Wahlrecht

Der Verletzte hat das alleinige Wahlrecht bezüglich der anzuwendenden Berechnungsmethode. Er entscheidet, ob es für ihn einfacher bzw. günstiger ist, den eigenen entgangenen Gewinn nachzuweisen, den Verletzergewinn zu berechnen oder aber eine fiktive Lizenzgebühr zu berechnen. Insbesondere muss er sich hierauf zunächst nicht festlegen, sondern kann ganz allgemein die Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangen und sich später nach eingehender Prüfung für eine der Berechnungsmethoden entscheiden.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

„Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, welcher dieser durch Handlungen gemäß Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassene Handlung) entstanden ist oder noch entstehen wird.“

16.9.3 Besonderheiten des Schadensersatzanspruchs im Lauterkeitsrecht

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sieht anders als die jeweiligen Gesetze im Bereich des Geistigen Eigentums keine ausdrückliche Regelung für die Berechnung des Schadensersatzes und insbesondere nicht die dreifache Schadensberechnung vor. Es verbleibt deshalb für die Ansprüche gegen unlautere geschäftliche Handlungen grundsätzlich dabei, dass der Betroffene einen eventuell entstandenen eigenen Schaden nachweisen muss.Footnote 72

Beispiel

Wirbt ein Wettbewerber irreführend, muss der Mitbewerber, der Ansprüche geltend macht, konkret darlegen, dass ihm daraus ein Schaden entstanden ist, zum Beispiel durch eigenen Umsatzrückgang, weil die irregeführten Kunden statt bei ihm jetzt bei dem irreführend werbenden Mitbewerber gekauft haben. Das ist in der Regel sehr schwierig. Deshalb wird in der Praxis häufig im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verzichtet, um den Gegner zumindest zur Abgabe einer Unterlassungserklärung zu bewegen.

Eine Ausnahme besteht allerdings für die Fälle des Schutzes von Geschäfts- und BetriebsgeheimnissenFootnote 73 (siehe Abschn. 15.12) sowie des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes.Footnote 74 Das ist auch nachvollziehbar, da es sich in diesen Fällen nicht nur um ein unlauteres Handeln des Wettbewerbers, sondern auch ganz konkret um einen Eingriff in geschützte Leistungen des betroffenen Wettbewerbers handelt. An dieser Stelle wird die Schnittstelle zwischen dem Recht des Geistigen Eigentums und dem Lauterkeitsrecht sehr deutlich. Zwar sind Know-how des Unternehmers sowie Produkte mit wettbewerblicher Eigenart nicht wie Erfindungen oder schöpferische Gestaltungen als Geistiges Eigentum geschützt. Der lauterkeitsrechtliche Schutz nähert sie jedoch dem Geistigen Eigentum an.

Eine weitere Ausnahme stellt der Gewinnabschöpfungsanspruch dar.Footnote 75 Er wurde eingeführt, weil gerade im Lauterkeitsrecht häufig der eigene Schaden des Wettbewerbers, der gegen den Verstoß vorgeht, kaum nachweisbar ist und gleichzeitig häufig eine Vielzahl von Verbrauchern geschädigt wird. Der Verletzer macht also gegebenenfalls einen hohen Gewinn durch seine Verletzungshandlung, ohne dass dies durch einen entsprechenden Schadensersatzanspruch ausgeglichen werden kann. In diesen Fällen kann der Gewinn, den ein vorsätzlich handelnder Wettbewerber mit derartigen Verstößen erzielt, abgeschöpft werden. Geltend machen können diesen Anspruch allerdings nicht die Mitbewerber des Verletzers und auch nicht die geschädigten Verbraucher, die im Lauterkeitsrecht sowieso nicht anspruchsberechtigt sind, sondern lediglich rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen,Footnote 76 qualifizierte EinrichtungenFootnote 77 sowie die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern.Footnote 78

Beispiel

Versendet ein Unternehmen Rechnungsschreiben, die den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Adressat sei zur Zahlung des ausgewiesenen Rechnungsbetrages verpflichtet, entstehen bei den so Geschädigten lediglich Schäden in kleiner Höhe. Der Unternehmer macht mit dieser unlauteren geschäftlichen Handlung jedoch einen hohen Gewinn, da er die Beträge von sehr vielen Geschädigten erhält. Zwar erhalten die Geschädigten die jeweiligen Beträge nicht zurück. Die Gewinnabschöpfung wirkt aber präventiv, da sich der Verstoß für den Handelnden nicht mehr lohnt.Footnote 79

16.10 Auskunft

16.10.1 Allgemeiner Auskunftsanspruch

Es gibt keine allgemeine Auskunftspflicht.Footnote 80 Durch die Verletzung von Rechten des Geistigen Eigentums oder unlauteres Verhalten entstehen jedoch zwischen dem Verletzer und dem Verletzten gesetzliche Schuldverhältnisse. Ähnlich wie bei vertraglichen Schuldverhältnissen sind die Parteien eines solchen Schuldverhältnisses ganz allgemein verpflichtet, sich nicht unfair oder unangemessen zu verhalten und der Gegenseite keinen unnötigen Schaden zuzufügen.Footnote 81 Deshalb gilt der allgemeine Grundsatz, dass eine Auskunftspflicht besteht, wenn der Berechtigte über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und die erforderlichen Informationen auch nicht selbst beschaffen kann, der Verpflichtete dies aber ohne größere Probleme leisten kann.Footnote 82

Das ist typischerweise bei Schadensersatzansprüchen der Fall. Um den Schadensersatz berechnen zu können, ist der Verletzte auch auf Informationen aus der Sphäre des Verletzers angewiesen. Den Gewinn des Verletzers beispielsweise kann der Verletzte nur berechnen, wenn ihm dieser entsprechende Zahlen vorlegt. Da der allgemeine Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruches dient und deshalb von diesem abhängt, setzt auch er Verschulden des Verletzers voraus.

Der Auskunftsanspruch umfasst nicht die Informationen, die erforderlich sind, um überhaupt erst feststellen zu können, ob eine Rechtsverletzung vorliegt. Das wäre eine unzulässige Ausforschung . Erst wenn der Anspruchsteller darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, muss der Verletzer an der Beseitigung des Schadens durch Auskunftserteilung mitwirken.Footnote 83

Nach der Erteilung der Auskunft kann der Verletzte errechnen, welchen Gewinn der Verletzer durch die Verletzungshandlung generieren konnte und auf welcher Umsatzgrundlage gegebenenfalls eine fiktive Lizenzgebühr errechnet werden könnte. Damit hat er die erforderlichen Informationen, um zu entscheiden, auf welcher Basis er den geltend zu machenden Schadensersatzanspruch berechnen möchte bzw. ob es sich überhaupt lohnt, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte im Falle einer Markenverletzung im Internet wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang des unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassene Handlung) genannten Verstoßes, und zwar unter Vorlage einer geordneten Aufstellung, aus der Art, Umfang und Dauer der Verletzungen hervorgehen, insbesondere

  1. 1.

    der Zeitraum, in dem die Anzeigen geschaltet wurden,

  2. 2.

    die Internetseiten, auf denen die Anzeigen geschaltet wurden,

  3. 3.

    die Anzahl der Klicks, welche die Anzeigen jeweils generiert haben,

  4. 4.

    die Art und die Anzahl der dadurch generierten Verkäufe,

  5. 5.

    die durch diese Verkäufe generierten Umsätze sowie

  6. 6.

    den hierdurch erzielten Gewinn, wobei die Gemeinkosten nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise den Schutzrechtsverletzungen eindeutig zugerechnet werden können.

Der Auskunftsanspruch ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn bei einer relativ leichten Verletzung ein unverhältnismäßig hoher Arbeitsaufwand des Auskunftspflichtigen entstünde,Footnote 84 die Auskunft in dem Umfang gar nicht erforderlich oder geeignet ist, um den Schadensersatzanspruch des Geschädigten zu berechnenFootnote 85 oder wenn Geheimhaltungsinteressen verletzt werden könnten.Footnote 86

Beispiel

Die Herausgabe von sensiblen Kundendaten kann verweigert werden, wenn die Nachteile dieser Auskunft außer Verhältnis zum Wert der Auskunft für den Verletzten stünden.Footnote 87

Das Geheimhaltungsproblem kann in der Praxis häufig dadurch gelöst werden, dass ein Wirtschaftsprüfervorbehalt aufgenommen wird. Das bedeutet, dass die Angaben lediglich einem zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitgeteilt werden und dieser nur die zur Schadensberechnung unbedingt erforderlichen Informationen aus der ihm erteilten Auskunft herausfiltert.

16.10.2 Anspruch auf Auskunft über und durch Dritte

Unabhängig von dem allgemeinen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruches gegen den Verletzer gewähren die jeweiligen Gesetze im Bereich des Geistigen Eigentums außerdem weitergehende Ansprüche auf Auskunft bezüglich der Herkunft und dem Vertriebsweg der schutzrechtsverletzenden Ware.Footnote 88 Der Schutzrechtsinhaber soll dadurch in die Lage versetzt werden, weitere Verletzungen in der Lieferkette aufzudecken und zu verfolgen. Diese Regelungen sind durch das Produktpirateriegesetz eingeführt worden. Gerade im Bereich der Produktpiraterie ist es besonders wichtig, umfassend gegen die gesamte Verletzerkette vorzugehen. Da es hierbei auch nicht in erster Linie um die Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches, sondern um die Verhinderung weiterer Verletzungen geht, ist dieser Anspruch auf Drittauskunft anders als der allgemeine Auskunftsanspruch unabhängig von einem Verschulden des Verletzers.Footnote 89

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte im Falle einer Patentverletzung wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang des unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassene Handlung) genannten Verstoßes, und zwar unter Angabe

  1. 1.

    der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

  2. 2.

    der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -Zeiten, -Preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

  3. 3.

    der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger.

Außerdem hat der Schutzrechtinhaber auch einen selbständigen Auskunftsanspruch gegenüber Dritten, wenn es sich um eine offensichtliche Rechtsverletzung handelt oder gegen den eigentlichen Verletzer bereits Klage erhoben worden ist.Footnote 90 Diese Voraussetzung soll den Anspruch auf Auskunft durch Dritte auf solche Fälle beschränken, die so eindeutig sind, dass eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausgeschlossen erscheint. Außerdem soll der Dritte davon entlastet werden, selbst aufwändige Prüfungen anzustellen, ob wirklich eine Rechtsverletzung vorliegt.Footnote 91 Als Dritte in Anspruch genommen werden können Personen, die gewerblich handeln und

  • rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatten,

  • rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch genommen haben,

  • für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachten oder

  • nach Angaben Dritter an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solche Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt waren.

Mit diesen Ansprüchen auf Auskunft über und durch Dritte ist es dem Schutzrechtsinhaber möglich, weitere Beteiligte an der Rechtsverletzung zu identifizieren und auch gegen diese entsprechende Auskunftsansprüche geltend zu machen. Dadurch kann die gesamte Lieferkette offengelegt und verfolgt werden.

16.10.3 Besonderheiten des Auskunftsanspruchs im Lauterkeitsrechts

Da es im Lauterkeitsrechts die dreifache Schadensberechnung nur in den Fällen des Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gibt, wird auch nur in diesen Fällen ein vergleichbar weitgehender Auskunftsanspruch gewährt. Nur in diesen und vergleichbaren Fällen, wie zum Beispiel der Rufausbeutung bzw. -beeinträchtigung oder der Verbreitung geschäftsschädigender Äußerungen steht dem betroffenen Wettbewerber auch ein Anspruch auf Drittauskunft zu.Footnote 92 In allen anderen Fällen wird der Auskunftsanspruch deshalb lediglich in beschränktem Umfang geltend gemacht.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassene Handlung) genannte Wettbewerbshandlung begangen wurde, und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunktes, des Orts und der Anzahl der Werbemaßnahmen.

16.11 Rechnungslegung

Rechnungslegung ist eine gesteigerte Form der Auskunft.Footnote 93 Sie umfasst über die bloße Auskunft hinaus die Vorlage einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltenen Rechnung und entsprechende Belege.Footnote 94 Sie soll den Verletzten in den Stand versetzen, die Richtigkeit der Auskunft im Detail nachzuvollziehen. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Rechnungslegung ist, wie beim allgemeinen Auskunftsanspruch, der allgemeine Grundsatz, dass sich auch die Parteien eines gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht unfair oder unangemessen verhalten und der Gegenseite keinen unnötigen Schaden zufügen dürfen.Footnote 95 Soweit dies verhältnismäßig ist, dürfen deshalb bei Verstößen sowohl gegen Schutzrechte des Geistigen Eigentums als auch gegen das Lauterkeitsrecht Ansprüche auf Rechnungslegung geltend gemacht werden.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte im Falle einer Patentverletzung wie folgt lauten:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art und Umfang des unter Ziffer I (Verweis auf die zu unterlassene Handlung) genannten Verstoßes, und zwar unter Angabe…

16.12 Kostenerstattung

Der Verletzte hat immer auch einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verletzer. Sowohl die Kosten für eine (berechtigte) AbmahnungFootnote 96 als auch die Kosten für ein (zulässiges und begründetes) GerichtsverfahrenFootnote 97 sind vom Verletzer zu erstatten.

Beispiel

Ein entsprechender Klageantrag bzw. eine entsprechende Formulierung in einem Urteil könnte wie folgt lauten:

„Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen.“

Der Kostenerstattungsanspruch ist immer beschränkt auf die Rechtsanwaltsgebühren, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)Footnote 98 vorgesehen sind. Auch wenn es in der Praxis sinnvoll ist, einen spezialisierten Rechtsanwalt einzuschalten, der in der Regel nach Zeitaufwand und damit häufig mehr als nach RVG vorgesehen abrechnet, können Im Rahmen des Kostenerstattungsanspruches nur die gesetzlichen Gebühren geltend gemacht werden.