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Mikroanalyse unternehmerischen Handelns. Rational Choice und empirische Psychologie als Grundlagen unternehmerischer Handlungstheorien

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Unternehmerisches Handeln und gesellschaftliche Entwicklung
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Zusammenfassung

In diesem Kapitel werden die Antriebskräfte, Motive und Entscheidungsverfahren von Unternehmern untersucht. Dieser Gegenstandsbereich wurde als das „Fundamentalproblem“, als „wichtigste Frage“ der WiSo-Fakultäten bewertet, die interdisziplinär im Grenzbereich von Ökonomie, Soziologie und Psychologie zu behandeln sei (Moxter 1964, S. 8; Baumol 1968; Bidlingmaier 1973, S. 39 ff; Albert 1968, S. 362; Tietzel 1985, S. 37 ff, 138; Hofmann 1968, S. 172). Obwohl diese hohe Einstufung der Relevanz des Themas fragwürdig ist, erklärt sie die Vielzahl der Untersuchungen zum Unternehmerverhalten. Die Mehrzahl der Untersuchungen kreisen zumindest implizit immer wieder um die Frage nach dem Anteil subjektiver und objektiver Anreize unternehmerischer Aktivität.

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Notes

  1. 1.

    Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die Beschäftigung mit den Elementen des Marktmodells vielen soziologischen Theoretikern und Intellektuellen als zu banal erscheint. Das Folgeproblem dieser Überheblichkeit und Betriebsblindheit ist, dass die Unkenntnis im Rechnen (Marktmodell) auch die höhere Mathematik (Gesellschaftstheorie) beeinträchtigt. Die Unkenntnis des Marktmodells und seiner Implikationen ist m. E. eine Hauptursache der Begeisterung vieler Intellektueller für die planwirtschaftliche oder „gesellschaftliche“ Wirtschaftslenkung und ihrer weltfremden Kapitalismuskritik. Diese Weltfremdheit resultiert dann in Äußerungen von der Qualität, die Vereinigung Deutschlands sei fatal in Ermangelung „eines Gedankens nur mittels der DM“ erfolgt (G. Grass).

  2. 2.

    Die Konzeption Gary Beckers ist nicht so neu wie er meint. Das Rationalmodell der Mikroökonomie und des M. I. ist auch älter als die Nationalökonomie der schottischen Moralphilosophie, es lässt sich mindestens bis in die Anfänge des englischen Empirismus zurückverfolgen. Die Annahmen der Erkenntnistheorie Thomas Hobbes (1978) sind identisch mit der Konzeption Beckers und des Rationalmodells generell. Im ersten Kapitel des „Leviathan“ führt Hobbes aus, dass alle Menschen die „Gegenstände“ völlig gleich empfinden und beurteilen. Der Gegenstand übt von selbst seinen Reiz und seine Wirkung auf den Menschen aus, alle Menschen streben gleichermaßen nach Lust und haben dieselben Bedürfnisse. Menschliche Erkenntnis ist ausschließlich abhängig von äußeren Erfahrungen, Denken ist nur das Sortieren von sinnlichen Gegenständen.

  3. 3.

    Man kann sich die unternehmerische Rolle sowohl als Determinante als auch als Konsequenz hoher Leistungsmotivation vorstellen. McClelland untersucht nur den zweiten Faktor, obwohl der Erste mindestens gleichbedeutend ist.

  4. 4.

    Im Hinblick auf Schichten, Klassen und Ethnien: Rosen et al. 1969; Rosen 1963, S. 341 ff; Rosen und D’Andrade 1969, S. 55 ff; Rosen 1969, S. 131 ff; Heckhausen 1965, S. 688; Vontobel 1970, S. 107 ff; Stückmann 1968, S. 9 ff. Im Hinblick auf Ethnien, Rassen und Völker: Dederichs 1980; LeVine 1966; Lerner 1971; Hagen 1962; McClelland und Winter 1969; Dittmann 1973.

  5. 5.

    In den Werken Webers findet man verschiedenste Erklärungen der okzidentalen kapitalistischen und der orientalen gesellschaftlichen Entwicklung. An manchen Stellen unterscheidet Weber zwischen materiellen und spirituellen Entwicklungen. Seine Erklärung des Untergangs der römischen Antike ist z. B. eindeutig der historisch-materialistischen Methode verpflichtet. In seiner Religionssoziologie aber sind seine Erklärungen sozialer Entwicklung der Weltgesellschaft eindeutig durch mentale, religiöse und kognitive Faktoren bestimmt.

  6. 6.

    Im Anschluss an Parsons versuchte ein Großteil der amerikanischen Soziologie nach dem Zweiten Weltkrieg mindestens bis in die sechziger Jahre nahezu alle gesellschaftlichen Entwicklungen, insbesondere die Faktoren der westlichen Gesellschaftsentwicklung und der Probleme der Entwicklungsländer aus bestimmten Normen und Werten zu erklären (Hoselitz 1969, 1978; Hagen 1968, 1971, 1962; Parsons und Smelser 1972). Immer dann, wenn man meinte, objektive Erklärungen reichten nicht aus, griff man ganz einfach zum eher nebulösen Konzept der Werte, nach dem Motto: Fehlendes Kapital kann die Unterentwicklung nicht erklären, also liegt es an den Wertvorstellungen. Einen Beweis wird man dafür kaum finden. Weite Strecken der soziologischen Literatur sind von diesem Voluntarismus durchsetzt. So erklärte Gerschenkron (1956, S. 140 ff) die schwache kapitalistische Entwicklung Russlands im 19. Jahrhundert aus der Ächtung der Unternehmertätigkeit und die gegenüber England retardierte Entwicklung des französischen Kapitalismus aus der Familientradition französischer Unternehmen. So wird gelegentlich der unterschiedliche Entwicklungsstand Japans zu China und anderen asiatischen Ländern mit der unterschiedlichen Wertschätzung unternehmerischer Tätigkeit erklärt (Tietzel 1985, S. 62; Rexhausen 1962, S. 33). Braun (1968, S. 254 ff) und Redlich (1964) erklären nach gleichem Schema die niedrige Entwicklung des ancien régime aus der Verpönung der Unternehmertätigkeit. In England wurde den gen. Autoren zufolge die niedrige Wertschätzung des Unternehmers durch die PR-Arbeit der Royal Society beseitigt – ein Tatbestand, der angeblich das Wirtschaftswachstum im 18. Jahrhundert erklären soll. Erklärungen dieser Art scheinen Ursachen mit Wirkungen zu verwechseln. Es ist einfach nicht zu glauben, dass normative Prozesse die prima causa der sozialen Entwicklung sind. Normative Erklärungen dieser Art erscheinen eher als Verdunkelungsmanöver, die die Vielschichtigkeit des Problems reduzieren.

  7. 7.

    Bendix (1960) hat die Unternehmerideologien in verschiedenen Ländern seit der Industrialisierung untersucht. Laut Bendix betrachteten die Unternehmer der europäischen Industrialisierung die Arbeiter als „unmündige Kinder“, denen die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung abginge. Nach Bendix glaubte die amerikanische Bourgeoisie in weiten Kreisen mindestens bis zur Partnerschaftsbewegung in den zwanziger Jahren, „Armut sei eine Folge verschiedener Charakterfehler wie Mangel an Intelligenz, Arbeitsamkeit und Sparwilligkeit“. Ohne Zweifel werden solche Standpunkte auch heute noch häufig vertreten. Zur Eliteforschung vgl. Felber 1986; Lenski 1977; Zapf 1965.

  8. 8.

    Im WS 1989/90 und auch in den Semestern zuvor bekam jeder zweite Bewerber für ein Zahnmedizinstudium einen Platz. Auch mit ungünstigen Abiturnoten kann ein Bewerber nach einer dreimaligen Bewerbung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit rechnen, einen Platz zu erhalten, der ihm ein hohes Zukunftseinkommen garantiert (240.000 DM Jahreseinkommen). Demzufolge ist die vor diesem Hintergrund betrachtete niedrige Präferenz für derart lukrative Studiengänge sowohl aus einer fehlenden Motivation und Information weiter Kreise der Bevölkerung und nicht aus objektiven Restriktionen zu erklären. Wenn die Bevölkerung im Sinne des Rationalmodells durch volle Information und konsequente Nutzenmaximierung gekennzeichnet wäre, wäre der Run auf derartige Profitmöglichkeiten auch im Sinne der Spieltheorie größer. Demzufolge ist davon auszugehen, dass in breitesten Kreisen der Bevölkerung ganz einfach die Informationen über Möglichkeiten und Verfahren von Mobilitätschancen fehlen und folglich auch die entsprechenden Motivationen nicht entwickelt werden, um die Leitern zu steigen. Demzufolge sind weite Kreise der Bevölkerung weder über derartige Mobilitätschancen informiert noch an ihnen entsprechend interessiert. Arbeiterfamilien glauben in einem geringeren Maße als Mittelschichtfamilien, dass Karriereberufe (z. B. Zahnarzt) im Horizont ihrer Möglichkeiten liegen, obwohl es ersichtlich keine irgendwie ausschlaggebenden materiellen Klassenrestriktionen gibt. Die These geht dahin, dass dieser Glaube (Informationen) stärker die Faktoren sozialer Immobilität erklärt als die materielle Lage z. B. im Sinne des Bourdieu’schen Kapitalbegriffs. In diesem Sinne gilt die Redeweise von den subjektiven Kräften sozialer Mobilität, die den Monopolanspruch objektiver Faktoren ablehnt.

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Oesterdiekhoff, G. (2013). Mikroanalyse unternehmerischen Handelns. Rational Choice und empirische Psychologie als Grundlagen unternehmerischer Handlungstheorien. In: Unternehmerisches Handeln und gesellschaftliche Entwicklung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02386-7_4

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  • Print ISBN: 978-3-658-02385-0

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