Zusammenfassung
Viele Großunternehmen und öffentliche Verwaltungen, die aufgrund von Restrukturierungen Stellen abbauen, verzichten auf Entlassungen auf den externen Arbeitsmarkt. Sie versuchen die Beschäftigten auf anderen Stellen des internen Arbeitsmarkts weiter zu beschäftigen. In Deutschland bilden dafür Abteilungenzur internen Personalvermittlung die organisatorische Grundlage. Ihre Methoden und Instrumente sind die gleichen, die auch in der Arbeitsmarktpolitik auf dem externen Arbeitsmarkt zur Anwendung kommen: Personalvermittlungsabteilungen (PVA) beraten und qualifizieren Beschäftigte, sie organisieren Praktika im internen Arbeitsmarkt, sie zahlen Lohnkostenzuschüsse an die Bereiche des Unternehmens, in die ihre Beschäftigten vermittelt werden sollen. Dieser Instrumentenmix macht deutlich, dass die Arbeit von PVA in weiten Teilen spiegelbildlich zur Agentur für Arbeit auf dem externen Arbeitsmarkt gesehen werden kann. Sie sind das „interne Arbeitsamt unseres Unternehmens“, wie eine Interviewpartnerin die Funktion der PVA in ihrem Unternehmen beschreibt.
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Notes
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Die Analyse von PVA nach Wirtschaftsbereichen stützt diesen Befund. Sie zeigt, dass PVA tendenziell in geschlossenen Beschäftigungssystemen zu finden sind: Schwerpunkte liegen in der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, etwa der Energieversorgung, staatlichen Kliniken oder vormals staatlichen Monopolunternehmen wie Bahn und Telekom. Ein weiterer Befund ist, dass 85% der Unternehmen und Verwaltungen mit PVA Beschäftigtengruppen haben, die auf einem sehr hohen Niveau vor Kündigung geschützt oder quasi unkündbar sind (Mühge/Kirsch 2012: 31).
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Ein weitere Akteursgruppe sind Betriebs- und Personalräte, die häufig eine Koalition mit dem PVA-Management bilden, wie in diesem Beitrag am Beispiel Schwedens gezeigt werden wird; ähnliche Konstellationen finden sich typischer Weise auch in deutschen PVA. Zur Rolle und Funktion von Betriebs- und Personalräten im Zusammenhang mit PVA siehe auch den Beitrag von Filipiak und Niewerth in diesem Band.
- 3.
Die nationalen qualitativen Daten des Projekts bestehen aus Fallstudien in zwei Universitätskliniken sowie Expertengesprächen mit Personalleitern, Beratern aus PVA, Betriebsräten/Personalräten und dem Management von Linienabteilungen in Großunternehmen der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung. In die qualitative Analyse mit einbezogenen wurden qualitative Daten aus dem Projekt WEGA – Wirksamkeit von Einrichtungen zur Gestaltung interner Arbeitsmärkte (Mitbestimmungsförderung der HBS), in dem acht Fallstudien über PVA durchgeführt worden sind.
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Mühge, G. (2013). Personalvermittlung auf internen Arbeitsmärkten im internationalen Vergleich: Deutschland, Japan und Schweden. In: Haipeter, T., Mühge, G., Schmierl, K., Struck, O. (eds) Berufliche Qualifikationen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02294-5_3
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