Zusammenfassung
Bereits die Terminologie, die den Gegenstand erfasst, regt zum Nachdenken an. Bevölkerungsschutz als politisch soufflierter Oberbegriff überspannt die verfassungsmäßigen Zustände der Katastrophe und des Verteidigungsfalles. Als System präsentiert sich der Katastrophenschutz (KatS) weitaus fragmentierter als vergleichbare Staatsorgane wie beispielsweise Polizei, Verfassungsschutz, Dienste oder Streitkräfte. Dafür müsste man Argumente finden, um Rechenschaft gegenüber den Bürgern abzulegen. Schließlich leben wir seit den Schlichtungsbemühungen, die zu Stuttgart 21 Plus führten, mit einer Wertsteigerung unserer politischen Ideale in der Ausbaustufe „Demokratie 21 Plus“. Damit einher geht eine Bürgerrolle, die weitergehende legitimatorische Grundlagen beansprucht. Wenn in Zukunft im Einsatz um eine Entscheidung gepokert wird, dann reicht es nicht mehr aus nur zu verkünden, wer gewonnen hat.
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Bereitstellung von ABC-Erkundern nach den Terroranschlägen in New York; LÜKEX-Szenarien aus dem KatS und die Vorbereitungen der Schadensabwehr für die Fußball-WM in Deutschland.
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Doch Nürnberg ging völlig leer aus. „… Fahrzeuge, die jedoch zunächst dem Sparwillen zum Opfer gefallen waren. Die jüngsten terroristischen Ereignisse ließen ein Umdenken einsetzen (…) die im Katastrophenfall zusammenarbeitenden Organisationen eine verheerende Bilanz der Katastrophenschutzeinrichtung gezogen. Veraltete Alarmeinrichtungen und Karten, museumsreife Fahrzeuge und Ausrüstungsgegenstände und fehlendes ausgebildetes Personal zeigten die desolate Situation auf, die nach Ende des Kalten Krieges und durch die Streichung der entsprechenden Bundes- und Landesmittel entstanden war.“ Dazu kommt der Protest des Leiters der Berufsfeuerwehr über die Vernachlässigung seiner Dienststelle bei der Vergabe. Zitiert nach: BBK, DokNr. 3066. In einer Quelle wird Otto Schily zitiert: „Bei Anschlägen mit biologischen und chemischen Kampfstoffen müssen Gefahrenherde schnell lokalisiert und eingegrenzt werden.“ Zitiert nach: BBK, DokNr. 3061. Der Krisenmanagementübung des Bundes 2010 lag „ein Szenario zugrunde, das vor dem Hintergrund einer terroristischen Bedrohung die Androhung und Durchführung von Anschlägen mit konventionellen Sprengstoffen, chemischen oder radioaktiven Tatmitteln vorsah.“ (Unger 2010:437). Am deutlichsten werden diese Überschneidungen in der amtlichen Begründung zum ZSKG, wo trotz entfallener Bedrohung Normen zur Aufrechterhaltung der Bundesaktivitäten neu fundiert wurden nach Kritik des Bundesrechnungshofes (Deutscher Bundestag 2008: 8).
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Securitization versucht zu verstehen, über welche Gegenstände (Bedrohungen) für wen, warum, mit welchen Ergebnissen und Bedingungen versicherheitlicht wird.
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Zur Erläuterung der Wesenseigentümlichkeiten wird expressis verbis die VS-NfD eingestufte Dienstvorschrift HDv 100/200: Das Führungssystem des Heeres, angeführt: Mitschke 1997: 91.
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Während die Führungsvorschrift des THW dies expressis verbis so bezeichnet (S. 9), bleiben der Vorschlag der SKK (S. 24) und die Ausgaben der Feuerwehren (hier Schleswig – Holstein: Dv 100 (SH) vom 20.10.2003, S. 21) eher vage und sprechen von politischer Gesamtverantwortung und einer darunter liegenden operativ-taktischen Komponente.
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Dies legt die Reminiszenz an die Vorstellungen Moltkes (1800-1891), Chef des deutschen Generalstabs (1858-1888), nahe, der die Einteilung von Clausewitz in Taktik und Strategie angesichts technologischer Fortschritte wie Eisenbahn um die operative Ebene erweitert hat. Nach: Vad 1998: 129.
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Alfred Graf von Schlieffen (* 28. Februar 1833; † 4. Januar 1913), Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabes und Namensgeber des Schlieffen-Planes. Um das Heer nach den Erfordernissen seines Plans umzugestalten, ließ er die schwere Artillerie feldfähig machen, Transporttruppen aufstellen sowie die Nachschubstrukturen verbessern. Dies beschreibt das Wesen der operativen Führung wie es hier auf die Katastrophenabwehr übertragen wird.
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Eine Aufstellung mit weitergehenden Differenzierungskriterien und zugehörigen Differenzen enthält Buchner 2008.
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Die sprachwissenschaftliche Granularität differenziert zwischen fein- bis grobkörnig: „Rolf ist ein Schwabe“ kann sowohl falsch als auch richtig sein. Grob gesprochen werden Württemberger mit Schwaben gleichgesetzt. Streng genommen zählen Heilbronner jedoch nicht dazu.
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Buchner, P. (2013). Wie Sicherheit die Schadensabwehr lenkt. In: Lange, HJ., Endreß, C., Wendekamm, M. (eds) Versicherheitlichung des Bevölkerungsschutzes. Studien zur Inneren Sicherheit, vol 15. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02200-6_9
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