Zusammenfassung
Für die Migrationsforschung ist Bauman interessant, weil seine radikale Kritik gesellschaftlicher Ordnungsmuster und ihrer beschädigenden Wirkungen sich auf Identitätsordnungen bezieht, die maßgeblich national konstruiert sind. Seine zentralen Bezugspunkte sind die historischen Gewaltpraktiken, wie sie im modernen Antisemitismus insbesondere im 20. Jahrhundert ausgeübt worden sind.
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„Eine emanzipierte Gesellschaft jedoch wäre kein Einheitsstaat, sondern die Verwirklichung des Allgemeinen in der Versöhnung der Differenzen“ (Adorno 1951, S. 130).
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„Die jüdischen Anstrengungen, das Deutschland, das sie liebten, für ein zivilisiertes, menschliches Zusammenleben etwas besser geeignet zu machen (…), wurden als eine subversive Tätigkeit angesehen, die drohte, die Integrität und Stärke der im Entstehen begriffenen nationalen Gemeinschaft zu untergraben“ (Bauman 1995, S. 158).
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„In Frankreich und Deutschland und in den deutschsprechenden Teilen der Donaumonarchie war die Tendenz zur ‚Sozialisation‘ bzw. ‚Selbst-Sozialisation‘ so stark, dass die Juden in ihrer Gesamtheit kulturell und sozial ununterscheidbar zu werden schienen“ (Bauman 1994, S. 74).
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Nachschrift von 1947 zu den 1944 geschriebenen „Elementen des Antisemitismus“ innerhalb der „Dialektik der Aufklärung“.
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„Doch erst mit der Entwicklung des transatlantischen Sklavenhandels entstand jene feste Verbindung aus Hautfarbe und Unterdrückung, die aus den Äthiopiern der Antike und Mohren des Mittelalters die Neger der Neuzeit machte und ihnen einen unteren Platz auf der Skala der Menschheit zuschrieb“ (Hund 2006, S. 24).
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„Der Holocaust ist ein legitimer Bewohner im Haus der Moderne. Er könnte in der Tat in keinem anderen je zu Hause sein“ (Bauman 1994, S. 31).
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So resümiert Michael Zimmermann seine Untersuchungen über den Massenmord an den ZigeunerInnen: „Der moderne Rassismus, der dem Mord ideologisch zugrunde lag, fand in Deutschland schon vor 1933 und nicht allein in der völkischen Rechten Zustimmung. Er stellte einen Diskurs zur Verfügung, mit dessen Hilfe das herkömmliche projektive Abwehrverhalten gegen Juden, Zigeuner und andere Gruppen zu einem relativ geschlossenen und vermeintlich wissenschaftlich fundierten Raster verdichtet wurde“ (Zimmermann 1996, S. 377). Zimmermann wertet die vermeintliche Wissenschaftlichkeit als „enthemmend wirkendes ideologisches Movens der Vernichtungspolitik“ (Zimmermann 1996, S. 379).
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Lexikalisch ist die Bezeichnung der ‚Vagabunden‘ verwandt mit den ‚Vaganten‘ des Hochmittelalters, die unterwegs waren zu Studienorten oder auf der Suche nach einer Anstellung. Sie suchten ihren Lebensunterhalt bei der lateinkundigen Bevölkerung, die sie mit ihrer ‚Vagantendichtung‘ unterhielten.
Literatur
Adorno, T. W. (1951). Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Agamben, G. (2002). Homo Sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bauman, Z. (1994). Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust (2. Aufl.). Hamburg: Europäische Verlagsanstalt.
Bauman, Z. (1995). Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit. Frankfurt a. M.: Fischer.
Bauman, Z. (1996). Glokalisierung oder: Was für die einen Globalisierung, ist für die anderen Lokalisierung. Das Argument, 38(5/6), 653–664.
Bauman, Z. (2005). Verworfenes Leben. Die Ausgegrenzten der Moderne. Bonn: bpb.
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Messerschmidt, A. (2015). Fremd machen. Zygmunt Baumans Retrospektionen moderner nationaler Zugehörigkeitsordnungen. In: Reuter, J., Mecheril, P. (eds) Schlüsselwerke der Migrationsforschung. Interkulturelle Studien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02116-0_13
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