Zusammenfassung
Im Fazit werden,mit Bezug zu den Verfahrensbewertungen (Kapitel 5), zunächst die Legitimationsleistung der drei Professionen – begutachtende Personen; Sachbearbeiter des ASD; verfahrensautonome Richter -je einzeln charakterisiert. An Hand dieser Charakteri-sierung wird sodann dargestellt, wann und in welchen Teilen der untersuchten Verfahren sich die Professionen dialogisch-diskursiv begegnen; wann und in welchen Abschnitten des Verfahrens eine Kindeswohlorientierung aus dem Blick gerät. Abschließend werden drei Generalisierung ausgeführt: (a) Kindeswohlorientierung ist kein ‚Privileg‛ einer der drei Verfahrensprofessionen; sie tritt stattdessen bei allen Professionen auf, kann aber auch bei allen aus dem Blick geraten; (b) Gutachten können dazu beitragen, die Kindeswohl-orientierung eines Verfahrens, in dem diese verloren zu gehen droht, zu bestärken; sie können aber auch Ursache dafür sein, dass sie gänzlich aus dem Blick gerät; (c) Im letzteren Falle wird erkennbar, dass der ASD sich entweder mit seiner Einschätzung nicht gegen die Mehrheitsmeinung (Richter und begutachtende Person) durchzusetzen vermag oder sich dieser Mehrheitsmeinung (in Teilen) anschließt.
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Unberechenbar werden Verfahrensbeistände dann z. B., wenn sie a) nicht in der Lage sind, fachlich zwischen Kindesinteresse und Kindeswohl sowie b) zwischen den Interessen der Eltern und der Kinder zu unterscheiden.
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Vorabprognosen über den Verlauf bei Gericht sind notwendig, sollten jedoch nicht das Handeln des ASD blockieren.
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Dazu zählen neben den Interviews mit Richtern und Sozialarbeitern deren Interpretation sowie darauf aufbauend die Profile beider Professionen. Hinzu kommen die Aktenevaluation, die Gutachtenanalyse und schließlich die Bewertung jedes einzelnen Verfahrens.
- 4.
Heinz Burghardt, Recht und Soziale Arbeit. Grundlagen für eine rechtsgebundene sozialpädagogische Fallarbeit; Weinheim und München, 2001.
- 5.
H. Burghardt; a. a. O., S. 116 f.
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Erneut sei darauf verwiesen, dass nur Richter und Mitarbeiter des ASD befragt wurden. Wenn hier also die Sachverständigengutachter in die Konfliktszenarien einbezogen werden, kommen diese nie selbst zu Wort. Sie ‚sprechen‘ lediglich aus den Erzählungen der Richter und Mitarbeiter des ASD.
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„Das kann man ja auch alles ein bisschen lernen“, fügt er hinzu und scheint doch zu resignieren: „Da gibt es zwar Kurse, die man an der Richterakademie (belegen) kann, aber das rauscht ja im Grunde genommen vorbei.“
Bestätigend heißt es bei Burghardt (S. 105): „Wie kommunikativ nach den Regeln der juristischen Kunst zu prozessieren ist, wird an der Universität nicht gelehrt.“
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Vermutlich auch in Ansehung einer möglichen späteren Beschwerde beim OLG.
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Auch die Zweideutigkeit dieser Interviewpassage, in der er einerseits zwar selbstkritisch fragt, ob sein Vorgehen rechtlich unzulässig gewesen sei, er andererseits die Beschwerde des ASD beim OLG als Ausdruck eines Beleidigtseins wertet, lässt sich nur schwer als generelle Geringschätzung des ASD-Status verstehen.
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Bestätigt werden diese Lösungsstrategien auch durch die mit den Richtern geführten Interviews.
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Dieses Verhaltensmuster hat allerdings zur Voraussetzung, dass der ASD auf hohem Niveau arbeitet. Wenn– wie in einem Fall geschehen – die Mitteilung an das Familiengericht mit der Anregung eines Sachgutachtens eröffnet, führt dies zu Irritation bei dem beteiligten Richter und zur harschen Kritik.
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Es hat eher den Anschein, dass beide Argumentationen zwei Seiten derselben Münze sind: beruflicher Werdegang und berufliche wie vorberufliche Sozialisation von Sozialarbeitern können dazu führen, dass sie mit der festen Überzeugung in ein Verfahren gehen, das Sorgerecht für die Kinder über die Prinzipien richterlicher Verfahrensautonomie zu stellen. Diesen Zusammenhang sieht einer der Richter vor allem dann gegeben, wenn es sich um Sozialarbeiter der sogenannten 68er-Generation handelt.
- 13.
Siehe Burghardt – S. 110 f.
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H. Burghardt 105 f.
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Den richterlichen Anteil bei einer additiven, monologisch-geschlossenen Legitimationsleistung wird bspw. in einem Interview wie folgt belegt. „Zumindest generell…. (lange Pause)…sollten diese drei Institutionen autonom arbeiten. Auch dieser Fall hier zeigt, dass sie es ja können, denn es gab ja durchaus unterschiedliche Einschätzungen. Fakt ist aber …, dass durch die Verzahnung in gewisser Weise den Institutionen etwas von ihrer Autonomie genommen wird – gerade auch, weil im Hintergrund oft zwischen diesen Institutionen Jugendamt bzw. Sozialdienst, Gericht und Sachverständigen informelle Gespräche laufen, die manchmal gar nicht in der Akte dokumentiert sind… und auch vielleicht nicht einmal unbedingt im Sinne der Verfahrensordnung sind, die ja doch eher eine Trennung dieser drei Bereiche vorsieht.“
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Dabei finden sie gelegentlich ‚Mitstreiter‘ in Verfahrensbeiständen, mit denen sie ein außergerichtliches Kontaktsystem sui generis schaffen. Andererseits hat die lange Bearbeitungszeit eines Gutachtens nicht selten zur Folge, dass die Ausgangsbedingungen, unter denen ein Gutachten bestellt wurde, sich zwischenzeitlich erheblich verändert haben können, so dass ihr Gutachten deutlich an Relevanz eingebüßt hat.
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H. Burghardt, a. a. O., S. 110.
- 18.
Siehe dazu die Ausführungen zu Rollenverständnis und Rollenkonflikt – Profil der Sozialarbeiter (§ 4.1).
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Dabei beklagen die mit diesen Fällen befassten Mitarbeiter des ASD in den mit ihnen geführten Interviews mehrfach, wie schwer es ihnen gefallen sei, den Richtern ihre Einschätzung zu vermitteln.
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Schneider, K., Toussaint, P., Cappenberg, M. (2014). Fazit und Konklusionen. In: Kindeswohl zwischen Jugendhilfe, Justiz und Gutachter. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01902-0_6
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