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Emotionsarbeit von Migrierten: Über das Potential der Integration emotions- und migrationssoziologischer Perspektiven

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Die Ambivalenz der Gefühle
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Zusammenfassung

Vielfach wird derzeit ein „emotional turn“ in den Sozialwissenschaften konstatiert. Innerhalb der deutschsprachigen Migrationssoziologie wurde die explizite Berücksichtigung von Emotionen jedoch bisher weitgehend vernachlässigt. Emotionen von Migrierten wurden bisher beinahe ausschließlich aus medizinisch-verhaltenswissenschaftlicher und primär pathologisierender Perspektive betrachtet. Die Soziologie der Emotionen erweitert nun diese Perspektiven, indem die generelle Funktion von Emotionen und ihr Einsatz in Interaktionen innerhalb des Migrationsprozesses beleuchtet werden.

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Notes

  1. 1.

    Im internationalen Rahmen hingegen existieren Forschungsarbeiten, welche die Wechselwirkungen zwischen dem Migrationsprozess und dem emotionalen Erleben auch aus soziologischer Perspektive beleuchten, hierzu ausführlich z. B. Wettergren in diesem Band; Svašek 2010; Lidqvist 2013. Das Interesse an diesen Prozessen wächst nach Wettergren kontinuierlich.

  2. 2.

    Gemäß dieser umfassenden Definition werden die Begriffe Emotionen und Gefühle im weiteren Verlauf synonym gebraucht.

  3. 3.

    So zeigt Katz’ Analyse des Autofahrens, dass dort ausgedrückten Emotionen der Wut Ursachen zugrunde liegen können, die aus anderen sozialen Kontexten herrühren (Katz 1999, S. 18 ff.). Das Gefühl, beim Autofahren „stinksauer“ zu sein, wird von Katz nicht ausschließlich als Möglichkeit des Spannungsabbaus in der Situation angesehen. Vielmehr wird dadurch letztlich eine neue Bedeutung der Situation konstruiert, die auch andere Kontexte von zuvor Erlebtem zu ihrer Bedeutungskonstitution heranzieht (Katz 1999, S. 24).

  4. 4.

    Wobei zu betonen gilt, dass die Grenzen von Kollektiven nicht notwendigerweise mit den Grenzen der Wissensordnungen übereinstimmen müssen (Amelina 2013, S. 143).

  5. 5.

    Auch Shott (1979) betont die Relevanz der Betrachtung der Konstruktion von Emotionen durch die Handelnden selbst. In Anlehnung an Blumer wird davon ausgegangen, dass über Kultur und Sprache vermittelte emotionale Gemeinsamkeiten existieren. Individuen haben jedoch die Möglichkeit, kreativ mit diesen Gemeinsamkeiten und Normierungen umzugehen sowie diese prozesshaft zu modifizieren. Kulturelle Aspekte beeinflussen menschliches Handeln nur insofern, als dass sie sich auf die Gestaltung der Situation auswirken: Sie bestimmen das Setting der Handlung und die zur Verfügung stehenden Symbole, aber sie determinieren nicht den gesamten Handlungsprozess (Blumer 1969).

  6. 6.

    Zu betonen ist, dass sich die Frage des Umgangs mit unterschiedlichen emotionalen Deutungsmustern grundsätzlich auch für die Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft stellt, die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit diesen jedoch vielfach aufgrund von ungleichen Machtrelationen nicht in der gleichen Vehemenz gegeben ist. Eine stärkere Definition als Einwanderungsgesellschaft könnte dahingehend jedoch Veränderungen mit sich bringen.

  7. 7.

    Der Name der Interviewperson wurde anonymisiert und alle Angaben, die zu einer Identifizierung der Person führen könnten, wurden verfremdet.

  8. 8.

    Hochschild (1979, S. 566) benennt in diesem Zusammenhang framing rules als relevant und bezeichnet damit Regeln, die Situationen Definitionen und Bedeutungen zuschreiben. „It follows that when an individual changes an ideological stance, he or she drops old rules and assumes new ones for reacting to situations, cognitively and emotively. A sense of rights and duties applied to feelings in situations is also changed“(Hochschild 1979, S. 567).

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Albrecht, Y. (2015). Emotionsarbeit von Migrierten: Über das Potential der Integration emotions- und migrationssoziologischer Perspektiven. In: Kleres, J., Albrecht, Y. (eds) Die Ambivalenz der Gefühle. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01654-8_13

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