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Fürsorge für einen Begehr nach Nutzleistungen

Die soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens

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Part of the book series: Studien zum Weber-Paradigma ((SZWP))

Zusammenfassung

Sollte Max Weber noch unschlüssig gewesen sein, was die empirische Brauchbarkeit der Wertlehre anging, so dürfte Wiesers Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft diese Zweifel bestätigt haben.

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Notes

  1. 1.

    Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 15. Juli 1907, MWG II/5: 334.

  2. 2.

    Im ersten Kapitel (siehe 1.2.3) wurde bereits über Webers Motivation, die Passagen zu Knapp aufzunehmen, berichtet: Knapps Staatliche Theorie des Geldes (Knapp 1905) werde stets missverstanden und die Auseinandersetzung mit Knapp werde die Fachwelt besonders reizen (Winckelmann 1986: 49). Damit fallen die entsprechenden Paragraphen aus der hier verfolgten Fragestellung heraus.

  3. 3.

    Neben der protestantischen Ethik ist hierfür die Vorbemerkung, die Weber 1920 in den Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie vorangestellt hat, relevant. Der hier verwendete erste Band der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie wird im Weiteren mit RS abgekürzt.

  4. 4.

    Hier lässt sich ein Unterschied zwischen Friedrich von Wieser und Max Weber im Zugriff auf die ökonomischen Phänomene feststellen: Der Wirtschaftstheoretiker Wieser interessiert sich eher für die materiale Seite der ökonomischen Phänomene, die Determinanten etwa der Lohnhöhe, des Preisstandes oder des Geldwertes, ohne aber, und das ist ein generelles Charakteristikum der Österreichischen Schule, die tatsächliche Höhe ziffernmäßig fixieren zu wollen. Das Interesse des  ›  Wirtschaftssoziologen ‹  Weber hingegen ist, wie sich zeigen wird, weitgehend formal gelagert. Ihn interessieren primär die (institutionellen) Möglichkeitsbedingungen, während das material Ökonomische lediglich gestreift oder gleich ganz in die Wirtschaftstheorie verwiesen wird.

  5. 5.

    Ein Beispiel zur Veranschaulichung ist die Art und Weise, wie Weber die politischen Verbände in Wirtschaft und Gesellschaft behandelt. Er legt ihre Bedeutung einmal aus Sicht der Wirtschaft in den § 37ff. des II. Kapitels dar, und greift diese Punkte in der Herrschaftssoziologie aus Sicht der Herrschaft wieder auf. Sehr schön ist das in den Abschnitten zu sehen, in denen Weber sich mit den Auswirkungen der Herrschaftsformen auf die Wirtschaft beschäftigt; etwa in den Paragraphen 9a, § 10 Abs. 4, § 17 oder § 21, Abs. 4 um nur einige Beispiele zu nennen. Für einen Versuch, diese Verbindung aufzuarbeiten siehe Swedberg 1998a: Chapter 3.

  6. 6.

    Damit ist aber keine Aussage darüber verbunden, ob sie auch sachlich zweckmäßig gebildet sind.

  7. 7.

    Dazu passt eine Aussage Webers in der ersten Version des Textes über den  ›  Sinn der Wertfreiheit  ‹  (Weber 1913). Weber beschreibt darin die Nationalökonomie nicht nur als »intim verknüpft« (ebd.: 186) mit der Soziologie, sondern ordnet die Wirtschaftstheorie zumindest teilweise in die Soziologie ein: »diejenige besondere Art des Betriebes der Soziologie (»verstehende Soziologie«), als deren  ›  Spezialfall  ‹  (mit einigen Vorbehalten) die systematische Nationalökonomie betrachtet werden darf, ist eine Wissenschaft vom menschlichen Handeln« (ebd.: 185). Vgl. dazu auch die entsprechende Anmerkung im Kategorienaufsatz (WL: 429). Diese Passage taucht in der 1917er Version des Textes über die Wertfreiheit allerdings nicht mehr auf.

  8. 8.

    In Gottls Wirtschaft und Technik (Gottl 1914) finden sich wichtige Argumente bereits formuliert.

  9. 9.

    Weber nähert sich damit, nach zwischenzeitlichen Tendenzen in Richtung analytischer Auffassung, wieder seiner Definition in der Vorlesung (siehe 2.5 und 3.3.2). Ganz ähnlich übrigens die Ausführungen Wiesers in der Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft (TGW: 144f.). Es ist bemerkenswert, wie wenig Beachtung diese Bestimmung des Wirtschaftens bisher in der Literatur gefunden hat. Das hat sich erst in letzter Zeit geändert (vgl. Maurer 2010).

  10. 10.

    So schreibt Weber etwas später in anderem Zusammenhang: »Wenn irgend etwas, dann bedeutet, praktisch angesehen, Wirtschaft vorsorgliche Wahl gerade zwischen Zwecken, allerdings: orientiert an der Knappheit der Mittel, welche für diese mehreren Zwecke verfügbar oder beschaffbar erscheinen« (WuG: 32). Die analytische Auffassung ist also durchaus in Webers Ansatz enthalten.

  11. 11.

    Insofern kann die These von Norkus (2001: 351f.) von Webers Deutung der Grenznutzenlehre als rationales kapitalistisches Handeln verworfen werden (siehe 3.3.4).

  12. 12.

    Vgl. dazu etwa Voss 1998: 125; Norkus 2001: 205, 207ff.; Baurmann 1996: 284ff.

  13. 13.

    Vgl. dazu etwa WuG: 15f., aber auch die Ausführungen in der Vorbemerkung zum ersten Band der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie (RS: 11) und die Anmerkung in der protestantischen Ethik: »Wenn zu irgend etwas, so möchte dieser Aufsatz dazu beitragen, den nur scheinbar eindeutigen Begriff des ,Rationalen’ in seiner Vielseitigkeit aufzudecken« (RS: 35).

  14. 14.

    Empirisch ist natürlich die auch nur annäherungsweise Verwirklichung der Extremtypen von Zweck- und Wertrationalität den  ›  Virtuosen  ‹  vorbehalten. Alle anderen werden wohl nur mehr oder eher minder konsistente Halbheiten und Kompromisse zustande bringen.

  15. 15.

    Wie schwierig die Präferenzbildung in einer Situation mit kollidierenden Zwecken ist, dürfte jedem aus dem Alltag bekannt sein. Noch schwieriger gestaltet sich allerdings die Bildung von Präferenzen die übersituationale Gültigkeit beanspruchen sollen, wie es im Bereich der Wirtschaft gefordert ist.

  16. 16.

    Das ist nach dem bisher darüber Ausgeführten etwas schief, da die (knappen) Mittel oder Güter nicht einbezogen sind. Zudem entspricht das Grenzgesetz nicht, wie noch zu zeigen sein wird, dem Haushalten als einer Ausprägung des wirtschaftlichen Handelns – es ist nur ein Bestandteil davon.

  17. 17.

    Es soll an dieser Stelle noch festgehalten werden, dass die Annahme der Handlungsorientierung impliziert, dass der Handelnde im Gegensatz etwa zum neoklassischen homo oeconomicus auch anders handeln kann. Ihm können die Nebenfolgen seiner Handlung sehr wohl vor Augen geführt werden – und damit wird eine eventuelle Nichtberücksichtigung dieser Folgen zu einer bewussten Wahl. Weber hat die Explizierung von Nebenfolgen immer mal wieder als Aufgabe der Wissenschaft beschrieben. Am eindrücklichsten ist eine Passage aus dem Objektivitätsaufsatz: »Wir können weiter, wenn die Möglichkeit der Erreichung eines vorgestellten Zweckes gegeben erscheint, natürlich immer innerhalb der Grenzen unseres jeweiligen Wissens, die Folgen feststellen, welche die Anwendung der erforderlichen Mittel neben der eventuellen Erreichung des beabsichtigten Zweckes, infolge des Allzusammenhanges alles Geschehens, haben würde. Wir bieten alsdann dem Handelnden die Möglichkeit der Abwägung dieser ungewollten gegen die gewollten Folgen seines Handelns und damit die Antwort auf die Frage: was kostet die Erreichung des gewollten Zweckes in Gestalt der voraussichtlich eintretenden Verletzung anderer Werte? […]Jene Abwägung selbst nun aber zur Entscheidung zu bringen, ist freilich nicht mehr eine mögliche Aufgabe der Wissenschaft, sondern des wollenden Menschen: er wägt und wählt nach seinem eigenen Gewissen und seiner persönlichen Weltanschauung zwischen den Werten, um die es sich handelt. Die Wissenschaft kann ihm zu dem Bewußtsein verhelfen, daß alles Handeln, und natürlich auch, je nach den Umständen, das Nicht-Handeln, in seinen Konsequenzen eine Parteinahme zugunsten bestimmter Werte bedeutet, und damit – was heute so besonders gern verkannt wird – regelmäßig gegen andere. Die Wahl zu treffen, ist seine Sache« (OSSE: 150). Diese Problematik wird aus der Perspektive der weberschen Werttheorie von Schelting (1934: 19ff.) ausführlich behandelt. Zur Erweiterung des Modells zum ›verantwortlichen Handeln‹ siehe Bienfait 2008

  18. 18.

    So schreibt Weber beispielsweise in der Herrschaftssoziologie (alter Teil): »Entscheidend ist für uns nur: dass prinzipiell hinter jeder Tat echt bürokratischer Verwaltung ein System rational diskutabler „Gründe“, d.h. entweder: Subsumtion unter Normen, oder: Abwägung von Zwecken und Mitteln steht« (MWG I/22-4: 196). Dass Weber hier bei der Zweck-Mittel-Abwägung subjektive Bedürfnisregungen seitens des Beamtenor Augen hatte, halte ich für recht unplausibel.

  19. 19.

    Zur Erinnerung: In seiner Kritik an Voigt hatte Weber darauf hingewiesen, dass das Maximalprinzip sowohl Wertungsmaßstab als auch möglicherweise eine Handlungsmaxime sein kann, aber kein die Wirtschaft definierendes Merkmal.

  20. 20.

    Vgl. Liefmann 1917: 262ff.; Gottl 1914: 210f.; des weiteren Wöhe 2008: 39; Domschke/Scholl 2002; Schierenbeck 2003: 3ff. Es ist in der Wirtschaftswissenschaft bis heute umstritten, ob und in welcher Form das Optimumprinzip überhaupt zulässig ist. Soweit ich sehe, verneint die herrschende Meinung dies. Vgl. Lachmann 2003: 10, nachdenklich Schneider 1995: 132f.. Siehe dazu auch die kritische Analyse von Diefenbach 2003: 120.

  21. 21.

    Illustrieren läßt sich das anhand des von Liefmann immer wieder gerne herangezogenen Beispiels des Zuckerfabrikanten (etwa Liefmann 1917: 342). Die Maximierungsaufgabe, mit einem gegebenen Vorrat an Zuckerrüben ein Maximum an Zucker zu gewinnen, ist Technik. Ebenso wie die Minimierungsaufgabe mit möglichst wenig Rüben ein bestimmtes Quantum an Zucker zu gewinnen. Beide Aufgaben sind zwar wirtschaftlich relevant (Kosten), aber die eigentlich ökonomische Aufgabe ist es zu fragen: Wieviel Zucker soll eigentlich produziert werden? Soll mit den Rüben überhaupt Zucker produziert werden, oder sollen sie einer anderen Verwendung zugeführt werden? Oder soll das Rüben- und Zuckergeschäft nicht ganz aufgegeben und mit dem dann verfügbaren Kapital etwas anderes unternommen werden?

  22. 22.

    Diese Abgrenzung taucht im Unterschied zu Robbins analytischer Definition des Wirtschaftens in den Lehrbüchern kaum einmal auf. Womöglich hat Webers Mahnung, daß die Wirtschaftstheorie gut daran täte, den Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik sofort festzuhalten (WuG: 33) durchaus seine Berechtigung.

  23. 23.

    Insofern ist Stephen Parsons mit seiner Deutung auf einem guten Weg (siehe 5.2.1). Mit dem Versuch aus dem Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik ein Abgrenzungskriterium von Wirtschaftstheorie und Wirtschaftssoziologie gewinnen zu wollen, verkennt Parsons aber die damalige Diskussionslage.

  24. 24.

    Zur Diskussion um die formale und materiale Rationalität siehe etwa Döbert 1985; Döbert 1989 und die dort besprochenen Autoren; Bogner 1989: 110ff.; Brubaker 1984; Norkus 2001: 283ff., Schluchter 1998: 190ff., 2000b, 2005; Bader et al. 1980: 240ff., 285ff.; Kraemer 1997: 41ff.; Hartmann 1988 sowie die Auflistung von Stephen Parsons 2003: 61 und seine eigene Position ebd.: 66ff.

  25. 25.

    Vgl. hierzu Döbert 1989: 211, 219ff.; Norkus 2001: 283f.; für die Wertrationalität Bogner 1989: 112.

  26. 26.

    Ähnlich die Kritik von Bogner (1989: 112f.): Weber vermische die Rationalitätsmaßstäbe von Beobachter- und Teilnehmerperspektive.

  27. 27.

    Gerne wird die Unterscheidung von prozeduraler und situativer Rationalität von Herbert Simon auf Weber zurückgeführt (Simon 1982; Norkus 2001: 260; Norkus 2005; Zafirovski 2006: 792).

  28. 28.

    Derlei Vorstellungen entstammen m. E. dem Bereich der allgemeinen Gleichgewichtstheorie.

  29. 29.

    Randnotiz: Im Unterschied zur formalen Rationalität bezieht sich die materiale Rationalität explizit auf wirtschaftlich orientiertes soziales Handeln (WuG: 44).

  30. 30.

    Das heißt, man kann das Begriffspaar eigentlich erst nach der Einführung von sozialer Beziehung, sozialer Ordnung (und eigentlich auch dem Verbandbegriff) sinnvoll diskutieren.

  31. 31.

    In der Herrschaftssoziologie etwa wird die Problematik von formaler und materialer Rationalität von Weber in Form von Wirtschaftspolitiken thematisiert (etwa WuG: 139, 157, 166f., 174). Natürlich muß, wie im III. Kapitel dieser Arbeit dargelegt, dabei die Beobachter- von der Teilnehmerperspektive streng geschieden werden, wenngleich sie den selben Inhalt haben können. Vgl. dazu auch die Ausführungen Webers in den soziologischen Grundbegriffen zur Evidenz des Verstehens (WuG: 2ff.). Ein Höchstmaß an Eindeutigkeit der Verständlichkeit bieten mathematische oder logische Aussagen – natürlich sofern der Beobachter selbst über die entsprechenden technischen Kompetenzen ebenfalls verfügt.

  32. 32.

    Man könnte versucht sein, das Begriffspaar eher dem differenzierungstheoretischen Instrumentarium zuzuordnen – bei Weber unter dem Schlagwort der Wertsphären verhandelt (Schwinn 2001; Schimank 2007: 49ff.). Demnach wird mit dem Begriffspaar das Problem des Verhältnisses der Wertsphären zu anderen Wertpostulaten thematisiert (Schwinn 2001: 324). Bei der Wirtschaft ergeben sich dann allerdings die Probleme, dass erstens auch die Kriterien der materialen Rationalität der Wirtschaft entnommen werden können und zweitens der Wertsphären-Charakter der Wirtschaft problematisch ist (siehe 5.7).

  33. 33.

    Für Wieser war die Schätzung nach der Arbeitsmühe ein Merkmal einer unentwickelten Wirtschaft (siehe 2.4.3). In der Zwischenzeit wurde, soweit ich sehe, diese Art der Schätzung stärker in die Theorie integriert (Böhm-Bawerk 1928: 1001f.).

  34. 34.

    Shionoya (1992: 112) zieht hier Parallelen zu Coases Theorie des Entstehens von Unternehmen in Folge von Transaktionskosten und zieht das Fazit: Coases »Beitrag zum Wesen der Unternehmung muß richtigerweise als ein Werk der Weberschen ökonomischen Soziologie gesehen werden« (ebd.).

  35. 35.

    Sachlich muss diese Typologie meines Erachtens mit den Ausführungen über Arbeitsteilung im § 18 der Grundbegriffe zusammengehalten werden, weshalb ich diesen Paragraphen hier mitbehandeln werde. Weber verwendet für seine Typologie aber auch die im 1. Kapitel von Wirtschaft und Gesellschaft entwickelten Verbandsbegrifflichkeiten (WuG: 1. Kap., § 12-17).

  36. 36.

    Ursprünglich bezieht sich das Begriffspaar von Heteronomie und Autonomie der Ordnung auf die Frage, von wem die Ordnung gesatzt wird: durch die Verbandsgenossen selbst oder durch Außenstehende (WuG: 26). In den Grundkategorien des Wirtschaftens hingegen handelt Weber mit diesem Begriffspaar außerdem die Frage ab, inwieweit das Wirtschaften durch die Ordnung reglementiert wird (vgl. beispielsweise den § 14, WuG: 59).

  37. 37.

    Vgl. zu den politischen Verbänden die § 37-40. Die Marktregulierung handelt Weber im § 8 ab.

  38. 38.

    Zu den Begriffen der Leistungsspezialisierung und -spezifizierung siehe § 16 I. der soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens.

  39. 39.

    Weber entnimmt hierfür vieles aus Knapps Staatliche Theorie des Geldes (Knapp 1905). Den Kategorien ist zu entnehmen, daß Weber nicht der gängigen, auch von Menger und Wieser vertretenen, Vorstellung anhängt, das Geld sei aus den wirtschaftlichen Tauschvorgängen entstanden.

  40. 40.

    »Die Soziologie des „Marktes“ wird an dieser Stelle noch nicht verfolgt« (WuG: 42).

  41. 41.

    In heutigen Theorien, die etwa mit der Annahme der vollkommenen Information (das Problem stellt sich nicht) und/oder einem verhaltenstheoretisch konstruierten homo oeconomicus (das interne Bewertungsproblem wird als bereits gelöst angenommen) arbeiten, wird dieser Aspekt so sehr vernachlässigt, dass man sich fragt, ob er überhaupt gesehen wird.

  42. 42.

    Böhm-Bawerk ging von der Annahme der psychologisch bedingten Minderschätzung zukünftiger Bedürfnisse aus. Für Wieser hingegen war der Grad der Einbeziehung zukünftiger Bedürfnisse von der Höhe der wirtschaftlichen Kultur abhängig. Auch Weber argumentierte mit der Formulierung der  ›  steigenden wirtschaftlichen Erziehung  ‹  (MWG III/1: 123) in der Vorlesung ganz ähnlich. Oskar Morgenstern hat beispielsweise darauf hingewiesen, dass zur prinzipiellen Fähigkeit zum rationalen Einrichten des Haushaltes auch eine gewisse (Konsum-) Erfahrung gehört, um zukünftige Bedürfnisse abschätzen zu können (Morgenstern 1931: 8).

  43. 43.

    Weber diskutiert den Kapitalbegriff im § 11 eingehender. Meines Erachtens wendet er sich darin in der Hauptsache gegen die Versuche der Österreicher, das Kapital rein ökonomisch in ihrem Sinne, also unabhängig von der wirtschaftlichen Ordnung, zu entwickeln. Weber optiert hingegen für eine streng privatwirtschaftliche, rechnerische Fassung (WuG: 50). Ebenso verhält es sich mit dem Kapitalzins.

  44. 44.

    Bader et al 1980: 263 bemängeln, dass die beiden Orientierungen nicht immer klar unterschieden werden können. Vgl. zu dieser Kritik Morlok 2006: 137f..

  45. 45.

    Weber verwendet die Begriffe Unternehmen und Erwerbsbetrieb weitgehend synonym. Er weiß dies zwar zu rechtfertigen (WuG: 64), eine klarere begriffliche Trennung hätte dem Text trotzdem gut getan.

  46. 46.

    Möglicherweise ist die Konzentration Webers auf die Beschaffungsbetriebe und das Aufzeigen der Relevanz der Preise bereits für die betriebliche Kalkulation (siehe 5.6) aber auch der damaligen Debattenlage und Webers Zielsetzung in den soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens geschuldet. Dann wäre das ein Argument für eine Reaktion Webers auf Wieser.

  47. 47.

    Das hätte Weber wohl auch den Vorwurf von Robert Liefmann eingetragen, Wirtschaft mit Produktion zu identifizieren, also einer materialistischen Auffassung von Wirtschaft anzuhängen und damit Wirtschaft mit Technik zu verwechseln.

  48. 48.

    Interessant ist wie Weber seine Kategorien bezüglich Handel und Produktion anlegt. Ausgangspunkt ist das Extrem des rationalen Betriebs mit dauernd gegebenem Kundenkreis, also  ›  sicheren  ‹  Absatzmöglichkeiten (vgl. WuG: 383). Der händlerische Aspekt bleibt unterbelichtet. Das mag (idealtypisch) bei der Produktion für einen ungesättigten Massenmarkt zulässig sein, aber generell gilt: »Der eigene Güterabsatz ist selbstverständlich Bestandteil jedes marktmäßigen Erwerbsbetriebes, auch eines primär produzierenden«« (WuG: 92). In dem Maße, wie sich das Händlerische als eigene berufsmäßige Position und Spezialisierung im Verwaltungsstab herausbildet gehen die Kategorien ineinander über. Denn, wie meist, sind auch hier die Übergänge völlig flüssig (ebd.). Die Unterschiede in den erreichbaren formalen Rationalitätsgraden verdeutlicht Weber wie folgt:

    »Die Kalkulation des Handels soll spekulativ in dem Grade heißen, als sie an Chancen sich orientiert, deren Realisierung als zufällig und in diesem Sinn unberechenbar gewertet werden und daher die Uebernahme eines Zufalls-Risiko bedeutet. Der Uebergang von rationaler zu (in diesem Sinn) spekulativer Kalkulation ist völlig flüssig, da keine auf die Zukunft abgestellte Berechnung vor unerwarteten Zufällen objektiv gesichert ist. Der Unterschied bedeutet also nur verschiedene Grade der Rationalität« (WuG: 92)

  49. 49.

    Der Kritik von Hartmann, Weber habe die formale Rationalität der Kapitalrechnung damit nicht rein formal bestimmt, es ginge nicht um optimale Berechenbarkeit, sondern um optimale Verwertung (Hartmann 1988: 113), ist insofern nicht zuzustimmen als das, wie gesagt, auch die formale Rationalität inhaltlich bestimmt ist. Allerdings zeigt die Kritik dass Weber durchaus schärfer trennen sollen zwischen technischen Rechnungsproblemen und materialen Rentabilitäts-Schranken.

  50. 50.

    Auch Weber unterstellt also keine Unabhängigkeit der Bedürfnisse.

  51. 51.

    Weber hatte, wie gesagt, explizit festgehalten, die materiale Preisbildungsprozesse und eine materiale Theorie des Geldes weitgehend außen vor zu lassen (siehe 5.2.2).

  52. 52.

    Dass die rationale Kalkulation ein wichtiger Aspekt des Werkes Max Webers darstellt, wurde von der damit befassten wirtschaftssoziologischen Literatur durchaus vermerkt (etwa Vormbusch 2007; Miller 2007: 24f.), aber nicht systematisch ausgewertet.

  53. 53.

    der marktbedingte Zwang zur exakten Kalkulation wird aber nur am Rande behandelt (WuG: 58).

  54. 54.

    Zum Begriff der Appropriation siehe § 10 der soziologischen Grundbegriffe (WuG: 23f.).

  55. 55.

    Weber hatte eine frühere (Kurz-)Version dieser Systematik seiner Vorlesung über Wirtschaftsgeschichte von 1919/1920 vorangestellt (Weber 1923: 8ff; vgl. Schluchter 2009b: 71).

  56. 56.

    Weber verweist insbesondere auf Büchers Artikel »Gewerbe« im Handwörterbuch der Staatswissenschaft (Bücher 1892) und auf Die Entstehung der Volkswirtschaft (Bücher 1901).

  57. 57.

    Vgl. dazu auch die Ausführungen in der Wirtschaftsgeschichte (Weber 1923: 11ff.)

  58. 58.

    Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, daß Weber in den soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens analytisch argumentiert und nicht politisch. Zu Webers sozialpolitischer Position vgl. etwa Baier 1988: 47ff.; Schluchter 2000c: 132ff.; Gimmler 2009.

  59. 59.

    Der Vorwurf Hartmanns (1988: 113) an Weber lautet, dass es sich nicht um den Gegensatz von Rationalität/Irrationalität handelt, sondern zwei formale Rationalitäten aufeinander prallen.

  60. 60.

    Es ist sehr interessant, wie schnell man von diesem Befund Webers zu den heute unter dem Schlagwort  ›  Finanzmarktkapitalismus  ‹  diskutierten Phänomenen gelangt.

  61. 61.

    Für die Geldordnung vgl. die §§ 32ff. in den soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens und hier insbesondere WuG: 108ff..

  62. 62.

    Zur Kriegswirtschaft des Kaiserreichs vgl. Wehler 2003: 47ff., 239f.; zur wissenschaftlichen Debatte um die Kriegswirtschaft siehe etwa Tribe 1995: 148ff. Auch Max Weber stellt seine Analyse explizit in diesen Kontext (WuG: 57).

  63. 63.

    Vgl. dazu Wehler 2003: 205ff., zur Sozialisierungsdebatte auch Reidegeld 2006: 72ff., zu Webers politischem Wirken in dieser Zeit etwa Mommsen 2004b: 319ff.

  64. 64.

    Siehe dazu etwa die Aufsatzsammlung von Otto Neurath »Durch die Kriegswirtschaft zur Naturalwirtschaft« (Neurath 1919) und die Schrift »Können wir heute sozialisieren?« (Neurath/Schumann 1919).

  65. 65.

    In den soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens verweist Max Weber auf diesen Aufsatz (WuG: 58).

  66. 66.

    Zu dieser Debatte siehe etwa den Sammelband von Hayek (1935) sowie Lavoie (1985).

  67. 67.

    Dies, so fügt Weber an, werde merkwürdigerweise oft verkannt (WuG: 119).

  68. 68.

    Weber thematisiert im § 26 (WuG: 88f.) die auf »gefühlter Solidarität« basierenden Gemeinschaften.

  69. 69.

    Wir wissen natürlich nicht, ob sich Weber in späteren Kapiteln nicht doch noch dieser Thematik gewidmet hätte. In der Wirtschaftsgeschichte (1923) etwa findet sich die Frage nach der Wirtschaftsgesinnung auch erst am Schluss behandelt.

  70. 70.

    »  ›  Wertsphären  ‹  lassen sich als überindividuelle Sinnzusammenhänge verstehen, die von einem dominanten Wert regiert werden. Sie sind als Lebensordnungen institutionalisiert und als Handlungsorientierungen internalisiert.« (Schluchter 2006: 308).

  71. 71.

    Das Geld als Gewährleister eines in sachlicher, zeitlicher, räumlicher und sozialer Hinsicht unermesslichen Optionenraums, als Träger der Verheißung einer verallgemeinerten sozialen Macht steht im Mittelpunkt der Analyse Deutschmanns (2008: 26ff.). Die Verheißung des Geldes kann nach Deutschmann aber nicht durch das Schatzbildnertum eingelöst werden, sondern nur dadurch, dass es ausgegeben wird. Und zwar so, daß es vermehrt zurückfließt (ebd.: 29).

  72. 72.

    Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus ist wohl bekannt und breit diskutiert. Von daher statt vieler nur Tyrell 1990; Schluchter 2005d; 2009c.

  73. 73.

    Vgl. zum Beruf auch den § 24 der soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens.

  74. 74.

    Zum Beispiel in der protestantischen Ethik (RS: 35ff.), wobei sich auch hier die Frage stellen läßt, ob es sich dabei tatsächlich um eine wertrationale Motivation handelt (RS: 54f.).

  75. 75.

    Es lassen sich aber durchaus Passagen finden, die auf Wieser bezogen werden können.

  76. 76.

    So schreibt Weber 1919 an Robert Liefmann, der ihm diesbezüglich Vorhaltungen gemacht hatte: »Daß ich so wenig oder fast nichts für die Theorie habe tun können, bedaure ich selbst, aber man kann nicht alles. Es ist keine Minderschätzung der Theorie. Die anderen Dinge wollen halt auch getan sein« (Zitiert in Hennis 1987: 125).

  77. 77.

    Die Debatte um die Wertlehre hatte sich in dieser Zeit mitnichten erledigt. Beispielsweise hatte sich noch 1929 der theoretische Ausschuss des Vereins für Sozialpolitik ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Vgl. dazu Mises/Spiethoff 1931.

  78. 78.

    Vgl. dazu etwa Schluchter 2009a; Lenger 2009.

  79. 79.

    Auch Callon beruft sich auf Max Weber, ohne ihn aber tatsächlich zu berücksichtigen (Callon 1998: 23).

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Morlok, C. (2013). Fürsorge für einen Begehr nach Nutzleistungen. In: Rentabilität und Versorgung. Studien zum Weber-Paradigma. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00423-1_5

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