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Paradoxie als Bestimmung der neuen Gesellschaftstheorie

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Zusammenfassung

Der Begriff der Paradoxie wird im Kapitel 9 eingeführt, um wesentliche Kennzeichen der Transformationsprozesse des Kapitalismus zu erarbeiten. Darüber hinaus wird auf die Konzeptionierung des Kapitalismusbegriffs in der jüngeren Kritischen Theorie eingegangen. Abschließend befasse ich mich mit der Klärung des gesellschaftstheoretischen Anspruchs der Kritischen Theorie.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Bauman 2005; Beck/Bonß 2001; Münch 1991. In diesen Schriften wird auf den ambivalenten Zustand der Moderne näher eingegangen.

  2. 2.

    Vgl. Marx 1990, S. 7–9. Nach Karl Marx Auffassung verläuft eine gesellschaftliche Entwicklung entweder krisenhaft, das heißt, sie bewegt sich auf eine grundlegende Krise mit systemsprengender Wirkung zu, oder die Entwicklung ist durch differenzierte Widersprüche geprägt und beeinflusst in existentieller Weise das klassenspezifische Zusammenleben. Weitere Möglichkeiten für einen gesellschaftlichen Wandel haben für Karl Marx weniger Bedeutung, sie sind in Bezug auf die Kritische Theorie aus diesem Grund weitgehend zu vernachlässigen.

  3. 3.

    Vgl. zur Verbindung von älterer und jüngerer kritischer Theorie die Ausführungen in Kapitel 1.3.

  4. 4.

    Vgl. Zur näheren Erklärung des hier zugrunde liegenden Zusammenhangs Kapitel 7.1.

  5. 5.

    Vgl. Beck 2002, S. 50–70; Reemtsma 2009, S. 96–101. An dieser Stelle muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass zurzeit drei unterschiedliche Grundbegriffe Kritischer Theorie verwendet werden. Die Frankfurter Tradition nutzt den Begriff der „Paradoxie“, die Hamburger Tradition den der „körperlichen Gewalt“ und die Münchner Tradition den des „Kosmopolitismus“. Jan Philipp Reemtsma arbeitet den Grundbegriff der körperlichen Gewalt – als Kennzeichen der Hamburger Tradition – heraus, indem er zwischen Vertrauen auf der einen und Gewalt auf der anderen Seite differenziert. Beide Formen besitzen in der Moderne einen Verweisungszusammenhang und sind nicht voneinander zu trennen. Körperliche Gewalt richtet den Blick auf Gründe und Werte, die sowohl für Vertrauen als auch für Gewalt bestimmend sind. Ulrich Beck dagegen verfolgt mit seinem Theorieprogramm – als Kennzeichen der Münchner Tradition – neben dem Begriff der Krise und des Kosmopolitismus auch eine Dialektik nichintendierter Nebenfolgen. Mit diesem Grundbegriff will Beck auf die Transnationalisierung von politischen Ordnungen hinweisen, für die bisher noch die notwendigen Voraussetzungen fehlen, denn bei aller Europäisierung werden viele internationale Konflikte und Regulierungen bisher noch überwiegend auf Grundlage von einzelstaatlichen Lösungsmodellen bearbeitet.

  6. 6.

    Vgl. Boudon 1979, S. 85–87; Bude 2006, S. 1272–1274; Greshoff 2003, S. 380–384.In diesen Schriften wird differenziert auf weitere Interpretationen von Paradoxien eingegangen.

  7. 7.

    Vgl. Honneth 2002, S. 8–10. Soziale Paradoxien werden in der Kritischen Theorie in einer zunächst ungewohnten Form begriffen. Es geht hier nicht mehr um das allgemeine Verständnis, nach dem Paradoxie als „Widerspruch in sich selbst enthaltend“ verstanden wird. In der Systemtheorie dient die Paradoxie z. B. zur kontextuellen Erklärung zweiter Ordnung, indem in selbstreferentiellen Konfigurationen die Möglichkeit einer Negation hinzutritt und damit die Anschlussfähigkeit von weiteren Operationen in Frage stellt. Im Gegensatz dazu bezeichnet soziale Paradoxie ein Verlaufsschema von normativen Entwicklungen, das zugleich die Möglichkeit beinhaltet, in ihr paradoxes Gegenteil umzuschlagen.

  8. 8.

    Vgl. Ahrens et al. 2011, S. 9–24. Auf die Bedeutung der Normativität wurde bereits hingewiesen. Die Kritische Theorie geht davon aus, dass kapitalistische Transformationsprozesse einen Anpassungsdruck auf die Errungenschaften des Fortschritts ausüben. In Folge dessen wird u. a. die normative Bedeutung des Leistungsprinzips zurückgenommen. Es entwickelt sich ein Anpassungsdruck, der die berechtigten Ansprüche der Individuen nach Anerkennung einschränkt. Neben der Kritischen Theorie wenden sich aktuell auch die Sozialwissenschaften der Normativität zu. Der seit Gründung der Soziologie bestehende Anspruch der Werturteilsfreiheit ist aktuell nicht mehr so selbstverständlich wie zu früheren Zeiten. Werden die Verwerfungsprozesse zwischen Gesellschaft und Kapitalismus diskutiert, werden Legitimationsfragen immer wichtiger. Gefordert wird gegenwärtig ein reflexiver Anspruch zwischen Ideal- und Realbild der Gesellschaft.

  9. 9.

    Vgl. Hartmann/Honneth 2004, S. 6–7. Unter „sozialdemokratisch verfassten“ Gesellschaften werden nicht ausschließlich bestimmte Staaten oder Regierungsbündnisse verstanden. Damit werden auch moralische Fortschritte bezeichnet, die ein wohlfahrtsstaatliches Arrangement hervorgebracht haben, und zwar unabhängig von den jeweils bestehenden Regierungsbündnissen.

  10. 10.

    Vgl. Hartmann/Honneth 2004, S. 7–9. Mit dem Begriff der neoliberalen Revolution weisen sie auf die erhöhte Bedeutung der Ökonomie hin. Dies zeigt sich besonders darin, dass es zunehmend schwieriger wird, die ökonomischen Verwertungszwänge angemessen einzuschränken und daraufhin neue Anpassungsleistungen in allen sozialen Feldern erforderlich werden.

  11. 11.

    Vgl. Boltanski/Chiapello 2006. Die Entwicklung, Bedeutung und Wirkungsweise des Netzwerkkapitalismus arbeiten beide Autoren sehr genau heraus.

  12. 12.

    Vgl. Voswinkel 2007, S. 59–76. In dieser Schrift geht Stephan Voswinkel auf die Bedeutung von Leistung in der Erwerbsarbeit ein.

  13. 13.

    Vgl. Füllsack 2008; Hochschild 2002; Moldaschl/Voß 2003. In diesen Schriften wird auf die Subjektivierung der Erwerbsarbeit und auf den Formwandel des Produktiven Bezug genommen.

  14. 14.

    Vgl. Hartmann/Honneth 2004, S. 12–13. Wohlfahrtsstaatliche Leistungen werden in Zeiten des Netzwerkkapitalismus eng an zu erbringende Gegenleistungen gebunden. So wird im Falle drohender oder bereits eingetretener Arbeitslosigkeit gefordert, jede angebotene Arbeit anzunehmen. Im Zusammenhang mit wohlfahrtsstaatlichen Leistungen wird auch von paternalistischen Grundhaltungen gesprochen. Diese bestehen darin, dass eine Inanspruchnahme von Leistungen nur bewilligt wird, wenn die Eigenverantwortung ausreichend sichergestellt ist.

  15. 15.

    Vgl. Ehrenberg 2004. Die informative Studie „Das erschöpfte Selbst“ arbeitet Depression als neue Form von gesellschaftlich relevanten psychischen Erkrankungen heraus.

  16. 16.

    Vgl. Beckert 1997; Beckert et al. 2007; Berger 2009; Stehr 2007. In diesen Schriften wird aus unterschiedlicher Perspektive auf die Bedeutung von Markt und Vermarktlichung eingegangen.

  17. 17.

    Vgl. Illouz 2003, S. 134–139. Eva Illouz stellt in diesem Text eine Beziehung zwischen ökonomischen Rahmenbedingungen und Liebesbeziehungen her.

  18. 18.

    Vgl. Maiwald 2009, S. 155–165. In dieser Schrift verweist Kai-Olaf Maiwald auf weitere Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der alltagspraktischen Kooperation in Paarbeziehungen.

  19. 19.

    Vgl. Kapitel 4.3. In diesem Kapitel wird auf das Verständnis der Innen- und Außengrenzziehung der Ökonomie näher beschrieben.

  20. 20.

    Vgl. Honneth 2002, S. 65–88. In diesem Text geht Stephan Voswinkel auf die Paradoxien der subjektiven Arbeit genauer ein.

  21. 21.

    Vgl. Windolf 2005; Kapitel 7.1.3. In beiden Texten werden grundlegende Aussagen zum allgemeinen Verständnis des Finanzmarktkapitalismus vorgestellt.

  22. 22.

    Vgl. Neckel 2010, S. 5–7. Die gesamten Vermögensanteile der obersten Schichten in den westlichen Ländern lagen für einige Jahrzehnte zwischen 30 und 40%. Mit der deutlich erkennbaren Veränderung der Finanzvermögen verändert sich diese Ausgangslage. „Seit der Jahrtausendwende wuchs in den USA der Anteil des obersten Zehntels am gesamten Geldvermögen auf 70 Prozent, in Deutschland auf 47 Prozent. Hält man sich vor Augen, dass das Volumen der Finanzvermögen weltweit auf die historisch beispiellose Summe von 41 Billionen Dollar anstieg (vgl. Deutschmann 2008: 502 ff.), erkennt man, welche Geldmengen hier danach riefen, angelegt und kapitalisiert zu werden“ (S. 5).

  23. 23.

    Vgl. Neckel 2008, S. 45–64. In dieser Schrift geht Sighard Neckel genauer auf den Leistungsbegriff in der Marktgesellschaft ein.

  24. 24.

    Vgl. Schumpeter 1952, S. 130–135. Joseph Alois Schumpeter geht in dieser Schrift sehr präzise auf die Steigerung des Wohlstands ein.

  25. 25.

    Vgl. Forst 2007, S. 291–328; Habermas 1998a, S. 61–109. Rainer Forst und Jürgen Habermas gehen in ihren Schriften näher auf die Problemstellung des Gleichheitsprinzips ein.

  26. 26.

    Vgl. Parsons 1964c, S. 215 und 218. In dieser Textstelle geht Talcott Parsons auf die Bedeutung der Fragestellung der Inklusionsprobleme ein.

  27. 27.

    Vgl. Parsons 1964b, S. 190–200. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Talcott Parsons die Einbeziehung von mehreren Subsystemen favorisiert, um Anhaltspunkte für soziale Konflikte zu erhalten. Aber warum er die traditionelle Familie zur Abstützung seiner Argumente wählt, ist nicht vollständig nachvollziehbar. Wesentlich plausibler wäre es, neben dem gesellschaftlichen Teilsystem Wirtschaft auch dasjenige des Rechts miteinzubeziehen, da das moderne egalitäre Recht über zusätzliche Möglichkeiten verfügt, um Formen der Anerkennung geeignet zu kompensieren.

  28. 28.

    Vgl. Nave-Herz 1994; Lüscher 1990; Peukert 2008. Alle drei Autoren wenden sich dem Strukturwandel der Familie mit unterschiedlichen Interpretationen zu.

  29. 29.

    Vgl. Honneth 2011a, S. 1–8. Axel Honneth geht in seiner Rezeption der Theorie Talcott Parsons von einem ausgesprochen spezifischen Verständnis von sozialen Konflikten aus. Dass Talcott Parsons selbst die Kategorie der Anerkennung nur indirekt verwendet, ist ganz offensichtlich (vgl. Parsons 1964a, S. 146; Parsons 1964b, S. 184f.). Axel Honneth geht in seinem Verständnis von sozialen Konflikten aber noch einen Schritt weiter: „Parsons befindet sich, so lautet meine These, in diesen unorthodoxen Teilen seiner Theorie auf dem Weg zurück von Weber über Durkheim zu Hegel; auch er möchte, wie der Autor der ‚Rechtsphilosophie‘, die normative Ordnung moderner Gesellschaften nach dem Muster eines funktional arbeitsteilig operierenden Systems moralisch integrierter Anerkennungssphären begreifen“ (Honneth 2011a, S. 2).

  30. 30.

    Vgl. Bude/Willisch 2006; Dörre 2010; Kronauer 2002; Rehberg 2006. In diesen Schriften wird erneut die Klassenlage als Teilbereich der Gesellschaft untersucht und soziologisch erklärt.

  31. 31.

    Vgl. Honneth 2000, S. 54–69. Im Rahmen der Gesellschaftskritik wird der gesellschaftliche Zustand untersucht und entweder als „entfremdet“, „krank“ oder „verdinglicht“ verstanden. Mit der Bestimmung der Pathologien des Sozialen wird ein spezifischer Begriff aus der Medizin aufgenommen. Die Gegenüberstellung von „Diagnose“ und „Pathologie“ als Bestimmungskategorien von anormalen Erscheinungen der menschlichen Gesundheit wird fortan auf das Feld der gesellschaftlichen Phänomene übertragen und zugleich als empirische Kategorie bestimmt. „Insofern stellt eine ethische Vorstellung von gesellschaftlicher Normalität, die auf die Ermöglichungsbedingungen von Selbstverwirklichung zugeschnitten ist, den Maßstab dar, an dem soziale Pathologien gemessen werden“ (S. 58).

  32. 32.

    Vgl. Honneth 2009a, S. 227–228. Die Verbindung des Paradoxienkonzepts mit den Zusammenhängen von Arbeit und Markt stellt eine Annäherung an die Kritik der politischen Ökonomie dar.

  33. 33.

    Vgl. Pongartz/Voß 2004; Voß 1998; Voß/Rieder 2006. Einen anderen Weg verfolgen z. B. Günter G. Voß Arbeiten, die Arbeit und Leben miteinander verbinden. Sie beanspruchen ebenfalls, einen gesellschaftstheoretischen Anspruch, wenden sich aber den moralischen Fragen nicht in der gleichen Form zu.

  34. 34.

    Vgl. Beckert et al. 2007, Teil I. Karl Polanyis Entbettungsthese wird in neueren soziologischen Arbeiten wieder aufgenommen.

  35. 35.

    Vgl. Beckert 2009; Deutschmann 2008a; Granovetter 2000. Alle drei Schriften beziehen sich auf die soziologische Erklärung der Arbeitsverhältnisse in der Moderne.

  36. 36.

    Vgl. Kapitel 1.2. In diesem Teil wird Max Horkheimers Ausgangsidee erkennbar und ebenso auch andere damit im Zusammenhang stehende theoriekonzeptionelle Verknüpfungen.

  37. 37.

    Vgl. Honneth 2011b. In Axel Honneths aktuellem Buch werden Gerechtigkeit und Freiheit zu einer Gesellschaftsanalyse weiter entwickelt und detailliert begründet.

  38. 38.

    Vgl. Adorno 1997d; Habermas 1973; Pollock 1980a. In diesen Schriften wird genauer auf die Bedeutung der Kapitalismustheorie in der Kritischen Theorie eingegangen.

  39. 39.

    Vgl. Fraser/Honneth 2003, S. 242–248; Renault 2009, S. 239–242; Zurn 2005, S. 435–460. Alle hier angeführten Autoren verweisen in ihrer Kritik auf die späte Auseinandersetzung der jüngeren Kritischen Theorie mit kapitalismustheoretischen Fragen.

  40. 40.

    Vgl. Forst/Günther 2010; Hartmann/Honneth 2004; Honneth 2002. In diesen Schriften wird auf die Bedeutung von kapitalismusrelevanten Paradoxien hingewiesen.

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Ludwig, C. (2013). Paradoxie als Bestimmung der neuen Gesellschaftstheorie. In: Kritische Theorie und Kapitalismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00209-1_10

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