Zusammenfassung
Das zwanghafte Streben des Nervösen, sein Persönlichkeitsideal mit den höher gewerteten oder männlichen Zügen zu erfüllen, treibt ihn wegen der Hindernisse der Realität, insbesondere des Gemeinschaftsgefühls, zum Formenwandel seiner leitenden Richtungslinien, so daß er auf Umwegen ein gleichwertiges Ziel zu erreichen sucht. Was ihn in die Irre führt, ist sein Sehnen und Drängen, ein unerfüllbares Ideal für sich zu realisieren. Kommt dann auf der Hauptlinie des männlichen Protestes z. B. die Niederlage oder ein Vorgefühl derselben, so sucht er auf Umwegen unter Arrangement verstärkter sichernder Kunstgriffe dieses vorläufig als gleichwertig empfundene Ersatzziel. An diesem Punkte beginnt jener Prozeß der psychischen Umgestaltung, den wir Neurose nennen, sofern nicht die leitende Fiktion zur Vergewaltigung der Wirklichkeit führt, sondern der Patient letztere nur als störend empfindet, wie in der Neurasthenie, Hypochondrie, Angst- und Zwangsneurose und in der Hysterie. In der Psychose tritt die leitende männliche Fiktion, in Bilder und Symbole kindlicher Herkunft gekleidet, hervor. Der Patient benimmt sich dann nicht mehr wie in der Neurose, als ob er männlich, oben sein wollte und dies mit allen Mitteln auf einem leichteren Wege, auf der unnützlichen Seite versuchte, sondern durch den Kunstgriff der Antizipation so, als oberes bereits wäre, und weist nur nebenbei, in der Regel anfangs, wie zur Begründung (Depression, Verfolgungsideen, Versündigungs-, Verarmungswahn) darauf hin, daß er „unten“, unmännlich, schwach sei.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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© 1928 J.F. Bergmann in München
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Adler, A. (1928). Entwertungstendenz. — Trotz und Wildheit. — Sexualbeziehungen des Nervösen als Gleichnis. — Symbolische Entmannung. — Gefühl der Verkürztheit. — Der Lebensplan der Manngleichheit. — Simulation und Neurose. — Ersatz der Männlichkeit. — Ungeduld, Unzufriedenheit und Verschlossenheit. In: Über den Nervösen Charakter. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99709-9_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-99709-9_8
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