Zusammenfassung
Die deutsche soziale Gesetzgebung, die im Laufe von Jahren und Jahrzehnten aus kleinen Anfängen zu ihrer heutigen Höhe und komplizierten Gestaltung emporgewachsen ist, muß als ein wahrhaft monumentales Werk angesehen werden, das für die Volkswohlfahrt und Volksgesundheit zu einem unschätzbaren Gut geworden ist und sich aufs glänzendste bewährt hat. Wenn man die heutigen Leistungen der sozialen Gesetzgebung überblickt, so muß man mit Anerkennung und Ehrfurcht zugeben, daß hier in langer Arbeit ein Werk geschaffen ist, das bis vor kurzem dem deutschen Volke einen gewaltigen Vorsprung vor allen anderen Nationen gegeben hat auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge, des Arbeiterschutzes, des Schutzes vor Gefahren und Krankheiten und ihren wirtschaftlichen Folgen. Das deutsche Volk kann auf dieses Gut stolz sein, das es dem weitschauenden Blick früherer Generationen von Staatsmännern verdankt, und das, aus dem Bestreben entstanden, die wirtschaftlichen Härten der fortschreitenden Entwickelung des industriellen und kommerziellen Lebens zu mildern, weit über den ursprünglichen Gedanken hinausgewachsen ist und heutigen Tages den breitesten Raum einnimmt unter all den Bestrebungen, die dem Wohle und der Gesunderhaltung des deutschen Volkes dienen. Es ist nicht Aufgabe dieses Werkes zu untersuchen, in wie vielfältiger Beziehung die Arbeiterschutzgesetzgebung und die Reichsversicherung auf die Hebung der Arbeiterklassen und die wirtschaftliche Förderung ganzer Berufskategorien eingewirkt haben, sondern der Betrachtungskreis beschränkt sich auf die Darstellung derjenigen Umstände, die ausschließlich der Gesundung und Gesunderhaltung der breiten Volksmassen gedient haben, sowie auf die Untersuchung, welche Faktoren hierbei beteiligt sind und wie ihre Wirkung zustande kommt. Aber trotz der Beschränkung auf diese Aufgaben wird sich erkennen lassen, welch ein gewaltiges Werk hier geleistet ist, und welch eines Ineinanderarbeitens von Staat, selbständigen Korporationen und der Ärzteschaft es dauernd bedarf, um diese Errungenschaften zu bewahren, zu erweitern und zu vertiefen.
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Ewald, W. (1914). Entwicklung der sozialen Versicherung. In: Soziale Medizin. Ein Lehrbuch für Ärzte, Studierende, Medizinal- und Verwaltungsbeamte, Sozialpolitiker, Behörden und Kommunen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99509-5_1
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