Zusammenfassung
Das G. hat die in den meisten bisherigen Rechten im Vordergrund stehende abschließende Unterscheidung zwischen der vorsätzlichen, mit Vorbedacht ausgeführten Tötung (Mord, assassinat) und der vorsätzlichen, nicht vorbedachten Tötung (Totschlag, meurtre)1 stark verändert. Es geht in Art. 111 von einem Grundtatbestand der Tötung aus. Neben ihm stehen der qualifizierte Tatbestand des Mordes (Art. 112) und die privilegierten Tatbestände des Totschlags, der Tötung auf Verlangen, der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord und der Kindestötung (Art. 113–116).
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Literatur
Vorbild der französische C. p. von 1791. — Über die bisherigen kantonalen Rechte Stooss: Grundzüge, 2, 3 ff. — StenBull. NE. 1929, 11ff.
Über die vielumstrittene Frage unten § 5 II 2, ferner Braendli (Lit. zu §5): 63ff. — v. Liszt-Schmidt: Lehrbuch, § 80 I. — Binding: Lb. 1, 37f. — Vgl. dagegen ZGB. Art. 31 I: Die Persönlichkeit beginnt mit dem Leben nach der vollendeten Geburt.
Darüber unten § 5 II 2.
Unten § 16 I.
Müller a. a. O. 51. Über die Sterbehilfe namentlich Bindings letzte Schrift (in Verbindung mit dem Psychiater Hoche): Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920). Bemerkenswerte Angaben über die Euthanasie bei Spinner: Ärztliches Recht (1914), 260ff. Ferner Hafner (Lit. zu § 6): 73ff. — Velidedeoglu (Lit. zu § 6): 30ff. Über die Tötung auf Verlangen unten § 6 I.
Die allgemeinen mildernden Umstände aus Art. 64 können neben Art. 111 in Betracht kommen: Tötung aus achtungswerten Beweggründen, unter dem Eindruck einer schweren Drohung usw. Nach Art. 65 ist in solchen Fällen die Min-deststrafe 1 Jahr Zuchthaus. Die Möglichkeit, den bedingten Straferlaß zu gewähren ist, damit ausgeschlossen; vgl. StenBull. NR. 1929, 8, 20.
Über Tötung im Zweikampf (Art. 131 Ziff. 3) unten § 13III; im Raufhandel unten §101, 112 und 5; Körperverletzung mit nachfolgendem Tode unten § 8 II 2.
BE. 31 II, 284f. — JZ. 2, 17. — Entsch. des Mil.Kass.Ger. 1915–1925, Nr. 45. — Fahrlässige Tötung durch Unterlassung: JZ. 28, 205, Nr. 51 (Baselstadt, bemerkenswerter Fall).
Das ist theoretisch klar. In der Praxis kann die reine Lösung der Tat- und Schuldfrage fast unmöglich werden. Dazu Binding: Lb. 1, 28. — Zum ganzen Fragenkomplex v. Liszt: VD. a. a. O. 144ff.; vgl. auch unten § 8 II 2.
Die Entwürfe sahen neben dem mit Gefängnis bedrohten Grundtatbestand den geschärften Fall vor, da der fahrlässige Täter eine ihm durch sein Amt, seinen Beruf oder sein Gewerbe auferlegte Pflicht verletzt hatte; ZüRcher: Erläuterungen VE. 1908, 129f. Über die Gründe der Streichung StenBull. NR. 1929, 7f. Der Strafrahmen des Art. 117 reicht für alle Fälle aus. Auch besteht die Möglichkeit der Amtsentsetzung (Art. 51) und des Berufs- und Gewerbeverbots (Art. 54). Dazu auch v. Liszt: a. a. O. 149f.
Nach OR. Art. 44 I kann der Richter bei einem „Mitverschulden“des Geschädigten die Ersatzpflicht ermäßigen oder ganz von ihr entbinden. Das ist billig, bleibt aber für die strafrechtliche Bewertung der Täterschuld ohne Ein-fluß. Zur zivilrechtlichen Kulpakompensation HäBerlin: Das eigene Verschulden des Geschädigten, Berner Diss. (1924). — Tobler: Fahrlässigkeit im Zivil-und Strafrecht, Zürcher Diss. (1931), 87f. Ferner Art. 37 des BGes. von 1932 über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr (Verkehrsgesetz) und dazu Courvoisier: JZ. 31, 53ff. — v. Thur: Allgemeiner Teil des OR. § 14.— Zur strafrechtlichen Seite der Lehre v. Liszt-Schmidt: Lehrbuch, §29 III 2. — M. E. Mayer: Strafrecht, Allg. Teil, 152. — Arbenz: Der Motorfahrzeugführer als Delinquent, Zürcher Diss. (1932), 32, 46. — ZüRcher Bl. 24, Nr. 111; 31, 145 (bei der Strafzumessung berücksichtigt). — Steiner und Rauber: Aargauische Entsch. (2. Aufl.), 13. — vgl. auch JZ. 27, 186, Nr. 149 (Tessin).
Art. 119 Ziff. 3 (Abtreibung), Art. 122 Ziff. 2 (Schwere Körperverletzung), Art. 123 Ziff. 3 (Einfache Körperverletzung), Art. 127 IV (Aussetzung), Art. 134 Ziff. 1 III (Mißhandlung und Vernachlässigung eines Kindes), Art. 135 Ziff. 1 III (Überanstrengung von Kindern und Untergebenen); vgl. oben § 2 III 3.
Abweichend ZüRcher: Erläuterungen, 118 und namentlich Mittermaier: Z. 14, 401f., 408f., der annimmt, die fahrlässige Verletzung einzelner sei in der Gefährdung der Vielheit enthalten. So auch Schwendimann: Die Gefahr im schweizer. StR., Berner Diss. (1920), 102; vgl. ferner Hilfiker: Gefährdungshaftung im StR., Zürcher Diss. (1920), 140ff. Da Art. 68 nicht nur bei der Real-, sondern auch bei der Idealkonkurrenz Straferhöhung vorschreibt, kann bei dem im Text gegebenen Beispiel die auch begangene fahrlässige Tötung (Art. 117) nicht durch die Anwendung des Art. 238 allein gedeckt werden. Das G. hat die Idealkonkurrenz nicht nach dem Absorptionsprinzip geordnet. Dazu Allg. Teil, 369 und die dort zit. Literatur.
Rechtsprechung dazu Zürcher Bl. 11, Nr. 79; 26, Nr. 53.
Zur Geschichte Velidedeoglu (Lit. zu § 6): 42ff. — Binding: Handbuch 1, 695ff. — Frank (Lit. zu § 6): 3ff. — Weitere Literatur: Allg. Teil § 32 und unten § 6. — Über die Bestrafung des Selbstmordversuchs in Gesetzen des englisch-amerikanischen Rechtskreises v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 133f. Französische Literatur bei Damian (Lit. zu § 6): 13 ff.
Vgl. z. B. Schoch: Der Unfallbegriff in der schweizer. privaten Einzel-Unfall-Versicherung, Zürcher Diss. (1930), 122ff. — BE. 51 II, Nr. 15. — Lutz: Zur Umschreibung der versicherten Gefahr durch Gesetz und Vereinbarung, Zürcher Diss. (1932), 55f.
Vgl. Kleinfeller: Archiv für StR. 64, 220f. Gut die Begründung der Strafunwürdigkeit des Selbstmordes bei Frank (Lit. zu § 6): 27ff.
M. E. Mayer: Deutsches MilStR. 2, 96; Dietz: Handwörterbuch des (Deutschen) Mil.-Rechts (1912), 700. — Rothenberger (Lit. zu § 6): 37. — Schwinge: Deutsches MilStGB., Erläuterungen (1936), 175. — Schmidt: (Deutsches) Militärstrafrecht (1936), 77.
v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 66ff. hat, namentlich im Hinblick auf die Schweiz. Entwürfe, erwogen: Preisgabe der Unterscheidung Mord und Totschlag; Ausgangspunkt ein Tatbestand der gemeinen vorsätzlichen Tötung mit einer Strafdrohung, die von der schwersten Strafe des Strafensystems bis zum gesetzlichen oder einem sonst niedrig anzusetzenden Mindestmaß hinabgeht. Innerhalb dieses allgemeinen Strafrahmens Ausscheidung schwerer zu bestrafender Fälle, wenn die Tat eine besonders gefährliche antisoziale Gesinnung (Gemeingefährlichkeit) des Täters erkennen läßt. Als Gegenstück Berücksichtigung der Provokation als eines mildernden Umstandes und daneben Zulassung allgemeiner mildernder Umstände (S. 100f.). Kritik dazu von Hafter: Z. 19, 139ff.
Die bisherigen Rechte verwenden die Begriffe Vorbedacht und Überlegung vielfach so, als ob sie Gleiches bedeuteten; s. Stooss: Grundzüge, 2, 4ff. Das ist kaum richtig. Der Vorbedacht bezieht sich auf den Entschluß des Täters, die Überlegung wohl eher auf die Ausführung. So zutreffend Aargau § 107: Wenn der Täter „entweder den Entschluß hiezu mit Vorbedacht gefaßt oder das Verbrechen mit Überlegung ausgeführt hat“; vgl. auch MüLler (Lit. zu § 3): 45. — Die Kritik gegen die Verwendung der Begriffe Überlegung und Vorbedacht zur Kennzeichnung des Mord-Tatbestandes ist heute fast allgemein; trefflich Stooss: Bericht über den VE. (1901), 3f. — ZüRcher: Erläuterungen VE. 1908, 118ff. — v. Liszt: a. a. O. 37f., 72.
OsenbrüGgen: Alamannisches StR. im deutschen Mittelalter, 216ff. — Stutz: Strafrecht von Stadt und Amt Zug, Berner Diss. (1917), 145ff. — Graven: Evolution du Droit pénal valaisan, Genfer Diss. (1927), 404ff.
E. 1918 Art. 99: „Tötet der Täter aus Mordlust, aus Habgier, um die Begehung eines andern Vergehens zu verdecken oder zu erleichtern, mit besonderer Grausamkeit, heimtückisch, durch Feuer, Sprengstoffe oder andere Mittel, die geeignet sind, Leib und Leben vieler Menschen zu gefährden, so wird er mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft.“Dieser Text ist vom MilStG. Art. 116 übernommen worden. Zu den EntwüRfen Stooss: Motive VE. 1894, 147f. — Prot. I. ExpKom. 1, 317ff. — Prot. II. ExpKom. (sehr lehrreich) 2,146ff.; 3,41ff.; 8, 218ff. — StenBull. NR. 1929, 3ff. — E. V. Liszt: Gerichtssaal, 91, 206ff. (zum Tatbestandsmoment „mit besonderer Grausamkeit“).
Seileb: StenBull. NR. 1929, 5. Beachtlich die kritischen Bemerkungen von Wagner: eodem, 12ff.
Gut dazu Logoz: StenBull. NR. 1929, 6. Vgl. namentlich auch Stooss: Grundzüge, 2, 7ff.
Die — überlegte — Verzweiflungstat einer Mutter z. B., die mit ihren Kindern ins Wasser geht und selbst gerettet wird. Nach der Lage des Einzelfalles liegt entweder Tötung gemäß Art. 111 oder Totschlag gemäß Art. 113 vor.
Als erschwerte Tötungen gelten vielfach Giftmord, Meuchelmord, Verwandtentötung usw. Daten bei v. Liszt: VD. a. a. O. 73ff.; Stooss: Grundzüge, 2, 10. Neuerdings bezeichnet Waadt Art. 111, ohne den Ausdruck Mord (assassinat) zu verwenden, als geschärfte Tötungsfälle (homicide avec circonstances aggravantes) die mit Vorbedacht und die unter Verwendung von Gift ausgeführte Tötung, die eine Gemeingefahr für eine große Zahl von Personen verursachende Tötung und endlich die Verwandtentötung.
Vgl. ZüRcher: Erläuterungen VE. 1908, 120. — Lang: Prot. II. ExpKom. 2, 154.
Stooss: Grundzüge, 2, 12f. — Geiser: 49ff., 61ff., 96ff. — V. Liszt: a. a. O. 95ff., der besonders darauf hinweist, daß die Gemeingefährliehkeit des unter dem Einfluß der Provokation Tötenden geringer ist als bei der gemeinen vorsätzlichen Tötung (97). — Neben Art. 113 ist der allgemeine Milderungsgrund aus Art. 64: wenn Zorn oder großer Schmerz über eine ungerechte Reizung oder Kränkung den Täter zu dem Vergehen hingerissen hat, nicht mehr zur Geltung zu bringen; Geiser: 113f.
Vgl. Stooss: Grundzüge, 2, 8f.
Allg. Teil, § 29 III 2. — v. Liszt: a. a. O. 99.
Bei einem Totschläger kann der Richter zu dem Schluß gelangen, daß der Täter trotz der Erregung, aus der heraus er die Tötung begangen hat, in seinem Bewußtsein nicht beeinträchtigt war, daß also die Fähigkeit zur Einsicht oder zum Handeln gemäß vorhandener Einsicht nicht herabgesetzt war. Bei einem andern Täter kann sich das Gegenteil ergeben.
In den Beratungen wurde der Antrag, in Art. 111 Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter 3 Jahren anzudrohen, abgelehnt; StenBull. NR. 1929, 8.
V. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 120f. — Der Gedanke zeigt sich auch in bisherigen kantonalen Rechten, z. B. Glarus § 96, Graubünden § 102; Stooss: Grundzüge, 2, 16. — Braendli: 47 (gegen die Bezeichnung „Kindsmord“).
Dann ergibt sich die Reihe: vorsätzliche Tötung (Art. 111), erste Privilegierung: Totschlag (Art. 113), zweite weitergehende Privilegierung: Kindestötung (Art. 116). In den Strafandrohungen kommt das deutlich zum Ausdruck.
S. die hohen Strafminima nach alten Rechten bei Stooss: Grundzüge, 2, 21. Die Auffassungen über Wesen und Strafwürdigkeit der Kindestötung haben sich in stärkstem Maße gewandelt. Geschichtliche Daten z. B. bei Braendli: 3ff.; Kratter: Lehrbuch der gerichtlichen Medizin (1912), 247ff. und namentlich Schwarz: Wechselnde Beurteilung von Straftaten in Kultur und Recht, Band I: Die Kindstötung (1935); dazu Radbruch: Z. 49, 368ff.
Bisherige kantonale Rechte Stooss: Grundzüge, 2, 16ff. Die deutsch-schweizer. Rechte privilegieren im Gegensatz zu den romanischen nur die uneheliche Mutter. Vgl. ferner Gautier: Z. 25, 236; Braendli: 60ff., 113ff. (gegen Ausdehnung auf die eheliche Mutter); Prot. II. ExpKom. 2, 175ff. — Mit der Ausdehnung des Privilegs auf die eheliche Mutter entfallen die Meinungsverschiedenheiten darüber, wer im Sinne des Strafrechts als uneheliches Kind zu gelten hat; vgl. V. Liszt: a. a. O. 118f.; Braendli: 60f.
Allg. Teil, § 15 III 4. Über „passive Kindestötung“s. die gerichtlichmedizinische Literatur, z. B. Kratter: Lehrbuch der ger. Medizin (1912), 289f., ferner Braendli: 75ff.
Im Zweifel muß irgendeine Lebensbetätigung des Kindes (Atmung, Herzschlag) nachgewiesen werden. Nicht erforderlich ist, daß das Kind lebensfähig war; HüSsy: 103ff.; Egger: Kommentar Personenrecht, Art. 31, Nr. 5f.
Hervorgehoben besonders in der italienischen Rechtsauffassung, jedoch ohne die Beschränkung auf die uneheliche Mutter; ital. C. P. Art. 369 (per salvare l’onore...), Tessin Art. 328 und dazu Gabuzzi: Prot. II. ExpKom. 2, 179. Auch ital. StGB. 1930, Art. 578. Über die Konsequenzen unten 3.
Für die Hervorhebung des Ehrennotstandes im Tatbestand besonders V. Liszt: a. a. O. 116ff. Dazu Hafter: Z. 19, 146f.
Braendli: 113 spricht von einer bedenklichen, „wissenschaftlich unhaltbaren“Überschätzung der physiologischen Geburtswirkungen.
E. V. Liszt: ZgesStRW. 42, 99. Stark umstritten. Über die verschiedenen Lehrmeinungen Braendli: 64ff. Grenzziehung gegenüber der Abtreibung unten § 16 I.
Dazu Gautier: Z. 25, 235.
Kratter: a. a. O. 251.
Kasuistik bei HüSsy: 115ff.
Gautier: Z. 25, 235f. und Prot. II. ExpKom. 2, 176f. — V. Liszt: a. a. O. 110; Logoz: StenBull. NR. 1929, 7.
Aschaffenburg: Verbrechen und seine Bekämpfung (3. Aufl.), 28 spricht von einem eigenartigen Zustand der Ratlosigkeit. Statistische Angaben über die Kindestötung: eodem, 70f., 177.
Kritik V.Liszts an den Schweizer Entwürfen (a.a.O. 116f.): Es ist unklar, wie das Tatbestandsmoment „ unter dem Einfluß des Geburtsvorganges“neben der allgemeinen Bestimmung über die verminderte Zurechnungsfähigkeit bestehen kann.
Anders noch Hafter: Z. 19, 148.
Prot. II. ExpKom. 2, 181. Andere Meinung Braendli: 98f.
Anders die italienische Auffassung, die Tessin Art. 328 übernommen hat: Chiunque, a fine di salvare l’onore proprio o della propria famiglia, cagiona volontariamente la morte ad un infante...
Weitere Daten bei Braendli: 94f.
Allg. Teil, § 44 I 3; § 45 V 1; § 46 IV 1.
Dann nicht, wenn sie z. B. schon vor der Geburt den Geliebten zur Tötung des erwarteten Kindes angestiftet hat.
Vgl. Allg. Teil, § 48 I. Gut Braendli: 93ff.; Gautier: Z. 25, 235: Tous participants autres que la mère sont régis par le droit commun. Abweichende Anschauungen bei V. Liszt: a. a. O. 123f.; Pfenninger: StR. der Schweiz, 804, der die aus der Akzessorietät der Teilnahme sich ergebenden Schlüsse überspannt.
Tessin Art. 329 und Waadt Art. 118 heben die fahrlässige Kindestötung besonders hervor. — Vgl. noch Braendli: 90f. — Ein Fall der Verurteilung der Mutter einer Gebärenden wegen fahrlässiger Kindestötung infolge des Außer-achtlassens der erforderlichen Pflege: Z. 45, 283ff. und JZ. 28, 205, Nr. 51 (Baselstadt).
Instruktiv (gerichtsmedizinisch) über fahrlässige Kindestötung Ungar: ZgesStRW. 34, 1ff.
Die Daten bei Braendli: 99ff.; Stooss: Grundzüge, 2, 21f. — Noch weitergehend Obwalden PolStG. Art. 58 I, das nach einem alten gemeinrechtlichen Satze die Verheimlichung der Schwangerschaft durch eine uneheliche oder von ihrem Manne getrennt lebende Frau bestraft.
Zu Zürich § 139 JZ. 29, 204, wo Kindesbeseitigung als ein Delikt gegen die öffentliche Ordnung, die Rechtspflege, bezeichnet wird. Bemerkenswert zur Geschichte des Tatbestandes Zürcher Bl. 34, Nr. 49. Zu Luzern PolStG. § 85 (Verheimlichung der außerehelichen Niederkunft): JZ. 32, 47, Nr. 35. Zu St. Gallen Art. 135: Entscheid. des Kantongerichtes, 1935, Nr. 17.
Meyer V. Schauensee: JZ. 10, 318ff. schlug, unter Hinweis auf beachtenswerte Fälle aus der luzernischen Praxis, die Schaffung eines „Gefährdungstatbestandes“: Verheimlichung der Niederkunft vor.
Nur 6 kantonale Rechte haben für die Tötung auf Verlangen einen besonderen Tatbestand geschaffen: Freiburg Art. 55, Baselstadt § 102 (ungenau als Tötung eines Einwilligenden bezeichnet), Baselland § 102, Appenzell J. Rh. Art. 71, Tessin Art. 302, Neuenburg Art. 298 I. — Ausführlich zur Geschichte des Tatbestandes Hünerwadel: 11ff. — Velidedeoglu: 6ff.
Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 168; HüNerwadel: 51, 57ff.; Hafner: 42ff. — Das „Verlangen“ist mehr als die Einwilligung, ist ein vom Verletzten ausgehendes aktives Verhalten. Zum Begriff der Einwilligung namentlich Holer: Die Einwilligung des Verletzten, Zürcher Diss. (1906), 71ff.; zum Begriff „Verlangen“109ff.
Andere Meinung Holer: 111ff., nach dem auch die Tötung des Einwilligenden unter Art. 114 fallen würde.
Die VE. 1894 und 1896 hatten die „achtungswerten Beweggründe“in den Tatbestand aufgenommen. Dazu HüNerwadel: 49f.
Die Anwendung der Art. 64/65 neben Art. 114 wird, ohne ausreichende Begründung, von HüNerwadel: 74 abgelehnt. Zutreffend v. Planta: Prot. II. ExpKom. 2, 169.
Sterbehilfe: oben §31. Der an §23511 des norwegischen StGB, anknüpfende Vorschlag v. Liszt (VD. Bes. Teil, 5, 129, 133) versucht einen Ausgleich: „Wer durch das Verlangen des Getöteten oder durch den hoffnungslosen Gesundheitszustand einer ihm nahestehenden Person zur Tötung bestimmt worden ist, wird... bestraft.“Bedenken gegen eine solche Erweiterung bei Hafter: Z. 19, 149f. Nicht strafbar sollen dagegen ärztliche Maßnahmen sein, die lediglich auf die Absicht zurückgehen, die Leiden eines Sterbenden und auch seiner Umgebung zu mildern; vgl. Strassmann: Medizinische Welt, 4, 1082.
Aus den Kantonen, die den besonderen Tatbestand der Tötung auf Verlangen kennen, sind wegen dieses Deliktes keine Verurteilungen bekannt geworden. Ganz kleine Zahlen auch nach der deutschen Kriminalstatistik; Daten bei v. Liszt: a. a. O. 131; HüNerwadel: 72f.
Stark umstritten, namentlich in der deutschen Literatur; vgl. V. Liszt: a. a. O. 130 (abweichend vom Text); Binding: Lehrbuch, 2, 35; HüNerwadel: 55ff. (mit weitern Lit.-Angaben); Hafner: 45ff. Vgl. auch Allg. Teil, § 32 (die bei der Einwilligung des Verletzten sich ergebenden, zum Teil anders zu lösenden Fragen). — V. Hippel: Deutsches StR. 2, 248; Holee: a. a. O. 121f.
Es ist müßig, an die theoretische Feststellung der Begriffe „dringend“und „ernstlich“viel Interpretationskunst zu verschwenden, wie das z. B. bei Hapner: 50ff. geschieht.
Allg. Teil, § 36 IV.
Zürcher: Erläuterungen VE. 1908, 122. Vgl. auch Holee: a. a. O. 109ff.
A verlangt von B die Tötung. Dieser verweigert sie, bestimmt aber in der Folge den A zum Selbstmord oder leistet ihm dazu Hilfe. Geschieht das aus nicht-selbstsüchtigen Gründen, so bleibt er straflos. Hätte er das Tötungsverlangen des A erhört, so wäre er nach Art. 114 strafbar geworden. Vgl. Frank: 56, 63 (für die Gleichstellung der Teilnahme am Selbstmord mit der Tötung auf Verlangen).
Fünf kantonale Rechte enthalten Strafbestimnmngen: Bern Art. 125, wonach Hilfe beim Selbstmord bestraft werden kann, Freiburg Art. 56, Schaff-hausen § 145, Tessin Art. 301, Neuenburg Art. 298 II (mit der Tötung auf Verlangen zusammengestellt). — Rothenberger: a. a. O. 86f.
Gut Rothenberger: 44f.
Binding: Lehrbuch, 1, 25f.; Hafter: Monatsschrift, 398; Damian: a. a. O. 60ff.; Velidedeoglu: 62ff.
In Ländern ohne einen Sondertatbestand der „Teilnahme am Selbstmord“wurde das immerhin erwogen: Binding: a. a. O. 26 (bei Anstiftung zum Selbstmord); Kohler: Studien aus dem StR. 1, 93ff., 108ff., 144 und Goltdammer Archiv, 53, 386. Grundsätzlich auch Frank: a. a. O. 50ff., 59, 74f. Man konnte sich mit der Straflosigkeit nicht abfinden, die richtigerweise sich ergibt, solange ein besonderer Tatbestand fehlt; vgl. Frank: Kommentar Deutsches StGB. (17. Aufl.), 441; Rittler: Z. 13, 239ff.; Hafter: a. a. O. 400; Frank: Anstiftung usw. 68ff. (Lit.-Zusammenstellung).
Rothenberger: 62ff.; Frank: Anstiftung usw. 63f., 86. — Über das amerikanische Duell unten § 13 II 5.
So im Ergebnis auch Frank: a. a. O. 66, 77; Rothenberger: 43f.
Die VE. 1904 und 1906 enthielten dieses Tatbestandsmoment noch nicht. Es wurde angefochten von v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 139; Thormann und Gabuzzi: Prot. II. ExpKom. 2, 171ff.; Frank: 80f.; Damian: 85ff.; Rothenberger: 67ff., 88ff. (Vorschlag: aus verwerflicher Gesinnung); Lassally: ZgesStRW. 42, 645f.
Andere Meinung Rothenberger: 72, 89.
Bei der positiven Ordnung des G. ist die Frage bedeutungslos, ob nicht die Mißachtung fremden Menschenlebens so schwer wiegt, daß selbst dann, wenn der Täter aus edelsten Motiven gehandelt hat, Strafwürdigkeit besteht; dazu v. Liszt: a.a.O. 139; Lassally: a.a.O. 6451; Sandberg: JZ. 23, 279ff.; Velidedeoglu: 70, 81f.
Rothenberger: 58f.
Gut entwickelt von Rothenberger: 46ff., 78ff.
Wettstein: Prot. II. ExpKom. 2, 172; v. Hippel: Deutsches StR. 2, 487. — Eine bemerkenswerte, aber für die Auslegung des Art. 115 kaum fruchtbare Unterscheidung zwischen Anstiften und Verleiten versucht Bader: JZ. 18, 207ff. Dazu Rothenberger: 47ff.
Vorschlag Rothenberger: 44, 88, Vorschubleistung zum Selbstmord zu sagen, weil dieser Ausdruck sowohl psychische Beeinflussung wie physische Beihilfe umfaßt; vgl. den Tatbestand der Kuppelei (Art. 198; unten § 28 II 2). — Unter Hinweis auf einen eindrucksvollen Fall stellt Sandberg: JZ. 23, 279ff. zur Erwägung, auch denjenigen für strafbar zu erklären, der „in schwer-schuldhafter Weise jemanden zum Selbstmord veranlaßt“. Das ist zu unbestimmt. Ist mit dem Ausdruck „schwerschuldhaft“eine besondere Schuldform gemeint?
Wach: VD. Allg. Teil, 6, 62ff.
In der Literatur unbestrittene Auffassung; vgl. v. Hippel: Deutsches StR. 2, 465f., 501, 531f.
Damian: 79.
Noch nicht im VE. 1894 (Art. 52). Zur Entwicklung des Tatbestandes Prot. I. ExpKom. 1, 324f.; 2, 491ff.; Frank: 78ff.; Rothenberger: 55ff., v. Liszt: a. a. O. 140 (für Beschränkung der Strafbarkeit auf den Fall des vollendeten Selbstmordes).
Die von Rothenberger: 88 gestützt auf Art. 24 II gegen die Straflosigkeit des Verleitungsversuches geäußerten Zweifel bestehen nicht. Die besonders gestaltete Norm des Art. 115 geht der Regel des Art. 24 II (Strafbarkeit des Anstiftungsversuches bei mit Zuchthaus bedrohten Verbrechen) vor. Zudem: Art. 115 spricht von Verleitung, nicht von Anstiftung.
Mehrfache Änderungen der Strafdrohung während der Gesetzesberatung; Rothenberger: 81ff.
Beanstandet von Frank: 65 und Rothenberger: 90.
Weitere Daten bei Stooss: Grundzüge, 2, 35ff.
Unbrauchbar, weil zu unbestimmt und zu weitgehend, die häufig als Oberbegriff verwendete Bezeichnung der Körperverletzung als „Störung der körperlichen Unversehrtheit“; z. B. Gretener: Prot. I. ExpKom. 1, 357 (Zopf-abschneiden als Körperverletzung); v. Liszt: Lehrbuch (14./15. Aufl.), 314 (nicht mehr in spätem Aufl.); dagegen LöFfler: VD. a. a. O. 217. — Lehrreich für die Bestimmung des Begriffs der Gesundheitsschädigung die versicherungsrechtliche Literatur; vgl. z. B. Schoch: Der Unfallbegriff in der schweizerischen privaten Einzel-Unfallversicherung, Zürcher Diss. (1930), 74ff.
Sind z. B. Körperverletzungen die Versetzung in einen (leichtern) Rauschoder Betäubungszustand (Narkose, Hypnose usw.), das Versetzcn in einen Schreckzustand, das Verabreichen eines Abführmittels? s. die verschiedenen Auffassungen bei Löffler: 216f.; Binding: Lehrbuch, 1, 42ff.; V. Liszt-Schmidt: Lehrbuch, 475f. — Mit allgemeinen, biologisch orientierten Formeln — Binding: 42 (bestimmtes Maß der Abweichung vom normalen Zustand, welches sich als ein Krankheitsbild darstellt), Beling: ZgesStRW. 18, 286 (Schädigung des Gesamtorganismus) und Grundzüge (11. Aufl.) 77 — ist praktisch nichts anzufangen.
Art. 122 Ziff. 1 III spricht ausdrücklich von „körperlicher oder geistiger Gesundheit“und Abs. II nennt die Verursachung einer Geisteskrankheit.
Der VE. 1894 Art. 60ff. wollte, abgesehen vom Fahrlässigkeitsfall, die Bezeichnung Körperverletzung allgemein durch Mißhandlung ersetzen. Dazu Prot. I. ExpKom. 1, 347ff.
Den Bart- und Zopfabschneider soll man nicht wegen Körperverletzung bestrafen. — Die Nennung der Körperschädigung in Art. 123 erschwert die Abgrenzung gegenüber den Tätlichkeiten (Art. 126) und gegenüber der tätlichen Beschimpfung (Art. 177); s. unten II und § 38 I 4.
GrüEbler: 29ff. Die Beispiele, an denen diese Unterscheidung durchzuführen versucht wird, zeigen ihre Haltlosigkeit. Vgl. auch Schoch: a. a. O. 74f.
Die Unsicherheit zeigt der Satz bei LöFfler: 216f. „Von einer... Gesundheitsstörung sprechen wir (im strafrechtlichen Sinne) nur dann, wenn das Allgemeinbefinden in einem höhern Grade gestört ist durch Fieber, Unwohlsein, durch häufig wiederkehrenden oder kontinuierlichen Schmerz u. dergl., und wenn diese Störung uns nicht als etwas Vorübergehendes erscheint.“Vieles läßt sich hier bestreiten. Die Schwierigkeiten zeigt auch Kaufmann: JZ. 9, 335ff. (Begriff der Körperverletzung im Unfallversicherungsrecht).
Bemerkenswert die Entwicklung der Rechtsprechung zu Zürich § 144. Fraglich ist namentlich, ob auch bei leichter Körperverletzung (§ 144 lit. c) Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit notwendiges Merkmal ist; verneint Zürcher Bl. 11, Nr. 79; 12, Nr. 49; 27, 253. Über die für Annahme einer Körperverletzung erforderliche Intensität Bl. 27, Nr. 129; JZ. 25, 169, Nr. 30 (Züchtigung eines Knaben mit einer Schiffskette mit der Wirkung: 1 cm langer Hautriß am Kopf und Schürfung am Oberschenkel keine Körperverletzung). — Bern Art. 140 bis 142 macht den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit zum Merkmal der Körperverletzung. Mißhandlungen ohne diese Wirkung werden regelmäßig nur polizeilich bestraft (Art. 142 III und 256 Ziff. 5).
Gautier: Prot. II. ExpKom. 6, 200: Le rapport avec l’article 109 (jetzt 126) est trouble et incertain.
So schon zahlreiche bisherige Rechte; Stooss: Grundzüge, 2, 47. Teilweise wird der Tatbestand genauer beschrieben, z. B. Bern Art. 256 Ziff. 5: Tätlichkeiten, die keine Verletzungen (Wunden, Quetschungen, Beulen) zur Folge hatten; dazu Geiser (Lit. zu § 4): 86f.; vgl. auch Prot. II. Exp.Kom. 2, 197ff.
Gut Stooss: Grundzüge, 2, 295; Pfenninger: StR. der Schweiz, 811ff., der aber anderseits den Begriff der Körperverletzung überspannt, ihr jede Verletzung der körperlichen Integrität eines andern zurechnet. Zu weit auch Sarauw: 95f.
Gute allgemeine Umgrenzung LöFfler: 363 Keine Körperverletzung „ein bloßes Vergreifen am Körper ohne ernste Folgen, und zwar in ziemlich weitem Ausmaße.“
Ob wegen „Tätlichkeiten“oder wegen tätlicher Beschimpfung zu strafen ist, muß im Einzelfall nach dem subjektiven Sachverhalt entschieden werden. Über die Schwierigkeiten der Scheidung namentlich Sarauw: 100ff., 120f.; vgl. auch Schlatter (Lit. zu §2): 111f. Näheres unten §3814.
Zürcher Bl. 27, 253ff. Zu eng Stooss: Grundzüge, 2, 37: Als Tätlichkeiten erscheinen rechtswidrige Einwirkungen auf den Körper eines andern, die weder Wunden, noch Schmerz, noch Krankheit erzeugen. Dagegen schon LöFfler: 237, Anm. 2.
Dazu die sorgfältigen Untersuchungen von Sarauw: 17ff., 67ff.
Abweichend Sarauw: 117, weil nach ihm der Tätlichkeitsbegriff auch die fehlgeschlagene Einwirkung umfaßt. Das läßt den im Tatbestand des Art. 126 enthaltenen Erfolg unberücksichtigt.
Schnyder: Die Geschlechtskrankheiten in der schweizer. Armee während der Mobilmachung, Zürcher med. Diss. (1918). — Zahlen einer vom 1. Oktober 1920 bis 30. September 1921 für die Schweiz durchgeführten privaten Enquete bei Jäger: Die Geschlechtskrankheiten in der Schweiz (1922); auch Billeter: 1f.; Pfenninger: Z. 40, 209f. — Über die Anpreisung von Gegenständen zur Verhütung von Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit (Art. 211) unten §16 IV; Zürcher: Z. 38, 43f.
Zu erwägen ist, ob nicht mindestens bei Ansteckung mit Syphilis Art. 122 Ziff. 1 III (Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung) anzuwenden ist; Billeter: 10f.; Pfenninger: 215; Löffler: 375.
Billeter: 5ff.; Pfenninger: 219ff.—Zürcherische Urteile, die vorsätzliche Körperverletzung annehmen: Zürcher Bl. 23, Nr. 174; 31, Nr. 9; JZ. 20, 327, Nr. 66; 28, 150, Nr. 153. — Eine weitere tatsächliche Schwierigkeit ergibt sich aus der häufigen und verständlichen Scheu der Verletzten, erfolgte Ansteckungen anzuzeigen.
Entscheidungen d. Mil. Kassationsgerichtes 1915–1925, Nr. 72; Paschoud: Répertoire des Arrêts vaudois (1924), 46, unter Coups et blessures. — Bedenklich weit geht in der Annahme von Fahrlässigkeit ein bei Billeter: 14f. abgedrucktes zürcher. Urteil. — Beachtlich über die Fragen der Kausalität und des Verschuldens ein Kreisschreiben der zürcher. Staatsanwaltschaft von 1922; Z. 36, 136ff. Vgl. ferner eine Mitteilung der schweizer. Sanitätsdirektorenkonferenz an die Gerichte: Z. 48, 501f. (Bestrafung wegen Körperverletzung; Erlaß eines Bundes-Spezialgesetzes gefordert).
Über verwaltungsrechtliche Bekämpfungsmethoden Kraft: Die Sittenpolizei nach schweizer. Verwaltungsrecht, Zürcher Diss. (1919), namentlich 50ff., 91ff.
VE. 1908, Art. 79 II: „Eine geschlechtskranke Person, die jemanden wissentlich, namentlich durch geschlechtlichen Verkehr, in unmittelbare Gefahr bringt, von ihr angesteckt zu werden, wird mit Gefängnis bestraft.“Dazu aus den Beratungen Prot. II. ExpKom. 2, 253ff.; StenBuU. NR. 1929, 85f. Ferner Felder: 52f., 74ff. — Ansätze zu einem Gefährdungstatbestand in Schaff hausen §§ 184/5 („Unzucht im Zustande der Lustseuche“) und im Tessin Art. 4251. — Die Literatur zu der Gesetzgebungsfrage: Gefährdung durch Geschlechtskranke ist groß. Außer den in der Literaturübersicht zu diesem Paragraphen erwähnten schweizer. Schriften seien genannt v. Liszt: Strafrechtl. Aufsätze und Vorträge, 2, 471ff.; LöFfler: VD. Bes. Teil, 5, 292ff., 373ff.; Laupheimer: Der strafrechtliche Schutz gegen geschlechtliche Infektion (1914); JiméNez De AsúA: La Lucha contra el delito de contagio venéreo (1925); Beckaert: Le délit de contamination vénérienne, Revue (belge) de Droit pénal, 10, 879ff., 1070ff. Alle rechtsvergleichend (Gesetzgebung der skandinavischen Staaten!). Jetzt namentlich das deutsche Gesetz von 1927 zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, §§ 5ff. Kommentare von Schneidewin in Stengleins Strafrechtl. Nebengesetzen (5. Aufl. 1928), 1, 966ff.; Hellwig (1928). Vgl. Lindt: JZ. 23, 306ff. und Felder: 76ff.
DafüR Weiss: Z. 19, 69ff.; Billeter: 18; Planta: Prot. II. ExpKom. 2, 258. Zutreffend dagegen ZüRcher: Prot. II. ExpKom. 2, 254 und Pfenninger: a. a. O. 216.
Art. 231 ist Verletzungsdelikt mit der weitern Wirkung der Gemeingefährdung; Gautier: Prot. IL ExpKom. 3, 312; Pfenninger: 216; Hilfiker (Lit. zu § 11): 1291; Felder: 57, 64, 72ff.
Die Ansichten bei v. Hippel: Deutsches StR. 2, 245ff.; Holer: Einwilligung des Verletzten (1906), 122ff. Vielfach wird eine verschiedene Lösung für schwere und leichte Körperverletzung befürwortet. LöFfler: 366 will zwischen „echter Körperverletzung“und Tätlichkeiten scheiden. Nur bei diesen soll die Einwilligung die Rechtswidrigkeit ausschließen. Solange das Gesetz schweigt, sind das bloße Wünsche. Vgl. deutsch. StGE. 1927, §264: „Wer eine Körperversetzung mit Einwilligung des Verletzten vornimmt, wird nur bestraft, wenn die Tat trotzdem gegen die guten Sitten verstößt.“Das ist sehr dunkel.
Dazu Stadelmann: 25ff.
Außer Art. 95 MilStG. Fälle der Selbstverletzung und Verletzung eines Einwilligenden als Täuschungsmittel beim Versicherungsbetrug; vgl. eidg. Kranken- und Unfallversicherungsgesetz von 1911, Art. 99 II; Militärversicherungsgesetz von 1914, Art. 12, 13 III, auch Versicherungsvertragsgesetz von 1908, Art. 14. Dazu Stadelmann: 71ff., 76ff.; Graven: Z. 44, 133ff. (reiche Kasuistik). Siehe auch unten § 52 I 2 (Versicherungsbetrug). Über die Selbstverletzung von Gefangenen Stadelmann: 81ff.
LöFfler: 366. Vgl. Allg. Teil, §31 III 1.
Vgl. Binding: Lehrbuch, 1, 41; Rauber und Steiner: Aarg. Entscheidungen (2. Aufl), 13, Nr. 4. Eventuell trifft auch Art. 129 (Lebensgefährdung) zu; Gyr (Lit. zu §8): 55f.
Über die Ordnung der bisherigen Rechte Stooss: Grundzüge, 2, 52. — Das Antragserfordernis bei der einfachen Körperverletzung wird mit dem Hinweis auf das öffentliche Interesse an einer Verfolgung bekämpft von LöFfler: 379ff. u. a.
Bei dem in Art. 177 Z. 2 II genannten Fall kann es sich nur um eine Tätlichkeit gemäß Art. 126 handeln. Eine Kompensation zwischen gegenseitigen Tätlichkeiten und zwischen einer vorangegangenen Tätlichkeit und einer nachfolgenden Beschimpfung sieht das G. nicht vor. Das ist eine Lücke. Sie kann aber wohl auf dem Wege der Analogie geschlossen werden; Allg. Teil, § 4 II (Analogie bei Strafausschließungsgründen usw.). Vgl. ferner unten § 38 III (Provokation und Retorsion).
Aus den gleichen Gründen wie bei der fahrlässigen Tötung ist auch in Art. 125 die ursprünglich vorgesehene Schärfung bei der Verletzung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbepflicht fallen gelassen worden; oben S. 12, Anm. 3; Sten-Bull. NR. 1929, 86f. Vgl. GrüEbler: 66f.
Die Zusammenstellungen von Stooss: Grundzüge, 2, 39ff. zeigen die großen Verschiedenheiten der kantonalen Rechte. Zum Tatbestandsmoment der Arbeitsunfähigkeit gut Grüebler: 47ff. Über die gleichfalls weitgehend verschiedenen Abstufungen der ausländischen Rechte LöFfler: VD. Bes. Teil, 5, 212ff., der (364) meint, die Vielgestaltigkeit der Körperverletzung spotte jedes Versuches der Kategorisierung.
Beachtenswert die Entwicklung: VE. 1894, Art. 60–63: Mißhandlung mit tödlichem Ausgang, sehr schwere Mißhandlung, schwere Mißhandlung, Mißhandlung; gleich VE. 1896, Art. 62–65 (Körperverletzung); VE. 1903, Art. 71–73: Sehr schwere, schwere und einfache Körperverletzung; VE. 1908, Art. 74–76: Körperverletzung mit bleibendem Nachteil, schwere Körperverletzung, Körperverletzung. Dazu Prot. II. ExpKom. 2, 225 ff.
Dem Erfolg nach handelt es sich um einfache Körperverletzung, der Art der Begehung nach um einen erschwerten Fall.
Die selben Qualifikationen in einigen kantonalen Rechten; Stooss: 2, 50f.
Bei schwerem Erfolg ist Art. 122 gegeben; GrüEbler: 62.
Binding: Lehrbuch, 1, 47f.; v. Liszt-Schmidt: § 8 II/III; Frank: Kommentar, § 223 a; LöFfler: 277ff. und die in diesen Schriften zitierte Lit.
Gretener: Prot. I. ExpKom. 2, 514: auch Messer und ähnliche Gegenstände. Weitgehend die deutsche Auffassung: nicht nur Waffen im technischen Sinne, sondern auch ein Stock, ein schwerer SchlüSsel, ein Bierglas, ein geworfener Stein usw.; Frank: § 223 a, N. II 1 (im Hinblick auf die Fassung des §).
Stooss: Prot. I. ExpKom. 2, 515.
Art. 123 Ziff. 1 II ist insofern ein Gefährdungstatbestand. — Beispiele Franks: a. a. O. eine schwanke Gerte ein gefährliches Werkzeug, wenn sie in das Ohr eingeführt, nicht ein schwerer Knüppel, wenn mit dem dünnen Ende geschlagen wird. Ein Federhalter, wenn mit der Federseite gestochen wird, kann ein gefährliches Werkzeug sein, nicht, wenn er zum Schlagen verwendet wird. Vgl. ferner Binding: 48; GrüEbler: 65.
Ein auf einen Menschen gehetzter bissiger Hund, ausgegossenes Vitriol, der heiße Ofen, gegen den jemand gestoßen wird, als „gefährliche Werkzeuge“? Die Entscheidungen zum deutschen § 223a lauten ganz verschieden; s. die oben genannte Lit. — Gut Baselstadt, Strafgericht: Im Anhetzen eines Hundes liegt keine Körperverletzung mit gefährlichem Instrument. Instrument ist ein Gegenstand, den menschliche Körperkraft in Bewegung setzt; Z. 45, 264.
Zur Orientierung Remund (Lit. zu § 11): 103ff.; Dennstedt: Chemie in der Rechtspflege (1910), 68ff. und die Lehrbücher der gerichtl. Medizin. Beachtlich z. B. Kratter: Lehrbuch, 393: „Der Laie kennt nur unbedingte (absolute) Gifte, wie etwa Arsenik, Phosphor, Blausäure usw. Für die Wissenschaft gibt es solche unbedingt wirkende schädliche Körper überhaupt nicht. Sie kennt nur bedingte (relative) Gifte.“Vgl. ferner Gross-HöPler: Handbuch für Untersuchungsrichter (7. Aufl.), 792ff.; LöFfler: a. a. O. 299ff.; Gyr: 13ff.
Darüber Remund: 109f.
„Wer Jemandem vorsätzlich Gift beibringt, wird mit Zuchthaus von 2 bis zu 10 Jahren (!) bestraft.“Qualifikationen bei Gesundheitszerstörung und bei Tod. Über die Gründe der Streichung Prot. I. ExpKom. 1, 362ff.; Schwendimann (Lit. zu § 11): 38f., 88f.
Der Gedanke der Gefährdung in Verbindung mit vollendeter oder versuchter Körperverletzung ist besonders betont bei Gyr: 31ff.; vgl. auch Sten-Bull. NR. 1929, 87f.; Remund: a. a. O. 104.
Einen besonderen Gefährdungstatbestand der Vergiftung fordert u. a. Remund: 116ff. (interessante Fälle aus der Praxis). Das ist nicht notwendig, wohl aber ein Ausbau des Polizeistrafrechts zur Bekämpfung der Giftgefahren (abstrakte Gefährdungstatbestände); s. unten § 11 I.
Neben den Bestimmungen über die Körperverletzung und eventuell über die Tötung ist Art. 129 (Lebensgefährdung) nicht heranzuziehen. Zu den Vorentwürfen Gyr: 49ff. Über sogenannte gemeingefährliche Vergiftungen s. die Art. 234ff. des G.
In besonderer Form und weiterer Verschärfung kehrt der Gedanke in Art. 134/135 wieder; unten § 14.
Handelt es sich um ein Kind unter 16 Jahren, dessen Pflege oder Obhut dem Täter obliegt, so ist der schärfere Art. 134 anzuwenden; unten § 14.
Von hier ab ist stets im Auge zu behalten, daß das G. die Schuld-, nicht die Erfolgshaftung durchführen will. Soweit der schwere Erfolg auf Fahrlässigkeit oder Zufall zurückgeht, erfolgt nie Bestrafung aus Art. 122; unten § 9.
Auf die Unsicherheit des Begriffes der lebensgefährlichen Verletzung weisen Meyer y. Schauensee: Prot. I. ExpKom. 1, 354f. und Grüebler: 38ff. hin. Wie, wenn die Lebensgefahr, z. B. bei der Verletzung einer Arterie, durch ärztliche Behandlung rasch behoben werden kann? Entscheidend muß die Vorsatzrichtung des Täters sein.
Damit hängt zusammen, daß zahlreiche bisherige Rechte die Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zu den Tötungsdelikten rechnen; v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 20ff.; Stooss: Grundzüge, 2, 37ff. Es handelt sich in der Tat um schuldhafte Todesverursachung; oben § 3 I; Pfenninger: StR. der Schweiz, 826f.
Ein nicht seltener Fall: A traktiert B mit einem Messer, verletzt ihn lebensgefährlich. B erliegt nach Tagen seinen Verletzungen. A leugnet Tötungsvorsatz. Ist ein Tötungsdelikt trotzdem gegeben? Wenn nicht, so die weitere Beweisschwierigkeit, ob der Täter den Todeserfolg hat voraussehen können. Noch erhöhte Schwierigkeit, wenn der Täter unter Umständen oder mit einer Überlegung gehandelt hat, die seine besondere Gefährlichkeit offenbaren; vgl. Art. 112. Mord oder Mordversuch in Konkurrenz mit fahrlässiger Tötung oder schwere Körperverletzung mit tödlichem Ausgang? Ein Geschworenengericht kommt freilich um alle derartigen Konstruktionen herum. — Totschlag oder Körperverletzung mit tödlichem Ausgang: vgl. Entsch. des MilKassGer. 1915 bis 1925, Nr. 86; Entscheid. des Kantonsger. St. Gallen, 1935, Nr. 16.
Liste bei Stooss: Grundzüge, 2, 40ff. Nur vereinzelt (Zürich § 144 lit. a, Schaffhausen § 161 Ziff. 1) hat der Gesetzgeber die generelle Fassung: erhebliche bleibende Nachteile gewählt. Zu Zürich Zeller: Kommentar, § 144 N. 5.
Die bisherige schweizer. Rechtsprechung ist unausgiebig; vgl. dagegen die Kommentare zum deutschen § 224 (Frank und besonders ausführlich der Kommentar Ebermayer-Lobe-Rosenberg (4. Aufl., 1929), ferner Kaiser: Prot. II. ExpKom. 2, 240; GrüEbler: 42ff. — Besondere Schwierigkeit: oft ist erst lange nach der Tat festzustellen, ob Arbeitsunfähigkeit, Siechtum oder Geisteskrankheit bleibend (permanent) sind, oder ob ein Organ oder Glied eines Menschen endgültig unbrauchbar geworden ist. Der Richter kann jedoch sein Urteil nicht ins Unbestimmte aufschieben. Der Abs. III — andere schwere Schädigung — öffnet ihm hier einen Ausweg.
Fraglich, ob die Verursachung einer Geisteskrankheit in jedem Fall schwere Körperverletzung sein soll; vgl. Prot. II. ExpKom. 3, 51. Das hängt vom Umfang des Begriffs der “Geisteskrankheit ab.
Vgl. schon die Angaben über Nordamerika und die Schweiz: Allg. Teil, § 31 III 2, S. 159f. Ferner reiches Material in ZgesStRW. 52, 383ff. (Aufsätze von Kohlrausch, Fetscher, Gruhle, Luxenburger, Walthard und Burkhard), 477ff.: Zusammenstellung von Gesetzen und Gesetzentwürfen über Unfruchtbarmachung; eod. 53, 51ff. (Lenz). Neuere Übersicht über die Gesetzgebung bei Vervaeck: Les lois de stérilisation eugénique, Revue (belge) de Droit pénal, 15 (1935), 761ff. Überdies Mayer: Gesetzliche Unfruchtbarmachung Geisteskranker (1927) und dazu JZ. 25, 222f.; Agapito Martin de Sobradillo: La procréation et la stérilisation au point de vue du droit naturel, Freiburger Diss. (1932); Wolf: Die Kastration bei sexuellen Perversionen und Sittlichkeitsverbrechen des Mannes (1934), juristisch unausgiebig, dazu Z. 49, 242f.; Reuter: Beiträge zur gerichtlichen Medizin, 10, 5ff.; Pfenninger: JZ. 29, 1951; Hellwig: eodem, 30, 228ff.
Text: Z. 42, 127f. und JZ. 25, 223f. Über Anwendung und Auswirkung des waadtländischen Ges. v. Hentig: Eugenik und Kriminalwissenschaft (1933), 46ff.; Revue belge, 15 (1935), 768ff. — Im Kanton Bern besteht seit 1931 eine Verwaltungsverordnung über die Sterilisation von Frauen aus medizinischen und aus gewissen sozialen und eugenischen Gründen; dazu Revue belge, 15 (1935), 771f. — Schweizer. Tatsachenmaterial über Kastrationen bei Wolf: 135ff., 203ff. — Wichtig das deutsche Ges. vom 14. Juli 1933 zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (besondere Erbgesundheitsgerichte), ferner die Sicherungsmaßnahme der Entmannung gegenüber gefährlichen Sittlichkeitsverbrechern: deutsches StGB. § 42 K (Novelle vom 24. November 1933). Zur Orientierung Gütt, Rüdin und Ruttke: Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (1934); HüBner: Sterilisation im Handwörterbuch der Kriminologie 2 (1935), 676ff.; Gruhle: ZgesStRW. 55, 492ff.
Allg. Teil, § 21 II 1; Gretener: Z. 2, 399ff.; Stooss: GrundzüGe, 2, 48f.; GrüEbler (Lit. zu § 7): 90ff.; Logoz: StenBull. NR. 1929, 86.
Dazu Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 233f.; GrüEbler: 100ff.
Das Gesetz spricht von Voraussehbarkeit, nicht von Fahrlässigkeit. Sie ist aber gemeint, nicht dolus eventualis, wie Gautier: 233 annimmt. Besser wäre der deutliche Hinweis auf die Fahrlässigkeit (Art. 18 III) gewesen (Nieht-bedenken oder Nichtberücksichtigen des Erfolges aus pflichtwidriger Unvor-sichtigkeit). So auch Exner: Z. 24, 175. Gut der deutsche E. 1927, § 21: „Die an eine besondere Folge der Tat geknüpfte höhere Strafe trifft den Täter nur, wenn er die Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat.“Dazu (kritisch) v. Hippel: Deutsches StR. 2, 381.
Das Gesetz sagt ungenau „leichte“Körperverletzung.
Das gleiche System bei den Tatbeständen der Abtreibung (Art. 119 Ziff. 3), der Aussetzung (Art. 127 Ziff. 2), der Kindermißhandlung und der Überanstrengung von Kindern und Untergebenen (Art. 134/135), den Delikten gegen die geschlechtliche Freiheit (Art. 195). — Kritik der Strafandrohungen bei Exner: a. a. O. 177ff.: Die Strafe des vorsätzlichen Grunddeliktes sollte beim Hinzutreten eines weitern, fahrlässig bewirkten Erfolges nicht mehr erhöht werden, als dem fahrlässigen Delikt entspricht. Vgl. auch GrüEbler: 111ff.; LöFfler: VD. Bes. Teil, 5, 272 (dem Gesetzgeber sitzt noch der alte dolus indirectus im Nacken.)
Damit ist der Kreis geschlossen. Die Vorschrift des Art. 124 wäre wohl auch auf dem Wege der Schlußziehung zu gewinnen; vgl. das Basler Urteil Z. 47, 273; ZüRcher: Prot. II. ExpKom. 2, 232; Seiler: StenBuU. NR. 1929, 85. Doch ist die ausdrückliche Bestätigung des Grundgedankens nützlich; Lang: Prot. eodem, 236.
Calame: eod. 236f: „Impossible… de doser pour ainsi dire l’intention qui animait le délinquant.… Le délinquant ne songe qu’à une chose et ne veut qu’une chose: frapper son adversaire ou sa victime. Toute autre intention est bien loin de son esprit.“Ähnlich eod. Kaiser: 241. Weitere Gegner einer strengen Durchführung der Schuldhaftung s. Allg. Teil, 98, Anm. 2; v. Hippel: a. a. O. 380ff. und ZgesStRW. 42, 525; 47, 53.
Die besondere Gefahr einer unerfreulichen Dehnung des Fahrlässigkeitsbegriffs durch die Praxis — v. Hippel: Deutsches StR. 2, 382 — ist nicht einzusehen.
Anders — richtig im Anschluß an die Körperverletzung — die Entwürfe (1903, Art. 75; 1908, Art. 78). Auch die Bezeichnung des Deliktes wurde geändert: „Schlägerei“nach den VE. Die französischen Texte sprechen von „rixe“, der italienische von „rissa“, bisherige Rechte zum Teil von „batterie“. Diese Verschiedenheiten sind ein Zeichen für die Unabgeklärtheit des Tatbestandes.
Unzutreffend Forrer: 9, 21f., 50, 69; Wilhelme: Wirkliche und scheinbare Konkurrenz von Verletzungs- und Gefährdungsverbrechen gegen Leib und Leben (1912), 12f. Über das Wesen des Gefährdungsdeliktes unten § 11.
Die Mehrzahl der bisherigen Rechte müht sich damit ab, die im Raufhandel verübten Tötungen und Verletzungen durch Sonderbestimmungen zu erfassen. Weitgehende Kasuistik: Tod oder Körperverletzung auf das Zusammenwirken mehrerer zurückführbar, wobei dann wieder unterschieden wird, je nachdem festgestellt wird oder nicht feststeht, welche von mehreren an sich tödlichen Verletzungen den Tod verursachte; ferner besondere Bestimmungen mit deutlicher Erfolgshaftung der Beteiligten für den Fall, daß die tötende oder verletzende Handlung nicht ermittelt werden kann. Einzelne Daten bei Stooss: Grundzüge, 2, 55ff.; Forrer: 10ff.; LöFfleb: 311ff. (Dogmengeschichte und ausländisches Recht); Kriegsmann: Mittäterschaft und Raufhandel seit Feuerbach (1907), namentlich 100ff.; Oetker: Gerichtssaal, 100, 40ff.
Beachtenswert die Beratungen I. ExpKom. 1, 358ff.; Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 248f.
Bisher schon MilStG. Art. 128; Freiburg Art. 70 (mit deutlichem Blick auf die Erfolgshaftung: Schärfungsmöglichkeit, wenn im Raufhandel ein Mensch getötet oder körperlich schwer verletzt wurde); Genf Art. 385 Ziff. 3 (Polizeiübertretung).
Prot. II. ExpKom. 2, 250ff.; Forrer: 51ff. — Die Entstehung des Art. 133 und des entsprechenden Art. 128 des MilStG. stellt Forrer: 21ff. und 54ff. dar.
Ähnlich in andern Kantonen die Praxis; ZüRcher: Kommentar zum Zürcher. StGB. § 134, N. 1; Zeller: Kommentar, § 134, N. 3; JZ. 18, 326, Nr. 255; Geiser: 92ff. (bernisches Recht).
Gut Kriegsmann: a. a. O. 171ff. Zu weitgehend Logoz: StenBull. NR. 1929, 98, der zu allgemein den Raufhandel als „querelle accompagnée de voies de fait“bezeichnet.
Prot. II. ExpKom. 2, 250ff. Nur Erfolgshaftung, unter Ablehnung des Gedankens, daß eine Strafbarkeitsbedingung vorliegt, nimmt v. Hippel: StR. 2, 3801 an. Zur ganzen Frage Kriegsmann: 207ff.; LöFfler: 324ff.; Forrer: 61ff.; Rittler: Festgabe für Frank (1930), II, 5, 15, 20ff. — Art 133 setzt bloß voraus, daß im Zusammenhang mit einem Raufhandel ein Mensch das Leben verloren oder eine Verletzung erlitten hat. Das ist nicht der Fall, wenn der Sturm einen Dachziegel unter die Streitenden trägt und einen Beteiligten verletzt. Wohl aber, wenn ein Beteiligter aus Versehen sich selbst verletzte.
Höchstens kommen Übertretungsnormen in Betracht. Vgl. z. B. Appenzell A.-Rh. Art. 93: „Angriffe, Schlägereien..., welche keine Verletzung des Körpers nach sich ziehen, sind mit Geldbuße bis auf Fr. 200.— zu belegen“; auch Luzern, PolStG. § 80. — Unrichtig Forrer: 46.
Mit Recht kritisiert von Forrer: 70.
Kriegsmann: 181ff.; Binding: Lehrbuch, 1, 75; Forrer: 26ff., 52f. — ZüRcher. Urteile: JZ. 18, 326, Nr. 255; Zürcher Bl. 31, Nr. 88.
Beteiligungsvorsatz. LöFfler: 324ff.; Forrer: 32ff.
Kaum bestritten. Trefflich Binding: 1, 75. Vgl. JZ. 28, 283, Nr. 245.
Forrer: 62ff. Nicht haltbar Binding: 78 (nicht „beteiligt“, wer erst nach Eintritt des Todes oder der Körperverletzung am Raufhandel teilnahm oder vor Zufügung der Verletzung davon abgestanden ist).
So im Resultat auch Kriegsmann: 258.
Kriegsmann: 216f.; Forrer: 39ff. — In Einzelfällen sind Zweifel möglich. So beim Beispiel Bindings: 75f. (der Gastwirt, der das Licht auslöscht, damit die Schlägerei in seinem Lokal besser weitergehen kann. Nach B. liegt nicht Beteiligung am Raufhandel, sondern Beihilfe vor. — Faßt man den Beteiligungs-begriff weit genug, so reicht er auch hier aus. Übrigens wird dieser Wirt vor dem Richter wohl behaupten, er habe der Rauferei ein Ende machen wollen).
„à moins qu’il ne se soit borné à repousser une attaque, à défendre autrui ou à séparer les combattants.“
ZüRcher Bl. 18, 326, Nr. 255: Wer erst im Verlaufe des Streites in Notwehr gerät und in diesem Zustande eine Körperverletzung verübt, kann sich nur wegen der letztern auf den Strafausschließungsgrund berufen, nicht wegen der Teilnahme am Raufhandel als solcher.
Zutreffend Zürcher Bl. 14, Nr. 114; Zeller: Kommentar zürcher. StGB. §134, N. 3d. Unrichtig ZüRcher: Kommentar Zürcher. StGB. § 134, N. 4 und JZ. 15, 50, Nr. 13 (Glarus).
So Waadt Art. 148: richterliches Absehen von Strafe bei demjenigen möglich, „qui est suffisamment puni par les mauvais traitements qu’il a éprouvés ou par les blessures qu’il a reçues“. Dazu Paschoud: Arrêts vaudois, 26. Auch Neuenburg Art. 325; Prot. I. ExpKom. 1, 361. Gut Kriegsmann: 213f. (mit weiteren Lit.-Angaben).
Die VE. haben das zum Teil ausdrücklich bestimmt: VE. 1903 Art. 75, VE. 1908 Art. 78 und Prot. II. ExpKom. 2, 248, 252, 538: „Die Bestimmungen über Tötung und Körperverletzung bleiben vorbehalten.“Der Satz wurde später als überflüssig gestrichen; Prot. 8, 234ff. Der Vorbehalt ergibt sich auch aus dem endgültigen Text („wird wegen dieser Beteiligung mit Gefängnis oder mit Buße bestraft“).
Die herrschende Auffassung nimmt Idealkonkurrenz an; Fobbeb: 46; Fbank: Kommentar deutsches StGB. § 227, N. II 2 b und dort Zitierte. Reale Konkurrenz liegt deshalb vor, weil mehrere strafbare Handlungen, nicht nur mehrere Strafbestimmungen zusammentreffen: X beteiligt sich zunächst am Raufhandel, im weitern Verlaufe tötet er. Übrigens ergibt sich, da Art. 68 die beiden Konkurrenzarten gleich behandelt, praktisch kein Unterschied.
Abweichend für das deutsche Recht Binding: Lehrbuch, 1, 77.
Gut Forrer: 43, der aber kaum mit Recht die Wahl der Strafart und die Höhe der Drohung kritisiert (51).
v. Rohland: Die Kausallehre des StR. (1903), 19ff., Logisch betrachtet ist das zu Erwartende nicht etwas Wirkliches, sondern nur etwas Mögliches. Für die psychologische Auffassung hingegen... bedeutet das zu Erwartende eine Realität…“(21). Derselbe: VD. Allg. Teil, 1, 355; v. Ullmann: eodem, 9, 32ff.; Cottier: 5. Abweichende Ansichten — Gefahr nur eine Fiktion, nie eine Wirklichkeit — zusammengestellt bei Schwendimann: 25ff.
Schwendimann: 4ff. (Entwicklung des strafrechtlichen Gefährdungsbegriffes). Über Fortschritte der Gefährdungserkenntnis instruktiv Zangger: Z. 28, 277ff., 382ff.; Remund: 9ff., 50ff., 169.
Über den häufig erörterten Gefahrbegriff namentlich v. Rohland: Die Gefahr im StR. (2. Aufl., 1888). Ferner Binding: Normen, 1 (2. Aufl.), 119ff., 368ff.; Cottier: 8ff.; Hilfiker: 31ff.; Itin: 43ff.; Remund: 24ff.
Binding: Normen, 1, 397ff., auch 324, Anm. 10; v. Ullmann: a. a. O. 37ff.; Hilfiker: 110, 124; Remund: 65ff. (Epidemien-, Lebensmittel-, Kinderschutz-, Fabrikgesetze etc.); Schwendimann: 29; Schlatter (Lit. zu § 2): 163ff. — Der Gesetzgeber kann selbstverständlich auch konkrete Gefährdungen leichterer Art als Übertretungen gestalten, z. B. Art. 136 (Verabreichen geistiger Getränke an Kinder).
Dazu namentlich Binding: a. a. O. 368ff. (mit Hinweisen auf ältere Literatur); Derselbe: Gerichtssaal, 86, 355. Siehe unten IV und ferner § 15 III (allgemeiner Gefährdungstatbestand). — Gut die eine eindringliche Untersuchung des objektiven Gefährdungsbegriffes abschließende Beschreibung Itins: „Gefährdung ist das Herbeiführen einer Situation, als deren Ergebnis eine Verletzung bestimmter Rechtsgüter darum wahrscheinlich ist, weil weder der Bedrohte noch der Täter mehr imstande ist, sie aus eigener Kraft auszuschließen“(97). — Über den Unterschied zwischen konkreter und abstrakter Gefährdung vgl. BE. 58 I, Nr. 35.
Binding: 364ff. Vgl. auch Hilfiker: 119ff.; Itin: 12ff.
Es ist auch Einzelgefährdung, wenn der Bergführer eine Mehrzahl von Personen, die sich ihm anvertraut haben, in hilfloser Lage im Stiche läßt (Art. 127). Vgl. Hilfiker: 117f.
Beispiel: Binding, Lehrbuch, 2, 4f.: „Der Befehlshaber eines Kriegsschiffes, der aufs Haar genau weiß, wieviel Menschen er an Bord hat, erzeugt zweifellos Gemeingefahr, wenn er die Lunte an die Pulverkammer legt.“Über die verschiedenen Theorien gut Cottier: 43ff., auch Itin: 25f.
„Délits créant un danger collectif“, französische Überschrift des 7. Titels. Dazu Gautier: Prot. IL ExpKom. 3, 321.
Das letztere Moment erwähnt Binding in seiner Untersuchung des Begriffes (Normen, 1, 394ff. und Lb. 2, 4ff.) nicht. Gut Schwendimann: 95. — Geschichtliche Entwicklung des Begriffs der Gemeingefahr und Rechtsvergleichung bei Kitzinger: VD. Bes. Teil, 9, 1ff. und Cottier: 40ff. — Bezeichnend für die Schwierigkeit der Bestimmung des Begriffes die Unsicherheit in den Beratungen der I. ExpKom., Prot. 2, 210ff., 235ff., 244f., 663ff.
Bestimmte Mittel, namentlich die Entfesselung von Naturkräften, treten hier hervor. Sie haben zur Bildung der klassischen Tatbestände der Gemeingefährdung — Brandstiftung, Verursachung einer Überschwemmung — geführt. Mit der Zeit ist der Kreis der gemeingefährlichen Delikte viel weiter geworden.
Stooss: Lehrbuch des österr. StR. (2. Aufl.), 92: Wissentliehkeit begründet den Gefährdungsvorsatz. Es genügt das Bewußtsein, daß die Gefährdung mit einer Handlung notwendig verbunden ist. Damit glaubte Stooss, den Begriff des dolus eventualis fallen lassen zu können; ZgesStRW. 15, 199ff. Zustimmend Schwendimann: 41. Ähnlich LöFfler: VD. Bes. Teil, 5, 278 „Der Gefährdungsvorsatz ist nichts als der dolus eventualis, genauer gesprochen die Wissentlichkeit... Die vorsätzlichen Gefährdungsverbrechen sind nichts als unvollendete Yerletzungsverbrechen mit sog. dolus eventualis.“
Beim Tatbestand der Lebensgefährdung (Art. 129) und bei einer größeren Zahl gemeingefährlicher Delikte ergeben sich Besonderheiten. Darüber unten §1511.
So über den Gefährdungsvorsatz Binding: Normen (2. Aufl.) 1, 121f.; 2, 874ff.; Gerichtssaal, 86, 370ff.; V.Hippel: VD. Allg. Teil, 3, 528ff. und Deutsches StR. 2, 326ff. Lang: Prot. IL ExpKom. 5, 35f.: Wer gefährden will, hat nieht immer gleichzeitig den Verletzungsvorsatz; Itin: 102ff.
Auf die besonderen Schwierigkeiten der Schuldfeststellung bei Gefährdungen weist Zangger: Z. 28, 272ff. und 402ff. hin.
Binding: a. a. O. 122: Subsidiarität der Gefährdungstatbestände gegenüber den Verletzungstatbeständen. Abweichend nimmt v. Hippel: VD. a. a. O. 531 und StR. 328 Idealkonkurrenz der betreffenden Delikte (z. B. Aussetzung und Tötung) an. In einem solchen Fall wird aber der Richter erklären, der Täter habe durch Aussetzung getötet (und töten wollen) und nur wegen Tötung verurteilen. Anders natürlich der in Art. 127 Ziff. 2 des G. umschriebene Fall: Tod des Ausgesetzten infolge der Aussetzung, wobei der Täter diesen Erfolg voraussehen konnte (Fahrlässigkeit). Anders auch, wenn das Gesetz einem Verletzungstat bestand noch einen Gefährdungstatbestand anschließt, z. B. Art. 231 (Verbreiten gemeingefährlicher Krankheiten); vgl. oben § 7 III 1.
Die Einzelheiten und namentlich die Erörterung der Frage, ob es gesetzgeberisch gerechtfertigt ist, einen allgemeinen Gefährdungstatbestand zu schaffen, unten § 15. — In der nachfolgenden Darstellung wird das Delikt der generellen Lebensgefährdung am Schluß behandelt. Die in gewissem Sinn auch subsidiäre Bedeutung des Art. 129 kommt dadurch besser zur Geltung.
Oben § 10. — Gefährdungsmomente spielen auch bei einzelnen Fällen der Abtreibung eine Rolle; unten §1612. — Über den Wegfall eines besonderen Gefährdungstatbestandes der Vergiftung, den der VE. 1894 (Art. 66) vorsah, oben § 8 II 1.
Geschichtliche und ethnologische Daten — „Sitte“der Aussetzung im Altertum und bei Naturvölkern — bei Nejmark: 1ff., auch Lifschitz: 13ff. — Kantonale Rechte Stooss: Strafgesetzbücher, 643ff.; GrundzüGe, 2, 25ff.; Nejmark: 58ff.
„Weglegung“: Aussetzung kleiner Kinder; Carolina, Art. 132 und die an sie sich anschließenden Gesetze; Nejmark: 41ff.; Graubünden § 112f.
So schon Reichel: Prot. II. ExpKom. 2, 204 und namentlich Nejmark: 84ff.
Besser würde es heißen „einen Hilfsbedürftigen“. Dazu Hall: a. a. O. 350, 364.
So auch Radbruch: 203; Nejmark: 66 und 83f.; Itin (Lit. zu § 11): 152. Vgl. unten § 15 I 2. — Damit ist wiederum gezeigt, wie weit Art. 127 I über den früheren „Aussetzungs“-Tatbestand hinausreicht. Beispiele bei Nejmark: 73 (A ahmt Wilhelm Tell nach und schießt einen Apfel vom Kopfe seines Kindes ab. Der Krankenwärter führt einen Augenkranken in die Sonne und setzt ihn der Gefahr der Erblindung aus). Vgl. ferner Zürcher und Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 199. Noch weiter wollte Gabuzzi: eod. 202 gehen und jedes Verlassen eines Hilflosen, auch ohne Verursachung einer (konkreten) Gefahr unter Strafe stellen.
Radbruch: 198; Hall: 353ff. (mit guten Beispielen). Vgl. den Fall in JZ. 9, 145, Nr. 35 (Obergericht Appenzell a. Rh.): Ein Lehrer, der seine auf einem Schulausflug verunglückte Schülerin in hilfloser Lage im Stiche ließ. — Ausgeschlossen ist, daß sich der Täter gleichzeitig der Aussetzung im Sinne des Abs. 1 und des Imstichelassens gemäß Abs. 2 schuldig macht; Nejmark: 79.
Baselstadt: Z. 3, 583; St. Gallen: Entscheidungen des Kantonsgerichtes, Amtsbericht 1930, Nr. 16; JZ. 28, 119, Nr. 125.
Vom Standpunkt der Vorstellungstheorie aus, wonach der Vorsatz schon in der die Willensbetätigung begleitenden Vorstellung des Erfolges besteht, wäre der Vorsatzbeweis leichter. Art. 18 II bekennt sich aber zur Willenstheorie; Allg. Teil, 110 — abweichend Nejmark: 81, 90. Vgl. auch Hall: 343f., 348.
v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 151.
Vgl. Schwendimann (Lit. zu § 11): 90ff. mit zutreffender Kritik der in den Ausdrücken: Gefahr — schwere Gefahr — unmittelbare Gefahr liegenden unzulänglichen Versuche einer Abstufung. Ferner Schreiber: JZ. 28, 71f.
Grlarus § 99, Appenzell a. Rh. Art. 89: Aussetzung hilfloser Kinder durch die Eltern; Wallis Art. 230ff. und Genf Art. 290ff.: Kinder unter 7 Jahren (im Anschluß an Art. 349ff. des französischen Code pénal); Luzern § 164, Solothurn § 114, St. GaUen Art. 139, Graubünden §§ 112ff., Neuenburg Art. 304: Kinder, Gebrechliche, Kranke. — Gegen diese Beschränkungen Radbruch: a. a. O. 195, 201 und die heutige Literatur allgemein.
Auch ein hoher Grad von Trunkenheit als eine auf einem Krankheits-zustand beruhende Hilflosigkeit; so St. Gallen: Entscheidungen des Kantonsgerichtes 1930, Nr. 16; Frank: Kommentar Deutsches StGB. § 221, N. II; V. Liszt-Schmidt (25. Aufl.), § 90 II 1.
Einerseits: ein körperlich und geistig voll Leistungsfähiger wird auf einem verlassenen, steuerlosen Schiff ausgesetzt; anderseits: die Mutter legt ihren Säugling auf die Landstraße; Itin (Lit. zu § 11): 65.
Binding: Lehrbuch, 1, 63 (tatsächliche Übernahme der Obhut); Hafter und Lang: Prot. II. ExpKom. 2, 200, 202; Nejmark: 67ff.; Schwendimann: 94. Abweichend Radbruch: a. a. O. 192, Anm. 1.
Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 199; Nejmark: 69ff.
Dazu Gabuzzi: Prot. II. ExpKom. 2, 202, 204; Hall: 345. — Vgl. oben § 9, S. 42 und Anm. 2 (weitere, entsprechende Fälle).
Der Richter muß im Einzelfall bei der Strafzumessung diese Verhältnisse berücksichtigen. Die Weite der Strafrahmen ermöglicht ihm ein richtig bemessenes Urteil. Vgl. Neuenburg Art. 305: L’exposition d’un enfant nouveau-né, lorsqu’elle a entrainé la mort, est punie comme l’infanticide. Auf die nahe Beziehung zwischen Kindesaussetzung und Kindestötung wird auch sonst hingewiesen; Gautier: Prot. IL ExpKom. 2, 199f.
E. 1918 Art. 296: „Unterlassung der Nothilfe. Wer es unterläßt, einem Menschen in Lebensgefahr zu helfen, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden konnte; wer jemanden, den er verletzt hat, oder der durch ein Fahrzeug, ein Reittier oder ein Zugtier, das der Täter benutzt, verletzt worden ist, im Stiche läßt; wer einer andern gesetzlichen Pflicht zur Nothilfe nicht nachkommt; wer der Aufforderung eines Polizeibeamten, ihm zur Nothilfe Beistand zu leisten, nicht nachkommt; wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten oder sie daran stört; wird mit Haft oder mit Buße bestraft.“Dazu Pedotti: Die Unterlassung der Nothilfe, Zürcher Diss. (1911); Prot. II. ExpKom. 6, 206ff.; 7, 302f.; StenBull. NR. 1929, 90.
Über die Umgrenzung des Täterkreises können aus den Worten: „ein Fahrzeug... benutzt“Zweifel entstehen. Ist jeder Passagier z. B. eines großen Gesellschaftswagens, durch den jemand verletzt worden ist, strafbar, wenn er die Hilfeleistung unterläßt? Die Lösung liegt im Ausdruck „im Stiche läßt“. Strafbar ist der, dem nach den Umständen Hilfeleistung zuzumuten war. — Zur Entstehungsgeschichte und Auslegung des Art. 128 Prot. IL ExpKom. 2, 200ff.; 3, 52ff. Vgl. jetzt Art. 60 des BGes. vom 15. März 1932 über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr, und dazu Arbenz: Der Motorfahrzeugführer als Delinquent, Zürcher Diss. (1932), 51ff. (sog. Führerflucht); ferner § 22 II des deutschen Kraftfahrzeuggesetzes von 1909 und dazu Stengleins Kommentar zu den strafrechtlichen Nebengesetzen (5. Aufl.), 1, 562ff.
Vgl. ferner den Gefährdungstatbestand in Art. 136 (Verabreichen geistiger Getränke an Kinder); unten § 14 VI.
Binding: Lehrbuch, 1, 64; ZüRcher: Prot. II. ExpKom. 2, 203; Nejmark: 78f. — Vgl. oben § 11, S. 50, Anm. 5.
Köstlich darüber Gautier: Z. 11, 32f. Merkwürdig ist, wie viel in der Gesetzesberatung über die studentische Mensur geredet werden mußte: Prot. II. ExpKom. 2, 206ff.; StenBull. NR. 1929, 88ff.; 1934, 388ff.; StR. 1931, 508f. Nach der zürcherischen Kriminalstatistik wurden im Jahrzehnt 1911–1920 wegen Zweikampfes 15 Angeklagte verurteilt. Davon entfallen auf das Jahr 1920 allein 7. In den Jahren 1921, 1923–1925, 1927–1929 erfolgten keine Verurteilungen. Im Jahre 1922 wurden 8, im Jahre 1926 2 Angeklagte verurteilt (Rechenschaftsberichte des zürcher. Obergerichtes). Meines Wissens handelte es sich bei den Verurteilungen ausnahmslos um studentische Mensuren. — Die bekanntlich im argen liegende eidgenössische Kriminalstatistik gibt keine Auskunft über den Zweikampf in der Schweiz.
Zur geschichtlichen Entwicklung des Zweikampfes und seiner Kriminalisierung namentlich Levi: Zur Lehre vom Zweikampfverbrechen (1889). Ferner Gressly: 5ff., 61ff.; Binding: Lehrbuch, 1, 64ff. (mit Hinweisen auf die umfangreiche Literatur); Kohlrausch: VD. Bes. Teil, 3, 134ff., 150ff.
Zürcher Bl. 8, 12: Die Einwilligung oder Duldung vermag nicht die Reehts-widrigkeit aufzuheben. Sie vermindert aber die Strafwürdigkeit und rechtfertigt die Aufstellung einer milderen Strafdrohung. — Gegen die Einwilligungs-theorie Holer: Die Einwilligung des Verletzten, Zürcher Diss. (1906), 140ff. (nicht überzeugend). Über sie ferner Gressly: 77ff.
Schweigt das Gesetz, wie es in Frankreich — das seit mehr als 100 Jahren um eine besondere Duellgesetzgebung sich erfolglos bemüht — der Fall ist, so besteht Rechtsunsicherheit darüber, wie die Folgen eines Zweikampfes zu beurteilen sind, während der Zweikampf, sofern es bei einer bloßen Gefährdung bleibt, straflos ist. — Die zutreffende und heute in der Gesetzgebung vorherrschende Lösung ist: Bestrafung des Zweikampfes an sich als Gefährdung; mildere Bewertung der Folgen des Zweikampfes seiner Besonderheit wegen; Unterstellung unter das gemeine Recht (Tötung, Körperverletzung) bei wissentlicher Verletzung der Zweikampfsregeln. Für die Rechtsvergleichung wertvoll Kohlrausch: VD. Bes. Teil, 3, 147ff. und neuer in Anlage I zum Deutschen E. 1927, 96ff. — Über die Entwicklung der französischen Praxis Gautier: Z. 11, 12ff.
So wörtlich auch Aargau § 131. Weiter über die kantonalen Rechte Stooss: Strafgesetzbücher 653ff.; GrundzüGe, 2, 29ff.; Gressly: 23ff.; Gautier: Z. 11, 32ff.; v. Overbeck: 438ff. — Die beiden Appenzell, Tessin und Genf enthalten keine Duellbestimmungen. Tessin Art. 322 verordnet dagegen ausdrücklich: „La legge non riconosce scusa negli autori e complici di omicidio o di lesione personale, commessi o tentati per causa di duello.“Also Anwendung des gemeinen Rechtes. Über Genf Gautieb: 14ff., der auf die aus dem Genfer Gesetz sich ergebende Rechtsunsicherheit hinweist.
Damit entfallen die — freilich stark tendenziös anmutenden — Streitfragen, die im Anschluß an die Worte „tödliche Waffen“in § 201 des deutschen StGB, entstanden sind (der studentische Mensurschläger eine tödliche Waffe?). Vgl. Binding: Lehrbuch, 1, 69; Frank: Kommentar (18. Aufl.), 452f. und dort zitierte Literatur; Gautier: 34, 48; Gressly: 110ff. — Die studentische Mensur ist nach dem Gesetz selbstverständlich strafbar, auch dann, wenn schützende Vorkehren getroffen werden. So schon die bisherige Praxis: Zürcher Bl. 8, Nr. 4; 20, Nr. 76; JZ. 17, 331, Nr. 256. Offen bleibt nur die Frage der Privilegierung (unten IV). Über die neuerliche Freigabe der studentischen Schlägermensur in Deutschland vgl. jetzt Lohmann: Deutsche JZ. 38, 614f.
Dazu Prot. II. ExpKom. 2, 212ff. (Müller, Lang, v. Planta).
Sind die Duellbestimmungen eine Art Klassengesetz, wie in der Gesetzes-beratung gesagt worden ist (StenBull. NR. 1929, 92, 96: Farbstein, Huber)? In einem gewissen Sinne ja. Aber die Art. 130–132 wollen nicht nur in bestimmten Fällen den Täter günstiger stellen als das gemeine Recht. Sie stellen in mehrfacher Hinsicht privilegia odiosa dar.
Gautier: Z. 11, 10. Abweichend v. Liszt-Schmidt: Lehrbuch, §93, I; Frank: Kommentar (18. Aufl.), 452, die nur (annähernde) Gleichwertigkeit — ein höchst unbestimmter Begriff — fordern.
Gautieb: Z. 11, 33 weist auf die Verschiedenheit der Regeln, nach denen in Frankreich und in Deutschland ein Zweikampf angebahnt und durchgeführt wird, hin. „Le duel allemand mobilise… un personnel dont le luxe nous surprend“(Kartellträger, Unparteiischer, Sekundanten, Zeugen); vgl. auch Zürich §§ 92ff.
Vgl. auch BE. 9, Nr. 49 (keine Auslieferung auf Grund des deutsch-schweizer. Auslieferungsvertrages, der den Zweikampf nicht erwähnt, unter dem Gesichtspunkt der Tötung und Körperverletzung).
Zürich § 92: „Der Zweikampf wird, auch wenn er keine Körperverletzung... zur Folge hatte,... bestraft.“Bisherige Gesetze führen dagegen häufig in den Strafdrohungen Abstufungen je nach der Schwere des verursachten Erfolges durch; Daten bei Gressly: 31ff. und neuer Freiburg Art. 68 II und Waadt Art. 149 I (fakultative Androhung von Zuchthaus bei tödlichem Ausgang).
Heute fast allgemein anerkannte Auffassung. Der Zweikampf ist nicht, wie frühere Gesetze und Schriftsteller annahmen, ein Delikt gegen die öffentliche Sicherheit und gegen den Frieden (s. z. B. noch Zürich). Auch die bis heute festgehaltene italienische Auffassung, die den Zweikampf als verbotene Eigenmacht, als Verbrechen gegen die Rechtspflege, kennzeichnet (Cod. pén. 1930, Art. 394ff.), ist nicht zutreffend. Das wäre nur dann richtig, wenn die Duellanten in jedem Falle ein Recht, das ihnen der Richter verschaffen kann, durch den Zweikampf sich selbst nehmen wollten. Dazu gut Gautier: Z. 11, 11; Stooss: Grundzüge, 2, 31.
Der Vorsatz kann sehr verschieden sein. Entscheidend ist, daß der Vorsatz, das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Gegners zu gefährden, für die Erfüllung des Grundtatbestandes genügt. — Einzelne bisherige Gesetze bestimmen den Zeitpunkt der Vollendung ausdrücklich: z. B. Schaffhausen § 118 II „sobald einer der beiden Teile von den zum Kampf bestimmten Waffen gegen den andern Gebrauch gemacht hat“.
Gressly: 105ff.; Binding: Lehrbuch, 1, 72; Kohlrausch: VD. a. a. O. 142, 145.
Das ist, wenn es notwendig wäre, ein weiterer Beweis dafür, daß auch die studentische Bestimmungs- oder Freundschaftsmensur nach dem Gesetz Zweikampf ist.
Gressly: 148, 151ff. (Auseinandersetzung mit der deutschen Literatur); ZüRcher: Erläuterungen VE. 1908, 128. Gegen die Straffreiheit der Sekundanten Farbstein: StenBull. NR. 1929, 92. Bisherige Rechte sind in der Strafbefreiung sehr zurückhaltend; Daten bei Stooss: Grundzüge, 2, 34; Gressly: 37f.
Sehr streng Freiburg Art. 68 III: Sekundanten und Zeugen und ebenso Ärzte, die ihre Mitwirkung im voraus zugesagt haben, werden als Gehilfen bestraft.
Der in den Vorentwürfen (VE. 1908, Art. 242) enthaltene besondere Übertretungstatbestand: Zum Zweikampf Platz geben wurde gestrichen, Prot. II. ExpKom. 6, 213ff. Vgl. auch Kohlrausch: 144.
Gegen die Strafwürdigkeit solcher Beihilfe- und Begünstigungshandlungen Gressly: 153ff.
So Stooss: Prot. I. ExpKom. 1, 339; Gressly: 91ff.; v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 142f.; vgl. auch v. Liszt: Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, 1, 1ff. Mit Binding: Handbuch, 1, 702 und Lehrbuch, 1, 26 Mord anzunehmen, wenn der Gewinner auf der Einlösung des Ehrenwortes besteht, erscheint nicht möglich. Vgl. ferner mit weiteren Literatur-Hinweisen Rothenberger (Lit. zu §6): 53ff.
V. Planta: Prot. II. ExpKom. 2, 211. Über die Qualifikationen in den bisherigen Gesetzen Gressly: 145ff.; Stooss: Grundzüge, 2, 33.
Gleich schon Zürich § 93 bei absichtlicher Übertretung der üblichen Kampfregeln, wodurch „eine Tötung oder schwere Körperverletzung verursacht“wird. Ferner Bern Art. 148 III mit Hinzufügung des Falles, daß der Zweikampf „ohne Gegenwart von Sekundanten bestanden“wird; Schaffhausen § 122.
Dazu Gressly: 142ff. Das deutsche StGB. § 207 erklärt ausdrücklich, die Vorschriften über Tötung und Körperverletzung seien anzuwenden, „sofern nicht nach den vorhergehenden Bestimmungen (über den Zweikampf) eine härtere Strafe verwirkt ist“. Vgl. Binding: Lehrbuch 1, 73.
Ausdrücklich bestrafen den Kartellträger Zürich § 94, Luzern, PolStG. § 82 II, Obwalden PolStG. Art. 59 III, Basel § 119 I, St. GaUen Art. 158 III.
Zum Ganzen Gressly: 126ff.
Allgemein angenommen: ZüRcher und Gautier: Prot. II. ExpKom. 2, 2071; Gressly: 129.
Bisherige Schweizer Rechte Gressly: 39ff., 155ff. Dort auch über die sog. Zweikampfsbeleidigung, die Bezeigung von Verachtung wegen der Unterlassung einer Herausforderung oder der Ablehnung einer Forderung.
Anders z. B. das deutsche StGB., das den Zweikampf selbst mit custodia honesta, Festungshaft, die Aufreizung mit Gefängnis bestraft (§§ 205, 210).
Vgl. v. Overbeck: Z. 43, 212: Bleibt ein solcher Erfolg aus, so ist höchstens eine Versuchsstrafe verwirkt. — Ähnliche Tatbestandsbildungen finden sich häufig bei den gemeingefährlichen Delikten. Beispiele: Verursachung einer Explosion, wenn daraus eine Gemeingefahr für Menschen oder fremdes Eigentum entsteht (Art. 223); Hinderung oder Störung des Verkehrs mit der Wirkung, daß eine Gemeingefahr entsteht (Art. 237/238).
Die Einstellung der Art. 134 und 135 bei den Verbrechen gegen Leib und Leben ist zutreffend. Die Auffassung von Duensing: 12ff., 85, daß es sich um gegen den Staat und die öffentliche Ordnung gerichtete Delikte handelt, ist gekünstelt.
Vgl. Silbernagel: Prot. IL ExpKom. 2, 265.
Über die Begriffe schwere und lebensgefährliche Körperverletzung, Verletzung mit bleibendem Nachteil, die hier im Sinne des Art. 122 restlos zur Geltung zu bringen sind, oben § 8 II 2/3.
Dazu Art. 122 Ziff. 2: Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (oben § 8II2).
Auch in der Form der Unterlassung möglich; v. Overbeck: Z. 43, 212.
Daß die Wirkung der Gesundheitsschädigung oder -gefährdung vom Vorsatz mitumfaßt sein muß, betonen auch Zürcher: Erl. VE. 1908, 138 und v. Overbeck: Z. 43, 212. Vgl. ferner die von E. MüLler (Prot. II. ExpKom. 2, 267f.) vorgeschlagene Fassung: „Wer ein Kind... durch Mißhandlung oder Vernachlässigung an seinem Körper schädigt.“
Dazu v. Overbeck: Z. 43, 211f.
Zur Entwicklung der Strafdrohungen in den Entwürfen Wedmer: 38ff.
Die Entwicklung des Tatbestandes in den Entwürfen zeigt Steinemann: 24ff.
Die Tatbestände der Verletzung der Elternpflichten durch Verwahrlosung der Kinder — z. B. Zürich § 148 — und Sonderbestimmungen gegen die Überschreitung des Züchtigungsrechtes — z. B. Bern Art. 146 — erfassen das Problem der Kindermißhandlung nur teilweise. Zusammenstellung kantonaler Bestimmungen bei Duensing: 99ff.; Wild: 126ff.; Steinemann: 17ff.; Widmer: 12ff. Reiches Tatsachenmaterial in dem von der Schweizer. Vereinigung für Kinder-und Erauenschutz herausgegebenen Schweizer. Jahrbuch für Jugendfürsorge (1911–1918); vgl. ferner Wild im Sammelband: Jugendfürsorge (1908), 445ff. — Auf hoher Stufe steht die englische Kinderschutz-Gesetzgebung. Vgl. namentlich den Children Act von 1908, § 12: Kindermißhandlung. Dazu Atherley Jones und Bellot: The Law of Children and young persons (1909), 24ff. Deutsche Übersetzung der Children Act von Rosenfeld (Sammlung außerdeutscher Strafgesetzbücher, Nr. 27). Neuer die Children and young persons Acts von 1932 und 1933. — Belgisches Gesetz von 1912 sur la protection de l’enfance. Kommentar von Collard (1912). Ferner Bulletin de l’office (belge) de la protection de l’enfance (1912/1913). — Actes du I et du II Congrès international pour la protection de l’enfance (1913, 1921). Eine Zusammenstellung der in das schweizer. StGB, aufzunehmenden Kinder- und Jugendschutzbestimmungen, soweit jugendliche Personen Deliktsobjekt sind, hat ZüRcher: Prot. II. ExpKom. 4, 77ff. gegeben.
Zur Abgrenzung des TäTerkreises Duensing: 11f.; ZüRcher: Erl. VE. 1908, 137f.; v. Overbeck: Z. 43, 212; Weiss: 58ff. (Pflegeeltern); Steinemann: 29f. — Die früheren Entwürfe, z. B. VE. 1908 Art. 80, erwähnten nur die Pflege-, nicht die Obhutpflicht. Durch die Nennung der letzten ist der Täterkreis erweitert worden (Dienstboten, eventuell Lehrer); Silbernagel: Prot. II. ExpKom. 2, 264, 269. Verfehlt Widmer: 35f., der die Kindermißhandlung als Verbrechen gegen die Familie auffaßt.
Interessante Kasuistik bei Duensing: 20ff., 91ff. und namentlich bei Wild: Körperliche Mißhandlung, 7ff. und Jugendfürsorge, 444ff. Vgl. ferner Schoch: 15, 17ff. (Überschreitung des Züchtigungsrechtes, Mißhandlungen zur Befriedigung brutaler Affekte, aus Gewinnsucht); Weiss: 71ff.
So auch Duensing: 42f. und Silbernagel: Prot. II. ExpKom. 2, 262ff. Weitergehend Weiss: 70ff.
Zürcher: Erl. VE. 1908, 137f. Auch die hohen Strafdrohungen — Mindeststrafe Gefängnis nicht unter 1 Monat schon bei Erfüllung des Grundtatbestandes nach Abs. 1 — lassen das angezeigt erscheinen. Vgl. v. Overbeck: Z. 43, 212.
Diese Gesetze sind hier nicht darzustellen. Über sie Silbernagel: Handbuch der schweizer. Behörden (193), Abschnitte: Soziale Fürsorge, Fabrikarbeit, Lehrlingsfürsorge, Gewerbewesen. Ferner Handwörterbuch der schweizer. Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, herausgegeben von Reichesberg (1903–1911), Artikel Arbeiterschutz, Frauenarbeit, Lehrlingsschutz; überdies in den Nachträgen (Bd. III/2) die Artikel Arbeiterschutzverträge, Heimarbeit, Kinderarbeit. Vgl. auch Schweizer. Arbeitsrecht, herausgegeben vom Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (1925). Landmann: Die Arbeiterschutzgesetzgebung der Schweiz (1904). Diese Werke sind zum Teil veraltet. Außerdem Deutsch: Die Kinderarbeit und ihre BekäMpfung (1907); Zinsli: Kinderarbeit und Kindersehutz in der Schweiz (1908); Gilliabd: Protektion de l’enfance abandonnée et de la jeunesse exploité (1908); Rohrer: Die Kinderarbeit im Kanton Thurgau, Berner Diss. (1920). — Vgl. ferner das große Tatsachenmaterial und die Literatur-Zusammenstellungen in den bereits zitierten Schweizer. Jahrbüchern für Jugendfürsorge.
ZüRcher: Prot. II. ExpKom. 2, 274; Weiss: 73ff., 86; Duensing: 44ff. (Anhalten von Kindern zu unangemessenen Arbeitsleistungen).
Dazu Radbruch in der „Justiz“, 2, 574ff.; Wunderlich: DJZ. 33, 1150ff.
Pflegekinder, deren Schutz gegen Überanstrengung und Ausbeutung besonders dringend sein kann; Weiss: a. a. O.
Bedenken gegen den besonderen Schutz mündiger weiblicher Angestellten hat Thormann: Prot. II. ExpKom. 2, 275 geäußert. Über die Schutzbedürftigkeit gut Gautier: Z. 25, 250f. Vgl. auch v. Overbeck: Z. 43, 214.
Das Marginale des italienischen Textes spricht bezeichnend von abuso delle forze di lavoro. Duensing: 47ff.; Schoch: 29f. und Weiss: 74ff. weisen auf Fälle aus der Praxis hin, denen bisher mit dem Strafrecht schwer beizukommen war. — Daten über die Kinderarbeit in der Schweiz und die Ausbeutung jugendlicher Arbeitskraft bei Wild im Sammelband: Jugendfürsorge (1908), 455ff.
Dazu die Kommentare von Silbernagel (Gmür’scher Kommentar, 2, 2. Abteilung, 2. Aufl., 1927), mit reichen Lit.-Angaben, namentlich S. 84f. und 137ff. und von Egger: Kommentar Familienrecht (2. Aufl.), zu Art. 273ff. Besonders hervorzuheben Grob: Das Recht des Kindes auf die Fürsorge der Eltern, Zürcher Diss. (1912); MüLler: Das staatliche Eingreifen in die Elternrechte zum Schutze der Person des Kindes, Zürcher Diss. (1923); Steinemann: a. a. O. 48ff. — Vgl. auch OR. Art. 337 III: Der Lehrling darf in der Regel weder zu Nacht- noch zu Sonntagsarbeit verwendet werden.
Dazu Widmer: 41ff.
Anders nur wenn dem mißhandelnden oder überanstrengenden Täter Tötungsvorsatz nachgewiesen werden kann. — Fehlt es an einem Merkmal der Art. 134/5, liegt aber Körperverletzung oder Lebensgefährdung vor, so kommen die Art. 123f und 129 zur Anwendung; V. Overbeck: Z. 43, 213ff.
v. Overbeck: Z. 43, 215ff. Weitere Konkurrenzmöglichkeiten bei Widmer: 43ff.
Bemerkenswerte Entwicklung des Tatbestandes, dem durch die kantonalen Wirtschaftsgesetze vorgearbeitet ist, in den Entwürfen: Prot. II. ExpKom. 6, 216f.; 7, 303ff. Für die Prohibition ist die Schweiz nicht reif. Abstinenten- und ärztliche Kreise wünschten Erweiterungen (namentlich Verbot der Verabreichung von Alkohol an Kinder, Betrunkene, Geisteskranke in Wirtschaften überhaupt). Vgl. Blocher (mit Daten über die kantonalen Wirtschaftsgesetze): Z. 22, 37ff., 45f.; H. W. Maier: eod. 320; HüRbin: Z. 23, 204; Ladame: eod. 335; Lang: Prot. II. ExpKom. 6, 216f.
Auf die hier sich ergebende Beweisschwierigkeit haben Lang und Gautier: Prot. II. ExpKom. 6, 217 und 7, 304 hingewiesen. Vgl. auch v. Overbeck: Z. 43, 220.
Annahme ZüRchers: Erl. VE. 1908, 450 und Prot. II. ExpKom. 7, 307.
Art. 245 II des VE. 1908 und Art. 297 Ziff. 2 II sahen gegenüber dem rückfälligen Wirt die Möglichkeit vor, die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes zu untersagen. Die Streichung erfolgte, weil hier die Ordnung der kantonalen Wirtschaftsgesetzgebung anheimgegeben werden sollte; Logoz: StenBull. NR. 1929, 99.
Einzelne Vorentwürfe, z. B. VE. 1908 Art. 72 und 79 hatten neben der Lebensgefährdung einen Tatbestand der Gefährdung der Gesundheit mit besonderer Hervorhebung der Gefährdung durch eine geschlechtskranke Person vorgesehen; dazu Prot. I. ExpKom. 1, 343ff., 365 (im VE. 1894 ist der besondere Fall der Gefährdung durch Geschlechtskranke noch nicht hervorgehoben); ZüRcher: Erl. VE. 1908, 125f., 135f.; Prot. II. ExpKom. 2, 216ff., 253ff. (Streichung des Tatbestandes der Gesundheitsgefährdung). Über die Gefährdung durch Geschlechtskranke oben § 7 III 1. Zum ganzen Problem der Gefährdung von Leben und Gesundheit Itin: passim, namentlich 137ff.: Der Tatbestand der Gesundheitsgefährdung scheiterte nicht am mangelnden Verständnis für die Kostbarkeit des betreffenden Rechtsgutes, sondern an der fehlenden Möglichkeit einer Formulierung, die seine Anwendung im Sinne des Gesetzgebers garantiert hätte (139).
Hilfiker: Z. 33, 114f. Itin: 141; Zangger: Z. 28, 405 wendet sich mit Recht gegen den unklaren Begriff der „unmittelbaren“Gefahr.
Schwierigkeiten freilich auch hier. Bemerkenswert Itin: 149: Im konkreten Fall kann der ungezielte Schuß Gefährdung, der gezielte Tötungsversuch sein. Bestritten ist, ob Gefährdungsversuch begrifflich möglich ist; verneint von Itin: 84f., zutreffend bejaht von Binding: Normen, 1, 386; auch Gerichtssaal, 80, 366: Unvollständige Anwendung der Gefährdungsmittel. Solche Fälle werden sich freilich schwer rechtsgenügend feststellen lassen.
Zangger: Z. 28, 382ff., 390ff.: Der Tatbestand der Gesundheitsgefährdung darf nicht weggelassen werden. Lebens- und Gesundheitsgefährdung zu unterscheiden ist praktisch meistens nicht möglich. Ebenso Remund (Lit. zu § 11): 92f., 175; Hilfiker (Lit. zu § 11): 111ff.; v. Liszt: VD. a. a. O. 151ff.
Gut Itin: 140. Vgl. auch die Erörterung zum Tatbestand der Aussetzung (Art. 127): oben § 12 II 1.
Allgemein anerkannt: Radbruch: VD. Bes. Teil, 5, 203; Nejmark (Lit. zu § 12): 66 und 83f.; Itin: 152. Vgl. auch v. Overbeck: Z. 43, 211.
Dazu Itin: 150f., der aber zu Unrecht die Möglichkeit einer Idealkonkurrenz zwischen Art. 134/5 einerseits und Art. 129 anderseits annimmt.
Dafür treten namentlich ein Löffleb: Die Schuldformen des Strafrechts 1 (1895), 6ff. und MiřIčKa: Die Formen der Strafschuld (1903), 37ff., 77ff., 185ff. Dazu die Kritik bei v. Hippel: VD. Allg. Teil, 3, 536ff.
Lehrbuch des österreichischen Strafrechts (2. Aufl.), 92, auch Z. 31, 32f. Vgl. ferner oben § 11 III.
ZüRcher: Erl. VE. 1908, 125ff. und Prot. II. ExpKom. 2, 217 nennt die Lebensgefährdung des Art. 129 ein Vorsatzdelikt. Der Vorsatz muß gerichtet sein auf Herbeiführung der Gefahr.
Gautier: Prot. IL ExpKom. 2, 218: „Le délit ici prévu ne comporte pas une intention de l’auteur. Il se commet par négligence…“Dazu Itin: 120ff. (Abgrenzung des sog. Gefährdungsvorsatzes von der Fahrlässigkeit).
ZüRcher: Prot. I. ExpKom. 2, 507 meinte, die Bestimmung solle „gewisse Fälle des Vorsatzes und der bewußten Fahrlässigkeit“treffen. Vgl. auch Hilfiker: Z. 33, 121.
Ein Widerspruch zu Bestimmungen des allgemeinen Teils besteht nicht. Wenn Art. 18 I verordnet, daß nur die vorsätzliche Verbrechensverübung strafbar ist, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich anders bestimmt, so bezieht sich diese Wendung in erster Linie auf die regelmäßige Straflosigkeit der Fahrlässigkeit. Aber es steht dem Gesetzgeber frei, auch andere Fälle schuldhafter Verübung, außer der Fahrlässigkeit, für strafbar zu erklären. Der Schuldvorwurf liegt darin, daß der Täter, trotz des Wissens um die Gefahr, die Gefährdung nicht unterließ.
In den Kommissionsberatungen wurden anstatt „gewissenlos“die Ausdrücke „frevelhaft“(Prot. I. ExpKom. 2, 508ff.), „unter Verletzung einer rechtlichen Pflicht“und „böswillig“(Prot. II. ExpKom. 2, 216ff., 253ff.) erwogen. Beachtlich die Fassung des auf andere Verhältnisse abzielenden Art. 70 I des MilStG.: „Wer ohne genügende dienstliche Veranlassung das Leben oder die Gesundheit eines Untergebenen ernstlich gefährdet.“
Entgegen Itin: 106 muß auch die Möglichkeit einer (unbewußt) fahrlässigen Gefährdung angenommen werden; vgl. Binding-: Gerichtssaal, 86, 369ff. Remund (Lit. zu § 11): 93f. und 175 fordert vom ärztlichen Standpunkt aus einen Tatbestand der fahrlässigen Gefährdung, weil sie „in gewaltiger Mehrzahl“den Plan beherrsche. Die Waffen, die Art. 129 zur Verfügung stellt, reichen aber bei richtiger Auslegung der Worte „wissentlich und gewissenlos“zur Erfassung der strafwürdigen Fälle aus.
Dagegen namentlich. Binding: Normen, 1 (2. Aufl.), 384f. Gefährdungs-tatbestände sollen nur als Delikte mit gesetzlich geschlossenen Mitteln aufgestellt werden. „Allgemein gefaßte Gefährdungsverbote würden eine geradezu unerträgliche Beschränkung menschlicher Handlungsfreiheit bilden.“Der Gesetzgeber muß aus den für ein Rechtsgut gefährlichen Handlungen die gefährlichsten auslesen. Er muß dabei sowohl das Objekt als die Art der Gefährdung namhaft machen. Ferner Gerichtssaal, 86, 362, 367ff. (Der Tatbestand der generellen Gefährdung hat vollständig verwaschene Grenzen). Weitere Gegner Gretener und Meyer v. Schauensee: Prot. I. ExpKom. 2, 506ff.; Bolli: Prot. II. Exp-Kom. 2, 220f.; v. Bar: Gesetz und Schuld, 2, 444f. (arger gesetzgeberischer Mißgriff); v. Rohland: VD. Allg. Teil, 1, 3571; Hamm: DJZ. 11, 843 (abstrakt und uferlos); Ebermayer: DJZ. 16, 1047; Baumgarten: Z. 34, 99. Für die generelle Gefährdungsbestimmung haben sich neben den Redaktoren der Entwürfe insbesondere eingesetzt v. Liszt: VD. Bes. Teil, 5, 151 ff.; Löffler: eod. 290f.; Radbruch: eod. 201f.; MiřIčKa: a. a. O. 189ff.; Zangger: Z. 28, 381ff.; Remund: 78ff., 921; Hilfiker: 114f.; Itin: 137ff., 148f.
Beispiele von wissentlichen und gewissenlosen Gefährdungen: Schießen mit einem Flobertgewehr in den Luftraum eines Hausgartens; Werfen von schweren Steinen durch die Fenster eines bewohnten Hauses; Gefährdungen durch Automobilisten aus Sensationslust; gefährliche Schaustellungen und Vorführungen, z. B. mit Schußwaffen; Unterlassung gebotener Schutzmaßregeln in industriellen und gewerblichen Betrieben, wozu die Sondertatbestände in Art. 229 und 230 zu vergleichen sind; Experimente am Menschen mit Krankheitserregern, mit noch nicht erprobten sog. Heilmitteln, mit chirurgischen Eingriffen; Gefährdungen durch das gewissenlose Verschaffen, Verkaufen, Feilbieten usw. von Giften (zahlreiche Fälle aus der Praxis bei Remund: 116 ff.); Anschneiden der Sprossen einer Leiter, die ein anderer benutzen soll; Eheschließung seitens einer schwerkranken Person, z. B. eines Tuberkulosen (zweifelhafter Fall). Zweifelhaft bleibt auch, ob Art. 129 die Gefährdung durch Geschlechtskranke erfassen kann („unmittelbare Lebensgefahr“); oben § 7 III 1.
Oben § 11 IV; Lang: Prot. II. ExpKom. 2, 220; Itin: 153ff.
Logoz: StenBull. NE. 1929, 91.
Kritik v. Liszts: VD. 156, der überdies den Strafrahmen des Abs. 1 in allen Fällen für ausreichend hält. Vgl. auch Itin: 144f.; Hafter: Z. 19, 152.
Die durch ärztliche Hilfe herbeigeführte Beschleunigung und Erleichterung des natürlichen Geburtsvorganges erfüllt den Straftatbestand nicht.
Stooss: Strafgesetzbücher, 635ff. und Grundzüge, 2, 22ff. Die deutschschweizerischen Gesetze bezeichnen die Handlung regelmäßig als Tötung der Frucht, die welschen als procurer l’avortement (Auffassung des französischen Rechts und seiner Nachbildungen). Dazu Gautier: Z. 25, 238. Ferner Forster: 7ff.; Schifferli: 50ff. (rechtvergleichendes, auch ausländisches Material); Radbruch: 161ff.; Spinner: 349ff.
Das G. faßt die Art. 111–117 zu der Gruppe der Tötungsdelikte zusammen. Für die Abtreibung (Art. 118ff.) hat es einen besonderen Unterabschnitt gebildet. Vgl. Spinner: 358ff.
Binding: Lehrbuch, 1, 37f.; Gautier: Z. 25, 239f. und Prot. II. ExpKom. 2, 186 macht überdies darauf aufmerksam, daß bei der Abtreibung Tötungs-vorsatz häufig nicht vorliegt, daß er mindestens schwer beweisbar ist.
Z. B. Zürich § 140: „... Frucht vorsätzlich im Mutterleibe tötet oder vor der gehörigen Reife abtreibt…“Noch weiter in der Kasuistik geht Aargau § 120: „... Mittel anwendet, wodurch die Abtreibung der Leibesfrucht bewirkt oder ihre (der Schwangeren) Entbindung auf solche Art befördert wird, daß das Kind tot zur Welt kommt oder infolge der angewendeten Mittel nach der Geburt stirbt,…“
Hofmann-Haberda: Lehrbuch der gerichtl. Medizin (1919), 225f.; Kratter: Lehrbuch der gerichtl. Medizin (1912), 224, 237. Über ganz seltene Fälle einer Resorption der abgestorbenen Frucht wird allerdings berichtet. Dann müßte nach Art. 118f. bloßer Versuch angenommen werden. Vgl. auch Gautier: Z. 25, 238; ZüRcher: Erl. VE. 1908, 124.
JZ. 21, 258, Nr. 211 (Baselstadt); Zürcher BL 31, Nr. 90. 6 Clément: a. a. O. geht aus von einem Recht des Kindes auf die Geburt (droit de l’enfant à naître).
Endlos erörterte Fragen; vgl. namentlich E. V. Liszt: 39ff.; Spinneb: 333ff.; Radbruch: 160; Forster: 22ff.; Steiner: 6ff.; Lang: Prot. IL Exp-Kom. 2, 188f.; Seiler: StenBull. NR. 1929, 23 (Schädigung der Volkskraft).
Gautier: Z. 25, 241: „La loi doit protéger l’être humain, même sous sa forme embryonnaire, et le protéger contre toute attaque, d’où qu’elle parte“; GrüNenfelder: StenBull. NR. 1929, 31. Die Anerkennung dieses Grundsatzes braucht aber den Gesetzgeber nicht dazu zu führen, die Abtreibung als Tötungsdelikt zu gestalten.
Gautier: Z. 25, 2421; Bolli: Prot. IL ExpKom. 2, 192; Spinner: 342f.: Abtreibung gegen Wissen oder Willen der Schwangeren als Körperverletzung der Mutter. Der Fötus eine pars ventris der Mutter.
Dazu die Lehrbücher der gerichtlichen Medizin, z. B. Kratter: 224ff.; Hofmann-Haberda: 239ff. Allgemein wird zwischen inneren (toxischen) und äußeren (mechanischen) Mitteln unterschieden. „Es gibt kein... absolutes inneres Abtreibungsmittel, d. h. es ist keine Substanz bekannt, welche, innerlich genommen, sicher und unter allen Umständen eine vorzeitige Unterbrechung der Schwangerschaft herbeizuführen vermöchte.“Jedes wirksame innere Abtreibungsmittel ist ein Gift. Es muß eine allgemeine Vergiftung hervor-rufen, die zur Ausstoßung der Leibesfrucht führen kann (Kratter: 224f.). Über die Abtreibungsmittel ferner E. V. Liszt: 403ff. (geschichtliche Daten); Spinner: 370ff.; Forster: 48ff.; Schifferli: 59ff. — Untauglicher Versuch bei der Abtreibung und dessen Behandlung: Allg. Teil, § 41; G. Art. 23; vgl. BE. 33 I, Nr. 99. Über den FaU, da Abtreibungsmittel bei einer Nichtschwangeren angewendet werden, Prot. I. ExpKom. 1, 332f.; 2, 498. Prot. II. ExpKom. 2, 186f. (Gautier).
Man vergleiche damit die zum Teil exorbitanten Strafdrohungen der bisherigen Rechte; Stooss: Grundzüge, 2, 24; Schifferli: 112f.
Prot. I. ExpKom. 1, 334; 2, 499; StenBull. NR. 1929, 70. Über die Beweisschwierigkeiten bei der Abtreibung allgemein Dettling: 47ff.
Für die Schwangere, die den Dritten zur Abtreibung angestiftet oder ihm dazu Hilfe geleistet hat, müßten, mangels einer besondern Ordnung, die allgemeinen Regeln der Art. 24 und 25 gelten. Das bloße Sichhergeben zur Abtreibung, das der Art. 118 erfaßt, ist jedoch noch keine Beihilfe. Eine vernünftige Praxis wird die Schwangere, an der die Abtreibung vorgenommen wurde, nie mit der Anstiftungs- oder Beihilfestrafe belasten, sondern es in jedem Fall bei der Anwendung des Art. 118 (passive Abtreibung) bewenden lassen. Darüber anderer Meinung E.V. Liszt: 296, 448ff., 461ff. und wohl auch Schifferli: 73, 107ff. Vgl. Ludwig: Z. 41, 275ff. (Beihilfe durch fremde Personen: Finanzierung von Abtreibungen. Zutreffende Kritik eines baselstädtischen Urteils). Über Teilnahmehandlungen bei Abtreibung ferner BE. 341, 292. — Nach Art. 24 II muß der durch die Schwangere unternommene Anstiftungsversuch als strafbar gelten. Er wird aber selten zu behördlicher Kenntnis gelangen.
Daß es die ausschließliche oder doch überwiegende Einnahmequelle sei, ist — jedenfalls beim Delikt der gewerbsmäßigen Abtreibung — nicht vorauszusetzen. Über eine solche Einschränkung v. Liszt: Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, 2, 312f.
Schon die einzelne Lohnabtreibung, d. h. jede von einem Dritten gegen Entgelt irgendwelcher Art vorgenommene Abtreibung zu qualifizieren, wie es in andern Gesetzen geschieht — auch in VE. 1908, Art. 68 Ziff. 2 — ist nicht klug. Lang: Prot. II. ExpKom. 2, 189: Nur der Arzt wird sich durch die schwerere Drohung abhalten lassen, einen Eingriff vorzunehmen, nicht der Kurpfuscher. Durch die Qualifizierung der Abtreibung gegen Entgelt treibt man die Frauen erst recht gewissenlosen Hebammen zu. — Über die gesetzgeberische Behandlung der Lohnabtreibung E. v. Liszt: 239ff.
Unzutreffend Schifferli: 80, der Gewerbsmäßigkeit nur bei Lohnabtreibung im Rückfall annimmt. Vgl. dagegen Allg. Teil, § 75 I 4; v. Hippel: Deutsches Strafrecht, 2, 546.
Allg. Teil, § 75 II, dort auch das Nähere über den Beginn der Verfolgungsverjährung; ferner v. Hippel: 547.
Dazu oben §913; § 12 II 4.
StenBull. NR. 1929, 39, 74, 80. — Zürcherische Praxis: Vorgehen gegenüber verdächtigen Ankündigungen von Hebammen gestützt auf §§ 36 und 38 des Medizinalgesetzes von 1854, wonach der Regierungsrat zur Verhütung und Beseitigung von „gesundheits- und lebensgefährlichen Einflüssen“die erforderlichen Maßnahmen treffen kann; Zürcher Bl. 18, Nr. 20. — Über Abtreiber-Annoncen und Strafvorschriften gegen sie E. V. Liszt: 12f., 538f. Reiches Tat-Sachenmaterial über die „Abtreiber-Industrie und -Reklame“bei Forster: 95ff. Vgl. auch HüSsy: 226f.
Hauptdaten der EntwüRfe und der Beratungen: Prot. II. ExpKom. 2, 183ff.; 8, 224ff.; 9, 51ff.; E. 1918, Art. 107 und die daran sich anschließenden Beratungen und Änderungen: StenBull. NR. 1929, 22ff. und, zum Teil in endloser Wiederholung der Anschauungen Pro und Kontra, 1934, 367ff.; 1935, 540ff.; 1936, 1088ff., 1501ff.; 1937, 128f. StenBull. StR. 1931, 490ff.; 1932, 116ff.; 1935, 205ff.; 1936, 1741, 356ff., 456f.; 1937, 1ff.
Daß der Arzt im Besitze des schweizerischen Patentes sein muß, ist nicht gesagt und auch nicht anzunehmen. Hochschulprofessoren z. B., die Ausländer sind und, ohne das schweizerische Patent zu besitzen, in schweizerischen Diensten stehen, sind zur Ausübung der Praxis in der Schweiz berechtigt.
Unklar bleibt folgender Fall: Echter Notstand gemäß G. Art 34 Ziff. 1. Die Schwangere nimmt selbst den Eingriff vor. Ist sie aus Art. 118 strafbar? Oder kann sie sich für sich selbst auf die Notstandsbestimmung berufen? In Art. 120 Ziff. 2 wird, mit den erörterten Einschränkungen, nur auf Art. 34 Ziff. 2 (Notstandshilfe durch eine andere Person) hingewiesen. Die Wortauslegung führt zu dem Schluß, daß die Selbstabtreibung bei echtem Notstand straflos bleibt. Bei der Tendenz des G. bleibt dieses Ergebnis immerhin zweifelhaft.
Vgl. jetzt Art. 130 des waadtländischen StGB, von 1931: „L’avortement n’est pas punissable lorsqu’il est pratiqué sur une personne atteinte de maladie mentale ou d’une infirmité mentale, dont la descendance, selon toutes prévisions, ne peut être que tarée. Toutefois, il ne peut être opéré qu’avec l’autorisation du conseil de santé.“
Dazu Allg. Teil, § 31 III 2 und IV.
Auch von Gegenständen zur Verhütung von Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit. Vgl. oben § 7 III 1.
Der Gebrauch solcher Mittel muß jeder rechtlichen Reaktion entzogen bleiben. Ein strafrechtlich zu schützendes Interesse besteht nicht; gut Gautiee: Z. 25, 241f.; Zürcher: Z. 38, 43: Die Verhütung der Empfängnis ist keine strafbare Handlung.
Prot. II. ExpKom. 7, 107ff., 342ff.; StenBull. NR. 1929, 46, 201ff.; StR. 1931, 541. Zur ganzen Frage des sog. Präventivgeschlechtsverkehrs (Neomal-thusianismus) Spinner: 288ff. (mit weitern Literaturhinweisen), 379; Forster: 95. Bemerkenswert die Beratung der Bestimmung: StenBull. NR. 1929, 202ff.
Lang: Prot. IL ExpKom. 3, 265, 270. Zweifelnd, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichtes, BE. 35 I, 359f. und 36 I, 42. Gegen die Auffassung des Reichsgerichtes mehrheitlich die deutsche Literatur; Frank: Kommentar (18. Aufl.), 414. — Die Gegenüberstellung von Art. 204 und Art. 211 beseitigt jetzt jeden Zweifel.
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Hafter, E. (1937). Delikte gegen Leben, Leib und Gesundheit. In: Schweizerisches Strafrecht Besonderer Teil. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99423-4_2
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