Zusammenfassung
Über Strindbergs Bedeutung als Dichter soll in dieser Arbeit kein Urteil gewonnen werden. Seine artistischen Fähigkeiten als Dramatiker, die ästhetische Struktur und der ästhetische Wert seiner Werke werden überhaupt nicht in den Kreis der Betrachtung gezogen. Strindberg war geisteskrank. Diese Geisteskrankheit soll zu klarer Anschauung gebracht werden. Sie ist ein entscheidender Faktor seiner Existenz; sie ist auch ein Faktor in der Entwicklung seiner Weltanschauung und ist von Einfluß auf den Inhalt seiner Werke. Indem wir diese Einflüsse verfolgen, gewinnen wir die Kenntnis einzelner Zusammenhänge in der Entstehung dieser Weltanschauung und dieser Werke. Das wird zu analysieren sein, ohne daß wir damit ein Gesamturteil über Strindbergs Bedeutung erstreben. Wie dieses Urteil im Laufe der Zeit auch ausfallen wird, ob Strindberg als Modeerscheinung erkannt und bald vergessen wird, oder ob er als großer Dichter weiterlebt, oder ob er als kennenswertes Symptom einer Zeit ohne selbständige zeitlose Bedeutung genommen wird, in jedem Falle wird Strindberg für die Psychopathologie ein höchst lehrreicher Kranker bleiben, der in den Details und den besonderen Verwicklungen seiner Krankheit von sich ein ungewöhnlich anschauliches Bild gegeben hat; und, was noch wichtiger ist, der in fast gleichmäßiger Anschaulichkeit sein ganzes Leben verfolgen läßt, so daß wir eine Biographie vor uns haben, wie sie nur in sehr seltenen Fällen von Geisteskranken zu gewinnen ist.
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Jaspers, K. (1926). Einleitung. In: Strindberg und Van Gogh. Philosophische Forschungen, vol 3. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99342-8_1
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