Zusammenfassung
Über die Folgen mangelnden geschlechtlichen Verkehrs bei weiblichen Personen wurden von den alten Ärzten und Philosophen bekanntlich die seltsamsten Fabeln zutage gefördert. Der Uterus sollte nach Plato ein Tier sein, das ein glühendes Verlangen nach Schwängerung hegt und, wenn diesem Verlangen längere Zeit nach Entwicklung der Pubertät nicht entsprochen wird, aus Verdruß hierüber den ganzen Körper durchwandert, hierbei die Luftwege verlegt und die Atmung hemmt, dergestalt die größten Gefahren für das Leben herbeiführend. Die Idee der Wanderung des Uterus infolge sexueller Nichtbefriedigung erhielt sich durch das Mittelalter bis in die letzten Jahrhunderte und wurde allmählich durch die Anschauung verdrängt, daß sich bei mangelndem sexuellen Verkehre im Uterus eine größere Ansammlung von (hypothetischem, weiblichem) Samen entwickle, der einem Zersetzungs- und Fäulnisprozesse unterliege und hierdurch eine Art Vergiftung des Körpers bedinge. In dieser Zurückhaltung des Samens (und des Menstrualblutes) erblickte man die Hauptursachen der hysterischen Zufälle. Mit der Erkenntnis, daß im weiblichen Körper keine Samenflüssigkeit produziert wird, mußte diese Theorie natürlich hinfällig werden.
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Theilhaber: Verhandlungen der VIII. Jahresversammlung der D. G. B. G., S. 45.
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© 1922 J. F. Bergmann, München und Wiesbaden
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Löwenfeld, L. (1922). Sexuelle Abstinenz und Mangel sexueller Befriedigung beim Weibe. In: Sexualleben und Nervenleiden. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99251-3_10
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Online ISBN: 978-3-642-99251-3
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