Zusammenfassung
Ich habe im Vorstehenden versucht, möglichst leidenschaftslos und sachlich die Fragen der Universitätsreform zu besprechen und bestimmte Vorschläge zu machen. Ich bezweifle nicht, daß ich bei vielen keinen Beifall finden werde, daß ich vielen meiner Kollegen zu weit upd vielen nicht weit genug zu gehen scheinen werde. Aber der einzelne kann ja auch bei einer für unsere Zukunft so wichtigen Frage nur Anregungen geben und vielleicht von seinem Standpunkt und aus seinen Erfahrungen heraus neue Schlaglichter auf die Fragen zu werfen suchen. — Inzwischen sind, während diese kleine Schrift sich in Druck befand, die „Gedanken zur Hochschulreform“ des Unterstaatssekretärs Becker erschienen. Mit einem Teil seiner in früheren Aufsätzen niedergelegten Ansichten habe ich mich ja schon im Vorstehenden eingehend auseinandergesetzt. Auf einiges andere will ich hier noch kurz eingehen. Zunächst möchte ich mit Befriedigung feststellen, daß er in den neuen Aufsätzen eine viel freundlichere Stellung zum Universitätsprofessorentum einnimmt, als man nach seinen ersten Aufsätzen annehmen mußte. Er erkennt jetzt nachdrücklich an, daß der Kern unserer Universitäten gesund ist, er wünscht vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen autoritativen Hochschulen und autoritativer Regierung und er macht das ungemein wichtige Zugeständnis, daß zwar bis zur Einführung der parteipolitischen Parlamentsherrschaft der rein sachlich Denkende die absolute Staatshoheit auf dem Gebiete des Berufungswesens fordern mußte, daß aber seit Einführung des Parteiregiments kein Zweifel bestehen könne, daß nunmehr „wenigstens theoretisch“ die Selbstergänzung der Hochschulen zum kleineren Übel geworden sei1).
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Notes
Ich selbst sehe allerdings nur in der absoluten Staatshoheit ein „Übel“, in der Selbstergänzung der Hochschulen nur eine Unvollkommenheit.
Daß freilich diese beiden Werke der deutschen Wissenschaft große Ehre gemacht, kann man füglich bezweifeln. Hier ist der Mut zum Dilettantismus zu groß gewesen. Es kommt auch darauf an, was man unter Dilettantismus versteht. Jeder Sonderforscher ist sich darüber klar, daß er auf vielen Gebieten nicht vollkommen sachverständig ist, vermeidet es deswegen aber noch längst nicht, mal auf ein ihm fremderes Gebiet überzugreifen, nachdem er sich zunächst gründlich über dasselbe unterrichtet hat. Was er da sagt, hat aber, und dessen muß er sich bewußt sein, nicht den gleichen wissenschaftlichen Wert wie seine Spezialforschungen, sondern nur die Bedeutung von Anregungen, wie es der wissenschaftliche Dilettantismus haben soll. Darin liegt auch sein hoher Wert, daß er darin, gerade aus Mangel von Beherrschung des Fachs, manchen Hemmungen nicht unterliegt, die den Spezialforscher bei dem Durchdenken eines neuen eigenen Gedankens hindern, ihn weiter zu verfolgen oder wenigstens rasch auszusprechen.
„Nach dem Kriege“. Virchows Archiv, Bd. 53, S. 26.
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Lubarsch, O. (1919). Schlußbetrachtungen. In: Zur Frage der Hochschulreform. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99242-1_7
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