Skip to main content

Die existenziale Haltung als Grundlage der Erfassung seelischer Vorgänge in der Psychotherapie

  • Chapter
  • 9 Accesses

Zusammenfassung

Die existenziale Haltung allein gewährleistet für die Zusammenhänge, die hier in Frage stehen, eine angemessene Erfassung. Indessen ist es mit dem mehrdeutigen Modewort „Existenz“, „existenzial“ nicht getan; wir wollen es ja davor bewahren, zum Schlagwort zu erstarren, indem wir es in sein Heimatgebiet, ins Psychologische retten. Ich kann auf bereits Gesagtes verweisen. Eins muß man vor allem sehen: es dreht sich um eine Antinomie, die erst neuerdings in der Psychologie allmählich das Gewicht erlangt, das ihr zukommt Unsere Aufgabe ist von sachlicher, nicht von historischer Art; sonst wäre es reizvoll, das hier liegende Problem in seinen Ansätzen durch die Jahrhunderte zu verfolgen und zu zeigen, warum es erst in unserem geistigen Raume sich so aufdringlich erheben konnte. Kurz gesagt, wir sollen uns bei der Erfassung der seelischen Abläufe eines Gegenstandes bemächtigen, — um ihn zu erkennen und weiter darüber zu verfügen — dessen Natur es widerstrebt, Gegenstand, Objekt zu sein; zwingen wir ihn dazu, so tritt er in eine ganz andere Seinsebene ein, in der er seinem Wesen entfremdet wird, ähnlich als wenn wir ein Marmorbildwerk, um sein Wesen zu erfassen, in Säure auflösen und weiterhin in seinen chemischen Eigenschaften erforschen wollten. Das Problem ist neuerdings mehrfach behandelt worden; es liegt aber noch tiefer als es meistens gesehen wird. Im Grunde ergibt die Zuwendung zu jedem Gegenstande, welcher Art auch immer, diese Fragestellung. Hier liegt das Thema für alle Schattierungen des erkenntnistheoretischen Idealismus. Daran erinnere ich nur, um den grundlegenden Unterschied zwischen der Erfassung der seelischen Vorgänge und der der übrigen Gegenstandswelt herauszustellen. Die Naturwissenschaft hat mit diesem Problem Frieden geschlossen; sie überläßt es neidlos der Philosophie, gibt ihr „Désintéressement“ höchstens aus persönlicher Liebhaberei auf, oder allenfalls, wenn irgendwelche fremdartigen, bisher nicht geduldeten Fragestellungen den Frieden ihrer (eindeutig festliegenden) Methodik zu stören drohen. Psychologisch könnte man hier, wenn man mit HEIDEGGER die Angst („vor dem In-der-Welt-sein selbst“) als eine „Grundbefindlichkeit“ des Daseins betrachtet, verschiedene Grade dieser „Angst” und ihres Korrelats — der Abwehr und des Bemächtigungsstrebens — annehmen: dem Naturwissenschaftler genügt es, sich der Dinge, deren Vorhandensein er voraussetzt, zu bemächtigen, der idealistische Philosoph will sie nach Möglichkeit selbst schaffen 1.

This is a preview of subscription content, log in via an institution.

Buying options

Chapter
USD   29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD   44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD   59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Learn about institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Dumxey: Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, S. 194. Ges. W. Bd. 5. Leipzig u. Berlin 1924.

    Google Scholar 

  2. Über den Idealismus als „Schöpferdünkel“ vgl. Jaenscj, E.: Über den Aufbau der Wahrnehmungswelt, S.235. Bd. II.

    Google Scholar 

  3. Hönigswald, Richard: Die Grundlagen der Denkpsychologie, S. 240 ff.

    Google Scholar 

  4. Straits, E.: Geschehnis und Erlebnis. Berlin 1930. Bes. das Kapitel „Der thematische Gehalt“.

    Google Scholar 

  5. Straits, E.: Derselbe: Vom Sinn der Sinne, S. 58. 1935.

    Google Scholar 

  6. Z. Neurol. Bd. 107, S. 695. Es ist hier von den Inhalten der krankhaften seelischen Abläufe (in der Psychose) die Rede.

    Google Scholar 

  7. Straits, E.: Vom Sinn der Sinne. (Einleitung.) Berlin 1935.

    Google Scholar 

  8. Ferner Jaspers: Descartes und die Philosophie. Berlin u. Leipzig 1937.

    Google Scholar 

  9. Löwith, K.: Das Individuum in der Rolle des Mitmenschen, S. 79/80. München 1928.

    Google Scholar 

  10. Kuxz, H.: Die Grenze der psychopathologischen Wahninterpretation. Z. Neurol. Bd. 135 (1931) S. 671.

    Google Scholar 

  11. Storch, A.: Die Welt der beginnenden Schizophrenie und die archaische Welt. Z. Neurol. Bd. 127 (1930), S. 799.

    Google Scholar 

  12. v. Gebsattel: Über Fetischismus. Nervenarzt 1929, S. 8.

    Google Scholar 

  13. Binswnnger: Über Ideenflucht, S. 152. Zürich 1933.

    Google Scholar 

  14. Mschr. Psychiatr. 68 (1928) 5.640 (bei der endogenen Depression).

    Google Scholar 

  15. Binswanger, L.: Über Ideenflucht. Zürich 1933.

    Google Scholar 

  16. Heim, Karl: Glaube und Denken. S. 64. Berlin 1931.

    Google Scholar 

  17. Gogarten: „Ich glaube an den dreieinigen Gott.“ S. 116. Jena 1926.

    Google Scholar 

  18. Ebner, P.: Das Wort und die geistigen Realitäten. S. 108 ff. Regensburg 1919.

    Google Scholar 

  19. Hartmann, N.: Kategoriale Gesetze. Philos. Anz., 1. Jg., 2. Halbbd. (1925 u. 1926 ) S. 201.

    Google Scholar 

  20. Künrel, Fritz: Charakter, Krisis und Weltanschauung, S. 125. Leipzig 1935.

    Google Scholar 

  21. Köhler, Wolfgang: Psychologische Probleme, S. 125. Berlin 1933.

    Google Scholar 

  22. Löwlth: Das Individuum usw. S. 104.

    Google Scholar 

  23. Z Bühler, K.: Die Krise der Psychologie. Jena 1929.

    Google Scholar 

  24. V. Hattingberg: Über die Liebe. München 1936.

    Google Scholar 

  25. V. Hattingberg: Nervenarzt 1932, S. 129.

    Google Scholar 

  26. Rothacker, Erich: Die Schichten der Persönlichkeit. S. 47/48. Leipzig 1938.

    Google Scholar 

  27. Vgl. auch Geiger: Fragment über den Begriff des Unbewußten. Jb. Philos. Bd. 4 (1921) S. 41.

    Google Scholar 

  28. Häberlin, Paul: Allg. Aesthetik, S. 97–113 und S. 231–258. Basel u. Leipzig 1929.

    Google Scholar 

  29. Binswanger: Über Ideenflucht. Zürich 1933. S. 37–39, 192 /193.

    Google Scholar 

  30. Singer, Kurt: Platon der Gründer. München 1927.

    Google Scholar 

  31. Fondane, B.: La conscience malheureuse. Paris: Ed. Denoël. 1938.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Additional information

Besonderer Hinweis

Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1939 Julius Springer in Berlin

About this chapter

Cite this chapter

Meinertz, J. (1939). Die existenziale Haltung als Grundlage der Erfassung seelischer Vorgänge in der Psychotherapie. In: Psychotherapie — eine Wissenschaft!. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99221-6_15

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-99221-6_15

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-642-98408-2

  • Online ISBN: 978-3-642-99221-6

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics